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Ein Kapitel ohne Abenteuer. Wer es überschlagen will, kann es thun.

In solchen Stimmungen, wie die Walthers jetzt war, giebt es im Weltall nur zwei Gegenstände: nichts und ... ich?

Walthers Augen schweiften in die Runde. »Buttermarkt« las er auf dem Schilde, und, wo man Strümpfe kaufen kann oder Wagen mieten, wo ein Zimmermann wohnte ...

Lieber Gott, wozu das alles? Er hatte Femkes Hand geküßt!

Schade, daß die Welt nicht in dieser Sommernacht unterging. Walther hätte, wenn er von dieser Sache überhaupt Notiz genommen hätte, höchstens gefragt: ob sie Schaden genommen hätte!

Nun, wenn der Leser einigermaßen auf der Höhe ist, so weiß er, daß die Welt damals nicht unterging.

Walther verzieh der Sonne, daß sie aufging, dem Buttermarkt, daß er so hieß, und was sonst war. Aber es kostete ihm doch Mühe, überzeugt zu bleiben, daß das alles kein Traum war.

Ein neues Gefühl durchströmte ihn. Seine ehrgeizigen Pläne gröberer Art, wie er jetzt meinte, traten zurück vor dem einen Vorhaben, sie zu lieben, sie zur Liebe zu zwingen. Die Weltteile, die von ihm ihr Glück erwarteten – mochten sie warten! Er dachte an Femke, an ihre weiche Hand...

Nie hatte sich die Hand so angefühlt. Sie war ihm fester, rauher vorgekommen – nun, da hatte er sich eben früher geirrt. Auch in ihrer Stimme hatte er sich geirrt – und die Haltung! Der ganze Klaas Verlaan, ein Kerl wie ein Baum, und sein Kumpan waren ganz verblüfft!

Was sollte aber der Schwatz von M'neer Kopperlith? und – und – aber sie hatte ihn Bruder genannt, das stand fest wie ein Fels!

So vor sich hin brütend schlich er, sehr müde, durch die leeren Straßen der Stadt.

Er kam auf den »Damm«. Dort stand schon eine lange Reihe Wagen und warteten. Die Kutscher saßen auf dem Bock und warteten auf die hohen Gäste, die die holländische Sonne hatten aufgehen sehen wollen. Ja, die Sonne war schon da, aber noch fehlten Prinzen und Prinzessinnen. Ein paar Arbeiter sahen zu.

Walther war müde. Gestern noch hätte er gern etwas drum gethan, einen lebendigen König zu sehen und zu vergleichen, ob er Macbeth oder Arthur oder Lear glich – heute machte er sich gar nichts draus.

Gerade wollte er weitergehen, als die Kutscher sich in Positur setzten. Ein Schusterjunge meinte: nun würden sie wohl bald kommen. Sie kamen in der That und fuhren so schnell davon, daß man sie kaum zu sehen bekam. Nur eine alte Dame tippte dem Kutscher nochmals auf die Schulter.

»Sie hat was vergessen,« sagte der Schusterjunge.

Drei, vier Kavaliere stürmten ins Schloß zurück und holten den Fächer. Währenddessen wunderte sich der Schusterjunge, »was sie für Pickel im Gesicht hatte!« Walthers Figuren hatten so etwas auch nicht gehabt. Wie anders war das mit Femke!

Kurz nachdem die Pfalzgräfin abgefahren war, erschien ein junger Mensch. Er trug eigenes Haar, ziemlich lang, keine Perücke. Seine Kleidung war eine etwas phantastische Variante der damaligen Kadettentracht. Blaue Jacke mit roten Aufschlägen, aber ohne Gold. Im Gegensatz zu den blitzenden Uniformen der anderen fiel es auf.

Er trug auch keinen Orden, mußte also wohl etwas ganz Besonderes sein. Auf dem Kopfe trug er eine sogenannte schottische Mütze, wie sie die Leichtmatrosen tragen. Zwei Jockeys führten ihm ein schönes Pferd vor.

Das veranlaßte einen Schauermann, dessen Lebensberuf im Aus- und Einladen von Schiffslasten besteht, und einen alten Kavalleristen, der jetzt alte kranke Herren im Wagen spazieren führte, zu kritischen Glossen, ob es sich für einen Seemann wohl schicke, zu reiten. Da sie aber seemännische und kavalleristische Fachausdrücke gebrauchten, verstanden sie sich nicht.

Das Pferd war etwas widerspenstig, aber Prinz Erich wurde seiner Herr. Plötzlich befand sich ein Handwagen vor dem Gaule, ein Ding, das die doppelte Funktion einer Fahrgelegenheit und eines Sauregurkenmagazins erfüllte. Eben griff der junge Reiter in die Zügel, aber es war zu spät. Er ließ dem Tier den Willen, und mit einem Satze sprang es über das Gefährt hin.

Das war etwas anderes als die alte picklige Pfalzgräfin. So würde es Walther auch mal machen, wenn er so ein Pferdchen haben würde, und er würde es haben, wenn er mit Femke so einig bliebe ...

Vorläufig schlenderte er zu Fuß weiter und kam ganz von selbst in die Nähe von Femkes Häuschen.

Er setzte sich auf die Wiese, wo sie zu bleichen pflegte, ins Gras und träumte. Von Müdigkeit übermannt, fiel er allmählich in Schlaf, der aber weniger erquickend als unruhig war.

Er träumte von allerlei Dingen. Die Hauptsache war aber ein junges Mädchen auf einer Erhöhung, die mit schweren Männern Fangeball spielte, als ob's gar nichts wäre. Laßt sie mich mal gut ansehen ... sie macht sich nichts aus 'm Thaler ... wenn's auch 'n Traum ist. Plötzlich war es die kleine Sietske von Holsmas!


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