Robert Schweichel
Um die Freiheit
Robert Schweichel

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Siebentes Kapitel.

Der Dr. Eberhard ist auch wieder in der Stadt,« äußerte Sabine von Muslor. Sie stand am Fenster und sah Frau Margarethe von Menzingen mit Else über die Herrengasse gehen; das war die Veranlassung ihres Ausrufes.

»Was kümmert's mich? Ich weiß es längst,« antwortete Gabriele gleichgültig, ohne ihre Stellung zu verändern, in der sie, die verflochtenen Hände unter dem Kopfe, auf dem Lotterbettlein lag. Ihr rechtes Bein hing über den Rand des Lagers auf den Fußboden hinab. Sie lag wohl schon seit einer Stunde so.

Sabine wandte sich nach ihr um und sagte: »Ich weiß eine Zeit, wo er Dir nicht so gleichgültig war wie jetzt. Hättest Du damals nach dem Bohnenfeste meine Vermittlung nicht so hartnäckig zurückgewiesen, so hätte ich Dich und Max wohl wieder zusammengebracht. Du hast Dir ein großes Glück verscherzt, das nun einer anderen zufällt.«

Gabriele lachte schrill auf.

»Dein Lachen ist gräßlich,« murmelte Sabine. »So kann nur eine lachen, die kein Herz hat.«

Sie erhielt keine Antwort und ließ sich seufzend auf einen Sessel nieder, dessen Kissen von ihr zierlich bestickt waren. Das Lachen durchfröstelte sie und nahm ihr den Mut fortzufahren. 570

Seit dem gemeinsamen Gange auf die Vorderburg, wo sie Florian Geyer getroffen hatte, schmollte und grollte sie mit der Freundin. Gabriele schien es nicht zu bemerken, auch nicht, daß auf ihren Wangen die Rosen erblaßten. Verschlossen lebte sie neben Sabine und deren Mutter hin und vieles von dem, was sonst ihre Teilnahme, ja ihre Leidenschaft erregt hatte, ließ sie kalt. So auch, daß Max wieder in Rothenburg war.

Er war dahin zurückgekehrt, nachdem der Verfassungsausschuß zu Heilbronn sich aufgelöst hatte. Die Papiere desselben hatte er auf die Bitte des Kanzlers mit sich genommen und hinterlegte sie später in dem Archiv von Rothenburg. Dort wurde unter ihnen der Entwurf der deutschen Reichsverfassung nach Jahrhunderten wieder aufgefunden, ein leuchtend Ehrendenkmal der in ihren sozialen und politischen Ideen und Idealen weit über ihre Zeit hinausgehenden großen Bauernrevolution, auf welche die Sieger Berge der schmutzigsten Lügen und Verdächtigungen gehäuft haben. Aber die Wahrheit läßt sich nicht in Blut und Kot ersticken, und eines Tages besteigt sie den Richterstuhl.

Noch bewahrte Max das wertvolle Dokument in seiner bescheidenen Wohnung auf der Würzburger Gasse. Denn noch lebte er der festen Überzeugung, daß der Verfassungsausschuß seine Arbeiten bald wieder aufnehmen würde. Und in dieser Überzeugung genoß er das durch die unterbrochene Arbeit ihm gewährte Glück des Wiedersehens der Geliebten in vollen Zügen. Fräulein von Badell gewährte auch jetzt wieder ihren Schutz dem jungen Paare, wie durch ihre Vermittelung die beiden Brieflein, die Max aus Heilbronn geschrieben, an Else gelangt waren. Zu ihrem Hause befanden sich Mutter und Tochter auf dem Wege, als sie von Sabine gesehen wurden. Else in ihrer frohen Ungeduld die schwarzen Wolken vergessend, die über ihrer Zukunft hingen, Frau Margarethe voll Verlangen, ihr schweres 571 Herz durch Aussprache zu erleichtern. Denn es war zwischen ihrem Gatten und dem Bürgermeister zu einem harten Zusammenstoß gekommen, weil Stephan von Menzingen gegen das Verbot Bermeters den Dr. Karlstadt wieder in die Stadt gelassen hatte. Und bei dieser Gelegenheit hatte der Bürgermeister überdies dem Obmann des Ausschusses den gemessenen Befehl gegeben, innerhalb vierzehn Tagen sein Dienstverhältnis zu dem Markgrafen Kasimir zu lösen, weil solches wider die Stadtgesetze verstoße. Es war nämlich die Antwort des Markgrafen, deren von Menzingen zu Schweinfurt gegen Florian Geyer Erwähnung getan, durch einen reitenden Boten überbracht worden, und auf dem Briefe, den er der Torwache hatte vorweisen müssen, um Einlaß zu erhalten, war dem Namen des Ritters hinzugefügt gewesen: »Unserm Rat und lieben Getreuen.«

