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Am nächsten Tage schien die Sonne so hell wie je zuvor. Wilde Gerüchte durchsprengten das Dorf. Der Gott war in der letzten Nacht von seinem Standplatz in der Hütte, den er nun schon seit langem nicht mehr verlassen hatte, gen Himmel aufgefahren. Er hatte ungeheuerlich gesprochen, hatte zu Herzen gehend geböht und getutet und war in die sternenhelle Nacht hinaus verschwunden. Vor den Augen der großen Jäger war es geschehen. Als er wiederkam, hatte er mit den Weißen gerungen und sie mit Unterstützung Luluacs furchtbar besiegt. Er hatte die »helle Haut« mit unauslöschlicher Verachtung und Überlegenheit ins Feuer geworfen. Zana hatte getanzt wie noch nie. Es waren Zeichen, und große Dinge mochten bevorstehen. Es war ein guter Tag für eine indianische Seele. Aber für die Nerven war es ein unerklärlicher Tag, denn alles kam sich unerklärlich vor. Es war einer jener Tage, an dem Frauen mit ihren Männern zetern und die beiden Geschlechter ihre Rollen getauscht zu haben scheinen, weil sie mißvergnügt über die Abwesenheit ihrer natürlichsten Sehnsucht sind. Ein kalkweißes dürres Sonnenlicht füllte den Raum, ohne von den Dingen Schatten zu werfen. Das Geschwätz war obenauf. Überall aus den Hütten ertönten aufgeregte Stimmen, die Männer waren träumerisch und faul und die Weiber führten das große Wort. »Nein«, sagte ich zu van den Dusen, indem ich ihn mit einem neugierigen Blicke ansehen mußte, »seh' ein anderer, wie er aus diesem Dilemma herauskommt, ob er sich für Glauben oder Zweifel, für Mystik oder Pferdeverstand entscheidet. Ich habe von dieser Nacht genug.« Da warf er mir einen rätselhaften Blick zu und ich begann zu zittern und wußte nicht, warum. Es kam durch die Schwäche in meinen Gliedern, die von Schmerzen zermürbt waren. Und dann dachte ich gründlich und sonnig über manches, über soviel, ja soviel Sachen nach.
Meine Nerven blieben sachlich und ohne Verschwommenheit. Es war ein durchaus vernünftiger Tag; und ein allgemeines Naturgefühl erlebt fremde Zonen ungefähr mit dem Eindrucksvermögen des Eingeborenen. Ich habe die Dämonen der Exotik nie kennen gelernt. Als ich diesen Morgen erwachte, empfand ich Haß, nichts als wilden Haß gegen die gleißenden Schauer, die von oben kamen, gegen das ungemünzte lautere Triefgold, gegen die Trivialität dieser steten steifen Blondigkeit des Raumes. Es war heiß, sehr heiß; aber die poetischen Schwülen und Feurigkeiten dieses Daseins, die uns die Dichter vorgeredet haben, suchte ich vergebens. Stimmung, dies ist keine Stimmung in gebundener Form, ein fertiger Sinn von ein paar netten anschaulichen Sätzen. Stimmung ist vielmehr eine Unsumme Kleinigkeiten, mit denen man je nach Anlage vertraut ist. Väterliches klopft mir im Reisen auf die Schulter und fremde Länder sind mir oft allzu verwandt. Ich entdecke mit Entsetzen, daß die Welt draußen so ist, wie ich bin, aber nicht sein möchte; eine milde Ähnlichkeit mir entgegenbringt, die mich überrascht; während die Heimat strenge zu mir ist und stets anders als ich. Ich ziehe aus, um den Helden zu finden; die vollständige Neuheit und Andersartigkeit auf dem Gebiet des Menschlichen; aber ich entdecke stets wieder den einen und denselben, und nun muß ich schon annehmen, daß hier auch alle Heldenhaftigkeit beschlossen liegt. Die Kreatur in mir, die so allmächtig und stark ist, kehrt in alte Jagdgründe zurück. Broadways, Boulevards und Ringstraßen sind exotisch, seltsam und mystisch bewegt. Aber der Äquator ist eine schnurgerade gemütliche Empfindungspassage. In den Rippen der Kordilleren hat man ungefähr die Hemmungen, Sorgen und Symptome von Laune wie in der Gloria der grandiosen Porphyrleiche der Dolomiten. Und der wirkliche Weltmann empfindet die Anwesenheit der Pittoreske wenig, ob sein Zug von einer Schar verhungerter Tramps mitten in der texanischen Prärie zum Stillstand gebracht wird, im Whitechapel zünftige Taschenzieher ihn nach allen Regeln der Kunst in einem Erdgeschoß an den Kamin knebeln, oder halbwüchsige Pülcher in einer Vorstadt Wiens mit dem Feitel bedrohen. Whats the difference? würde Slim gesagt haben, und das war die erlösende Haltung.
