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Sie wünschten auf dem Pfad noch lang zu bleiben,
Um so die Zeit sich selber zu vertreiben;
Doch bald hat sich der rauhe Weg gewandt,
Und auf dem Zaubergrund sie festgebannt.
Johnson.
»Es war ungefähr im Jahr der Erlösung 1285,« begann der Sänger, »als Alexander III. von Schottland seine Tochter Margaretha verlor, deren einziges Kind desselben Namens, die Jungfrau von Norwegen genannt, da ihr Vater König dieses Landes war, die Erbin dieses Königreiches Schottland und der Krone ihres Vaters wurde. Dies war ein unglücklicher Tod für Alexander, welcher keine andern Leibeserben als dieses Enkelkind besaß. Die Jungfrau konnte zwar auf dies Königreich wegen ihrer Geburt Anspruch erheben, allein die Schwierigkeit, einen solchen Erbanspruch geltend zu machen, mußte im Voraus von Allen begriffen werden, welche über den Gegenstand nachdachten. Der schottische König bemühte sich deshalb, seinen Verlust dadurch auszugleichen, daß er seine verstorbene Königin, welche eine englische Prinzessin und Schwester unseres Königs Edward war, durch Joletta, die Tochter des Grafen von Dreux ersetzte. Die Feierlichkeiten der Vermählung in der Stadt Jedburgh waren sehr groß und bemerkenswerth, und besonders als unter einem bei der Gelegenheit gehaltenen Aufzuge ein furchtbares Gespenst in der Form eines Gerippes erschien, wie man sagt, daß der König der Schrecken dargestellt wird. Euer Gnaden mag darüber lachen, wenn Ihr dies für einen passenden Gegenstand des Scherzes haltet; es leben jedoch noch Menschen, die es mit eigenen Augen sahen, und der Erfolg zeigte nur zu sehr, welches Unglück diese seltsame Erscheinung vorher verkündete.«
»Ich habe von der Geschichte gehört,« sagte der Ritter, »der Mönch jedoch, welcher sie mir erzählte, berichtete, daß die Gestalt, wenn auch unglücklich gewählt, vielleicht absichtlich als ein Theil des Gepränges angebracht war.«
»Davon weiß ich nichts,« sagte der Sänger in trockenem Tone, »es herrscht aber kein Zweifel, daß bald darauf König Alexander zum großen Kummer seines Volkes starb. Die Jungfrau von Norwegen, seine Erbin, folgte ihrem Großvater schnell in's Grab und unser englischer König, Herr Ritter, brachte einen Anspruch von Abhängigkeit und Lehenspflicht Schottlands vor, von welchem weder die Rechtsgelehrten, die Edelleute und Priester, noch sogar die Sänger jemals etwas gehört hatten.«
»Ich will verflucht sein,« unterbrach ihn Sir Aymer de Valence, »wenn dies nicht über unsern Vertrag hinaus geht. Ich bin mit Euch übereingekommen, Eure Erzählung mit Geduld anzuhören, ich habe mich jedoch noch nicht dazu verpflichtet, daß dieselbe auch Gegenstände des Vorwurfes gegen Edward I. gesegneten Andenkens enthalten dürfe; auch will ich nicht erlauben, daß sein Name vor meinen Ohren ohne die Achtung erwähnt wird, die seinem hohen Range und seinen edlen Eigenschaften gebührt.«
»Nun,« sagte der Sänger, »ich bin kein hochländischer Sackpfeifer oder Genealogist, um die Achtung vor meiner Kunst so weit zu treiben, daß ich mit einem würdigen Manne Zank anfangen sollte, der mich im Beginn eines Liedes unterbricht; ich bin ein Engländer und wünsche meinem Vaterlande Glück, vor Allem aber muß ich die Wahrheit reden. Streitige Punkte will ich jedoch übergehen. Euer Alter, Herr, obgleich noch nicht in seiner Reife, berechtigt mich zu der Annahme, daß Ihr die Schlacht von Falkirk oder andere Treffen gesehen habt, worin die Ansprüche von Bruce und Baliol tapfer vertreten wurden, und Ihr werdet mir die Erlaubniß ertheilen, zu sagen, daß die Schotten, wenn sie nicht das Recht auf ihrer Seite hatten, wenigstens das Unrecht mit den Anstrengungen tapferer und wahrhaftiger Männer vertreten haben.«