»Sorget Euch nicht, liebe Frau«, tröstete das Fräulein von Badell, die mit der Freundin im Garten auf einer steinernen Bank saß, während die Liebenden in einer Entfernung von ihnen Arm in Arm unter den Bäumen wandelten. »Die Zeiten sind verheddert wie der Flachs am Rocken einer unordentlichen Magd. Aber mit Geduld schaffet man wohl wieder Ordnung. Um die Zukunft der Kinder banget mir zunächst nicht. Es steckt halt in der Jugend eine Kraft – wir alten Weiber haben's nur vergessen –, die nicht so leicht kirre zu kriegen ist. Mich dünket, daß Eure Else einen festen Kopf hat als wie ihr Vater, und wenn zwei solche Köpfe zusammenkommen, dann ziehet der Mannskopf allemale den kürzeren, weil er der gröbere ist. Und wenn Euer Mann mit dem Bürgermeister hart aneinandergeraten ist von wegen dem Unglückswurm – sie deutete mit ihren Blicken nach dem an die Stadtmauer stoßenden Seitenflügel, der Dr. Karlstadt beherbergte – der jetzt dort oben auf seiner Kammer Tag und Nacht an einem Folianten schmiedet, den er seinen Gegnern an den Kopf schmeißen will, nun, Ihr kennet ja das Rätsel: ›Speise 572 ging von dem Fresser und Süßigkeit von dem Starken‹. Die Herren vom Rat sind keine Löwen, ob sie gleich brüllen, und der Bermeter am wenigsten. Wie ihnen der Fuchs auf die Tatzen schlug, haben sie die Krallen flink wieder eingezogen. Lasset's gehen, liebe Seele.«

Frau Margarethe mußte wider Wille lächeln. Fräulein von Badell spielte darauf an, daß die Dunkelmänner die Rückkehr Karlstadts zu einem Schlage gegen die Reformation auszunutzen versucht hatten. Sie hatten nämlich einen Schulmeister und zwei mindere Bürger mit einer Bittschrift um Wiedereinführung der Messe in der Stadt umhergeschickt. Es war ihnen auch gelungen, mehr als hundert Unterschriften zu sammeln, da den meisten das Schriftstück viel zu lang war, um es zu lesen, und sie daher blindlings unterzeichneten. Diesen Sammlern auf dem Fuße ließ sich der blinde Mönch, den man gemeiniglich den Fuchs nannte, von Haus zu Haus führen und eine kurz und scharf gefaßte Erklärung unterschreiben, daß man von Karlstadts Lehre nicht weichen wolle. Das Fräulein vermutete, daß Valentin Ickelsamer der Verfasser sei. Schärfer noch als diese Erklärung drangen aus den Schänken die lauten Drohungen zu den Ohren des Innern Rates, weidlich dareinzuschlagen, wenn die Messe wieder eingeführt würde. Da verschwand die erstere Bittschrift unter dem Ratstische.

Georg Bermeter benutzte diese Vorgänge, um bei dem Äußeren Rate und dem Ausschusse vertraulich anzufragen, ob sie ihn nicht seines Amtes entlassen und andere Ratspersonen wählen möchten? Er war alles, nur kein Löwe und sah ein, daß seine Kraft zu schwach war, um dem vereinigten Andrang der Geschlechter und Wohlhabenden gegen den kaum geschlossenen Bund mit den Bauern erfolgreichen Widerstand entgegenzusetzen, auch sträubte sich sein Gewissen gegen den Eidbruch. Denn immer bedenklicher begann es um ihn zu raunen und zu flüstern: »Los von dem Bund!« Der Äußere Rat 573 und der Ausschuß antworteten zwar, daß sie einem Bürgermeister und Rat alle Gewalt anheimstellten, denn auch sie wären des Regiments müde worden. Allein Erasmus von Muslor und Konrad Eberhard weigerten sich entschieden, in ihre früheren Ämter wieder einzutreten. Sie erachteten ihre Zeit noch nicht für gekommen. Mit ihrem Rate wollten sie den Inneren Rat jedoch gern unterstützen. Sie hielten auch ihr Versprechen; denn auf ihre Einflüsterungen sandte die Stadt den Bauern nochmals Pulver und Kugeln, ließ aber den Befehl, Haltenbergstedten zu zerstören, unausgeführt. Die seinerzeit gegen den Junker von Rosenberg bei dem Reichs-Kammergericht erhobene Anklage war bei den unruhigen Zeiten zur Makulatur geworden, und Erasmus von Muslor wollte es bedünken, daß die Freundschaft des Junkers auf dem Marienberge ihnen nunmehr nützlicher als die der Bauern sein könnte. Auch dieses ließ zum Erstaunen Sabines ihre schöne Freundin völlig kalt. Während aber der regierende Rat noch den Schein der Bauernfreundlichkeit zu wahren trachtete, verrieten die Geschlechter ihre wahre Gesinnung offen durch die Gelage, mit denen sie auf der Herren-Trinkstube die Siege des Truchseß und seine eines türkischen Paschas würdige Grausamkeit gegen die Gefangenen und das unglückliche Weinsberg feierten.