Traun, ich war ausgebrochen, um das subjektive Land, die subjektive Stimmung und den subjektiven Menschen zu sehen, wobei es sich natürlich immer um mein eigenes hübsches Subjekt handelte. Aber ich entdeckte nichts, das gerade für mich dagewesen wäre; denn es war alles für mich da, und statt des wunderbaren duftigen Landes entdeckte ich einen allgemeinen und gewöhnlichen alten Planeten, die Erde. Wie ich hier wieder einmal in meiner Hütte lag, unruhig dem tropischen Morgen trotzend, der mit einer schnurrenden Lebensäußerung des geweckten Djungles anhob, unterschied ich deutlich das wirkliche Ergebnis meiner Forschungsreise vom herkömmlichen; ich hatte nicht Brasilien, auch nicht den brasilianischen Kaiser entdeckt, sondern die brasilianische Seele des Planeten. Was war meine ganze Reise bisher mit ihren Abenteuern, denen der gewünschte schöngeistige Zug des Heldenhaften empörend mangelte, anderes gewesen als ein kurzer Abriß gattungshafter Erfahrungen? Wohin anders reisen wir, als nach rückwärts in unser eigenes Gedächtnis? Mit erhellterem Kopfe sah ich mich in die Chancen unmündiger Zustände tauchen, in wilde Ureigentümlichkeiten und Katzbalgereien, in die Moräste meines Blutes und des pflanzenhaften Glücksbetriebes. Und langsam reifte die Genesis wieder zu mir heran, ein Doppelgänger der Entwickelung entstand durch die Spiegelungen meines Gehirns in einem höheren Kreise, einem unsinnlichen Mittel, in einem anderen Phantoplasma. Mein Gehirn machte noch einmal den ganzen Weltprozeß durch, veranstaltete eine brennpunktkleine Neuausgabe von ihm. Aber während es die Entwickelung spiegelte, reifte es sie aus. Man muß nicht nur des Kurzen dorther kommen, woher man eigentlich des Langen kommt, sondern muß auch darum wissen, darum irren, ja, vielleicht sogar darum lügen. Was ich tat, war zweierlei in einem, soviel war klar. Ich tat eine Reise mit sinnlichen Erlebnissen, halb banaler und halb bedeutsamer Art; und tat eine Reise der abstrakten Erkenntnis, unter der jeder geographische Boden schwand und ein Fleck des Planeten so gut war wie der andere. Und ohne daß ich selbst geschult und tatkräftig die Fäden in der Hand hielt, bloß, indem ich mich mir und dem Leben hingab, schlug sich das Leitmotiv in der Verquickung der Wirklichkeiten endlich nachdrucksvoll durch. Von der Zelle bis zur Selbstbespiegelung: dies ist ein langer Weg, ist der Amazonenstrom der Menschenseele, ist ein brasilianisches Urwald- und Flußsystem des Gemütes!
