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In der mondlos stillen Nacht
Stand er unter dem Altane,
Sang mit himmlisch süßer Stimme
Minnelieder zur Gitarre.
Uhland
Was bleibt mir nun, als eingehüllt,
Von holder Lebenskraft erfüllt,
In stiller Gegenwart die Zukunft zu erhoffen?
Goethe
In der folgenden Mitternachtsstunde erhoben sich leise Saitenklänge vor dem Hause der Rätin Fribert; dann folgte ein Lied voll zarter Sehnsucht; eine Männerstimme reinsten Metalles sang das Lied.
Die Nacht war still und dunkel; der Sänger konnte nicht gesehen werden, aber das Lied klang umso schöner, geheimnisvoller.
Endlich schwieg der Sänger, die Saitenklänge bebten aus.
In geisterhafter Ruhe schimmerte das Haus der Rätin durch das Dunkel. Man hörte keine Türe gehen, keinen Fensterflügel öffnen, man sah an keinem Vorhang leise rücken.
War kein Herz da droben für so holde Klänge, so gewaltige Liebesworte, die ertönten?
Es blieb stille.
Wie geheimnisvolle Tränen hinter dem Vorhang spielen, so lasst uns auch dem Menschenherz gestatten, seine Leiden und Freuden im Verborgenen zu halten, bis es Zeit ist, den Vorhang sachte wegzurücken.
Auf leiser Sohle entflohen die folgenden Stunden der Nacht und mit ihnen der geheimnisvolle Sänger und das Dunkel und die Ruhe, die dem Tageslärmen wich.
Es war acht Uhr morgens, als die Rätin Fribert aus ihrem Zimmer in den Salon des Landhauses trat.
Sie war vollständig, aber einfach angekleidet und schien bereits mit Anordnungen für den Tag beschäftigt gewesen zu sein. In ihrer rechten Hand spielte ein Bund Schlüssel, in der linken hielt sie eine Rechnung, die geprüft und bezahlt an das Mädchen zurückgegeben wurde, das ihr folgte.
Das Mädchen ging, dir Rätin legte die Schlüssel weg und sagte mit liebevoller Stimme:
»Guten Morgen, mein Kind!«
Der Gruß war an ihre Tochter Gabriele gerichtet, welche in einer Ecke des Salons die Blumen begoss und das Hereintreten der Mutter überhört hatte.
Auf den Gruß derselben stellte sich schnell die Kanne nieder, ging auf die Mutter zu, küsste sie und erwiderte lebhaft und mit Anmut:
»Guten Morgen Mutter! Bist du froh? Und bist du wohl?«
Die Rätin erwiderte:
»Und du, mein Kind? Du hast hoffentlich gut geschlafen und bist munter. Hab' ich warten lassen? Das Frühstück, seh' ich, ist aufgetragen. Vollende, was du angefangen hast, die Blumen bedürfen deiner. Indessen hab' ich einen Auftrag für den Gärtner. Erscheint Liane bald? Hast du sie schon gesehen?«
Gabriele ging zu den Blumen zurück und erwiderte, indem sie die Kanne wieder aufhob:
»Die Schwester schreibt bereits seit einer Stunde. Sie kommt sogleich.«
Es lag etwas Wehmütiges in der Stimme, indem sie dieses sprach.
Die Rätin ging hinaus, um einige Anordnungen im Garten zu treffen, und es war auffallend, wie die einfachen Worte Gabrielens einen Schatten auf ihre Stirne warfen.
Diese Verdüsterung war noch nicht verschwunden, als sie wieder zurückkam.
»Es scheint heuer ein reges Badeleben werden zu wollen«, sagte sie, an die Balkontür tretend, wo Gabriele eben die Erfrischung der Blumen begonnen hatte, »schreibt mir doch selbst die alte Finanzrätin Rügen, die ihrer großen Sparsamkeit nie weh getan hat, dass sie dem Wirbel dieser Mode nicht mehr widerstehen könne. Wo alles geht, wolle sie allein nicht bleiben.