In dem Becher steckte ihre ganze Heldenschaft, meinte die schöne Gabriele verächtlich. Sie beschuldigte den Rat der Zagheit, er treibe Krämerpolitik, und sie suchte ihren Vormund und Herrn Erasmus zu bestimmen, endlich einen entscheidenden Schlag zu führen. »Mir wäre es schon recht, aber wie, wenn er mißlänge?« fragte Konrad Eberhard. »Nun, dann ist's zu Ende und man weiß endlich, woran man ist«, entgegnete sie mit wogender Brust. Seit dem Abschlusse des Bündnisses mit der Bauernschaft war ihre Verachtung der Bauern zu einem Hasse geworden, über dessen leidenschaftliche 574 Ausbrüche die gutmütige Frau von Muslor mehr als einmal sich entsetzte.

Am Freitag vor Pfingsten befand sich Erasmus von Muslor mit den Seinigen nach dem Nachtessen in dem Garten hinter seinem Hause. Die Sonne stand bereits hinter den Häusern. Der Tag war heiß gewesen. Die beginnende Kühle atmend, die von dem Dufte des blühenden Jasmins durchwürzt war, genoß Herr Erasmus seinen Abendtrunk, während die Hausfrau über den Küchenzettel für das Pfingstfest brütete und Sabine sich von den Beeten einen Strauß pflückte. Gabriele saß auf der niedrigen Mauer, die den Garten gegen die tieferliegende Burggasse mit den nur ein- und zweistöckigen Häusern der Handwerker begrenzte. Das Geräusch der Gewerbe war verstummt und nur die frischen hellen Stimmen der Kinder, die auf der Gasse spielten, schollen herauf; dazu in der Luft das Pfeifen der jagenden Schwalben. Die niedrigen Stroh- und Schindeldächer hinderten das Auge nicht, südwärts weit, weit hinauszuschweifen in die von Feldern, Wiesen Buchen und Tannen grünende Landschaft jenseits der Tauber. Gabriele hatte das linke Bein über das rechte geschlagen, das Knie mit beiden Händen umspannt und schaute mit etwas zurückgebogenem Kopfe nach dem cyklopischen Pharamundsturm in der südwestlichen Ecke der Hinterburg, um dessen von der Sonne noch goldig leuchtendes Dach die Schwalben im blitzartig zuckenden Fluge hin und her schossen. Ein leiser Luftzug ließ dann und wann das schwarze Gelock Gabrieles aufwogen. Sie gewahrte es, daß Sabine, ihre Blumen ordnend, in ihre Nähe kam, und sie seufzte, indem ihre Augen die Schwalben verfolgten: »Wer doch auch fliegen könnte!«

»Und wohin würdest Du fliegen?« fragte Sabine. »Aber Du brauchst es mir nicht zu sagen, ich weiß es.«

»Dann weißt Du mehr als ich«, antwortete Gabriele mit einem verwunderten Blick. »Ich zerbreche mir just den Kopf über das Wohin. Hilf mir also.« 575

»Damit täuschest Du mich nicht«, rief Sabine, indem ihre Wangen sich höher röteten. »Du verstehst Dich freilich trefflich darauf. Denn wie hätte ich sonst so lange an eine Freundschaft glauben können, die Du nie für mich gehabt hast?«

»Wie, sind wir noch in der Klosterschule?« spöttelte Gabriele. »Also, welchen Verbrechens an der Freundschaft hab' ich mich schuldig gemacht?«

»Daß Du mich noch fragen kannst, beweist, was ich Dir schon einmal sagte, daß Du kein Herz hast«, versetzte Sabine gereizt. »Ich habe Dir aus dem meinigen nie ein Hehl gemacht. Du weißt, daß ich den Adelsheim nicht liebe, daß ich nur gezwungen die seinige werde. Du aber merkst kaum, daß einem anderen mein Herz sich zuneigt, so drängst Du Dich dazwischen und suchst ihn für Dich zu gewinnen.« Die Tränen traten ihr in die Augen.

»Also eifersüchtig!« sagte Gabriele, ihr Knie freigebend. Mit einem Achselzucken fügte sie hinzu: »Wenn ich mich deshalb verantworten soll, ja, Liebste, warum seid Ihr alle auch so langweilig?«

»Verantworten sollst Du, daß Du mich Deinen Zeitvertreib bezahlen läßt«, rief Sabine, deren blaue Augen zornig durch die Tränen zu blitzen begannen.

Gabriele schwieg.

»Und wenn Du ihn noch liebtest!« begann Sabine wieder.

Gabriele sah sie finster an. »Und wenn ich ihn liebte?« fragte sie, die Worte dehnend. »Narrheit!« schloß sie nach einer kurzen Pause scharf.