Beobachtung, bitte, das ist mein Haupttrumpf, ist Postulat. Der Schöpferische sieht, hört, schmeckt, riecht und tastet in die Weltdinge hinein, und siehe da, sie werden unter seinen Sinnen wirklich. Man könnte diese Formel auch umkehren, sozusagen eine zyklische Vertauschung vornehmen, und an ihrem Werte wäre nichts geändert. Man könnte nämlich sagen, alles Erkennbare sei bereits als Masse vorhanden, und die Analyse sei nur die rüstige Pickel, die den Abbau betreibt. In dieser Form gibt es der selbstverständlichen Ansicht Ausdruck. Aber hier setzt ein anderer Gedanke ein. Von zwei Auslegungen wird die reichere und unbestimmtere die bessere sein. Und die reichere war offenbar jene, nach der mein Drang sich neigte. In jenem höheren Kreise der Vernunft, wo die stoffliche Welt ein vertauschbarer Schein war und nur ihre Wirkung als Gedanke zählte, waren beide Auslegungen überholt und das alte Symbol vom Wasserrad fand seine Anwendung. Innerhalb des einmal bevorzugten Phantoplasmas konnte man sich an die Norm oder an das Paradox halten. Das Paradox war richtiger, so oft es sich als fruchtbarer erwies. Wahrheit war Fortbildungsfähigkeit, Stillstand allein war Lüge. In meinem Falle war, wie schon so oft, das Paradox auf meiner Seite, es war von Leuchtkraft für ein ganzes Jahrhundert, und, war es auch vorläufig wie alle Ergebnisse des Denkens, so ging doch eine mächtige Freude von ihm aus für alle, die guten Willens waren. Es erfordert Kraft, einen Widerspruch auszudenken, ohne ihn zu löschen oder zu reimen. Ich war nicht in jeder Stunde trefflich, meine eigenen geistigen Höchstleistungen nachzuahmen. Es gehörte der Gewaltakt dazu, und er war oft unratsam, wenn die Kräfte nur zur Norm reichten. Was aber bewies dies? Daß zum hochnormierten Denken nicht bloß die Unrichtigkeit genügte, sondern daß auf die Beziehungen, die im Phantoplasma gegeben waren, Rücksicht genommen werden mußte: sie mußten überwunden, nicht umgangen werden.
Aufgepaßt! sagte ich mir, und mein Gesicht war vom Schmerz des Nachdenkens qualvoll wie bei einem Weinenden zusammengezogen, gleichsam auf sein Mindestmaß reduziert. Aufgepaßt, Beobachtung ist Postulat. Forschung ist Konstruktion. Ich trete den Beweis an. Wir haben an der Hand einer emsig betriebenen Beobachtung mit einer Anzahl von Weltbildern und Weltgefühlen abgewirtschaftet, die früher bombenfest Gemeingut waren. Sie gestalteten das Leben weder sicherer noch unsicherer als heute. Was man nicht wußte, machte nicht heiß. Was aber heiß machte, wußte man um so inniger. Gott war so viel wert wie ein Universitätsprofessor. Kulturen ohne Psychologie des Ichs und seiner Objekte verankerten das Menschenkind in seiner Wohlfahrt nicht schlechter als die unbeschränkteste Aufklärung. Dies beweist, daß durch unsere Analyse, unsere Skepsis und unsere Aufklärung nicht Dinge entdeckt wurden, die früher übersehen waren, sondern daß die Beobachtung selbst Ungeheuerliches hervorbrachte. Der Gedanke des Fortschrittes als des Abbaues einer goldhaltigen Mine ist das Geschöpf einer fortschreitenden Kultur, einer Seele mit einer Bewegung und einer Dimension mehr. Aber die Dimension ist erst durch die Seele da, der Fortschritt erst durch die Kultur; sie schreitet fort, aber sie ist nicht selbst ein Fortschritt zu anderen Kulturen. Daß Moki durch die Lüfte fliegt, ist nicht mehr und nicht weniger sicher, wie daß unsere Aviatiker sich die Knochen brechen. Aber wir beobachten diesen letzten Umstand mit Hilfe von Zeitungsreportern, und darum ist er wirklich. Nun aber kann man, und dies ist höchst mystisch und schwindelerregend, Beobachtungen mitteilen, man kann eine ganze Versammlung, ein ganzes Publikum beobachterisch