Die gestern so spät gekommenen Briefe enthielten überhaupt manche Neuigkeit. Die Frankenberg ist Braut. Die Lobenstein hat es durchgesetzt und ist zum Theater.«
Gabriele sah in Gedanken verwundert auf; es bedurfte so kurzer Andeutungen, um ihr eine Reihe von Erinnerungen aus der Residenz lebendig zu machen.
»Da ist eins so wunderlich wie das andere«, sagte sie nur, in ihrer Arbeit fortfahrend: »Sind an Lianen und mich keine besonderen Blättchen gekommen?«
Die Rätin erwiderte nach einer Weile:
»An dich nicht, aber ein Billet für Lianen ist dem Briefe der Finanzrätin beigelegt, sie schreibt nicht, von wem es ist, auch kenne ich die seltsame Handschrift nicht. Übrigens schreibt auch der junge Fabrikant Weilert. Du sollst dann den Brief lesen.«
Dieser Name wirkte auf Gabrielen nicht erfreulich.
Sie stellte die Gießkanne nieder, bückte sich, um eine Hyazinthe in eine bessere Stellung zu rücken und sagte:
Sein Gedächtnis will also noch immer nicht von uns lassen.«
In diesem Augenblicke unterbrach ein leises Rauschen das Gespräch.
Liane war in den Salon getreten.
Sie blieb an der Türe ihres Zimmers stehen und überblickte die Szene im Salon mit ernstem, ruhigem Auge.
Die stille Majestät ihrer Erscheinung sollte bald entdeckt werden und ihre Wirkung tun. Wie vor der siegreich aufgehenden Sonne die Nebel schwinden, so entflohen bei dem Anblick Lianens die Verdüsterungen, welche sich auf die Stirn der Mutter und Schwester gelagert hatten. Beide hatten eben an Lianen gedacht und waren betrübt geworden; beide sahen nun Lianen und wurden froh.
Liane sagte nun mit einer Stimme reinsten Wohllauts:
»Guten Morgen, Mutter und Schwester«, trat dann vor, um ihnen auch die Hand zu reichen, die denn liebevoll und zuvorkommend ergriffen wurde.
Hierauf begab man sich an den Tisch, wo das Frühstück aufgetragen war.
Vom Balkon und durch die offenen Fenster strömte eine balsamische Frühlingsmorgenluft herein, und nach den schönen Abhängen des Gebirges war die Landschaft von diesem Zimmer aus den Blicken aufgetan.
»Du hast noch spät abends Briefe erhalten, Mutter«, sagte Liane, bereits am Tische sitzend, »was bringen sie Neues?«
Die Rätin wiederholte ihr, was sie Gebrielen schon mitgeteilt hatte und legte ihr dann ihr Billet hin, das im Briefe der Finanzrätin mitgekommen war.
»Das ist nebenbei noch für dich«, sagte sie.
Liane griff nicht danach.
Sie blickte nur, ohne sich zu beugen, nach der Handschrift, ließ einen Augenblick, kaum merklich zuckend, die Augenlider sinken, blickte dann groß und frei durch das Fenster gegenüber und schien des Billets, ja der Gegenwart der Mutter und Schwester eine Weile zu vergessen.
Die Mutter wollte nicht scheinen, als ob sie besonderes Interesse an dem Inhalt des Briefchens habe und sagte, um Lianen aus ihren Gedanken zu ziehen:
»Was mich recht gefreut hat, ist die Nachricht, dass die Portrait, Liane, bereits auf der nächsten Post zum Abholen bereitliegt; ich will noch heute Anstalt treffen, dass es gebracht wird.«
Liane erwiderte nun wieder ganz gegenwärtig und ruhig:
»Ich habe ohnehin manches auf die Post zu geben, so kann der Gärtner beide Aufträge zugleich besorgen.«
Man frühstückte nun zu Ende, und Liane las zuletzt in Gegenwart der Mutter und Schwester das angekommene Billet. Sie schien nichts darin zu finden, was sie interessierte und sagte dann, das gelesene Billet zusammenlegend:
»Lass mich den Brief der Finanzrätin sehen, Mutter.«
Diese erschrak, doch gab sie den Brief ohne Sträuben hin.
