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Die meisten von denjenigen, welche es versuchen den Gottlosen die Gottheit zu beweisen, beginnen gewöhnlich mit den Werken der Natur, und es gelingt ihnen selten. Ich will die Brauchbarkeit jener Beweise, durch das Beispiel der heiligen Schrift selbst geheiligt, nicht antasten: sie stimmen mit der Vernunft überein; aber oft sind sie nicht übereinstimmend und nicht hinlänglich gleichartig mit der Geistesrichtung derjenigen, für die sie bestimmt sind.
Denn man muß beachten, daß man nicht zu denjenigen redet, welche den lebendigen Glauben im Herzen haben, und welche auf der Stelle erkennen, daß alles was existirt nichts anderes ist als das Werk des Gottes, den sie anbeten. Ihnen predigt die ganze Natur ihren Schöpfer und verkünden die Himmel die Ehre Gottes. Aber für diejenigen, in welchen dies Licht erloschen und in denen man es wieder zu entzünden bestrebt ist; für jene Menschen ohne Glauben und Liebe, die in der ganzen Natur nur Finsternis und Dunkelheit finden: für die Bekehrung dieser scheint es nicht das rechte Mittel zu sein, ihnen als Beweise für jenen großen und wichtigen Gegenstand nur den Lauf des Mondes und der Planeten zu geben, oder allgemeine Schlußfolgerungen, denen sie sich unaufhörlich widersetzt haben. Die Verhärtung ihres Geistes hat sie taub gemacht gegen diese Stimme der Natur, welche unaufhörlich ihren Ohren ertönt ist; und die Erfahrung lehrt, daß, weit entfernt sie durch dies Mittel zu gewinnen, nichts im Gegentheil geeigneter ist, sie zurückzustoßen und ihnen die Hoffnung, die Wahrheit zu finden, gänzlich zu nehmen, als wenn man sie einzig durch derartige Raisonnements überzeugen will und ihnen sagt, sie müßten darin die Wahrheit offenbart sehen.
Das ist nicht die Art wie die heilige Schrift, welche die göttlichen Dinge besser kennt als wir, davon spricht. Und was ist denn das Coeli enarrant gloriam Dei? Sie sagt uns wohl, daß die Schönheit der Creaturen denjenigen erkennen lasse, der ihr Schöpfer ist; aber sie sagt uns nicht, daß sie diese Wirkung in der ganzen Welt hervorbringen. Sie belehrt uns im Gegentheil, daß, wenn sie es thun, es nicht durch die Dinge an und für sich geschieht, sondern durch das Licht, welches Gott gleichzeitig in den Geist derjenigen einströmen läßt, denen er sich durch dies Mittel offenbaren will: » Quod notum est Dei, manifestum est in illis; Deus enim illis manifestavit«. (Röm. 1, 19.) Sie sagt uns im allgemeinen, Gott sei ein verborgener Gott: » Vere tu es Deus absconditus«. (Jes. 45, 15); und seit der Verderbnis der Natur habe er die Menschen in einer Verblendung gelassen, aus der sie nur durch Jesum Christum befreit werden können, denn außer durch ihn ist uns jede Verbindung mit Gott genommen. » Nemo novit Patrem nisi filius, et cui voluerit filius revelare.« (Matth. 11, 27.)
Eben das thut uns die Schrift auch noch kund, wenn sie an so vielen Stellen sagt, daß die, welche Gott suchen, ihn finden; denn so spricht man nicht von einem klaren und hellen Lichte: man sucht es durchaus nicht; es offenbart sich und macht sich von selbst sichtbar.
Die metaphysischen Beweise von Gott sind den menschlichen Gedanken so fremd und so verwickelt, daß sie wenig Eindruck machen; und wenn sie auch einzelnen nützlich sein würden, so wäre das doch nur für den Augenblick, wo sie jene Beweisführung vor sich sehen; aber eine Stunde nachher fürchten sie sich getäuscht zu haben, » Quod curiositate cognoverint, superbiâ amiserunt«.
Überdies können derartige Beweise uns nur zu einer speculativen Erkenntnis von Gott bringen; und ihn nur auf diese Weise erkennen, heißt ihn gar nicht kennen.
