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Wie ein seinem Herrn folgender Hund, welcher von Letzterem zu der Art Jagd auferzogen wird, worin derselbe wünscht, daß er sich auszeichnen möge, sah die Lady Augusta sich gelegentlich mit einer Strenge behandelt, welche darauf berechnet schien, bei ihr den Eindruck des unbedingtesten Gehorsams und der Aufmerksamkeit gegen den Ritter des Grabes zu erwecken; sie überzeugte sich bald, daß sie in demselben einen der hauptsächlichsten Anhänger des Douglas, wo nicht Sir James Douglas selbst, vor sich habe. Die Vorstellungen jedoch, welche die Dame sich von dem gefürchteten Douglas gebildet hatte, waren diejenigen eines Ritters, welcher alle Eigenschaften des Ritterthums in höchstem Grade besaß, sich besonders dem Dienst des schönen Geschlechts gewidmet hatte und durchaus unähnlich derjenigen Person war, mit welcher sie sich so sonderbar vereinigt, oder vielmehr der sie sich gänzlich unterworfen fand. Nachdem er sich, als wolle er weitere Mittheilungen abbrechen, einem der vielen Irrgänge des Waldes zugewandt hatte, und einen Schritt anzunehmen schien, den das Pferd der Lady Augusta wegen der Natur des Bodens nur mit Schwierigkeit einhalten konnte, folgte sie ihm doch mit der Angst und Eile des jungen Hühnerhundes, welcher eher aus Furcht als aus Anhänglichkeit mit seinem strengen Herrn gleichen Schritt zu halten sucht. Das Gleichniß allerdings ist nicht sehr artig, und paßt auch nicht gänzlich auf eine Zeit, worin Frauen mit einem gewissen Grade der Andacht verehrt wurden; allein solche Umstände wie die beschriebenen, waren ebenfalls selten, und die Lady Augusta de Berkeley mußte sich einreden, daß der furchtbare Krieger, dessen Name so lange der Gegenstand ihrer Angst und wirklich auch der Schrecken des ganzen Landes gewesen war, auf die eine oder andere Weise ihre Befreiung bewerkstelligen könne. Sie gab sich deßhalb die äußerste Mühe, um mit der gespenstergleichen Erscheinung gleichen Schritt zu halten, und folgte dem Ritter, wie der Abendschatten sich dicht an den verspäteten Landmann hält.
Als die Dame offenbar durch die Anstrengung litt, womit sie ihren Zelter auf den steilen und holperigen Pfaden am Straucheln verhindern mußte, minderte der Ritter des Grabes die Geschwindigkeit seines Schrittes, blickte ängstlich um sich, und murmelte scheinbar vor sich hin, obgleich seine Worte wahrscheinlich für das Ohr seiner Begleiterin bestimmt waren: »Eine so große Eile ist nicht erforderlich.«
Er ging mit langsamerem Schritt voran, bis Beide sich am Rande einer Schlucht befanden, welche zu den vielen Unregelmäßigkeiten der hohen Oberfläche gehörten, die von den plötzlichen, diesem Lande eigenthümlichen Gebirgsströmen erzeugt wurden; diese Schlucht wand sich unter Bäumen und Unterholz in ziemlicher Ausdehnung hin, und bildete gleichsam ein Netz von Verstecken, welche sich in einander öffneten, so daß vielleicht kein Platz in der Welt sich so gut zu einem Hinterhalt eignete. Der Platz, wo der Gränzbewohner Turnbull seine Flucht bei der Jagd bewerkstelligt hatte, war nur ein einzelner unter den vielen dieses auf der Oberfläche tief durchfurchten Landes, und stand vielleicht mit den vielen Dickichten und Pässen in Verbindung, durch welche der Ritter und der Pilger gegenwärtig hinzogen; jene Schlucht lag übrigens in bedeutender Entfernung von dem Pfade, dem die Beiden folgten.
Der Ritter jedoch leitete den Weg in solcher Weise, als wolle er der Lady Augusta eher jede Vorstellung über ihre Richtung in diesen unendlichen Wäldern benehmen, als einem bestimmten Pfade folgen. Bald stiegen sie Anhöhen hinauf, bald schienen sie in derselben Richtung wieder hinab zu kommen, indem sie nun eine gränzenlose Wildniß und dichte Waldgegend mit verschiedenen Verschlingungen der Bäume antrafen.
Der Ritter schien jeden Theil des Landes sorgfältig zu vermeiden, wo die Arbeit des Pfluges möglich war; er konnte jedoch seine Richtung mit solcher Gewißheit nicht einhalten, daß er nicht gelegentlich über Wege der Einwohner und Bauern gekommen wäre, welche mit der Anwesenheit eines so eigenthümlichen Mannes wohl bekannt schienen, aber niemals, wie die Dame bemerkte, irgend ein Zeichen der Erkennung gaben. Sie mußte daraus bald den Schluß ziehen, daß der gespenstige Ritter im Lande bekannt sei und dort Mitschuldige und Anhänger habe, welche wenigstens insoweit seine Freunde waren, daß sie es vermieden, irgendwie Anzeigen zu machen, wodurch man ihm auf die Spur hätte kommen können.
