Friedrich Schiller
Don Carlos, Infant von Spanien
Friedrich Schiller

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Neunter Auftritt.

Die Prinzessin allein.

(Sie steht noch betäubt, außer Fassung; nachdem er hinaus ist, eilt sie ihm nach und will ihn zurückrufen.)

Prinz, noch ein Wort. Prinz, hören Sie – Er geht!
Auch das noch! Er verachtet mich – Da steh' ich
In fürchterlicher Einsamkeit – verstoßen,
Verworfen – (Sie sinkt auf einen Sessel. Nach einer Pause.)
        Nein! Verdrungen nur, verdrungen
Von einer Nebenbuhlerin. Er liebt.
Kein Zweifel mehr. Er hat es selbst bekannt.
Doch wer ist diese Glückliche? – So viel
Ist offenbar – er liebt, was er nicht sollte.
Er fürchtet die Entdeckung. Vor dem König
Verkriecht sich seine Leidenschaft – Warum
Vor diesem, der sie wünschte? – Oder ist's
Der Vater nicht, was er im Vater fürchtet?
Als ihm des Königs buhlerische Absicht
Verrathen war – da jauchzten seine Mienen,
Frohlockt' er, wie ein Glücklicher... Wie kam es,
Daß seine strenge Tugend hier verstummte?
Hier? eben hier? Was kann denn er dabei,
Er zu gewinnen haben, wenn der König
Der Königin die –

(Sie hält plötzlich ein, von einem Gedanken überrascht – Zu gleicher Zeit reißt sie die Schleife, die ihr Carlos gegeben hat, von dem Busen, betrachtet sie schnell und erkennt sie.)

Jetzt endlich, jetzt – Wo waren meine Sinne?
Jetzt gehen mir die Augen auf – Sie hatten
Sich lang geliebt, eh der Monarch sie wählte.
Nie ohne sie sah mich der Prinz. – Sie also,
Sie war gemeint, wo ich so grenzenlos,
So warm, so wahr mich angebetet glaubte?
O, ein Betrug, der ohne Beispiel ist!
Und meine Schwäche hab' ich ihr verrathen –
        (Stillschweigen.)
Daß er ganz ohne Hoffnung lieben sollte!
Ich kann's nicht glauben – Hoffnungslose Liebe
Besteht in diesem Kampfe nicht. Zu schwelgen,
Wo unerhört der glänzendste Monarch
Der Erde schmachtet – Wahrlich! solche Opfer
Bringt hoffnungslose Liebe nicht. Wie feurig
War nicht sein Kuß! Wie zärtlich drückt' er mich,
Wie zärtlich an sein schlagend Herz! – Die Probe
War fast zu kühn für die romant'sche Treue,
Die nicht erwiedert werden soll – Er nimmt
Den Schlüssel an, den, wie er sich beredet,
Die Königin ihm zugeschickt – er glaubt
An diesen Riesenschritt der Liebe – kommt,
Kommt wahrlich, kommt! – So traut er Philipps Frau
Die rasende Entschließung zu. – Wie kann er,
Wenn hier nicht große Proben ihn ermuntern?
Es ist am Tag. Er wird erhört. Sie liebt!
Beim Himmel, diese Heilige empfindet!
Wie fein ist sie!... Ich zitterte ich selbst,
Vor dem erhabnen Schreckbild dieser Tugend.
Ein höhres Wesen ragt sie neben mir.
In ihrem Glanz erlösch' ich. Ihrer Schönheit
Mißgönnt' ich diese hohe Ruhe, frei
Von jeder Wallung sterblicher Naturen.
Und diese Ruhe war nur Schein? Sie hätte
An beiden Tafeln schwelgen wollen? – Hätte
Den Götterschein der Tugend schaugetragen,
Und doch zugleich des Lasters heimliche
Entzückungen zu naschen sich erdreistet?
Das durfte sie? Das sollte ungerochen
Der Gauklerin gelungen sein? Gelungen,
Weil sich kein Rächer meldet? – Nein, bei Gott!
Ich betete sie an – Das fordert Rache!
Der König wisse den Betrug – der König?
        (Nach einigem Besinnen.)
Ja, recht – das ist ein Weg zu seinem Ohre. (Sie geht ab.)

 
Ein Zimmer im königlichen Palaste.