Die Gottheit der Christen ist nicht etwa ein Gott, der weiter nichts ist, als der Schöpfer geometrischer Wahrheiten und der Ordnung der Elemente; das ist der Theil der Heiden. Sie besteht auch nicht nur in einem Gotte, welcher seine Vorsehung über Leben und Güter der Menschen erstreckt, um denen, die ihn anbeten eine glückliche Reihenfolge von Jahren zu verleihen; das ist der Antheil der Juden. Aber der Gott Abrahams und Jacobs, der Gott der Christen ist ein Gott der Liebe und des Trostes: es ist ein Gott, der Herz und Seele dessen erfüllt, den er besitzt: es ist ein Gott, der sie tief innen ihr Elend und seine unendliche Barmherzigkeit empfinden läßt; der sich mit ihnen vereinigt im Grund ihrer Seele und sie erfüllt Demuth, Freude, Vertrauen, Liebe; der sie eines anderen Zieles, als sich selbst, unfähig macht.
Der Gott der Christen ist ein Gott, der die Seele fühlen läßt: er sei ihr einziges Gut; all' ihr Friede sei in ihm, sie habe keine andere Freude, als ihn zu lieben; und der sie zugleich die Hindernisse verabscheuen läßt, welche sie zurückhalten und ihr wehren, ihn von allen Kräften zu lieben. Die Selbstliebe und die Begierde, welche sie aufhalten, sind ihr unerträglich. Dieser Gott läßt sie fühlen, daß diese Selbstliebe tief in ihr begründet sei, und daß er allein sie davon heilen könne.
Das heißt Gott als Christ erkennen. Aber um ihn so zu erkennen, muß man zugleich erkennen sein eignes Elend, seine Unwürdigkeit, das Bedürfnis eines Mittlers um sich Gott nähern zu können und um sich mit ihm zu vereinigen. Man darf diese Erkenntnisse durchaus nicht von einander trennen; denn wenn sie getrennt werden, so sind sie nicht nur unnütz, sondern sogar schädlich. Die Erkenntnis Gottes ohne die unseres Elends, erzeugt Stolz. Die Erkenntnis unseres Elends, ohne die Jesu Christi, erzeugt Verzweiflung. Aber die Erkenntnis Jesu Christi befreit uns sowohl vom Stolz, wie von Verzweiflung, weil wir in ihm finden Gott, unser Elend, und den einzigen Weg es zu heilen.
Wir können Gott erkennen ohne unser Elend zu erkennen; oder unser Elend ohne Gott zu erkennen; oder auch Gott und unser Elend, ohne das Mittel zu erkennen, uns von dem vielfältigen Elend, welches uns erdrückt, zu befreien. Aber wir können Jesum Christum nicht erkennen, ohne nicht alles zugleich zu erkennen: Gott, unser Elend, und Heilung unseres Elends; denn Jesus Christus ist nicht einfach Gott, sondern er ist ein Gott und Heiland unseres Elends.
So finden alle diejenigen, welche Gott ohne Jesum Christum suchen, kein Licht, das sie befriedigen oder ihnen wahrhaft nützlich sein könne. Denn entweder kommen sie gar nicht so weit zu erkennen, daß ein Gott ist, oder wenn sie so weit kommen, ist es ihnen unnütz, weil sie sich ein Mittel schaffen, ohne Mittler mit diesem Gott zu verkehren, den sie ohne Mittler erkannt haben. So verfallen sie entweder dem Atheismus oder dem Deismus, zwei Dinge, welche die christliche Religion fast gleich sehr verabscheut.
Wir müssen also einzig Jesum Christum zu erkennen streben, weil wir nur durch ihn eine solche Gotteserkenntnis zu erlangen hoffen können, die uns von Nutzen ist.
Er ist der wahre Gott der Menschen, das heißt, der Elenden und Sünder. Er ist der Mittelpunkt von allem und das Ziel von allem: und wer ihn nicht erkennt, kennt nichts in der Weltordnung, noch in sich selbst. Denn wir erkennen nicht nur Gott allein durch Jesum Christum, sondern wir erkennen auch uns selbst allein durch Jesum Christum.
Ohne Jesum Christum ist der Mensch unvermeidlich in Sünde und Elend; mit Jesu Christo ist der Mensch frei von Sünde und Elend. In ihm ist all' unser Glück, unsere Tugend, unser Leben, unser Licht, unsre Hoffnung; außer ihm ist nur Sünde, Elend, Finsternis, Verzweiflung, und wir erblicken nichts als Dunkelheit und Verwirrung in der Natur Gottes und in unserer eigenen Natur.