»Was ihre Tapferkeit betrifft,« sagte der Ritter, »so kann ich dieselbe verbürgen, denn ich habe keine Feiglinge unter ihnen gesehen, was aber die Wahrhaftigkeit betrifft, so können diejenigen am besten darüber urtheilen, welche wissen, wie oft sie England den Huldigungseid leisteten und wie sie denselben zu wiederholten Malen brachen.«
»Ich will die Frage nicht in Anregung bringen,« sagte der Sänger, »und überlasse es Euer Gnaden, zu bestimmen, wer die meiste Falschheit besitzt, – ob derjenige, welcher eine schwächere Person einen ungerechten Eid zu leisten zwingt, oder derjenige, welcher durch Noth gedrungen den Eid ohne die Absicht, sein Wort zu halten, leistet.«
»Nun, nun,« sagte de Valence, »behalten wir unsere Meinungen, denn wahrscheinlich zwingt Keiner von uns Beiden dem Andern die Ansicht auf, die er sich hierüber gebildet hat; befolge jedoch meinen Rath, und hüte dich, so lange du unter dem englischen Banner reisest, ein solches Gespräch in der Halle und Küche zu versuchen, wo vielleicht der Soldat nicht so duldsam ist, wie der Führer. Und nun in kurzen Worten, von welcher Art ist deine Sage über das gefährliche Schloß?«
»Davon,« erwiderte Bertram, »hat Euer Gnaden wahrscheinlich eine bessere Ausgabe, wie ich, weil Ihr schon so viele Jahre im Lande seid; es geziemt mir jedoch nicht, meine Meinung mit der Euren, Herr Ritter, auszutauschen; ich will Euch nur die Geschichte erzählen, wie ich sie vernahm. Wie ich glaube, brauche ich Euer Gnaden nicht davon zu benachrichtigen, daß die Lords von Douglas, welche dies Schloß erbauten, keinem Geschlecht in Schottland an Alterthum ihres Stammes nachstehen. Sie selbst rühmen sich sogar, daß ihre Familie nicht, wie andere große Häuser, allmälig bekannt wurde, und sich auszeichnete, sondern daß dieselbe sich plötzlich auf einem gewissen Grade der Auszeichnung befand. »Ihr könnt uns in dem Baume sehen,« sagen die Douglas, »aber uns nicht als schwaches Reis erblicken; ihr könnt uns im Strome sehen, aber nicht bis zur Quelle folgen.« Kurzum, sie läugnen, daß Historiker oder Genealogisten den ersten niedrigen Mann nachweisen können, welcher, Douglas genannt, die Familie ursprünglich erhob, und es ist auch wahr, daß dieselbe, soweit sie bekannt ist, stets wegen Tapferkeit und Kühnheit berühmt war und die Macht besaß, wodurch ihre Kühnheit erfolgreich wurde.«
»Genug,« sagte der Ritter, »ich habe von dem Stolz und der Macht dieser großen Familie gehört; auch habe ich gar nicht die Absicht, ihre kühnen Ansprüche auf Ansehen in dieser Hinsicht zu läugnen oder herabzusetzen.«
»Ohne Zweifel müßt Ihr auch, edler Herr,« erwiderte der Sänger, »mancherlei von James, dem gegenwärtigen Erben des Hauses Douglas, vernommen haben.«
»Mehr wie genug,« erwiderte der englische Ritter, »man weiß von ihm, daß er ein standhafter Anhänger des geächteten Verräthers William Wallace war. Als darauf dieser Robert Bruce, welcher König von Schottland zu sein vorgibt, sein Banner erhob, stand dieser junge James Douglas alsbald als Rebell auf. Er raubte seinem Oheim, dem Erzbischof von St. Andrews, eine beträchtliche Geldsumme, um die nicht überfüllte Schatzkammer des schottischen Thronräubers mit Geld zu versehen, verführte die Diener seines Verwandten, ergriff die Waffen, setzt seine Prahlereien, obgleich im Felde zu wiederholten malen gezüchtigt, noch immer fort, und droht denjenigen Unheil, die im Namen des rechtmäßigen Fürsten das Schloß Douglasdale vertheidigen.«
