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Nämlich der schöne Candale ließ sich, seit ihrer Rückkehr nach Paris, mit keinem Auge mehr blicken. Er beantwortete nicht einmal ihre Briefe. Und bald wurde es bekannt, daß er sich mit einem Fräulein aus dem reichen und mächtigen Hause von Gondy – einer Base des nachmaligen so vielberüchtigten Kardinals von Retz – versprochen habe und um diese Verbindung zu ermöglichen, entschlossen sei, öffentlich in die katholische Kirche zurückzukehren. Mit einem Schlag also sollte nicht nur die Fürstin einen Geliebten, sondern auch die Sache ihres Gemahls – als welcher mit allen ihren Kräften zu dienen, ihr höchster Ehrgeiz war – einen wichtigen Parteigänger verlieren.
Wirklich vollzog schon in den nächsten Wochen der Herzog von Candale in der Pfarrei von Sankt Merry seinen öffentlichen Rücktritt. Der Pfarrvikar, in dessen Hände er den kalvinistischen Glauben abschwur, fragte ihn, wie er nur imstande gewesen sei, einer Frau zu Liebe eine solche Schändlichkeit, als die Apostasie eine ist, zu begehen? Hochwürdiger Herr, versetzte Candale zerknirscht, es ist nur gut, daß Ihr nicht ahnt, was für ganz andere Schändlichkeiten ich jener Dame zu Liebe begangen habe. Das Wort wurde herumgesprochen.
Ob es ehrlich war, wer wollte das wissen? Selten, daß der süße Wein der Liebe auf die Neige geht, ohne einen bitteren, ja giftigen Bodensatz zurückzulassen.
Immerhin gereicht eines dem flatterhaften Candale zur Ehre. Über eine Indiskretion seinerseits wegen der Geburt Tankreds hat nie das geringste verlautet.
Um so schwerer hat in diesem Punkt ein anderer Freund der Herzogin von Rohan gesündigt, der dadurch die Veranlassung geworden ist, daß sich das Geschick des verheimlichten Tankred zu einem so abenteuerlichen Roman auswuchs, wie er in den Büchern der Geschichte, insofern sie tatsächlich Geschehenes berichten, nicht oft geschrieben steht.
Marquis von Ruvigny hieß der Mann und war damals Gouverneur der Bastille. Sein Vater hatte, in irgendeiner Beamtung, zum Hause des Ministers Sully gehört, von dem er im Alter den genannten Gouverneursposten erhielt, den er aus seinen Sohn vererbte. Ruvigny, der Sohn, war fast gleichaltrig mit Margarete von Bethune und als Kind neben ihr aufgewachsen. Ob er schon vor Candale oder auch gleichzeitig deren Geliebter war, wie alle Welt damals sich erzählte, mag dahingestellt bleiben. Sicher ist nur, daß er seit der Verheiratung seiner Jugendgespielin aufs intimste im herzoglichen Palast von Rohan verkehrte.
Nicht nur von der Herzogin, auch von Herzog Heinrich sah er sich als Freund und Vertrauter behandelt. Während der Kriege der Hugenotten hatte er als Oberst unter Rohans Fahnen gestanden und nach dem Friedensschluß wurde er auf des Herzogs von Rohan Vorschlag Deputierter der reformierten Kirche für die Ständeversammlung, welches Amt ihm bei allen Hugenotten das höchste Ansehen gab. Mit väterlicher Zärtlichkeit schien er an der kleinen Prinzessin Margaret zu hangen, mit der er sich gern in verwegenen Spielen herumtollte und die, in stilleren Stunden, auf seinen Knien sitzend, die ersten Wörter mit ihm buchstabieren lernte.
Er hat später, nachdem sich seine Freundschaft für die Prinzessin in tödlichen Haß verwandelt, häßliche Dinge über sie in Umlauf gebracht. Er hat sich nicht entblödet, zu behaupten, das Kind mit zwölf Jahren verführt und dann durch Jahre hindurch in verbrecherischer Vertraulichkeit mit ihr gelebt zu haben. Niemand glaubte ihm. Die Reinheit und Sittenstrenge der stolzen Prinzessin leuchtete zu hell vor aller Augen, Ruvignys schmutzige Verleumdungen fielen auf ihn selbst zurück im Urteil der Welt, und in diesem Punkt wenigstens scheint die Welt sich nicht geirrt zu haben über diese Prinzessin, der noch genug andere Dinge zur Last fallen.
