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Buchschmuck

Wartburglieder.

Wächterlied.

(Neujahrsnacht des Jahres 1200.)

Schwingt euch auf, Posaunen-Chöre,
Daß in sternenklarer Nacht
Gott der Herr ein Loblied höre
Von der Türme hoher Wacht;
Seine Hand führt die Planeten
Sichern Laufs durch Raum und Zeit,
Führt die Seele nach den Fehden
Dieser Welt zur Ewigkeit.

Ein Jahrhundert will zerrinnen
Und ein neues hebt sich an,
Wohl dem, der mit reinen Sinnen
Stätig wandelt seine Bahn!
Klirrt sie auch in Stahl und Eisen,
Goldne Zeit folgt der von Erz,
Und zum Heil, das ihm verheißen,
Dringt mit Kampf ein mannlich Herz.

Rüstig mög' drum jeder schaffen,
Was sich ziemt nach Recht und Fug,
In der Kutte, in den Waffen,
In der Werkstatt wie am Pflug:
Dazu, Herr, den Segen spende
Deiner Burg, dem Berg, der Au...
Netz an des Jahrhunderts Wende
Sie mit deiner Saelde Tau.

Wartburg-Heimweh

... nobile illud castrum Wartberc

       Chronic. Erphordiens.

Wo ich streife, wo ich jage,
Bleibt ein Wunsch mir ungestillt,
Weil ich stets im Sinne trage,
Wartburg, deiner Schönheit Bild.
In des Forsts umlaubtem Grunde,
In der Talschlucht dunklem Graus
Sehnt das Aug' zu jeder Stunde
Sich nach dir, mein »Herz-ruh-aus«!

Hei, nun ist der Grat erstiegen,
Der sich hub als Scheidewand.
Und ich seh' dein Banner fliegen
Fern um schmalen Felsenrand...
Gleich erregten Meereswogen
Sträubt sich Berg an Berg empor,
Deiner Mauern lichter Bogen
Ragt als Leuchtturm drüber vor.

Und ich kenn' aus luft'ger Ferne
Jedes Stück des stolzen Baus,
Bergfried, Zwinger und Zisterne,
Palas, Tor und Ritterhaus:
Und ich grüß' die kleine Lücke
In des Turmes hoher Wand,
Wo ich mir und meinem Glücke
Eine zweite Heimat fand.

Der Bauleute Sang

nach Vollendung des Landgrafenhauses

Dem Meister Heil, der hier in treuem Sinnen
Das Haus erschuf an steiler Felsenwand,
Im Waffenschmuck der Türme und der Zinnen
Wie ragt es königlich hinab ins Land!
Nach seinem Plan ward Stein auf Stein gerücket,
Der Raum geteilt, der Giebel aufgedacht:
Was uns in Hof wie Halle itzt entzücket,
Der kühne Schwung, das Ebenmaß, die Pracht,
      Ist seine Schöpfung. Fröhlichem Gelingen
      Half ernster Fleiß und unermüdet Ringen.

Wie schnell zergeht, was andre Künste schaffen,
Das Wort verfliegt, der süße Ton verhallt,
Die reichste Farbe wehrt nicht als Gewaffen
Der Zeit Verwüstung, und ihr Schmelz wird alt.
Er aber hat sein Werk in Stein gedichtet
Und in den Berggrund quaderfest versenkt,
Nun steht's für alle Zukunft aufgerichtet
Bis keiner mehr in deutscher Zunge denkt,
      Wahrzeichen fester Kraft und hoher Milde,
      Dem Feind zum Trutz, dem Freund zu Hort und Schilde.

Erspart bleibt fürder, willst du Schönheit schauen,
Die Pilgerfahrt nach welschem Land und Meer,
Wetteifernd mit dem besten fremder Gauen
Prangt hier ein Kleinod, kunstdurchglänzt und hehr;
Gleich einem jener Marmorprachtpaläste,
Entstiegen aus Venedigs Meeresschoß,
Hebt sich Thüringens jungfräuliche Veste
Auf deutschem Berge säulenschlank und groß:
      Statt Salzflutwogen rauscht um ihre Mauern
      Der Eichen und der Buchen flüsternd Schauern.