»Euch beliebt es, dies zu sagen,« erwiderte Bertram, »ich bin jedoch überzeugt, daß Ihr mich, wäret Ihr ein Schotte, geduldig anhören würdet, wenn ich dasjenige erzähle, was über diesen jungen Mann von denjenigen berichtet wird, die ihn gekannt haben. Die Angaben Solcher erweisen, in wie durchaus verschiedener Art dieselbe Geschichte sich erzählen läßt. Dieselben Leute sprechen von dem gegenwärtigen Erben der alten Familie, als sei er vollkommen allen Erfordernissen zur Erhaltung und Vergrößerung seines Namens gewachsen; er sei bereit, jeder Gefahr für die Sache von Robert Bruce sich zu unterziehen, weil er Bruce als seinen rechtmäßigen König betrachtet; er habe geschworen, und sich der Ausführung seines Eides geweiht, um sich mit der kleinen Streitmacht, die er zusammen bringen kann, an jenen Südländern zu rächen, die sich seit mehreren Jahren, und wie er glaubt, mit Unrecht, in den Besitz der Wohnung seines Vaters gesetzt haben.«
»O,« erwiderte Sir Aymer de Valence, »wir haben viel von seinen Thaten in dieser Hinsicht und von seinen Drohungen gegen unsern Schloßhauptmann und uns selbst vernommen; wir halten es jedoch nicht für wahrscheinlich, daß Sir John de Walton ohne Befehl des Königs Douglasdale verlassen wird, wenn auch dieser James Douglas, ein bloßes Küchlein, sich herausnimmt, seine Stimme so laut erschallen zu lassen, daß er wie ein Kampfhahn kräht.«
»Herr,« erwiderte Bertram, »unsere Bekanntschaft ist nur kurz, und dennoch empfinde ich, sie sei so wohlthätig für mich gewesen, daß ich darauf vertraue, meine Hoffnung werde keinen Anstoß erregen, nach welcher Ihr und James Douglas nicht eher einander begegnen möget, als bis der Zustand der zwei Länder eine friedliche Zusammenkunft gestattet.«
»Ich bin dir sehr verbunden, Freund,« erwiderte Sir Aymer, »und ich zweifle nicht an deiner Aufrichtigkeit, und wahrlich auch scheinst du ein richtiges Gefühl von der Achtung zu hegen, welche diesem jungen Ritter gebührt, wenn man in diesem Thale Douglas, dem Orte seiner Geburt, von ihm redet. Was mich betrifft, so bin ich nur der arme Aymer de Valence, ohne einen Acker Land oder große Hoffnung, einen solchen zu erlangen, wenn ich nicht ein großes Stück aus diesen Hügeln mit meinem Schwerte mir heraushaue. Nur hierauf, guter Sänger, ich bitte dich, verwende deine gewissenhafte Gewohnheit, die Wahrheit aufzusuchen, wenn du am Leben bleibst, um meine Geschichte zu erzählen, daß du nicht entdeckest, dein jetziger Bekannter eines Frühlingsmorgens, er mag leben oder sterben, habe zu den Lorbeeren von James Douglas einen neuen Kranz mit Ausnahme desjenigen hinzugefügt, welchen der Tod einem Manne gewähren muß, wenn es sein Loos ist, durch einen stärkeren Arm oder durch das größere Glück seines Gegners zu fallen.«
»Ich fürchte für Euch nicht, Herr Ritter,« sagte der Sänger; »denn Ihr besitzt den glücklichen Charakter, der kühn in der Jugend, wie es einem jungen Ritter geziemt, in vorgerücktem Alter die heilsame Quelle des klugen Rathes ist. Ich möchte nicht, daß dein Vaterland durch frühzeitigen Tod desselben beraubt würde.«
»Du bist also so aufrichtig, England den Vortheil guten Rathes zu wünschen,« sagte Sir Aymer, »obgleich du dich auf die Seite Schottlands in der Streitfrage neigest.«
