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Sei mir gepriesen, heiliger Schlaf!
Aller Müden Tröster bist du,
Bist der milde Arzt,
Dessen leise Hand
Jegliche Schmerzen
Lindert und heilt.
Das war am Tag,
Als die Sonne aus heißer Schale
Schmelzendes Feuer
Durch die Lüfte streute,
Da zwang der grimme Tyrann,
Der Hunger,
Den stöhnenden Menschen ins Joch,
Spannte herrisch ihn dann
Vor den blinkenden Pflug
Und trieb ihn mit scharfer Geißel,
Die Erde aufzureißen,
Daß sie Saat empfange,
Um für die Tage der Ernte
Korn zu gebären
Und vielfache Frucht.
Da zog der Mensch
Mühsam an Ketten und Stricken,
Die Hände riß er sich blutig;
Keuchend ging sein Atem,
Die härene Halfter
Drückte und engte die Brust ihm,
Und von der gesenkten Stirn
Troff in Strömen der Schweiß.
Da kamen Seufzer aus seinem Munde,
Sehnsucht stieg aus der Seele:
Wann, o wann kommt ihr,
Stunden der Ruhe,
Daß ich den dürren Gaumen
Mit Wasser letze,
Die heiße Stirn mir kühle
Und die zerschlagnen, gekrümmten Glieder
Strecken und dehnen darf?
Wann kommst du, lindernde Nacht?
Und siehe, da kommt der Abend!
In kühlende Flut tauchte die Sonne.
Da führst du, heiliger Schlaf,
Den müden Menschen
Zur weichen Lagerstatt.
Über die brennenden Augen
Streichst du ihm leise,
Sie schließen sich beide,
Und eine sammetdunkle Decke
Hüllt sie schweigend nun ein,
Die Leiden und Schmerzen des Tages.
Ruhiger geht sein Atem,
Glatt werden die Falten
Der Stirn: er schläft,
Und die Sorgen schlafen mit ein,
Und die Angst und der Kummer schlafen,
Die das Leben so bitter uns würzen.
Vielleicht rufst du dann,
Gütiger, freundlicher Schlaf,
Unhörbar rufst du vielleicht
Deinen neckischen Spielgenossen,
Der schneller als der Finger des Künstlers
Bunte Bilder hinzaubert,
Den Traum, den seltsamen Tröster.
Er reicht dem Sklaven
Den leuchtenden Stirnreif,
Damit er herrschend gebiete,
Dem Bettler schenkt er den Säckel,
Der ohne Arbeit sich füllt,
Und dem, der Tags belastet
Am Boden dahinkriecht,
Verleiht er die leichtesten Schwingen,
Mit dem stolzen Adler
Den Wettflug zu wagen.
Sei mir willkommen, heiliger Schlaf!
Wohltäter bist du
Allen müden Wandrern,
Und Wandrer sind wir alle.
Aus dem Dunkel kamen wir,
Von wannen, weiß niemand zu sagen,
Und strebt unser Fuß auch zur Höhe,
Zum Licht,
So wird er doch müde vom Tag und der Sonne,
Und immer sehnt sich die Seele
Wieder ins Dunkel zurück,
Die Mühen des Wegs zu vergessen
Und Kraft zu sammeln für neuen Flug.
Wanderer sind wir,
Und stehn wir am Ende der Wallfahrt,
Müde vom Leben,
Dann treten wir zagend,
Mit leisem Schauder
Treten wir ein
In das tiefste Dunkel,
Das unerforschte;
Auf ein kühles Lager
Strecken wir sacht die Glieder,
Und sanfter Schlaf hüllt uns ein,
Tiefer, traumloser Schlaf.
Dann sind wir wieder,
Woher wir gekommen,
Dann weckt uns nimmer
Der lichte Morgen,
Die Leidenschaften wecken uns nicht,
Die das Leben stürmisch durchwühlen,
Der laute Ton der Trompete nicht,
Der zu kriegrischem Ringen
Die Völker ruft,
Kein Gott wird uns wecken,
Der streng zum Gericht
Armselige Sünder fordert.
Vielleicht, daß über uns dann
Auf grünender Erde
Eine liebe Hand
Den Hügel mit Blumen uns schmückt,
Vielleicht, daß ein Auge
Noch Tränen weint.
Aber was weint es denn nur?
Weint es aus Mitleid?
Uns ist so wohl,
Die Zeit ist längst versunken,
Keine Sehnsucht blieb,
Das Auge noch einmal
Dem Lichte zu öffnen –
Seliges Vergessen hüllet uns ein.
So sei mir willkommen,
Wann du auch kommst,
Du milder Tröster,
Traumloser, heiliger, ewiger Schlaf!
*