Über den Charakter dieses Mannes ist kein Wort zu verlieren; sein Betragen, seine Handlungen zeichnen ihn zur Genüge. Seltsamerweise hatte er fuchsrote Haare, wie die volkstümliche Fabel sie gern gewissen berühmten Verrätern zuschreibt. Er war nicht ohne Tugend. Er besaß in höchstem Grade diejenige, die oft am Manne höher geschätzt wird als alle anderen: eine unerschrockene Tapferkeit. Ihretwegen auch schätzte ihn Herzog Heinrich, in dessen Schlachten er einst – während des Krieges in der Languedoc – oft eine Todesverachtung an den Tag gelegt haben soll, die das ganze Heer mit Bewunderung für ihn erfüllte. Seine Bravour war sein Ruhm.
Und diesem Marquis von Ruvigny vertraute die Herzogin von Rohan das Geheimnis von der Geburt ihres Sohnes.
Es kostete sie einen Kampf. Eine geheime Ahnung schien sie zu warnen. Aber zwei Jahre hatte sie nun ihre Angst allein getragen, sie vermochte es nicht länger.
So oft überkam es sie mit schrecklichen Befürchtungen. Die Rahel, ihre Kammerfrau – die Herzogin hatte sie zu entlassen nicht den Mut gefunden – sah sie manchmal so seltsam an. Sogar Freiheiten und Unbotmäßigkeiten erlaubte sie sich gelegentlich. Sie wußte gewiß etwas.
Immer deutlicher fühlte es die Herzogin, daß sie notwendig jemand brauchte, der sie beraten konnte, an den sie sich wenden konnte in ihrer Bekümmertheit. Der Herzog von Candale war für sie so viel wie tot, und Frau von Mitry zu Charenton war eben doch ein bißchen eine einfältige Person. Auch für die Zukunft und für alle Fälle konnte es nützlich sein, daß sie einen Mann von Gewicht zu ihrem Mitwisser machte, der als solcher schon ehrenhalber ihre Partei nehmen würde, wenn die Sache irgendwie auf gefährliche Wege geriet.
Und wer anders hätte das sein sollen als Ruvigny, der treueste Freund ihres Hauses, der schon in so vielen Dingen ihr Vertrauter geworden und sich immer als durchaus verläßlich erwiesen hatte.
Sie gestand ihm aber doch nicht die ganze Wahrheit, sondern sie stellte die Sache so dar, als ob sie durchaus im Einverständnis mit dem Herzog gehandelt habe, der die Geburt seines Sohnes geheim gehalten wünschte, da er, selber von Richelieu verbannt, auch für seinen Sohn das Schlimmste befürchten müsse von dem gewalttätigen Minister.
»Und Ihr werdet selber zugeben, lieber Freund,« sprach die Fürstin, indem ihre weiße, etwas allzu kurze und rundliche Hand eine Schwanenfeder zerknitterte, die vor ihr auf dem intarsierten Sekretär lag.
»Ihr werdet selber zugeben, daß der Kardinal, im Einverständnis mit dem König und der ganzen katholischen Partei des Hofes, alles aufbieten würde, um den Sohn und Erben des verbannten Rohan, wenn er um ihn wüßte, entweder auf geheimen Schleichwegen aus der Welt zu schaffen – sein frommer Pater Josef scheint deren eine Menge zu kennen – oder auch sich des Knaben mit Gewalt zu bemächtigen und denselben durch seine ergebenen Kreaturen in der Abgötterei der papistischen Irreligion erziehen zu lassen. Mit dem besten Gewissen von der Welt würde dieser Minister im Purpur eine solche Schurkerei ins Werk setzen, überzeugt, damit nur eine doppelte heilige Pflicht erfüllt und der Sache des Königs wie derjenigen der Kirche gleichermaßen rühmlichen Vorschub geleistet zu haben.«
Der Marquis von Ruvigny war ob dieser außerordentlichen Eröffnung und seltsamen Reden der Herzogin allzusehr erstaunt, um gleich Worte zu finden. Auch die Fürstin verharrte kurze Zeit schweigend mit gesenkten Lidern. Dann erhob sie fragend den Blick zu ihm. Gerade fiel ein Strahl Sonne durch die gelbseidenen Gardinen des hohen Fensters und traf das Haar Ruvignys, das sich davon gleichsam zu einer Flamme entzündete, wie auf gewissen Kirchenbildern das Haupt des Ischariot, während er mit dem Herrn gleichzeitig in die Schüssel tunkte.