»Sicherlich, Herr Ritter,« sagte der Sänger; »denn da ich wünsche, daß Schottland und England ihr wahres Interesse erkennen, bin ich auch verpflichtet, beiden gleicherweise Glück zu wünschen, und nach meiner Meinung sollten sich beide bemühen, in Freundschaft zusammen zu leben. Wenn eine jede Nation ihr Theil auf der ganzen Insel bewohnt, unter denselben Gesetzen lebt, und mit einander in Frieden steht, so könnten beide ohne Furcht der Feindschaft der ganzen Welt trotzen.«
»Ist dein Glaube so freisinnig,« erwiderte der Ritter, »wie es einem guten Manne geziemt, so mußt du sicherlich, Herr Sänger, für den Erfolg Englands im Kriege beten, wodurch allein diese mörderischen Feindseligkeiten des nördlichen Volkes sich mit einem günstigen Frieden beendigen lassen. Die Aufstände dieses hartnäckigen Landes sind nur wie der Kampf eines tödtlich verwundeten Hirsches. Das Thier wird bei jedem Kampfe schwächer und schwächer, bis sein Widerstand durch die Hand des Todes wirksam gezähmt ist.«
»Nicht so, Herr Ritter,« sagte der Sänger; »habe ich meinen Glauben richtig erlernt, so dürfen wir nicht so beten. Wir dürfen ohne Vergehen den Zweck, den wir zu erreichen wünschen, in unseren Gebeten aussprechen; es geziemt uns armen Sterblichen aber nicht, einer allwissenden Vorsehung die genaue Weise anzugeben, worin unsere Gebete erfüllt werden sollen, oder den Untergang eines Landes, damit dessen Bewegungen beendet werden, ebenso zu wünschen, wie den Todesstoß, der die Schmerzen des verwundeten Hirsches beendet. Mag ich mich auf mein Herz oder auf meinen Verstand berufen, so muß ich den Himmel bitten, Recht und Billigkeit in dem Falle zu beschließen; und würde ich um Euretwillen in einem Zusammentreffen mit Sir Douglas Besorgniß hegen, Herr Ritter, so wäre es nur deßhalb, weil er nach meiner Meinung die bessere Partei vertritt; auch haben ihm überirdische Gewalten den Sieg verheißen.«
»Ihr sagt mir das, Herr Sänger,« erwiderte de Valence mit drohendem Tone, »und Ihr wißt doch, wer ich bin und welches Amt ich bekleide?«
»Eure persönliche Würde und Gewalt,« sagte Bertram, »vermag nicht, das Recht in Unrecht zu verwandeln, oder den Beschluß der Vorsehung abzuwenden. Ihr wißt, wie ich glaube, daß der Douglas durch verschiedene Entwürfe sich schon dreimal zum Besitzer dieses Schlosses gemacht hat, und daß Sir John de Walton, der jetzige Gouverneur, es mit einer an Streitkräften dreimal stärkeren Macht und nach erhaltener Verheißung behauptet, daß er die Baronie Douglas mit allem ausgedehnten Zugehör als freies Eigenthum zur Belohnung erhält, wenn er dasselbe auf Jahr und Tag gegen die schottische Streitmacht, ohne überrumpelt zu werden, behauptet, daß er aber andererseits, wenn er die Feste während dieses Zeitraums entweder durch List oder durch offene Gewalt sich entreißen läßt, wie es schon mehrere Male den Hauptleuten des gefährlichen Schlosses geschehen ist, als Ritter entehrt und als Unterthan zum Verräther wird; daß endlich die Häuptlinge, die mit ihm Antheil am Befehl haben und unter ihm dienen, auch seine Schuld und seine Strafe theilen müssen.«
»Alles das weiß ich sehr wohl,« sagte Sir Aymer, »und wundere mich nur, daß die Bedingungen, deren Kunde in's Publikum kam, mit so vieler Genauigkeit berichtet sind; was hat das aber mit dem Ausgange des Kampfes zu schaffen, wenn Douglas und ich einander treffen sollten? – ich werde sicherlich nicht mit geringerem Eifer kämpfen, weil ich mein Glück auf meiner Schwertspitze trage, und eben so wenig werde ich ein Feigling werden, weil ich sowohl für einen Theil des Gutes der Douglas, wie für Ruhm und Vaterland kämpfe und überhaupt –«
