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von David Hume von Godscroft verfaßt.
»Hier nun beginnt das Unglück des Königs einen Halt zu machen, uns einem glücklicheren Erfolge in seiner eigenen Person, noch mehr aber in der Person von Sir James zu weisen, welcher seine Schlösser und Ländereien wieder eroberte. Er ging nach Douglasdale, wo er mit Hilfe von seines Vaters altem Diener, Thomas Dickson, das Schloß Douglas nahm. Weil er es aber nicht behaupten konnte, so ließ er es verbrennen, indem er sich damit tröstete, daß seine Feinde jetzt eine Feste weniger wie zuvor hätten. Die Art, wie er das Schloß nahm, soll folgende gewesen sein: Sir James nahm mit sich nur zwei von seinen Bedienten, und ging zu Thomas Dickson, der ihn mit Thränen empfing, nachdem er sich demselben entdeckt hatte, denn zuerst erkannte der gute alte Mann ihn nicht, weil er ein sehr niedriges und schlechtes Kleid trug. Derselbe versteckte ihn in einer stillen Kammer, und brachte ihm nur solche Leute, welche vertraute Diener seines Vaters gewesen waren, auch nicht auf einmal, sondern immer nur Einen nach dem Andern, da man befürchten mußte, daß er entdeckt würde. Die Meinung derselben ging dahin, daß seine Mitverschwornen am Palmsonntag, wenn die Engländer in der Kirche wären, sich sammeln sollten, und daß er dann die Loosung gebe, und daß man des Douglas Schlachtruf anstimmen werde. So wolle man über die zufällig Gegenwärtigen herfallen und könne das Schloß leicht nehmen, wenn dieselben abgethan wären. Als man nun so übereingekommen war, und als nun die Engländer mit Zweigen in den Händen nach der Gewohnheit des Tages in die Kirche gegangen waren, wobei sie nichts der Art beargwohnten oder fürchteten, rief Sir James nach der Verabredung, aber zu früh, »ein Douglas, ein Douglas!« Als man nun das in der Kirche hörte (es war aber die St. Bride Kirche in Douglas), zog Thomas Dickson in der Meinung, daß er unterstützt werde, sein Schwert, und stürzte auf die Engländer ein; er ward aber nur von einem Andern unterstützt, so daß er von der Zahl seiner Feinde überwältigt, niedergeworfen und erschlagen wurde. Mittlerweile aber war Sir James herbeigekommen; die Engländer in der Kapelle hielten die Schotten zurück, denn sie hatten den Vortheil eines engen Eingangs, den sie mannhaft vertheidigten. Sir James aber ermuthigte seine Leute nicht sowohl durch Worte wie durch Thaten und gutes Beispiel; auch erschlug er die Tapfersten, die ihm Widerstand leisteten, drang zuletzt in den Ort, tödtete 26 Mann und nahm die übrigen zehn oder zwölf gefangen; er wollte mit denselben der Kapitulation gemäß in das Schloß dringen und hereinkommen, wenn die Thore, um sie herein zu lassen, geöffnet würden, allein das war nicht einmal nothwendig, denn die im Schlosse waren so von ihrer Sicherheit überzeugt gewesen, daß nur der Thorwächter und der Koch darin zurückgeblieben waren. Diese wußten gar nichts von den Vorgängen in der Kirche, welche etwa eine Viertelmeile entfernt lag; sie hatten deshalb das Thor weit offen gelassen; der Thorwächter hatte das Schloß verlassen und der Koch bereitete die Speisen zum Mittagessen. Sie zogen ohne Widerstand ein, und da das Fleisch fertig und der Tisch gedeckt war, so verschlossen sie das Thor und nahmen mit aller Behaglichkeit ihr Mahl ein.