Doch die Herzogin war weit entfernt, an so etwas zu denken. Sie hatte wenig Phantasie, und derartige Gedankenverbindungen entsprachen nicht ihrer Art von Intelligenz. Aber ein gewisses Lächeln, das jetzt um seine dünnen Lippen spielte, beunruhigte sie.
Sein erster Gedanke war: Sie ist eine rechte Gans, wenn sie mir im Ernst zumutet, diesen Unsinn zu glauben.
Und sein zweiter: Sie belügt mich also. Sie mißtraut mir. Sie ist unredlich gegen mich. Um so besser. Um so weniger bin ich ihr verpflichtet. Wer mir nicht zutraut, daß ich ihm Treue halte, dem bin ich auch keine schuldig.
Nicht daß er in diesem Augenblicke schon die Möglichkeit einer tatsächlichen Untreue in Aussicht genommen hätte. Die Gedanken kamen ihm, wie sie jedem gekommen wären, der plötzlich entdeckt hätte, daß er unter dem Schein des Vertrauens mit Lügen abgespeist wird.
Und sein Lächeln wurde noch um einen Grad spöttischer.
Über die Fürstin kam eine große Unruhe.
»Ihr lächelt verächtlich?« fragte sie endlich.
»Der Name lächert mich,« antwortete Ruvigny spaßhaft. »Habt Ihr den erfunden?«
Das Gesicht der Fürstin überflog ein tiefes Rot, gegen das selbst die erblassende Kraft der gelben Vorhänge nicht aufzukommen vermochte.
Na, dachte Ruvigny, merkst du, daß ich dich durchschaue?
Der Fürstin kam ein rettender Gedanke. »Nicht ich,« stotterte sie, »der Wille meines Gemahls hat diesen Namen bestimmt.«
»Ach so,« versetzte Ruvigny. »Aber das ist ja eine unbegreifliche Phantasterei. Durch das ganze Geschlechtsregister der Rohan hindurch und wenn man bis zum König Arthus und dem Ritter Tristan und seinem Onkel hinaufsteigt, wird man keinen einzigen Tankred finden. Heinrich, Ludwig, Eduard, Johann, Karl, Peter, so und ähnlich lauten, sich ins Unendliche wiederholend, die Namen derer von Rohan. Auch der bretonische Name Meriadek wiederholte sich öfter. Einmal hieß einer Herkules. Nie hieß einer Tankred.«
Dem Marquis machte es offenbar Spaß, die Fürstin recht in die Enge zu treiben und für ihren Mangel an Aufrichtigkeit zu strafen. Aber wenn die Herzogin von Rohan auch keine Phantasie hatte, so fehlte es ihr dafür doch nicht an Geistesgegenwart.
»Ihr wißt doch, lieber Freund,« versetzte sie, »welche große Sache im Gange war, als mein Tankred geboren wurde. Damals bestand alle Hoffnung, daß dieses Kind einst König sein werde, König von Zypern. Und war der Name eines glorreichen Königs von Jerusalem und Zypern nicht Tankred?«
Wie sie sich herauszubeißen versteht, dachte der Marquis.
»Sei's um den Namen,« sprach er dann. »Noch weit mehr aber wundere ich mich über die leichtfertige Art, wie man den künftigen Herzog und Erben von Rohan – vielleicht König von Jerusalem untergebracht hat, bei unbekanntem fremden Vorstadtgesindel, wo sein zartes Leben doch wahrlich so wenig als möglich behütet und in acht genommen wird.«
Nur allzusehr fühlte die Fürstin die Wahrheit dieser Worte. Sie hatte sich dieselben längst selber sagen müssen, wenn es ihr auch nur einmal eingefallen wäre, über die Lage ihres Sohnes ernstlich nachzudenken. Aber solche Gedanken waren allzu peinlich. Man mußte ihnen zu entrinnen suchen, so gut es gehen wollte. Man durfte nicht »herein« rufen, wenn sie anklopften; man mußte ihnen die Türe weisen, wenn sie sich aufdringlich zeigten.