»Hört mich an,« sagte der Sänger, »ein alter Dichter hat gesagt, daß keine wahre Tapferkeit in einem falschen Kampfe sich zeigt, und daß der darin gewonnene Preis, mit ehrlichem Ruhm verglichen, so werthlos ist, wie eine kupferne Halskette verglichen mit einem Rosenkranz von ächtem Gold; ich bitte dich aber, halte mich nicht für deinen Gewährsmann in dieser wichtigen Angelegenheit. Du weißt sehr wohl, wie James von Thirlwall, der letzte englische Schloßhauptmann, von Sir John de Walton überrumpelt und das Schloß mit großer Unmenschlichkeit geplündert wurde.«
»Wahrlich,« sagte Sir Aymer, »ich glaube, daß Schottland und England von jenem Gemetzel und von dem ekelhaften Verfahren des schottischen Häuptlings gehört haben, welcher Gold, Silber, Kriegsbedarf und Waffen, kurz Alles, was leicht entfernt werden konnte, in den wilden Wald bringen ließ, und eine große Masse Lebensmittel auf eben so rohe wie unerhörte Weise zerstörte.«
»Vielleicht, Herr Ritter,« sagte Bertram, »wart Ihr selbst ein Augenzeuge des Verfahrens, welches weit und fern verkündet ist, und von der sogenannten Speisekammer des Douglas handelt.«
»Ich sah nicht die wirkliche Ausführung der That,« erwiderte de Valence, »d. h. ich sah nicht die Vollbringung, habe aber von den traurigen Resten genug gesehen, um die Speisekammer des Douglas als einen Gegenstand des Schauders und Abscheues niemals zu vergessen. Ich schwöre das bei der Hand meines Vaters und bei meiner Ehre als Ritter! Urtheile du selbst, ob die That geeignet war, das Lächeln des Himmels zu Gunsten der Vollbringer zu erwerben. Folgendes ist meine Ausgabe der Geschichte:
»Eine große Menge Lebensmittel war während zweier Jahre oder ungefähr während dieser Zeit aus verschiedenen Gegenden her angesammelt worden, und wir bestimmten das damals ausgebesserte, und wie wir glaubten sorgfältig bewahrte Schloß Douglas zum Aufbewahrungsort, wo aller Proviant für den Dienst des Königs von England oder des Lord Clifford, je nachdem der Eine oder der Andere die westlichen Sümpfe zuerst mit einem Heer betreten und der Vorräthe bedürfen würde, aufgehäuft werden sollte. Dieses Heer sollte auch uns in unsern Unternehmungen unterstützen, – ich meine die Truppen meines Oheims, des Grafen Pembroke, welcher einige Zeit vorher sich mit einer beträchtlichen Streitmacht in der Stadt Ayr, in der Nähe des caledonischen Waldes gelagert hatte, wo wir heiße Kämpfe mit den aufständischen Schotten zu bestehen hatten.
»Wohlan, Herr, es ereignete sich oft wie in ähnlichen Fällen, daß Thirlwall, obgleich ein kühner und thätiger Soldat, sich in Douglas-Castle zur Zeit des Allerheiligen-Festes von diesem würdigen James Douglas überrumpeln ließ. Dieser befand sich in keiner guten Laune, wie Ihr Euch wohl denken könnt, denn sein Vater William der Kühne oder William Langbein genannt, wurde ein Gefangener nach dem Recht des Krieges, weil er kein Engländer werden wollte, und starb als solcher bei strenger Einsperrung im Schlosse von Berwick, oder wie Einige sagen, in New-Castle. Die Nachricht von seines Vaters Tod hatte den jungen Douglas in keine geringe Wuth versetzt und ihm, wie ich glaube, das Verfahren eingegeben, womit er seine Rache ausführte. Durch die Menge der Vorräthe, die er im Schlosse vorfand, in Verlegenheit gesetzt, da er dieselben bei der Ueberlegenheit der Engländer im Lande, weder fortschaffen, noch in aller Muße dableibend verzehren konnte, kam er, wie ich glaube, durch Eingebung des Teufels auf den Gedanken, sie nutzlos für menschlichen Gebrauch zu machen. Urtheile selbst, ob ihm der Plan von einem guten oder bösen Geiste eingegeben war.