Nun walte Gott ob den geschmückten Räumen
Und schirme, den die Burg als Herrn verehrt:
Viel gutes Tagwerk und viel süßes Träumen
Sei ihm und all den Seinen drin beschert.
Der Meister gibt die Schlüssel aus den Händen,
Ihn lobt sein Werk, er selber zieht davon;
Als Mann der Jugend Kunsttraum zu vollenden,
Ward ihm verliehn zum besten Arbeitlohn.
      Im Grundstein seines Baues ruht ein Segen:
      Heil ihm und den Bewohnern allerwegen!

Wartburg-Dämmerung.

Die Sonne ist verglommen
Und Dämmrung wandelt sacht,
Willkommen, Gottwillkommen,
O Burg auf hoher Wacht:
Gleich einem, dem im Dunkeln
Der Freundin Auge winkt,
Hat mir ein spätes Funkeln
Vom Turm noch zugeblinkt.

Denn wie der Tag erstehend
Mit erstem Strahl dich grüßt,
Hat er, zur Rüste gehend,
Zuletzt noch dich geküßt.
Noch schmiegt sich warm ein Glühen
Um deiner Felsen Moos,
Als riss' es nur mit Mühen
Und Schmerz von dir sich los.

Dich liebt das Licht. Es webet
Goldfäden in dein Kleid,
Und jeden Stein umschwebet
Ein Hauch von Heiterkeit:
Drum hebt das Herz sich freier,
Der Sinn wird frisch und rein,
Dunstnebels blasser Schleier
Hüllt nur die Niedrung ein.

Und was am Niedern lieblich,
Vertörung, Haß und Wahn,
Das kreucht und keucht vergeblich
Zu deinen Höhn hinan.
Zu Gottes klaren Sternen
Hebst du das Haupt empor,
Aus lichten Himmelsfernen
Hörst du der Engel Chor.

Wartburg-Abschied.

Schon jagt der Winterwind im Land
Das Laub von Busch und Bäumen,
Schneeweiß erblinkt der Höhen Rand...
O Burg, ich muß dich räumen!
Im blauen Banner sah ich gern
Den streifigen Leuen glasten,
Wohl dem, der bei des Leuen Herrn
Als Fahrender darf gasten!

»Der Landgraf ist so wohlgemut,
Daß er mit stolzen Helden,
Was er an Schätzen hat, vertut,
Und solcher Sinn ist selten.
Fährt Zug um Zug zum Hofe ein
Und droht ihn aufzuzehren:
Er klagt noch, daß zu wenig sei'n,
Die seines Gutes gehren. da was michel hêrschaft
wunne unde wirtschaft,
iedoch klagete Enêas
daz ir sô wênich dâ was
die sines gûtes gêrden.


H. v. Veldeke Eneis 13001 u. ff.

Bei ihm zerrint die schlimme Zeit
Mit Stechen und Tjostieren,
Mit Ritterspiel und Hövischheit,
Foresten und Turnieren;
Das beste Roß verschenkt sein Mund,
Als ob's ein Lamm nur wäre,
Und gält ein Weinfaß tausend Pfund,
Stünd' doch kein Becher leere.«

Der in den oren siech von ungesühte si,
daz ist mîn rât, der laze den hof ze Düringen frî:
wan kumet er dar, dêswâr er wirt ertoeret.
Ich hân gedrungen unz ich niht mê dringen mac:
ein schar fert ûz, diu ander in, naht unde tac:
groz wunder ist, daz iemen dâ gehoeret.
der lantgrâve ist sô gemuot
daz er mit stolzen helden sîne habe vertuot
der iegeslîcher wohl ein kenpfe waere.
mir ist sîn hôhiu fuore kunt:
unt gulte ein fuoder guotes wînes tûsent pfunt
da stüend doch niemer ritters becher laere.

Walter von der Vogelweide (herausgegeben von
Wackernagel und Rieger, Giessen 1862, p. 20).

lantgrâf von Dürngen Hermann
het în ouch lîhte ein ors gegebn.
daz kunder wol al sîn lebn
halt an sô grôzem strîte,
swa der gernde kom bezîte.

Wolfram von Eschenbach im Willehalm 417, 22.

