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Die Zeit der Schäfferinnen.

Galantes Frauenzimmer.

Mag es doch die Welt verdrießen,
daß mich manche Lippen küssen;
es beliebt so meyner Brust.
Ich bekenne meyne Triebe:
Die Veränd'rung in der Liebe
machet mir die größte Lust.

Eynsam wünsch' ich nicht zu wohnen,
drum bin ich Euch Mannspersonen
freylich zwar ein bischen gut.
Doch ich laß mich durch Manieren
eures Umgangs nicht verführen,
wenn Ihr noch so freundlich thut.

Amor quält mich nicht zu Tode,
solche Treu' ist nicht mehr Mode,
wie man in Romanen liest.
Alles währt nur eine Weile,
meyne Gunst wird dem zu Teile,
der mich liebt und bald vergißt.

Wer sich zwingt, der ist erschossen,
Seufzer, Peyn und andre Possen
dürfen nicht zu mir ins Haus.
Und die Hasen, die mir schreiben,
bis im Tod getreu zu bleiben,
lach' ich recht ins Fäustgen aus.

Zum Vergnügen muß man lieben,
ohne sich viel zu betrüben;
wer das thut, der ist meyn Schatz.
Denn ich pflege frey zu schertzen,
und in meinem muntern Hertzen
haben tausend Freier Platz.

Hochmut sitzt mir nicht im Leibe,
mir gefällt zum Zeitvertreybe
Graf, Baron und Edelmann.
Auch den Bürger kann ich leiden,
wenn er höflich und bescheyden
reden und auch schweigen kann.

Bald bin ich dem Theologen,
der mich geystlich küßt, gewogen,
bald gefällt mir der Jurist.
Bald gelingt's dem Mediziner.
Also auch der Kaufmannsdiener
reyzt mich, wenn er artig ist.

Merkt Euch dies, Ihr Junggesellen:
Wißt, ich kann mich auch verstellen,
traut mir also nicht zu viel.
Kehrt Euch ja nicht an mein Schertzen,
denn der Ernst in meinem Hertzen
denket oft das Widerspiel.

Drum bequemt euch in der Güte,
denn mein flüchtiges Gemüte
Bleibt dem Wechsel zugethan.
schicket Euch in meine Weise,
Oder hört: Glück auf die Reise!
Bey der ersten Trennung an.

Aus »Gantz neu verfertigte Lust-Rose«
(wahrscheinlich um 1750).


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