Die Finanzrätin hatte unter anderen weitläufigen Dingen wieder einmal ihre plauderhafte Neugierde des Breitesten gewähren lassen und besonders nachdrücklich gefragt, warum Liane noch immer nicht zugreife, »in des Lebens nur einmal blühendem Lenze«, warum sie warte und wähle, wähle und warte. Man sei denn doch immer nur einmal jung und einmal schön, die Jahre vergingen schnell, und die versäumten Gelegenheiten kehrten nicht wieder. Wenn man das Gute abweise, wer stehe einem dafür, dass etwas Besseres komme. Man habe Beispiele von Schönheiten« –
Liane legte den Brief zusammen und warf ihm mit unwilliger Heftigkeit auf den Tisch, nahm ihn aber sogleich wieder auf und legte ihn sanft vor die Mutter hin, denn an sie war am Ende doch der Brief gerichtet und durfte nicht ohne Zeichen von Achtung behandelt werden. Dann stand sie auf und trat unter die Blumen des Balkons hinaus, sie, die Blume unter den Blumen.
Die Rätin und Gabriele, die nun auch nach dem Briefe griff, blickten sich betrübt und verlegen an.
»Ich habe mir's gedacht«, sagte die Muttergedrückt und so leise, dass es Liane nicht hören konnte, »die Freundin kann es nicht lassen, mir immer und immer wieder über dieses Kapitel zu predigen, und sie weiß doch, wie sorgfältig ich diesen Gegenstand vermeide, wie schmerzlich mir solche Redensarten sind, die nach Umständen etwas heißen und auch nicht. Diesmal aber scheinen mir die Redensarten der Freundin einen besonderen Anlass gehabt zu haben. Jenes Billet steht im Zusammenhange mit ihnen. Sie will nicht mehr mit gutem Rate allein, sie will mit Rat und Tat sich in die Herzensangelegenheiten meiner Tochter mischen und ahnt nicht, wie störend sie in den leicht erregbaren Frieden meines Hauses greift.«
Die Rätin war indessen aufgestanden und schellte ihrem Mädchen, das Frühstück abzutragen, dann sagte sie:
»Ich habe einige Briefe zu schreiben; du selber hast manches vor, Gabriele, lass uns nicht weiter an die Sache rühren, das ist das einzige Mittel, Lianen wieder ruhig und unbefangen zu machen. Guten Morgen, mein Kind.«
Beide traten nun ebenfalls auf den Balkon hinaus und besahen, Gleichgültiges redend, einige Augenblicke den kleinen Blumengarten, Gabrielens sorgfältiges Mühewerk, dann bot die Rätin Lianen guten Morgen und reichte ihr die Hand. Liane ergriff diese lebhafter als gewöhnlich, auch küsste sie die Mutter und Schwester, wie um Nachsicht bittend; sie musste weicher geworden sein, obwohl sie beinahe ernster aussah als zuvor.
In den Salon zurückgekehrt, umarmte Gabriele ihre Mutter mit jener Herzlichkeit, welche der vielfach von Sorgen heimgesuchten Rätin so wohlzutun pflegte; und ob es Gabriele auch nicht aussprach, so lag doch in diesem Umarmen die wirksamste Bitte, ruhig zu sein, sich über all den Sorgen des Tages heiteren Geistes zu erhalten. Die Mutter ging hierauf in ihr Zimmer zu dem Schreibtisch, und Gabriele eilte in den Garten, wo sie immer vieles zu ordnen und zu pflegen hatte ...
Also hätte uns der erste Blick in dieses Haus der Wohlhabenheit, Bildung und Schönheit nicht eben überwiesen, dass die Tage her ungetrübt vorüberflossen. Aus der Ferne besehen, mochte es immerhin für einen Tempel des Glückes angesehen werden, aber näher betrachtet, ließ es wohl erraten, es fehle wo und der Schade stecke nicht so tief, um nicht bald an die Oberfläche treten zu müssen ...