Der gut nachgeahmte Ruf der Nachteule, eines in der Wildniß so häufigen Gastes, daß jener Ton nicht überraschen konnte, schien allgemein von den Leuten verstanden zu werden; er wurde nämlich in verschiedenen Theilen des Waldes vernommen, und die Lady Augusta, in solchen Reisen, durch die früher unter der Leitung des Sängers Bertram von ihr ausgeführten, erfahren, machte die Bemerkung, daß ihr Führer, sobald er jene wilden Töne vernahm, seine Richtung veränderte und sich auf Pfade begab, welche durch tiefere Wildnisse und in undurchdringlichere Dickichte leiteten. Dieß geschah so häufig, daß der unglückliche Pilger eine neue Furcht empfand, welche ihm andere Beweggründe zum Schrecken eingab. War sie nicht die Vertraute und beinahe das Werkzeug eines listigen, in der Absicht einer ausgedehnten Operation entworfenen Verfahrens, welches wie die früheren Anstrengungen des Douglas mit der Ueberrumplung seines Familienschlosses, der Ermordung der englischen Garnison und zuletzt mit dem Tode und der Schande des Sir John de Walton enden würde, von dessen Schicksal, wie sie so lange geglaubt oder sich eingeredet hatte, ihr eigenes abhängig war?
Sobald der Gedanke der Lady Augusta durch den Sinn fuhr, daß sie in eine solche Verschwörung mit einem schottischen Insurgenten verwickelt sei, schauderte sie über die Folgen der finstern Entwürfe, in deren Theilnahme sie jetzt gerieth, und welche einen so sehr verschiedenen Ausgang von Allem nehmen konnten, was sie zuerst besorgt hatte.
Die Morgenstunden dieses merkwürdigen Tages, welcher Palmsontag war, wurden so im Umherwandern von einem Orte zum andern vollbracht, während die Lady Berkeley gelegentlich ihre Bitte um Freigebung vorbrachte, welche sie in der rührendsten und nachdrucksvollsten Weise auszudrücken sich bemühte, und wofür sie zugleich Anerbietungen von Reichthum und Schätzen machte, auf die aber ihr sonderbarer Führer keine Antwort gab.
Zuletzt trat der Ritter, als sei er durch die Zudringlichkeit seiner Gefangenen ermüdet, dicht an den Zügel der Lady Augusta und sagte in feierlichem Tone:
»Wie Ihr glauben könnt, bin ich keiner der Ritter, welche durch Wälder und Wildnisse, um Abenteuer aufzusuchen, umherschweifen, wodurch sich Gnade in den Augen einer schönen Dame erlangen läßt. Bis zu einem gewissen Grade jedoch will ich die Bitte gewähren, um die du so ängstlich mich ersuchst, und die Entscheidung deines Schicksals wird von dem Willen desjenigen abhängen, welchem deinen eigenen zu unterwerfen, du dich für bereit erklärt hast. Ich werde bei der Ankunft an unserem Bestimmungsort, welcher jetzt in der Nähe ist, an Sir John de Walton schreiben, und meinen Brief mit dir, schöne Dame, durch einen besondern Boten absenden. Er wird ohne Zweifel unserer Aufforderung sich stellen, und du sollst dich selbst überzeugen, daß sogar ein Mann, welcher bisher taub gegen alle Bitten und unempfindlich gegen irdische Regungen zu sein schien, noch einiges Mitgefühl für Schönheit und Tugend hegt. Ich gebe dir die Wahl deiner künftigen Sicherheit und deines Glückes in deine eigenen Hände, und in diejenigen des von dir gewählten Mannes; du kannst die Wahl, welche du willst, zwischen diesen Händen und dem Elend treffen.«
Als er dieß sagte, schien sich eine jener Schluchten oder Erdspalten vor ihnen zu eröffnen; der gespensterhafte Ritter, welcher dieselbe am oberen Ende betrat, führte mit einer bisher noch nicht gezeigten Aufmerksamkeit den Zelter der Dame auf dem steilen und zerrissenen Pfade hinab, auf welchem allein der Boden des verwickelten Dickichts zugänglich war. Als die Dame sich auf festem Boden nach den Gefahren einer Absteigung befand, auf welcher ihr Zelter durch die persönliche Kraft und Gewandtheit des eigenthümlichen Wesens gehalten zu sein schien, welches denselben am Zügel leitete, blickte sie mit Erstaunen auf einen zum Versteck vortrefflich geeigneten Ort, welchen sie jetzt erreicht hatten. Es ergab sich bald als klar, daß derselbe auch zu dem Zweck benutzt wurde, denn mehr wie eine dumpfe Antwort wurde dem sehr leisen Tone mit dem Jagdhorn gegeben, womit jetzt der Ritter des Grabes ein Zeichen gab; als dasselbe wiederholt wurde, kamen ungefähr zehn Bewaffnete, einige in der Kleidung von Soldaten, andere in derjenigen von Schäfern und Landleuten zum Vorschein, als werde ihrer Berufung von ihnen Bescheid gethan.