infizieren, wie übrigens beobachtet wurde. Und so könnte man wohl auch einem Indianer einreden, daß soeben ein berühmter Aviatiker auf den Kopf gefallen sei. Und er würde sich diesem religiösen und kulturellen Ereignis wohl kaum entziehen können. Alle beobachten es, und nun beobachtet er es desgleichen. Man könnte vermuten, daß die Beobachtung ein Dichter ist, der sein Buch aus dem eigenen Kopfe abschreibt. Je besser der Beobachter, desto größer das Plagiat seines Ichs. Ich sehe Moräste, Raubtiere und Jägermenschen nur darum, weil alles in mir nach der Gestaltung dieser Erscheinungen drängt. Ich finde dieses Prinzip in mir vor, und es wird mir der Schlüssel zur Außenwelt. Nun beobachte ich den Beobachter, ich falle ihm in den Rücken, ich recke und turne mich an meinem Gesichtswillen empor und betrete Schritt vor Schritt erst dämmernde, dann hartgestampfte Dimensionen... Die gedankliche Abhängigkeit aber, die zwischen mir und der beobachteten Umwelt entsteht, wirkt auf mein Wohlergehen zurück. Zwischen den transzendenten und den epidermalen Vorgängen besteht die wichtigste, nächste, nein, die einzigste Beziehung. Darum sind Gehirn und Eingeweide einander in der Formation ähnlich, und was dazwischen liegt, ist nur die Treibung und Verräumlichung endgültigerer und einziger Lebenswahrheiten. Dieses Zwischending mit den vielen möglichen Dimensionen habe ich das Phantoplasma getauft. Es ist in Paris anders als am Urwaldfluß, heute anders, als es vor Jahrtausenden war. Gehirn und Eingeweide aber sind die gleichen. Das kommende Phantoplasma aber, über dessen Günstigkeit vor anderen jene letzten menschlichen Tiefen allein Rechenschaft ablegen, die noch jüngst einer ästhetischen Lebensgarnitur den Vorzug geben, dieses zu erwartende Lebenssystem ist die Welt des Jäger- und Beobachtermenschen. Ich kreiere seinen Typus. Aber vor meinem Wunsch war die Botschaft schon in mir bereitet. Er wird mit dem Spiegel geboren werden. Und sein Kopf, diese nackte Spiegelfläche, dieses an sich Wesenlose, wirft sein verkleinertes und vergrößertes, sein vergröbertes und verdichtetes Bild auf alles, was ihm begegnet. Wozu reist dieses Geschlecht? Um den Menschen in sich zu erreisen. Man reist nicht in ferne Länder mit seltsamen Klimaten und verblüffenden Erlebnissen: täte man's, man wäre enttäuscht, nichts als Spießbürgerlichem und Ernüchterndem zu begegnen, zu dem man nie die Räusche gehabt hat. Aber der Weltmann, der Vorläufer des neuen Menschen, ist bei seinen Reisen auf andere als impressionistische Ausbeute bedacht. Scheinbar reist er rückwärts in seine Erfahrung, in die Weltgeschichte, in die Biologie und nimmt noch die Urzelle als Maske vors Gesicht. Aber auch dies ist schon ein alter, verjährter Standpunkt. Rund um ein Problem macht er sich Bewegung, und einer Figur zuliebe, die vielleicht erst in hundert Jahren mit beiden Beinen im Leben stehen wird, kreuzt er den Ozean. Er hat mörderische Duelle mit dem Paradox und verwendet Riesenkräfte an die Überwindung der Dimensionen. Denn er weiß, daß die Richtung, in der er denkt, halb ist. Geht das reine Denken nicht im Widerspruch vor sich, an jener höheren Grenze, die über den zureichenden Gründen der Phantoplasmen verläuft? Immer denkt er in die halbe Dimension, in Traum oder Wachleben, und nie in ihre höhere Einheit. Rund ist die Welt, und was ist oben, was unten, was links, rechts und hoch und tief? Längs der Beobachtung läuft er in wunderbare Urgründe zurück – aber, ahnt er, daß er nach vorwärts stürmt? Sein Hirn ist unantastbar spiegelblank. Die Vergangenheit? Verzeihung! Die Zukunft! Die Vergangenheit ist ein Buch mit sieben Siegeln. Das Gedächtnis zeigt in die Zukunft. So ahnt er die