Die Rätin wollte ihrer Freundin sogleich antworten.
Sie wollte ihr entschiedener ans Herz legen, den Eigenheiten und der freien Entschließung ihrer Tochter künftig alles zu überlassen und weder mehr ein Drängen, das nur verwirre, noch auch nur ein Rühren an diesen Gegenstand in ihren friedlichen Briefwechsel aufzunehmen; sie als Mutter, gewiss erfüllt von Wünschen für das Wohl ihres Kindes, halte es lange her so und denke klug zu handeln, es möge nun die Freundin, für deren liebevolle Teilnahme sie immer dankbar sei, dies künftig ebenso halten.
Aber als die Rätin diese und ähnliche Gedanken zu Papier bringen wollte, stockte, versagte ihr die Hand.
Sie fühlte in diesem Augenblick zu lebhaft, wie natürlich es doch sei, dass die Freundin frage, wie denn eine der ersten Schönheiten ihrer Zeit, wie Liane, bewundert und umworben von den Söhnen ausgezeichneter Familien, die Höhe ihrer Blüte fast schon überschritten habe, ohne einem Freier zuzuneigen oder auch nur Fähigkeit zur Liebe zu beweisen. Schön, ruhig, ohne Sorge vor Versuchung stand Liane seit drei Jahren mitten unter Huldigungen da und schien im Gemüte ebenso wunderbar angelegt zu sein, als ihre Schönheit ohne Gleichen war.
Es gibt eine still-wehmütige Liebe weiblicher Schönheit zu sich selbst, die das Anfassen fürchtet wie das Trüben und Zerstören eines Meisterwerkes und in lieblich verhüllter Ferne gerne dasteht zur Bewunderung und Freude aller Augen, aber nur mit Schaudern von ihrer heilig unnahbaren Höhe menschlich an die Seite eines Auserwählten steigen kann.
Von dieser wundersamen Art schien auch Liane zu sein.
Immer gleichmäßig entschlossen, ohne Zaudern und wehmütig wohlwollend lehnte sie die Anträge junger Männer ab, ließ sich nie heraus, welche Ansprüche sie an den Mann ihrer Wahl zu machen denke und blieb ein Rätsel für die Mutter und Schwester, wie für alle, die sie kannten oder um sie warben.
Was inskünftig daraus werden sollte, das war ihrer Mutter ein großes Weh; es erwachte heut wieder stark genug.
Lianen gegenüber zu schwach und um das wahre Glück derselben zu ängstlich besorgt, wagte sie es nicht, sich n deren Herzensangelegenheiten zu mischen, auf der anderen Seite war's ihr ein Gedanke tiefer Pein, dass Liane blühen und verblühen solle, ohne glücklich zu werden, ohne zu beglücken. Solange Liane bei der Mutter war, gab es auch keine Hoffnung, dass Gabriele neben ihr bemerkt und versorgt werden konnte.
Es bedurfte kaum eines Anlasses wie heute, um die Sorgen der Rätin in Scharen aufzujagen.
Die Freundin hatte ihr die Verlobung der Falkenburg nicht ohne Grund gemeldet, denn ein früherer Freier Lianens war Bräutigam geworden. So konnte nach und nach alle ferne bleiben, die Unerbittliche vermeiden und den Minderschönen die Hände reichen ...
Die Rätin schob den Brief der Freundin beiseite, sie konnte ihn noch nicht beantworten, wenigstens jetzt nicht, wenigstens in dieser Gemütsverfassung nicht ...
So kam der Brief von Weilert an die Reihe; er musste bald beantwortet werden, und dazu war auch die Rätin gefasst.
Weilert war ein junger Gutsbesitzer, zwei Meilen vom Landsitz der Rätin, brav und tüchtig und in sehr guten Verhältnissen. Stiller und schüchterner als andere Bewerber hielt er sich mit seinem glühenden Herzen für Lianen immer ferne, um wenigstens, sollte er einmal alle Hoffnung aufgeben müssen, für eine mählige Heilung Kraft und Fassung zu behalten. Und so war er jetzt als Bewerber nicht persönlich erschienen, hatte seine Aufträge auch nicht geradezu an Lianen gerichtet, sondern wollte vor allem von der Mutter erfahren, ob sie ihm einen Schimmer von Erfolg verheißen solle.