Zehnter Auftritt.

Herzog von Alba. Pater Domingo.

Domingo. Was wollten Sie mir sagen?

Alba.         Eine wicht'ge
Entdeckung, die ich heut gemacht, worüber
Ich einen Aufschluß haben möchte.

Domingo.         Welche
Entdeckung? Wovon reden Sie?

Alba.         Prinz Carlos
Und ich begegnen diesen Mittag uns
Im Vorgemach der Königin. Ich werde
Beleidigt. Wir erhitzen uns. Der Streit
Wird etwas laut. Wir greifen zu den Schwertern.
Die Königin auf das Getöse öffnet
Das Zimmer, wirft sich zwischen uns und sieht
Mit einem Blick despotischer Vertrautheit
Den Prinzen an. – Es war ein einz'ger Blick. –
Sein Arm erstarrt – er fliegt an meinen Hals –
Ich fühle einen heißen Kuß – er ist
Verschwunden.

Domingo (nach einigem Stillschweigen).     Das ist sehr verdächtig. – Herzog,
Sie mahnen mich an etwas. – – Aehnliche
Gedanken, ich gesteh' es, keimten längst
In meiner Brust. – Ich flohe diese Träume –
Noch hab' ich Niemand sie vertraut. Es gibt
Zweischneid'ge Klingen, ungewisse Freunde –
Ich fürchte diese. Schwer zu unterscheiden,
Noch schwerer zu ergründen sind die Menschen.
Entwischte Worte sind beleidigte
Vertraute – drum begrub ich mein Geheimniß,
Bis es die Zeit ans Licht hervorgewälzt.
Gewisse Dienste Königen zu leisten,
Ist mißlich, Herzog –- ein gewagter Wurf,
Der, fehlt er seine Beute, auf den Schützen
Zurücke prallt. – Ich wollte, was ich sage,
Auf eine Hostie beschwören – doch
Ein Augenzeugniß, ein erhaschtes Wort,
Ein Blatt Papier fällt schwerer in die Wage,
Als mein lebendigstes Gefühl. – Verwünscht,
Daß wir auf span'schem Boden stehn!

Alba.         Warum
Auf diesem nicht?

Domingo.         An jedem andern Hofe
Kann sich die Leidenschaft vergessen. Hier
Wird sie gewarnt von ängstlichen Gesetzen.
Die span'schen Königinnen haben Müh,
Zu sündigen – ich glaub' es – doch zum Unglück
Nur da – gerade da nur, wo es uns
Am besten glückte, sie zu überraschen.

Alba. Hören Sie weiter – Carlos hatte heut'
Gehör beim König. Eine Stunde währte
Die Audienz. Er bat um die Verwaltung
Der Niederlande. Laut und heftig bat er;
Ich hört' es in dem Kabinet. Sein Auge
War roth geweint, als ich ihm an der Thüre
Begegnete. Den Mittag drauf erscheint er
Mit einer Miene des Triumphs. Er ist
Entzückt, daß mich der König vorgezogen.
Er dankt es ihm. Die Sachen stehen anders,
Sagt er, und besser. Heucheln konnt' er nie.
Wie soll ich diese Widersprüche reimen?
Der Prinz frohlockt, hintangesetzt zu sein,
Und mir ertheilt der König eine Gnade
Mit allen Zeichen seines Zorns! – Was muß
Ich glauben? Wahrlich, diese neue Würde
Sieht einer Landsverweisung ähnlicher
Als einer Gnade.

Domingo.         Dahin also wär' es
Gekommen? Dahin? Und ein Augenblick
Zertrümmerte, was wieder in Jahren bauten?
Und Sie so ruhig? so gelassen? – Kennen
Sie diesen Jüngling? Ahnen Sie, was uns
Erwartet, wenn er mächtig wird? – Der Prinz –
– Ich bin sein Feind nicht. Andre Sorgen nagen
An meiner Ruhe, Sorgen für den Thron,
Für Gott und seine Kirche. Der Infant
(Ich kenn' ihn – ich durchdringe seine Seele)
Hegt einen schrecklichen Entwurf – Toledo –
Den rasenden Entwurf, Regent zu sein
Und unsern heil'gen Glauben zu entbehren. –
Sein Herz entglüht für einen neue Tugend,
Die, stolz und sicher und sich selbst genug,
Von keinem Glauben betteln will. – Er denkt!
Sein Kopf entbrennt von einer seltsamen
Chimäre – er verehrt den Menschen – Herzog,
Ob er zu unserm König taugt?