Als nun Douglas das Schloß so erobert hatte, dachte er bei sich (denn er war ein Mann nicht weniger klug im Rath wie tapfer im Kriege), er werde es doch nicht behaupten können, denn die Engländer waren noch die Stärkeren im Lande und er wußte, daß er auf keinen Entsatz rechnen konnte, wenn dieselben ihn belagern würden; deshalb hielt er es für besser, Alles fortbringen zu lassen, was sich am leichtesten transportiren ließ. Gold, Silber und Kleidung mit Kriegsbedarf und Waffen, das er am meisten brauchte; die übrigen Vorräthe wollte er nebst dem Schlosse zerstören, denn es half zu nichts, die Zahl seiner Anhänger durch Zurücklassung einer Besatzung zu vermindern. Somit ließ er Mehl und Malz und anderes Korn und Getreide in den Keller bringen und Alles zusammen auf einen Haufen legen; und dann nahm er die Gefangenen und erschlug sie, um den Tod seines treuen und tapferen Dieners Thomas Dickson zu rächen, vermischte jene Lebensmittel mit ihrem Blut und begrub ihre Leichen in den Getreidehaufen; hierauf ließ er den Fässern den Boden einschlagen, so daß alles Getränk herauslief, und dann warf er die Leichen der todten Pferde und anderes Aas hinein und ließ Salz über Alles herstreuen, so daß der Feind gar nichts davon brauchen konnte; solcher Keller wird noch heut zu Tage die Douglas-Speisekammer genannt. Zuletzt entzündete er das Haus und verbrannte jegliches Holzwerk, so wie Alles, was vom Feuer zerstört werden konnte, so daß er nur die rauchigen Mauern zurückließ. Das war seine erste Eroberung von Castle Douglas, denn er nahm das Schloß zweimal. Für diesen Dienst und andere seinem Vater erwiesene gab Sir James dem Thomas Dickson die Ländereien von Hazelside, welche ihm vor der Einnahme des Schlosses als Ermuthigung, um ihn recht eifrig zu machen, versprochen waren; derselbe wurde aber, wie gesagt, in der Kirche erschlagen. Es war aber von Sir James sowohl freigebig wie weise gehandelt, daß er die Männer in seinem Dienste durch so edles Thun ermuthigte. Als nun das Schloß verbrannt war, zog sich Sir James zurück; er theilte seine Leute in verschiedene Kompagnieen, so daß sie so geheim wie möglich bleiben konnten; er ließ die im Kampfe Verwundeten heilen und hielt sich so viel wie möglich in der Nähe auf, indem er eine Gelegenheit erwartete, um gegen den Feind etwas zu unternehmen. Sobald er fort war, kam Lord Clifford, als er die Vorgänge erfahren hatte, in Person nach Douglas: er ließ das Schloß in sehr kurzer Zeit wieder aufbauen und fügte auch einen Thurm hinzu, welcher nach ihm Harry's Thurm genannt wird; und so ging er denn nach England zurück, indem er einen gewissen Thurswall als Schloßhauptmann zurückließ.
