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Das schwedische Landhaus

Es ist aber nicht allein das englische Cottage, das solch Beispiel gibt, wie ohne hinzugefügten Schmuck, nur durch Ausbildung und zum Ausdruck bringen anmutiger, anheimelnder, vielseitiger Raumverhältnisse durch organische, mit Farben und Linien betonte Ausgestaltung der dienenden Glieder, der Fenster und Türen Schönheitswirkung erzielt werden kann.

Auf Reisen entdeckt man, daß die »reine Lehre« doch nicht so ganz vereinzelt ist.

Tendenzverwandt dem englischen Cottage, aber dabei doch selbständig, rustikaler, ländlicher noch, erscheint z. B. das nicht so bekannte und nicht so häufig genannte schwedische Landhaus .

Auf den schwedischen Schären, den Landzungen und Inselchen, die sich in buntem, malerischem Wirrwarr bei Stockholm in die »Salzsee« strecken und ein pittoreskes Wasserreich bilden, kann man es studieren. Es wirkt als organisch aus dieser Landschaft erwachsen, und bewunderungswürdig erscheint der Takt, mit dem ein jedes dieser schmucken Sommerhäuser aus den Bedingungen seines Bodens, seiner vegetativen Umrahmung entwickelt ist. Nie wirkt diese Architektur deplaziert, sie ist eingestimmt zu den Wäldern und Steinen, und aus gewissen Unregelmäßigkeiten des Terrains gewinnt sie sich in kluger Ausnutzung Gliederungsmotive von besonderem Reiz.

Hier herrscht eine konstruktive Ästhetik in aller Konsequenz; ohne Eigensinn des Prinzips, mit voller Hingebung an diese Erde und ihre Eigenart, macht sie sich den Boden dienstbar, indem sie ihm seine Besonderheit erhält, sie benutzt, sie gebrauchsfähig entwickelt und diesen Vorgang im Gesamtbild des Baues ohne Stilattrappe heiter bekennt.

Die Felssteine des Bodens geben Stütze und Fundament des Baues. Auf ihnen erwachsen die schmucken Holzhäuser. Farbig sind sie gut zu dem grünen Rahmen der Bäume eingestimmt. Oft tragen sie roten Anstrich, in der Nuance sang du boeuf, darin sitzen dann die Fenster weiß gefaßt. Sehr lebhaft und bewegt ist die Führung der Dächer mit Hebungen und Senkungen, mit überschneidenden Giebelbildungen, die verraten, wie traulich eingebaute Stübchen dort oben liegen, und die gleichzeitig dem Haus eine interessante und bewegte Silhouette geben.

Ein charakteristisches Beispiel solcher Architektur ist das kleine, blanke Sommerhotel auf einer Spitze der Saltsjöbadeninsel. Der Architekt Westmann, von dem in der Wertheim-Interieurausstellung ein hübsches, helles Frühstückszimmer zu sehen ist, hat es gebaut.

Sein Untergeschoß ist aus gelben Holzplanken gefügt, darüber baut sich weiß das Obergeschoß auf und die Fenster sitzen in olivgrünen Rahmen. Die Fassade mit Veranden und Balkonen, von freiliegenden Balken getragen, steigt an und neigt sich wieder, dem Terrain folgend. Als Hintergrund Baumgebüsch, im Vordergrund die See, das gibt ein leuchtendes Freiluftbild.

Im Innern sind mit schlichten Mitteln sehr geschmacksfeine Wirkungen erzielt. Die Treppe aus orangegelbem, durchbrochenem Leistenwerk, die Korridore mit dem Fries der gleichfalls orangegelb gefaßten Scheiben und dem Sprossenwerk der Holzlambrequins über den Mündungen der Treppen sind voll froher Anmut, und wenn die Sonne darin spielt, dann lebt und sprüht es von farbiger Atmosphäre. Man denkt an lustige, lachende Interieurbilder von Carl Larsson, dem schwedischen Maler.

Ein ganzes Kapitel könnte man den Zäunen und Brücken dieser dekorativen Landschaft widmen. Vereinzelt kommen freilich auch hier die häßlichen, dürren Drahtgeflechte vor und leider auch öfter das forcierte Naturburschentum der Urwaldzäune, die aus künstlichem Wurzelgeäst und knorrigen Zweigen zusammengeschlagen sind, aber überwiegend finden sich reine und gelungene Lösungen für die Gartenumfassung. Das Lattenwerk, in mehrfarbiger Behandlung, die Langhölzer weiß, die Querhölzer rot, wird mit Vorliebe angewandt; aus ihm entwickeln sich dann die hölzernen Gartentüren in mannigfachen Variationen einfach graziösen Verflechtungs- und Gitterungspiels und schöngeschwungener Kurvenlinien als Randabschluß der Sprossenreihe. Geschickt wird auch das Gestein des Bodens als Trag- und Stützpunkt mit in die Komposition des Zaunes einbezogen, so daß, in der Verbindung aus Holz und dem natürlichen Stein, der Zaun die stimmende Parallele zum Hause bildet.


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