Zum Glück war dies nicht einmal öfter nötig. Die Herzogin hatte ein so glückliches Naturell, sie hatte ihren leichtbeschwingten Geist so in der Gewalt: an etwas, das ihr unbequem war, dachte sie einfach nicht.
Wie hätte sie es sonst auch fertig bringen sollen, innerhalb der zweiundeinhalb Jahre nicht ein einziges Mal zu den Gärtnersleuten nach dem nahen St. Mandé hinauszufahren; nicht ein einziges Mal in drittehalb Jahren ihren Sohn zu sehen, ihr Kind an die mütterliche Brust zu drücken ... nicht ein einziges Mal auch nur das geringste Verlangen danach zu spüren.
Eine Gefahr wäre doch nicht dabei gewesen. Sie konnte ihre Freundin, die Frau von Mitry, in Charenton besuchen – durch die sie auch das Kostgeld den Gärtnersleuten zustellen ließ – und konnte von dort, einfach gekleidet und tief verschleiert, etwa wieder als Frau Lebon nach St. Mandé kommen. Nichts war einfacher. Oder das Kind konnte zu der Frau von Mitry nach Charenton gebracht werden.
Aber ihr kam nie der Gedanke.
Oh, sie war eine zu gesund animalische Natur, sie war ein zu kluges Weibchen, um sich mit Unangenehmem den Geist zu verdüstern und die Säfte zu verderben, was der Glätte und Zärte der Haut sehr nachteilig ist und unvermerklich Runzeln gräbt.
Sie machte sich darum auch keine Gewissensbisse. Ja, sie war bei sich überzeugt, daß gerade Religion und Moral ihr verboten, an ihr Kind zu denken, einmal, weil es ein Kind der Sünde war, und dann ... ja, wie soll man das ausdrücken? Weil ... weil der Gedanke an das Kind, ganz heimlich und unvermerkt, einen gewissen Wunsch erzeugen konnte, einen verbrecherischen Wunsch, einen im Herzen einer Mutter teuflischen Wunsch, einen Wunsch, der sich um nichts Geringeres drehte, als um die furchtbare Vorstellung von Sein oder Nichtsein, und wie das eine in das andere verwandelt werden kann. Ist das klar? Dieser schrecklichen Gedankensünde, deren Gefahr so nahe lag, auszuweichen, gebot die Moral wie die Religion. Also war es besser, zu vergessen, ganz zu vergessen.
Und wie grausam ihr Freund war, sie so schonungslos, sie so unbarmherzig an die Vernachlässigung ihrer mütterlichen Pflicht zu erinnern.
Auch Ruvigny merkte, daß er seine Grausamkeit nicht weiter treiben dürfe.
»Ich meine nur,« sagte er in leichtem unbekümmerten Ton, »daß ein Ort, unmittelbar vor den Toren von Paris, nicht sehr geeignet erscheint, um den Knaben vor der Gewalt des Ministers zu sichern, und ich wundre mich, daß der Herzog, wie auch Ihr, schönste Freundin, nicht bessere Vorsichtsmaßregeln ersonnen habt.«
»Ihr kennt ja den Herzog,« entgegnete die Fürstin mit einem leisen Anflug von Geringschätzung um ihre roten fleischigen Lippen. »Ihr kennt ihn ja, er hat das alles mir überlassen, und ich ...«
Sie stockte.
Und sie? Nun ja, sie hatte eben am liebsten so wenig als möglich an diese ganze ärgerliche Angelegenheit gedacht.
Aber das durfte sie nicht gestehen.
»Und ich,« fuhr sie errötend fort, »Ihr begreift, ich hatte das Kind doch so gern in meiner Nähe.«
Sie vergaß, daß sie bereits verraten hatte, ihren Sohn seit seiner Geburt mit keinem Auge wieder gesehen zu haben.
Aber Ruvigny tat nicht dergleichen. Die Herzogin schien ihm genug gestraft für ihr Lügen. Er sprach jetzt als Freund, er entwickelte ihr seine Gedanken, seinen Plan.