Als Sir James Douglas wieder nach Douglasdale kam, brauchte er gegen jenen Thurswall, den Schloßhauptmann unter besagtem Lord Clifford, folgende Kriegslist: Er ließ durch einige seiner Leute das Vieh wegtreiben, welches in der Nähe des Schlosses weidete, und als der Hauptmann der Garnison ausrückte, um das Vieh wieder zu holen, ließen seine Leute es nach seinem Befehl zurück und flohen. Dieß that er so oft, daß der Hauptmann solche Angriffe geringschätzte und sich für sicher hielt; als das nun nach seiner Meinung genug geschehen war, legte er einige Leute in Hinterhalt und schickte andere fort, damit sie die Thiere vor dem Schloß wegtrieben wie zuvor, als seien sie Diebe und Räuber. Als der Hauptmann davon hörte, war er der Meinung, die Gefahr sei nicht größer wie zuvor; er zog aus dem Schlosse und verfolgte ihn mit solcher Eile, daß seine Leute während ihres Laufes in Unordnung und aus ihren Reihen kamen. Auch die Viehtreiber flohen so schnell sie konnten, bis sie den Hauptmann etwas jenseits des Hinterhalts gelockt hatten; als die im Hinterhalte das sahen, brachen sie plötzlich aus ihrem Versteck hervor, griffen den Hauptmann und seine Leute an, erschlugen ihn und jagten Letztere in's Schloß zurück; einige derselben wurden eingeholt und erschlagen; Andere kamen in's Schloß und wurden gerettet. Da Sir James das Schloß zu erstürmen nicht vermochte, nahm er die Beute, die er außerhalb desselben bekommen konnte, und zog ab. Dadurch und durch solche andere Thaten schreckte er so sehr den Feind, daß die Behauptung des Schlosses für sehr gewagt gehalten wurde, und daß man es das gefährliche Schloß Douglas zu nennen begann. Als nun Sir John Walton sich um die Hand einer englischen Dame bewarb, schrieb sie ihm, er müsse das gefährliche Schloß Douglas sieben Jahre lang behaupten; dann könne er sich für würdig halten, als ihr Freier aufzutreten. Bei der Gelegenheit übernahm Walton die Behauptung des Schlosses, und wurde der Nachfolger von Thurswall; es ging ihm aber ebenso wie den Andern vor ihm. Als nämlich Sir James einen Hinterhalt an den Platz gelegt hatte, ließ er vierzehn seiner Leute eben so viele Säcke nehmen und mit Gras füllen, als sei dasselbe Getreide, welches sie nach Lannark, dem hauptsächlichsten Marktflecken trügen; er hoffte durch diesen Köder den Schloßhauptmann herauszulocken, um ihn oder das Schloß oder Beide zu nehmen; auch wurde diese Erwartung nicht getäuscht, denn der Hauptmann biß an und kam heraus, um den vermeintlichen Proviant für sich zu nehmen. Ehe er jedoch die Sackträger erreichen konnte, war Sir James mit seiner Kompagnie zwischen dem Schloß und ihm hervorgebrochen; die verkleideten Sackträger aber legten, als sie sich vom Hauptmann verfolgt sahen, sehr schnell die Oberkleider ab, womit sie sich vermummt hatten, warfen ihre Säcke auf den Boden, stiegen zu Pferde und machten gegen den Hauptmann einen scharfen Angriff. Derselbe war um so mehr erschrocken, weil der Angriff unerwartet war; als er nun sah, daß die Sackträger sich in Krieger verwandelten und ihn angriffen, besorgte er, daß ihm eine Schlinge gelegt sei, und kehrte deshalb um, damit er sich in's Schloß zurückziehe. Aber auch dort begegnete er seinen Feinden, worauf er mit seinen Leuten zwischen den zwei Haufen erschlagen ward und Niemand entwischte. Als man den Leichnam des Hauptmanns nachher aufsuchte, fand man, wie berichtet wird, bei demselben den Brief seiner Geliebten. Dann nahm Sir James das Schloß; es ist aber ungewiß, ob durch Gewalt oder Vertrag; es scheint jedoch, daß der zurückgebliebene Befehlshaber und die Besatzung dasselbe freiwillig übergaben, denn Sir James behandelte sie so mild, wie er es nach einer Erstürmung sicherlich nicht gethan haben würde, denn er schickte sie sämmtlich unverletzt nach Hause zum Lord Clifford und gab ihnen auch Lebensmittel und Geld, damit sie unterwegs zu essen hätten. Das Schloß, welches er früher nur verbrannt hatte, ließ er jetzt schleifen und die Mauern niederreißen. Durch dieses und ähnliches Verfahren befreite er in kurzer Zeit Douglasdale, Attrick Forest und Jedward Forest von der englischen Herrschaft.
Diese ganze Erzählung Hume's ist nur ein Auszug aus der erwähnten Reimchronik, oder vielmehr eine Uebertragung des dortigen Textes aus dem weitläufigen Styl des Mittelalters in eine einfachere und verständlichere Schreibart einer neueren Zeit.