Alba.         Phantome!
Was sonst? Vielleicht auch jugendlicher Stolz,
Der eine Rolle spielen möchte. – Bleibt
Ihm eine andre Wahl? Das geht vorbei,
Trifft ihn einmal die Reihe, zu befehlen.

Domingo. Ich zweifle. Er ist stolz auf seine Freiheit,
Des Zwanges ungewohnt, womit man Zwang
Zu kaufen sich bequemen muß. – Taugt er
Auf unsern Thron? Der kühne Riesengeist
Wird unsrer Staatskunst Linien durchreißen.
Umsonst versucht' ich's, diesen trotz'gen Muth
In dieser Zeiten Wollust abzumatten;
Er überstand die Probe – Schrecklich ist
In diesem Körper dieser Geist – und Philipp
Wird sechzig Jahr' alt.

Alba.         Ihre Blicke reichen
Sehr weit.

Domingo.         Er und die Königin sind Eins.
Schon schleicht, verborgen zwar, in Beider Brust
Das Gift der Neuerer; doch bald genug,
Gewinnt es Raum, wird es den Thron ergreifen.
Ich kenne diese Valois. – Fürchten wir
Die ganze Rache dieser stillen Feindin,
Wenn Philipp Schwächen sich erlaubt. Noch ist
Das Glück uns günstig. Kommen wir zuvor.
In eine Schlinge stürzen Beide. – Jetzt
Ein solcher Wink dem Könige gegeben,
Bewiesen oder nicht bewiesen – viel
Ist schon gewonnen, wenn er wankt. Wir selbst,
Wir zweifeln Beide nicht. Zu überzeugen
Fällt keine Ueberzeugten schwer. Es kann
Nicht fehlen, wir entdecken mehr, sind wir
Vorher gewiß, daß wir entdecken müssen.

Alba. Doch nun die wichtigste von allen Fragen:
Wer nimmt's auf sich, den König zu belehren?

Domingo. Noch Sie, noch ich. Erfahren Sie also,
Was lange schon, des großen Planes voll,
Mein stiller Fleiß dem Ziele zugetrieben.
Noch mangelt, unser Bündniß zu vollenden,
Die dritte, wichtigste Person. – Der König
Liebt die Prinzessin Eboli. Ich nähre
Die Leidenschaft, die meinen Wünschen wuchert.
Ich bin sein Abgesandter – unserm Plane
Erzieh' ich sie. – In dieser jungen Dame,
Gelingt mein Werk, soll eine Blutsverwandtin,
Soll eine Königin uns blühn. Sie selbst
Hat jetzt in dieses Zimmer mich berufen.
Ich hoffe Alles. – Jene Lilien
Von Valois zerknickt ein span'sches Mädchen
Vielleicht in einer Mitternacht.

Alba.         Was hör' ich?
Ist's Wahrheit, was ich jetzt gehört? – Beim Himmel!
Das überrascht mich! Ja, der Streich vollendet!
Dominicaner, ich bewundre dich,
Jetzt haben wir gewonnen –

Domingo.         Still! Wer kommt?
Sie ist's – sie selbst.

Alba.         Ich bin im nächsten Zimmer,
Wenn man –

Domingo.         Schon recht. Ich rufe Sie.

(Der Herzog von Alba geht ab.)

Eilfter Auftritt.

Die Prinzessin. Domingo.

Domingo.         Zu Ihren
Befehlen, gnäd'ge Fürstin.

Prinzessin (dem Herzog neugierig nachsehend).     Sind wir etwa
Nicht ganz allein? Sie haben, wie ich sehe,
Noch einen Zeugen bei sich?

Domingo.         Wie?

Prinzessin.                 Wer war es,
Der eben jetzt von Ihnen ging?

Domingo.         Der Herzog
Von Alba, gnäd'ge Fürstin, der nach mir
Um die Erlaubniß bittet, vorgelassen
zu werden.

Prinzessin.         Herzog Alba? Was will der?
Was kann er wollen? Wissen Sie vielleicht
Es mir zu sagen?