Sie hatte schon bessere Anträge abweisen sehen, wusste auch zu genau, wie viel Achtung er als braver Mensch, wie wenig Neigung er aber als Bewerber bei Lianen finden würde; darum schnitt sie ihm lieber gleich und offen alle Hoffnung ab. Der Brief wurde mit wehmütiger Festigkeit und so schonend und wohlwollend als möglich geschrieben.
Hierauf klopfte es. Der Gärtner trat herein.
Die Rätin legte ihre Feder weg und lehnte sich in ihren Armstuhl zurück.
»Nun«, sagte sie, » ist es wahr, was man erzählt? Hast du mit der Hallhöferin gesprochen? Bestätigt sie, was man hört?«
Der Gärtner erwiderte, alles sei richtig, ein ganz bescheidener Bursche habe an die zwei Millionen geerbt und das Geld so gut als in Händen, der Bursche befinde sich in Hallhöfers Hause.
»Ich habe«, fügte er hinzu, »die Hallhöferin ersucht, sie möchte zur Frau Rätin kommen; sie wird bald da sein.«
Die Rätin legte den Kopf mit einem Anflug von Verlegenheit in die linke Hand und sagte:
»Es ist gut. Macht euch bereit, Jakob, nach der Post zu gehen, die Briefe sind bald fertig.«
Inzwischen war Liane vom Balkon in das große Gesellschaftszimmer zurückgetreten und wollte auf ihr Zimmer gehen, als ihr Blick zufällig auf den Spiegel fiel, in dessen reiner Fläche ihr Bild in ganzer herrlicher Gestalt erschien.
Jener leise Schreck, der sie immer befiel, wenn sie ihrer eigenen Schönheit unerwartet in einem Spiegel begegnete, ergriff sie wieder und bannte sie einige Augenblicke fest.
Hatte die Natur nicht alle Meisterschaft und Liebe zu ihrer Wunderbildung entfaltet und sollte sie dieses Übermaß von Huld ohne Bedingungen, ohne Vorbehalt gewähret haben?
Mitten in der Überraschung über ihre eigene Erscheinung durchbebte Lianen ein abergläubisches Schauern vor den Ansprüchen eines Schicksals, das die Natur ihrer Schönheit auf den Weg des Lebens mitgegeben.
Worin mochten diese Ansprüche des Schicksals bestehen?
Eines schien gewiss, die vollendete Erscheinung Lianens durfte nicht ohne die Verklärung innerer Bildung dastehen, und die Natur, der Vereinsamung des Menschen immer widerstrebend, musste verlangen, dass auch Liane endlich ihre Wahl unter den Männern treffe.
Bildung und Charakter hatten in Lianen denn auch ihre lobenswerte Pflege erhalten – und die Wahl ihres Herzens anbelangend ... traf sie hierin den Sinn der liebenden Natur, die ihre Erscheinung zum Meisterwerke gebildet? ...
Liane bebte, und ihr großes, dunkles Auge gleitete sachte über ihre majestätische Gestalt im Spiegel herab und sank zu Boden.
So stand sie nachdenklich, und ihre Gedanken zogen fort und weit hinweg.
Und es geschah ein Wundersames.
Wie in magischer Beleuchtung, schnell und traumhaft, flog das Bild eines Reiters über die Spiegelfläche, und als ihre Augen zuckend und aufleuchtend dem Bilde folgen wollten, war es hinweg geschwunden und nirgends mehr zu sehen.
Errötend und bewegt ließ Liane ihr Auge auf dem offenen Fenster haften, das sich im Spiegel zeigte und durch welches ein sonniger Hügel sichtbar wurde; dort schien das Bild des Reiters vorübergeschwebt zu sein ...
Ungewiss, ob sie träume oder wache, trat Liane stille jetzt vom Spiegel weg und ging durch den Salon nach ihrem Zimmer.