»Aber für mich ist's keine!« entgegnete Sabine mit zuckenden Lippen. »Dir freilich gilt er nichts. Hassest Du doch die Bauern tötlich, wie könntest Du ihren Führer lieben!«

»Ja, das ist wahr«, gab Gabriele zu und glitt von der niedrigen Brustwehr auf den Boden. »Ja, ich hasse sie, wie ich mich selbst hassen würde, wenn – 576 wenn's anders wäre. Weißt Du denn nicht, daß hier in Rothenburg ausdrücklich ist festgestellt worden, daß keine Zinsen, Gülten und Renten mehr bezahlt werden sollen? Und daraus besteht mein ganzes Vermögen. Soll ich etwa diejenigen lieben, die mich zur Bettlerin gemacht haben? Wo soll ich itzt einen Unterschlupf finden? Daran dacht' ich vorhin, als ich mir Flügel wünschte.«

Die Gutmütigkeit drängte bei Sabine die Eifersucht zurück und sie rief: »Ach, verzeih', daß ich daran nicht dachte! Aber bist Du nicht in unserem Hause geborgen? Gehörst Du nicht zu uns? Ob Du reich oder arm bist, das macht doch keinen Unterschied. Warum willst Du uns also verlassen?«

Wieder schwebte es auf Gabrieles Lippen: »Weil Ihr alle tötlich langweilig seid.« Sie bezwang sich jedoch und erwiderte, sich stolz aufrichtend: »Ein Almosen soll ich annehmen? Denn ein solches wäre es, selbst wenn es die Liebe bietet. Niemals! Ich würde es nicht einmal ertragen, hier arm zu sein, wo man mich in meinem Reichtum gekannt hat. Und nun bewahre, was ich Dir anvertraut habe und sprechen wir nicht weiter davon.«

»Im Gegenteil, sprechen wir itzt erst recht davon, ich muß Deinen Stolz bezwingen«, rief Sabine. Gabriele aber unterbrach sie: »Da kommt mein Vormund. Laß' uns hören, was ihn noch so spät herführt.«

Sie schritten beide auf den alten Ahorn zu, unter dem Herr Erasmus und seine Gattin saßen und sich eben erhoben, um den Gast zu begrüßen.

»Meine Neuigkeit ist kein Geheimnis«, beantwortete dieser den fragenden Blick des Hausherrn und reichte Sabine und seiner Mündel die Hand. »Hieronymus Hassel war eben bei mir.«

»Wie, schon aus Schweinfurt zurück?« rief von Muslor erstaunt. 577

»Die Tagsatzung ist aus; sie war ein Fehlschlag und ist unverrichteter Sache auseinandergegangen.«

»Und der Menzingen?«

»Ist auch wieder da«, antwortete Konrad Eberhard. »Wie mir der Hassel erzählte, ist er mit ihm zurückgekommen und mit ihnen der Geyer von Geyersberg. Der Landtag hat die beiden an den Markgrafen Kasimir abgeordnet, um zwischen ihm und der Bauernschaft den Frieden zu vermitteln. Sie wollen hier seinen Bescheid abwarten, wo er sie empfangen könne.«

Gabriele war bei der Erwähnung Florian Geyers erst totenblaß, dann feuerrot geworden, während Sabine, die ebenfalls errötet war, sich eiligst nach dem Hause entfernte, um für die Bewirtung Konrad Eberhards zu sorgen. Als sie nach einiger Zeit mit einem reinen Becher und einem Teller gewürzten Gebäckes, um den Durst zu reizen, wiederkam, war Gabriele verschwunden. Später sah sie dieselbe aus einer Geißblattlaube kommen und langsam dem Hause zugehen. Gabriele legte sich zu Bett, obgleich es noch früh war, und wie Sabine nach einer Stunde ebenfalls ihr Lager aufsuchte, schien sie bereits fest zu schlafen.

Es war am folgenden Tage in der Stadt wenig davon zu merken, daß es Sonnabend vor Pfingsten war. Das Gerücht von der Vergeblichkeit des Landtages zu Schweinfurt und ein zweites, das sich erst jetzt zu verbreiten begann, nämlich, daß der Innere Rat die beiden Vertreter der Stadt aus Würzburg abberufen habe, erfüllten die Gemüter mit einer unbestimmten Unruhe.

Man hatte das Gefühl, als ob man in einem Boote führe, das auf einem äußerlich glatten Strome schneller und schneller einem Katarakt entgegenglitt. Auf den Märkten hatten sich auffallend wenig Bauern eingefunden. Um so zahlreicher hatte das Pfingstfest die Bettler in die Stadt gelockt und unter ihnen altbekannte Gestalten, die keinen Sonnabend in 578 Rothenburg fehlten, bestimmte Viertel absuchten und an Sonn- und Feiertagen an den Türen bestimmter Kirchen zu finden waren. Einer mit einem langen schneeweißen Barte, den man den Patriarchen nannte, pflegte nur bei den Geschlechterhäusern zu betteln, wo er meistens reichliche Almosen erhielt. Seinen festen Stand hatte er vor der Klosterkirche der Dominikanerinnen, einem geschmackvoll einfachen Bau aus der Epoche der ersten Gotik mit schlanken Türmen auf beiden Giebelseiten.