Domingo.         Ich? und eh' ich weiß,
Was für ein Vorfall von Bedeutung mir
Das lang' entbehrte Glück verschafft, der Fürstin
Von Eboli mich wiederum zu nähern?
        (Pause, worin er ihre Antwort erwartet.)
Ob sich ein Umstand endlich vorgefunden,
Der für des Königs Wünsche spricht? ob ich
Mit Grund gehofft, daß beßre Ueberlegung
Mit einem Anerbieten Sie versöhnt,
Das Eigensinn, das Laune bloß verworfen?
Ich komme voll Erwartung –

Prinzessin.         Brachten Sie
Dem König meine letzte Antwort?

Domingo.         Noch
Verschob ich's, ihn so tödtlich zu verwunden.
Noch, gnäd'ge Fürstin, ist es Zeit. Es steht
Bei Ihnen, sie zu mildern.

Prinzessin.         Melden Sie
Dem König, daß ich ihn erwarte.

Domingo.         Darf
Ich das für Wahrheit nehmen, schöne Fürstin?

Prinzessin. Für Scherz doch nicht? Bei Gott, Sie machen mir
Ganz bange. – Wie? Was hab' ich denn gethan,
Wenn sogar Sie – Sie selber sich entfärben?

Domingo. Prinzessin, diese Ueberraschung – kaum
Kann ich es fassen –

Prinzessin.         Ja, hochwürd'ger Herr,
Das sollen Sie auch nicht. Um alle Güter
Der Welt möcht' ich nicht haben, daß Sie's faßten.
Genug für Sie, daß es so ist. Ersparen
Sie sich die Mühe, zu ergrübeln, wessen
Beredsamkeit Sie diese Wendung danken.
Zu Ihrem Trost setz' ich hinzu: Sie haben
Nicht Theil an dieser Sünde. Auch wahrhaftig
Die Kirche nicht; obschon Sie mir bewiesen,
Daß Fälle möglich wären, wo die Kirche
Sogar die Körper ihrer jungen Töchter
Für höhre Zwecke zu gebrauchen wüßte.
Auch diese nicht. – Dergleichen fromme Gründe,
Ehrwürd'ger Herr, sind mir zu hoch –

Domingo.         Sehr gerne,
Prinzessin, nehm' ich sie zurück, sobald
Sie überflüssig waren.

Prinzessin.         Bitten Sie
Von meinetwegen den Monarchen, ja
In dieser Haltung mich nicht zu verkennen.
Was ich gewesen, bin ich noch. Die Lage
Der Dinge nur hat seitdem sich verwandelt.
Als ich sein Anerbieten mit Entrüstung
Zurücke stieß, da glaubt' ich im Besitze
Der schönsten Königin ihn glücklich – glaubte
Die treue Gattin meines Opfers werth.
Das glaubt' ich damals – damals. Freilich jetzt,
Jetzt weiß ich's besser.

Domingo.         Fürstin, weiter, weiter.
Ich hör' es, wir verstehen uns.

Prinzessin.         Genug,
Sie ist erhascht. Ich schone sie nicht länger.
Die schlaue Diebin ist erhascht. Den König,
Ganz Spanien und mich hat sie betrogen.
Sie liebt. Ich weiß es, daß sie liebt. Ich bringe
Beweise, die sie zittern machen sollen.
Der König ist betrogen – doch, bei Gott,
Er sei es ungerochen nicht! Die Larve
Erhabner, übermenschlicher Entsagung
Reiß' ich ihr ab, daß alle Welt die Stirne
Der Sünderin erkennen soll. Es kostet
Mir einen ungeheuren Preis, doch – das
Entzückt mich, das ist mein Triumph – doch ihr
Noch einen größern.

Domingo.         Nun ist Alles reif.
Erlauben Sie, daß ich den Herzog rufe. (Er geht hinaus.)

Prinzessin (erstaunt). Was wird das?

Zwölfter Auftritt.

Die Prinzessin. Herzog Alba. Domingo.

Domingo (der den Herzog hereinführt).     Unsre Nachricht, Herzog Alba,
Kommt hier zu spät. Die Fürstin Eboli
Entdeckt uns ein Geheimniß, das sie eben
Von uns erfahren sollte.

Alba.         Mein Besuch
Wird dann um so viel minder sie befremden.
Ich traue meinen Augen nicht. Dergleichen
Entdeckungen verlangen Weiberblicke.