Zusammenhänge, die innerhalb des Phantoplasmas zu liegen scheinen, als eine Abschichtung von Instanzen, deren niedrigste das Phantoplasma selber ist. In ihr macht er sich eine Vergangenheit, daß sie ein Gleichnis seiner Zukunft sei. Birgt er Widersprüche in sich, der Mann, die ihm ein Kind nachrechnen könnte? Ein Kind vielleicht, doch ein Erfahrener, Erfahrteter wohl nicht. Was tut's? Die Hygiene des Denkens gibt ihm Kraft, Lust und Recht. Zum prämiierten Denken gehört der Widerspruch. Ahnt man eine späte ungestückelte Dimension, in der das Physische sich transzendental äußert? Die Zeit ist als vierte Dimension entlarvt. Gibt es keine fünfte, und kann man jene nicht bewegen? Ha, ich probier's! Ich stemme mich mit beiden Schultern gegen die Zeit, ich suche sie aus ihrer Bahn zu drängen, ich fordere mich zum Gewaltakt heraus. Eine Linie, aus sich selbst gedrängt? Eine Fläche, gut! Wenn ich nun denke – ich ahne es schon! – und zu gleicher Zeit dawider denke – hurra, da haben wir's! Denken ist zeitlich. Wenn ich nun denke und zugleich dawider denke, so verschiebe ich die Zeit in einer höheren Anschauungsform, die nicht Zeit ist. Die Zeit wird senkrecht zu sich selbst gebracht. Ich erhalte eine neue Dimension. Der Block Zeit hat sich gerührt, er schweigt zitternd, eine Dämmerung von Ruck, ein Hauch von Erfolg ist es gewesen. Paßt auf, wir kriegen die Zeit noch herum! Können Sie um die Ecke sehen? Wir aber, wir denken um die Ecke. Wir denken in Winkeln, Kanten und Kristallen. Und wir werden es, verlassen Sie sich darauf, dahinbringen, daß wir sozusagen in Dodekaedern denken, wo der Gedanke zu gleicher Zeit einen ganzen Korb von Malen gegen sich verschoben hat! Uff, wie es anstrengt!
Ich richtete mich auf. Vor der Tür lag der von unzähligen Tritten festgewordene Lehmboden im weißen Lichte. Als ich des bewußt wurde, kam mir der übellaunige Drang zu schreien. Ich spürte den Eigensinn bis in die Gliedmaßen, die nervös waren und jede einen anderen Plan zu haben schienen. Dabei stellte sich ein unbehagliches Gefühl der Zerstückelung ein. Ich dachte nach. Was war geschehen? Und glaubte, mich beruhigen zu können. Noch war ich im Vollbesitze meiner geistigen und leiblichen Güter. In der Hütte war alles in bester Ordnung. Es fiel mir ein, daß ich zusammenpacken könnte, denn nach all dem, was gestern vor sich gegangen war, würde Slim mit seinen Absichten nun wohl endlich Ernst machen! Hurra, da gab es dann doch wieder Abwechslung! – Dieser Ausdruck eines Aufschwungs an Laune kam aber gleichsam etwas dünn heraus. Na, aber doch. Also? Tja – nein, es ging nicht. Da kam ich nicht herum. Und weil ich mich mit mir selbst nicht auskannte, traten mir boshafte Tränen in die Augen. Es war zwar nichts Besonderes los, aber meine Glücksfähigkeit war doch erheblich vermindert. Ich fühlte meinen Rücken; es stach noch heftig, in Flächen zuckte der Schmerz das Kreuz hinab. Es war die deutliche Erinnerung daran, daß ich mich vor Zana bloßgestellt hatte. Denn darüber konnte jetzt kein Zweifel mehr bestehen: mit peinigendem Gedächtnis erinnerte ich mich an den Gesichtsausdruck der verschiedenen Personen, die es mit angesehen hatten, und zwar mit einer Schärfe, die meine gestrige Dreistigkeit und Nonchalance in bezug auf meine Umgebung Lügen strafte. Durfte ich zugeben, daß ich um Zana litt? Ich litt. Aber es war nicht Liebeskummer, sondern Geschlechtsgram. Ich wußte mein Geschlecht beeinträchtigt, mein Selbsterhaltungstrieb in den Lenden war herausgefordert, und man bestritt mir meine Männlichkeit. Die Verneinung als Geschlechtswesen wird wie leibliche Tyrannei empfunden. Ich wollte toben, das Stroh herunterreißen, mit Checho anbinden. Ich war hysterisch.