Diesen Lumpenpatriarchen fand Florian Geyer an der Haustür seines Gastfreundes stehend, als er am Vormittage ausging, um Dr. Deutschlin und den Kommentur Christian aufzusuchen. Während er aus seiner Gürteltasche eine kleine Münze hervorsuchte, reichte ihm der Bettler einen zusammengelegten Zettel. »Lesen, Ew. Gnaden«, sagte er dabei leise und machte Miene, sich zu entfernen.« Florian Geyer hielt ihn jedoch mit einem: »Halt!« zurück und fragte, wer ihn schicke. »Wenn's nit der Schreiber von dem Zettel ist, dann weiß ich's nit, gnädiger Herr«, antwortete der Weißbart mit verstellter Einfalt. Florian Geyer hatte unterdessen einen Blick auf das Papier geworfen, das nur die wenigen Worte enthielt: »Ich muß Euch sprechen. Um 6 Uhr in der Kirche der Dominikanerinnen.« Als er aufsah, entfernte sich schon der Patriarch und er ließ ihn ohne weitere Erkundigung gehen, würde er doch zeitig genug erfahren, von wem die Botschaft kam.

Die Mitteilungen Kaspar Christians und des Predigers an St. Jakob über den Geist, der unter den Geschlechtern Rothenburgs sich bemerkbar mache, gaben Florian Geyer viel zu denken. Am Nachmittage ging er nochmals fort, um endlich Max Eberhard auch von Angesicht kennen zu lernen. Wendel Hipler hatte ihn in seiner guten Meinung von Max wesentlich bestärkt und dieser überdies an Else einen 579 reizenden Anwalt gefunden, als Florian Geyer das Gespräch auf ihn gebracht.

Max Eberhard sprang lebhaft von seinem Arbeitstische auf, an dem er saß, und begrüßte Florian Geyer mit seinem Namen, indem er ihm beide Hände entgegenstreckte. Else hatte den Zug der Gesandten auf das Rathaus gesehen und Max den Ritter auf das genaueste beschrieben. »So kennt Ihr mich also, schon von Ansehen?« fragte Florian Geyer mit einiger Verwunderung. Max geriet in Verlegenheit und sein Gast lächelte, denn er erinnerte sich der Wärme, mit der Else ihm von Max gesprochen hatte. Er erriet das Geheimnis der beiden jungen Menschen, und es wehte ihn wohlig an, in all den politischen Wirren und Leidenschaften den reinen Hauch des ewig Menschlichen zu verspüren. Das war etwas, das ihn den Unmut und die schweren Gedanken, mit denen ihn sein Morgenbesuch erfüllt hatte, einigermaßen vergessen ließ. Damit in einem inneren Zusammenhang stand die lächelnde Frage, indem er auf ein offenes Buch wies, von dem Max bei seinem Eintritte sich erhoben hatte: »Ihr laset wohl eben einen alten Dichter?«

»Ich möchte ihn eher einen Propheten nennen, denn er malt Zeiten, die erst kommen sollen«, antwortete Max, ein wenig errötend. »Auch ist er nicht alt, sondern atmet noch im Licht der Sonne. Es ist die Utopia des vortrefflichen Thomas Morus, wenn Ihr vielleicht davon gehört habt.«

»Freilich hab' ich davon gehört«, rief Florian Geyer lebhaft. »Ulrich von Hutten hat uns auf der Ebernburg oft und eingehend von dem Werke unterhalten und manche Stelle daraus verdeutscht. Er las uns auch den Brief, worin der berühmte Erasmus ihn auf die Utopia aufmerksam machte und von ihr sagte, daß Morus sie in der Absicht verfaßte, zu zeigen, woran 580 es läge, daß die Staaten in so schlechten Zuständen seien.«

»Was Morus denn auch in bezug auf sein Vaterland England gründlich tut«, fügte Max hinzu.

»Nur in einem Punkte kann ich seine Hoffnungen nicht teilen und auch er wird enttäuscht werden. Wir kennen ja die Fürsten, sollte ich meinen, und ich bestritt es schon damals Hutten und Sickingen, daß es ihm je gelingen werde, einen Fürsten zu gewinnen, der einen Versuch machte, ein so vorzügliches Gemeinwesen, wie er es ausmalet, ins Leben zu rufen.«