Prinzessin. Sie sprechen von Entdeckungen?

Domingo.         Wir wünschten
Zu wissen, gnäd'ge Fürstin, welchen Ort
Und welche beßre Stunde Sie –

Prinzessin.         Auch das!
So will ich morgen Mittag Sie erwarten.
Ich habe Gründe, dieses strafbare
Geheimniß länger nicht zu bergen – es
Nicht länger mehr dem König zu entziehn.

Alba. Das war es, was mich hergeführt. Sogleich
Muß der Monarch es wissen. Und durch Sie,
Durch Sie, Prinzessin, muß er das. Wem sonst,
Wem sollt' er lieber glauben, als der strengen,
Der wachsamen Gespielin seines Weibes?

Domingo. Wem mehr, als Ihnen, die, sobald sie will,
Ihn unumschränkt beherrschen kann?

Alba.         Ich bin
Erklärter Feind des Prinzen.

Domingo.         Eben das
Ist man gewohnt von mir vorauszusetzen.
Die Fürstin Eboli ist frei. Wo wir
Verstummen müssen, zwingen Pflichten Sie,
Zu reden, Pflichten Ihres Amts. Der König
Entflieht uns nicht, wenn Ihre Winke wirken,
Und dann vollenden wir das Werk.

Alba.         Doch bald,
Gleich jetzt muß das geschehn. Die Augenblicke
Sind kostbar. Jede nächste Stunde kann
Mir den Befehl zum Abmarsch bringen. –

Domingo (sich nach einigem Ueberlegen zur Fürstin wendend).     Ob
Sich Briefe finden ließen? Briefe freilich,
Von dem Infanten aufgefangen, müßten
Hier Wirkung thun. – Laß sehen. – Nicht wahr? – Ja.
Sie schlafen doch – so däucht mir – in demselben
Gemache mir der Königin.

Prinzessin.         Zunächst
An diesem. – Doch was soll mir das?

Domingo.         Wer sich
Auf Schlösser gut verstände! Haben Sie
Bemerkt, wo sie den Schlüssel zur Schatulle
Gewöhnlich zu bewahren pflegt?

Prinzessin. (nachdenkend).         Das könnte
Zu etwas führen. – Ja – der Schlüssel wäre
Zu finden, denk' ich. –

Domingo.         Briefe wollen Boten – –
Der Königin Gefolg' ist groß. – – Wer hier
Auf eine Spur gerathen könnte! – – Gold
Vermag zwar viel –

Alba.         Hat Niemand wahrgenommen,
Ob er Infant Vertraute hat?

Domingo.         Nicht einen,
In ganz Madrid nicht einen.

Alba.         Das ist seltsam.

Domingo. Das dürfen Sie mir glauben. Er verachtet
Den ganzen Hof; ich habe meine Proben.

Alba. Doch wie? Hier eben fällt mir ein, als ich
Von dem Gemach der Königin heraus kam,
Stand der Infant bei einem ihrer Pagen;
Sie sprachen heimlich –

Prinzessin (rasch einfallend).     Nicht doch, nein! Das war –
Das war von etwas Anderm.

Domingo.         Können wir
Das wissen? – Nein, der Umstand ist verdächtig. –
        (Zum Herzog.)
Und kannten Sie den Pagen?

Prinzessin.         Kinderpossen!
Was wird's auch sonst gewesen sein? Genug,
Ich kenne das. – Wir sehn uns also wieder,
Eh' ich den König spreche. – Unterdessen
Entdeckt sich viel.

Domingo (sie auf die Seite führend).     Und der Monarch darf hoffen?
Ich darf es ihm verkündigen? Gewiß?
Und welche schöne Stunde seinen Wünschen
Erfüllung endlich bringen wird? Auch dies?

Prinzessin. In ein'gen Tagen werd' ich krank; man trennt mich
Von der Person der Königin – das ist
An unserm Hofe Sitte, wie Sie wissen.
Ich bleibe dann auf meinem Zimmer.

Domingo.         Glücklich!
Gewonnen ist das große Spiel. Trotz sei
Geboten allen Königinnen –

Prinzessin.         Horch!
Man fragt nach mir – die Königin verlangt mich.
Auf Wiedersehen. (Sie eilt ab.)


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