»Diesem Plane gemäß ließ er Gold, Silber und anderes leicht fortzubringende und werthvolle Gut nach geheimen Plätzen schaffen und alsdann Fleisch, Malz und anderes Korn in den Schloßkeller schleppen, wo er den Inhalt der Säcke auf Einem ekelhaften Haufen auszuleeren und den Fässern den Boden auszuschlagen befahl, so daß das gemischte Getränk durch Mehl, Getreide u. s. w. hindurch lief. Die zum Schlachten bestimmten Ochsen ließ er in gleicher Weise todtschlagen und deren Blut durch die Masse von eßbaren Stoffen laufen, und endlich wurde das Fleisch dieser Ochsen in der ganzen Masse begraben, worein man auch die Leichen der Besatzung legte, denn Douglas hatte keinen Pardon gegeben, und Jene mußten theuer genug ihr Vergehen, daß sie nicht bessere Wache gehalten hatten, bezahlen. Dieser niedrige und unwürdige Mißbrauch der Lebensmittel, die für den Gebrauch des Menschen bestimmt sind, sowie auch der Umstand, daß man in den Schloßkeller Leichen von Menschen, Pferden und anderen Unrath zur Verderbung derselben hineinwarf, ist seitdem die Douglas-Speisekammer genannt worden.«
»Ich habe nicht die Anmaßung, guter Herr Aymer, dasjenige vertheidigen zu wollen, was Ihr mit Recht mißbilligt, auch kann ich nicht begreifen, wie Vorräthe nach der Anordnung der Douglas-Speisekammer für Christen noch brauchbar sein sollten; dieser junge Herr hat aber vielleicht unter dem Stachel natürlicher Rache gehandelt, wodurch diese sonderbare That mehr zu entschuldigen sein mag, als es zuerst erscheint. Bedenkt nur, wenn Euer eigener edler Vater in langdauernder Gefangenschaft gestorben, sein Erbtheil eingezogen, und von der Besatzung eines fremden Feindes in Besitz genommen wäre, so würden sicherlich solche Dinge Euch zu einer Rache treiben, die Euer Gnaden bei kaltem Blute und vom Standpunkt eines Feindes aus mit natürlichem und lobenswerthem Abscheu betrachten müßte; – würdet Ihr todten und gefühllosen Gegenständen Achtung erweisen, wenn Euch Niemand tadeln könnte, daß Ihr dieselben für Euren Gebrauch Euch aneignetet? würdet Ihr sogar Bedenken tragen, Gefangenen Pardon zu verweigern, da dies ja so oft in Kriegen vorkömmt, die man sonst als gut und menschlich geführt bezeichnet?«
»Ihr drängt mich, Sänger,« sagte Aymer de Valence. »Ich habe wenigstens kein großes Interesse, den Douglas in dieser Angelegenheit zu entschuldigen, denn deren Folgen bestanden darin, daß ich selbst und das übrige Heer meines Oheims Clifford beim Wiederaufbau dieses gefährlichen Schlosses große Mühe hatten; da auch unsere Mägen gegen die von Douglas zurückgelassenen Speisen sich wehrten, hatten wir eine harte Zeit, obgleich ich anerkennen muß, daß wir kein Bedenken trugen, solche Schafe und Ochsen zu gebrauchen, welche die armen Schotten noch bei ihren Pachthöfen übrig hatten. Ich scherze nicht, wenn ich in traurigem Ernst anerkenne, daß wir Leute des Krieges mit besonderer Zerknirschung den Himmel um Gnade bitten müssen, wenn wir an das mannigfache Elend denken, welches unser Gewerbe uns Andern zuzufügen zwingt.«
»Mir scheint es,« erwiderte der Sänger, »daß diejenigen, welche den Stachel ihres Gewissens empfinden, milde sein müssen, wenn sie von dem Vergehen Anderer reden; auch vertraue ich nicht sehr einer Art Prophezeihung, welche, wie die Leute dieser Gebirgsgegend sagen, dem jungen Douglas von einem Mann gegeben wurde, welcher nach dem Laufe der Natur schon längst todt sein muß; dieser verhieß ihm nämlich eine siegreiche Laufbahn gegen die Engländer, weil er sein eigenes Schloß geopfert habe, um zu verhindern, daß sie eine Besatzung hineinlegten.«
»Wir haben Zeit genug für die Geschichte,« sagte Sir Aymer, »und mich däucht, sie würde sich besser für einen Ritter und Sänger eignen, als das bisher von uns geführte Gespräch, welches sich eher für den Mund von zwei reisenden Mönchen geziemt haben würde – Gott schütze uns.«
»So sei es,« sagte der Sänger, »die Laute oder die Geige wechselt ihr Tempo und ihre Note.«