»Ihr haltet die Utopia also für keine Träumerei, sondern für wirklich erreichbar?« fragte Max, und Florian Geyer erwiderte: »Höret, lieber Doktor! Ihr werdet es ja den Karlstadt wiederholt haben predigen hören, daß die Welt im Geiste des Evangeliums sich erneuern und zum Kommunismus der ersten christlichen Gemeinden zurückkehren müsse. Ich bin des Dafürhaltens, daß die Menschheit nie wieder zu Erscheinungen, zu Einrichtungen zurückkehrt, die sie einmal überwunden hat. Das Ziel, dem sie in ihrer Entwickelung zustrebt, liegt oft in unabsehbarer Ferne, aber immer vor ihr, nie hinter ihr. Der religiöse Kommunismus ist abgetan, unser Ziel ist der soziale Kommunismus der Insel Utopia. So fest meine Schwertklinge ist, so fest bin ich überzeugt, daß wir einst dort landen werden. Schon sind wir auf der Fahrt dorthin. Warum sonst hätte sich der Bauer im ganzen Deutschen Reiche empört?«

Er hob das Buch auf und den von einem Holzschnitt umrahmten Titel überblickend, äußerte er: »Wenn ich mein gering' Latein zusammen nehme, so stehet hier: ›Ein wahrhaft goldenes Büchlein vom besten Stand des Gemeinwesens.‹ Schade, daß es der große Mann bereits vor unserem Aufstand schrieb, sonst würde er sich nach keinem Fürsten umgeschaut, sondern erkannt haben, daß dieses goldene Büchlein nur durch die 581 Erkenntnis, den Willen und die Kraft des Volkes zur goldenen Wahrheit werden könne.«

»Merkwürdig, daß Wendel Hipler es für einen Scherz, eine Phantasterei hält«, bemerkte Max Eberhard nachdenklich.

»Mich wundert's nit. Er ist ein großer Politikus, aber nur Politikus, und hier ist mehr. Und Ihr, lieber Doktor, seid auch noch etwas mehr, oder nebenher als ein Politikus.« Florian Geyer sagte es mit einem so eigentümlich heiteren Blicke, daß Max ihn nicht mißverstehen konnte und wider Willen rot wurde.

Florian Geyer verließ ihn in einer angenehm erregten Stimmung, als auf dem Rathausturm die sechste Stunde angeschlagen wurde, und er die Klosterkirche betrat. Im ersten Augenblick gewahrte er niemand in der Kirche. Bei seinen auf den Steinplatten klirrenden Schritten erhob sich jedoch vor einem der vier kunstvoll geschnitzten Altäre eine dunkle Gestalt und schritt ihm zögernd entgegen. Sie trug einen schwarzen, mit Pelz verbrämten Seidenmantel und eine eben solche Kapuze, die aber zurückgeschlagen war, und Florian Geyer erkannte die schöne Gabriele.

»Meine Botschaft muß Euch befremden, Herr Ritter«, begann sie mit hochgeröteten Wangen und stockte.

Ritterlich kam er ihr zu Hilfe. »Ihr begehret einen Dienst von mir, edles Fräulein, gebietet!«

»Ihr habt's erraten«, antwortete sie freier. »Den Dienst aber sollet Ihr nicht mir, sondern Euch selber leisten. Er heißt: Vorsicht. Man möchte Eure Sendung an den Markgrafen von Brandenburg hintertreiben.«

»Dank der holden Warnerin«, erwiderte er einigermaßen erstaunt, »doch leugne ich nicht, daß es mir recht wäre, wenn ich die Hand nicht zu bieten brauchte, damit das Bündnis mit dem Markgrafen 582 zustande kommt. Denn Feuer und Wasser verbinden sich eher als Bauer und Edelmann.«

Sie sah ihn mit großen Augen an. »Das ist wahr, und darum verstehe ich Euch nicht, Ihr selber seid ein Edelmann und kämpfet mit den Bauern gegen Eure Standesgenossen.«

»Für die Freiheit wider deren Unterdrücker«, versetzte er mit ruhigem Ernst.

»Freiheit?« rief sie lebhaft. »Was kann sie Euch bieten für alles, was Ihr darum aufgeben müsset? Wie kann es Euch verlocken, Euch zu einem Gleichen der armen Leute zu machen? Diese rohen, schmutzigen, stinkenden Bauern Brüder zu nennen? Gesteht, daß Euch der Ehrgeiz verführt?«

»O nein, davon weiß ich mich frei, welches auch sonst meine Fehler sein mögen«, antwortete er schlicht. »Es ist nicht mein Verdienst, daß ich als Edelmann geboren wurde, aber ich werde es mir selbst verdanken, wenn ich mir den höheren Adel der freien Menschenwürde erwerbe. Ein Höheres gibt es nicht, und darum ward dem Menschen das Leben, daß er nach ihr strebe und seine entwürdigten Nebenmenschen mit sich zu ihr emporhebe.«

Die Wärme seiner Worte ergriff sie und es verriet sich in ihren Augen, wie herrlich er ihr erschien. Aber sie vermochte es nicht, sich zu seiner Anschauung emporzudenken und sie gestand es, indem sie seufzte: »Sei es darum. Aber Ihr werdet den Bauer nie zu Euch emporheben. Ihr werdet untergehen, ohne das Ziel zu erreichen, wonach Ihr trachtet.«