Der werde fürste rîche
was zu koste swinde:
grôz was sîn ingesinde
von knehten unde von magen,
die sîn mit dienste phlâgen;
er hatte wirtschaft ellen dac.
Der fürste ouch hoves dicke phlac
daz in die herren suochten
die bî îme ouch geruochten
ze drîbene kurze wîle
verre über mannige mîle
quam im ritterschefte gnuoc
die alle ir eigen wille truoc
daz sie gerne quâmen dar
und âventûre nâmen war.
Man suochte den wîganden
uz allen tûtschen landen,
Ungere und Rûzen,
Sassen und Prûzen
Denen mit den Winden
sich liezen ouch dâ finden.
Bêheime und Polâne
mit grâven die sopâne,
dienstherren unde frîen vil
sî alle suochten ritterspil;
stechen, justieren,
fôresten und durnieren:
wes man zuo ritterschefte gert
des was man alles dâ gewert.
Dâ was auch manic hübes man:
des sînen dirre unde der began
wes man vor herren phlegen sol.
der fidelte ûz der mâzen wol,
der sluoc die drumen, dirre pfeif,
der ander süeze wîse greif
an harpen unde an rotten.
Franzôsen unde Schotten
Dûtsche unde anders ieder man
sin ammet wîsen dâ began
unde irzougen sîne kunst:
sie suochten garlîche alle gunst
der fürsten unde der frîen.
Man hôrte dâ schalemîen,
da schullen die busûnen,
Man sach da pauwelûnen,
manic keiserlich gezelt
ûf geslagen an daz felt
dar under herren lagen
wanne si raste phlâgen.
Noch was dâ maniger leige diet:
die sprâchen, diese sungen liet
daz man în meisterschefte iach.
Her Wolfram von Essebach,
der Tugenthafte Schrîber,
her Reimâr unde her Walter
von der Vogelweide;
dâ bî was ouch gereide
zu sange meister Bitterolt
unde in gefuger ungedolt
Heinrich von Ofterdingen:
die alle wolden singen
wider ein in krieges wîs
wer dâ behilde sanges prîs.

Sante Elisabeten leben v. 138 u. ff. mitgeteilt von
H. Kurz, Geschichte der deutschen Literatur I. p. 469
und Max Rieger, 90. Public. des Stuttg. liter.
Vereins. p. 67.

So lebt, o Herr, im Liede schon
Dein Lob und Anerkenntnis,
Und uns erquickt als bester Lohn
Ein freies Kunstverständnis.
Dir hat Frau Aventiuren Kuß
Die Jünglingstirn geadelt,
Hoch ehrt dein Lob, doch danken muß
Auch der, den du getadelt.

Du hältst in kundig sichrer Faust
Die echte Wünschelrute,
Wo sie sich rührt, quillt und entbraust
Ein Strom von geistigem Gute.
Kraft, die sich zag nicht selbst vertraut,
Weckst du zu keckem Schaffen
Und rüttelst von der Bärenhaut
Die Trägen und die Schlaffen.

Und ziemt ein Wunsch, so sei es der:
Ueb Maß in deinen Milden,
Es singt und siedelt auch ein Heer
Von Stegreifvolk und Wilden.
Setz einen Key als Seneschal
Zum Scheuche der Scherwenzer
Und sondre kunstgevügen Schall
Vom Dudeln der Schnarenzer. Von Dürngen fürste Herman!
etslîch dîn ingesinde ich maz
das uzgesinde hieze bas.
dir waere ouch eines Keien nôt,
sît wâriu milte dir gebôt
sô manecvalten anehanc
etswâ smaehlîch gedranc
und etswâ werdez dringen.
dez mouz hêr Walter singen
»guoten tac, boes unde guot.«
swâ man solhen sanc nu tuot
des sint die valschen gêret.
Kei hets in niht gelêret
noch der Heinrich von Rîspach.

Parzival 297, 16 ff.

Nun schirme Gott, du werter Mann,
Dein sinniges Gebaren!
Mein Dichten bleibt dir untertan,
Wohin ich auch mag fahren.
Magnetisch macht ein Druck der Hand
Der Lieder Knospen sprossen...
Bei Sold und Gold und Prunkgewand
Gedeihn sie nur verdrossen.

Wann werd' ich an die Säulenzier
Des Burghofs wiedrum lehnen?
Das Tor knarrt auf... schon bläst man mir...
Mein Aug' füllt sich mit Tränen.
Der besten Nachtigallen Schlag
Und Herzen sonder Tücke
Und aller Freuden Ostertag
Laß ich mit Schmerz zurücke.


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