Und mit immer höherer Befriedigung hörte die Herzogin ihm zu. Wie das einleuchtend war! Ihre lebhaften braunen Augen strahlten von freudigem Beifall. Da sah man, was eben ein Mann bedeutet. Und wie sie wohlgetan, sich endlich diesem Freund anzuvertrauen.
Was der Marquis ihr riet, war übrigens so naheliegend. Und sie, sonst so klug, so findig, hatte denn der Himmel ihren Geist getrübt, daß sie nicht längst von selber darauf kam?
Die Herzogin erschrak über ihren eigenen Zustand. Was sie sich selber so lange geleugnet hatte, erkannte sie jetzt. Wahrlich wie in einer Art Lethargie hatte sie gelebt seit der schmählichen Treulosigkeit des schönen Candale. Und nun fühlte sie plötzlich ihre ehemalige jugendliche Lebhaftigkeit wieder erwachen. Die alte Unternehmungslust war wieder, wie mit einem Schlag, über sie gekommen.
Nun wollte sie aber auch unverweilt handeln. Des Freundes Anerbieten, ihr die ganze Mühsal des Geschäftes abzunehmen, schlug sie rund ab. Alles, alles wollte sie nun wieder selber tun. Schon morgen wollte sie reisen.
Ob sie auch den Knaben gleich mitnähme? fragte Ruvigny.
Verständnislos sah ihn die Herzogin an. Ruvigny besann sich. Natürlich, das war nicht möglich wegen der Dienerschaft.
Er wußte aber nur zu gut, er las es der Herzogin in den bösen Augen: daß sie selber in diesem Augenblick keinesfalls an die Dienerschaft dachte.
Eine seltsame Mutter das, ging es Ruvigny durch den Kopf, die über die Möglichkeit, ihr Kind zu sehen, auf den Tod erschrickt und böse Augen macht, als ob ihr weiß Gott was zugemutet worden.
Unterdessen hatte die geschäftige Herzogin bereits die Klingel gerührt und Rahel, die Kammerfrau, war eingetreten.
»Hoheit befehlen?«
Und Hoheit gab ihre Weisungen.
»Hast du richtig gehört?« fragte sie zuletzt. »Also den viersitzigen, rot ausgeschlagenen Reisewagen mit den goldenen Panaschen, den ich neulich nach Fontainebleau benützt habe. Abfahrt in der Frühe um Sieben.
»Zu dienen, Hoheit.«
»Noch eins: Ihrer Hoheit der Prinzessin Margaret melde: ich hoffe, sie werde die Güte haben, mich zu begleiten. Wir reisen nach der Normandie. Wichtige Geschäfte verlangen für einen Tag meine Gegenwart auf Schloß Préfontaine.«
Da es mit dem Sohn nicht ging, wollte sie wenigstens die Tochter mit sich führen, ein Umstand, der nur dazu beitragen konnte, ihre Reise so unverdächtig als möglich erscheinen zu lassen.
»Und mich ladet Ihr nicht ein?« fragte Ruvigny mit gutmütigem Spott.
»Jedenfalls wird mir die Prinzessin deswegen nicht wenig grollen,« versetzte die Herzogin lachend, indem sie sich erhob; »ich aber, mein Freund, muß diesmal leider ernstere Ansprüche an Euch machen. Wenn unser Plan gelingt, wollt Ihr mir schon heut versprechen, den ... den Prinzen Tankred nach Préfontaine zu begleiten?«
Ruvigny verbeugte sich:
»Schönste Freundin und hohe Gönnerin, Eure Frage ...«
»Nun ja, nun ja,« fiel sie ihm ins Wort; »ich muß freilich überzeugt sein, daß Ihr niemals den traurigen Mut haben würdet, mir einen Dienst zu verweigern, den niemand in der Welt, außer Euch, mir zu leisten imstande ist. Auf Wiedersehen, lieber Freund.«
Verbindlich drückte Ruvigny seine Lippen auf die weiße mollige Hand, die sich ihm darreichte.
– Was nur die Menschen gegen das rote Haar haben mögen, dachte Margarete von Bethune, während Ruvigny sich entfernte; diesem steht es doch gar nicht übel.