Er sah mit einem Lächeln auf sie hinunter wie auf ein Kind. Sie aber fuhr eifrig fort, indem sie zwei Finger ihrer weißen Rechte auf seinen Arm legte: »O, glaubet mir, daß es unmöglich ist. Ich brauche es Euch ja nicht erst zu sagen, daß die Bauern der Macht der Fürsten nicht gewachsen sind, sondern überall den kürzeren ziehen, wo sie mit ihr zusammenstoßen. 583 Worauf vertrauet Ihr also? Auf die mit Euch verbündeten Städte? Der Landtag ist fehlgeschlagen. Rothenburg harret des Schwäbischen Bundes als eines Erlösers. Ich sollte es nicht sagen, denn es ist meine Vaterstadt, aber –.« Eine Blutwelle stieg ihr in die Wangen. Sie fuhr fort: »Darum lasset vom Schwerte, solange es noch Zeit ist. Ich bitte, ich beschwöre Euch! Denket an Eure Sicherheit!«

»Die ist nicht gefährdet«, beruhigte er sie. »Wünsche sind keine Taten. Noch stehen wir im Felde und nicht die Feigheit, sondern das Schwert hat das letzte Wort. Doch warum versuchet Ihr es, schöne Feindin, mir mit Euren Bitten die Locken meiner Kraft zu scheren?«

So in einen scherzenden Ton übergehend, faßte er ihre Hand und sah ihr fragend in die Augen. Sie senkte die Lider, schlug sie aber gleich wieder auf. Ein Glutstrom überflutete ihn und sie rief mit ausbrechender Leidenschaft: »Weil ich Euch retten will; weil Ihr leben sollet!«

Er ließ ihre Hand betroffen fahren. Sie achtete es nicht; ihre Leidenschaftlichkeit zerriß die Zügel und sie rief: »Lebe für mich, denn ich liebe Dich. Ich habe im Hasse gegen Deine Partei Schutz vor meiner Liebe gesucht. Wie konnte ich Dich lieben, wenn ich sie haßte? Ich müßte mich ja verachten, wenn es so war. Vergebens rang ich. Meine Liebe schied Dich aus, schied Dich aus von allen.«

»Armes Kind!« bemitleidete er sie. Sie aber rief mit glühendem Gesicht: »Nicht Mitleid, Deine Liebe will ich, denn ich liebe Dich.« Sie umschlang ihn mit beiden Armen und drückte die Stirn gegen seine Brust, Er wollte sich sanft von ihr lösen, allein sie hielt ihn nur um so fester und rief, die glühenden Augen zu ihm erhebend: »Ja, ich liebe Dich! Laß uns fliehen, irgend wohin, wo dieser wahnsinnige Aufruhr nicht tobt, und laß uns glücklich miteinander sein!«

»Ihr seid von Euch,« sagte Florian Geyer streng und machte sich aus den Armen der schönen Gabriele frei. 584 »Wie könntet Ihr mir sonst die Feigheit zumuten, meine Sache zu verlassen? Und aus Liebe zu Euch? Wisset Ihr denn nicht, daß ich Weib und Kind habe?«

»Was liegt an Weib und Kind, was liegt an allem anderen, wenn wir uns lieben?« rief sie mit wogender Brust und brennenden Augen.

Das Blut stieg ihm bis in die breite Stirn hinauf, seine Brauen zogen sich zusammen und er rief mit starker Stimme: »Ich aber liebe Euch nicht.«

Sie starrte ihn mit weit geöffneten Augen an und wurde kreidebleich.

Er fuhr etwas milder fort: »Besinnet Euch doch, daß ich der unerbittliche Feind Eurer Kaste bin. Ich will Euer Geständnis nicht gehört haben. Lasset uns im Frieden scheiden!« Er wollte ihr die Hand bieten. Sie zuckte zurück, die Augen immer noch starr auf ihn gerichtet, die Arme schlaff herabhängend. »Lebet wohl!« sagte er mit einem mitleidigen Blick auf sie und ging.

Lautlos, wie vom Blitz getroffen, sank sie hinter ihm zusammen.

Mit starken Schritten, um die peinliche Aufregung zu dämpfen, in die ihn die Liebesraserei der schönen Gabriele versetzt hatte, maß er den Weg nach dem Hause Stephans von Menzingen. Ein Goldschmied, der zu des letzteren Partei gehörte, rief ihn bei den Rathausbuden aus seinem Laden an, vor dem viele Bürger standen: »Herr von Geyersberg, Ihr müsset es ja wissen. Ist's denn wirklich wahr?«

»Was denn, lieber Meister?«

»Das von der grausam blutigen Schlacht,« mischte sich einer von den Bürgern ein.

»Ja, und 4000 Bauern sollen tot liegen,« ergänzte eine heisere Stimme, die einem offenbar schwindsüchtigen Hafnermeister gehörte.

»Auf diese Weise kommen wir nicht zum Ziel,« wandte Florian Geyer sich an den Goldschmied. »Redet Ihr.« 585

Dieser erklärte: »Die Sach' ist die, Herr Ritter, daß zuerst etliche Bauern in die Stadt gekommen sind und die haben es erzählt. Sie sind aus der Schlacht geflohen.«

»Bei Königshofen ist's gewesen«, unterbrach ihn wieder einer seiner Mitbürger. »Bis in die Nacht hinein hat die Schlacht gedauert.«

»Ja, bei Königshofen,« bestätigte der Goldschmied, »und die Stadt und die benachbarten Dörfer stehen in Flammen.«

Der Name traf Florian Geyer wie ein Schlag auf das Herz. Er ließ die Bürger jedoch nichts merken, sondern sagte mit äußerer Ruhe: »Ich weiß noch von nichts. Wo sind die Flüchtlinge?«

»Der Bürgermeister hat sie auf's Rathaus holen lassen. – Es waren ihrer zwei.« So riefen mehrere zugleich.

»Die Angst übertreibt gern,« sagte Florian Geyer und drehte seinen Schnurrbart in die Höhe. »Dank' Euch, Ihr Herren!«

Auf dem Marktplatze standen nur wenige Gruppen beisammen. Die Menge war den Flüchtigen gefolgt und füllte dichtgedrängt die Herrengasse vor dem Rathause. Florian Geyer wollte die Unglücksraben selbst hören. Die Leute, ohne Ausnahme den niederen Zünften angehörig, gaben ihm bereitwillig Raum und er brauchte nur eine kleine Zeit zu warten, so kamen die beiden Flüchtlinge aus dem Rathause. Es waren zwei Jammergestalten, barhäuptig, in schmutzigen, zerfetzten Kleidern, deren Augen hohl aus den erschöpften, vom Pulver geschwärzten Gesichtern schauten. Ihre Waffen hatten sie mit Ausnahme der Schwerter weggeworfen, um schneller laufen zu können. Sie hatten zum Tauberhaufen gehört und waren aus Furcht vor den Reisigen des Truchseß bis Rothenburg geflohen, weil sie sich vor denselben nicht in ihrem Heimatsdorfe unweit Igersheim sicher geglaubt. Nach ihrem Bericht war der Truchseß im Verein mit dem Pfalzgrafen aus dem Schöpfgrund 586 vorgebrochen, während die Bauern in halber Höhe über Königshofen, am anderen Tauberufer, eine feste durch 40 Kanonen gedeckte Stellung eingenommen hätten. Die Pfalzgräflichen wären ober- und unterhalb der Stadt über die Tauber gegangen und dann der Truchseß trotz des heftigen Feuers mit der Hauptmacht vorgedrungen.

Gegen 4 Uhr nachmittags hätte die Schlacht begonnen. Von den weiteren Vorgängen hatten die beiden Flüchtlinge keine klare Vorstellung. Sie hatten in dem beginnenden Kampfgetümmel nur noch bemerkt, daß die Büchsenmeister die Pferde von den Geschützen abschnitten und davonjagten, und damit das Zeichen zur Flucht gaben.

»Feiglinge! Schufte!« riefen die Leute, die sich dicht um Florian Geyer und die beiden Flüchtlinge geschart hatten.

»Schufte, ja Verräter«, meinte einer von den letzteren. »Bestochen vom Truchseß und darauf will ich meinen eigenen Kopf setzen, wenn's nit wahr ist. Alle Schüsse gingen von Anfang an zu hoch.«

Wie Florian Geyer weiter erfragte, war Hans Kolbenschlag mit dem größten Teil seines Tauberhaufens während der Flucht der übrigen in den Wald auf die Höhe gezogen und hatte sich dort noch tapfer verteidigt. Andere an die dreihundert hätten sich in ein Holz geworfen und wären gefangen genommen worden. Sie, die beiden Flüchtlinge, wären mit etwa 100 Kameraden von dem Tauberhaufen abgedrängt worden, hätten sich aber glücklich durchgeschlagen. Über Wendel Hipler und Jörg Metzler wußten sie keine Auskunft zu geben, noch kannten sie den Ausgang von Kolbenschlags Widerstand. Die Rothenburger Fähnlein unter dem langen Lienhart und dem Brettheimer Metzler hatten sie mit keinem Auge gesehen.

Florian Geyer gab ihnen etwas Geld, damit sie sich stärkten, und mit erhobener Stimme sagte er weniger zu ihnen, als um die zuhörenden Bürger zu ermutigen, in 587 deren Mienen sich deutlich die Bestürzung verriet: »Das ist üble Kunde. Aber der Krieg ist ein Glücksspiel und dieses war nicht unser letzter Wurf.«

Er ging nach Hause. Bevor er aber zu Stephan von Menzingen hinaufstieg, begab er sich in den Stall auf dem Hofe und ersuchte den Knecht, seinen Rappen ungesäumt zu satteln. 588



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