Oskar Meding
Zwei Kaiserkronen
Oskar Meding

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Sechzehntes Kapitel

Ruhig und gleichmäßig war das Leben fortgeschritten in dem alten Schlosse des Herrn von Grabenow am Strande der Ostsee. Der nachbarliche Verkehr hatte die in sich abgeschlossene Gesellschaft oft zusammengeführt, doch unter dem scheinbar bewegten geselligen Leben hatte die Einförmigkeit sich fühlbar gemacht, welche bei der fortgesetzten Beziehung unter stets gleichen Personen immer eintritt und von den Mitgliedern solcher Kreise selbst am wenigsten gefühlt wird, da eben diese Einförmigkeit eine gewisse geistige Behaglichkeit und Bequemlichkeit mit sich führt und dadurch endlich zu einer lieben Gewohnheit wird, welche den Eintritt jedes fremden und neuen Elementes fast wie eine Störung empfindet.

So war es auch hier. Der geschlossene Gesellschaftskreis der nachbarlichen Gutsbesitzer an der Ostsee hatte sich so vollständig ineinander eingelebt, daß jeder Fremde, der dort einmal hinkam, trotz der zuvorkommendsten und freundlich gastfreiesten Aufnahme erst Zeit brauchte, um für dies eigentümliche Leben Verständnis zu gewinnen, welches sich zwar in den besten Formen der allgemeinen vornehmen Welt bewegte, – aber doch in seinem inneren Wesen so tief von dem hastigen Treiben in jener Welt draußen auf den großen Sammelplätzen des menschlichen Verkehrs verschieden war.

Die älteren Herren führten fast jedesmal dieselben Gespräche, – jeder kannte die Ansichten des anderen und diese wurden mit denselben Argumenten gegen einander verteidigt – man stritt sich über dieselben Punkte oft zum hundertsten Male mit demselben Eifer und denselben Beweisführungen von der einen und der andern Seite, um ebenso zum hundertsten Male zu demselben Resultate zu kommen, – daß nämlich jeder bei seiner Meinung blieb. Jeder wäre auch vollständig aus der Fassung geraten, wenn der andere plötzlich auf den Gedanken gekommen wäre, sich überzeugen zu lassen, denn damit wäre der altgewohnte Gesprächsstoff vernichtet worden und die Geister hätten neue Bewegungen machen müssen, was ihnen ebenso unbequem gewesen wäre, als in einem neuen und ungewohnten Wagen zu fahren oder ein ungeschultes Pferd zu reiten.

Der junge Herr von Grabenow war allmählich mehr und mehr von dem eigentümlichen, sanft beruhigenden Zauber dieser Umgebung umfangen worden, aus dieser so abgeschlossenen, in sich so klaren, geordneten Welt mutete ihn ein wohltuender, selbstbeschränkter Frieden an, – alle Erinnerungen an seine stille Kindheit voll von Träumen und Hoffnungen stiegen wieder in ihm auf, und fast kam es ihm zuweilen vor, als ob diese Welt, in der er jetzt wieder lebte, allein die Wirklichkeit sei, – und als ob jene Zeit voll glühender Farbenpracht, voll zitternder Bewegung, voll immer neuen Reizes und voll berauschenden Liebesglücks nur ein Traum sei, der ihn mit seinen Bildern umgaukelt habe, und aus dem er nun wieder erwacht sei in der Umgebung der alten Dinge und der alten Personen. Oft, wenn er einsam in seinem Zimmer saß, oder auf dem weißen Dünensande lag, hinausschauend über die unendlichen Reihen der weißgekräuselten Wellen, welche langsam aus den weiten Fernen heranrauschten zum muschelreichen Strand – dann stützte er den Kopf in die Hände und durchträumte jenen Traum noch einmal, jenen Traum voll frisch blühenden Lebens und Liebesglücks bis zu seinem Ende, – bis zu der bangen, dunkeln Frage, mit welcher jenes reiche, schimmernde Leben, jenes süße Glück so plötzlich in schneidendem Mißton abgeschlossen hatte, – und fast zürnte er der Erinnerung, welche immer wieder aus den Tiefen seines Herzens emportauchte und die Tage seiner Kindheit von der Gegenwart trennte. Er nahm freundlich, höflich und ohne Zwang an dem geselligen Leben seiner Familie und ihrer Nachbarn Teil, – aber er war in dem allen ein fremdes Element geworden, und wie verwundert blickte er oft um sich, als begriffe er nicht, warum er jetzt hier – oder warum er früher anderswo gewesen sei.

Der einzige Punkt, in welchem das Traumleben seiner Erinnerung mit der ihn umgebenden Wirklichkeit zusammenfiel, war der Verkehr mit seiner Cousine Marie von Berkow. Die Beziehungen zwischen beiden waren immer inniger geworden, – das junge Mädchen hatte ihrem Vetter gegenüber immer mehr und mehr das übermütig neckische und herausfordernde Wesen abgelegt, welches ihr vordem, als verzogenes Schoßkind der sie umgebenden Gesellschaft, namentlich allen Herren gegenüber eigen gewesen war, und mit zartem Verständnis kam sie seinem Bedürfnis der Mitteilung über sein inneres Leben entgegen, – sie lauschte mit teilnehmender Aufmerksamkeit seinen Erzählungen, – den Schilderungen seiner Liebe, – den Ausbrüchen seines Schmerzes. Er aber wendete sich ihr immer mehr in unbeschränktem Vertrauen zu, und es war ihm ein beglückend wohltätiges Gefühl, wenn sie mit sanften Worten ihn tröstete, – wenn sie mit vorsichtig leiser Hand die Wunden berührte, die in seinem Innern bluteten, – wenn sie allmählich ablenkend von seinen dunkeln Erinnerungen, aus ihrem reichen inneren Leben, das so lange in sich selbst zurückgezogen gewesen, Gefühle und Gedanken entwickelte, die ihn sympathisch berührten.

Auch seiner Cousine gegenüber verschlang sich sein Traum auf wunderbare Weise mit der Wirklichkeit. Oft, wenn er mit ihr auf den einfachen Bänken von Birkenholz am Strande des Meeres saß und ihr von seiner Liebe und von seiner verlorenen Geliebten sprach, blickte er plötzlich empor in ihr vom Hauch des Meeres zart gerötetes Gesicht, in ihre großen Augen, die mit so sanftem Ausdruck tiefer Teilnahme auf ihm ruhten und in die Tiefen seines Herzens ihre Blicke hinabzusenken schienen. Dann verschwamm das Bild, welches die Träume seiner Erinnerung erfüllte, mit den Zügen des lebendigen Gesichts, das ihm so lieblich entgegenlächelte, mit den Augen, die ihn so verständnisvoll ansahen, – wenn er an Julia dachte, so erschien sie ihm in der Gestalt und mit den Zügen seiner Cousine, – er mußte die Augen schließen, um sich das teure Bild seiner Erinnerung wieder klar herzustellen, – aber nicht immer gelang es ihm, die beiden Erscheinungen zu trennen, – oft trug die Wirklichkeit über den Traum den Sieg davon. Und auch seine Gefühle mischten sich in seltsamer Weise durcheinander. Sein ganzes Herz rankte sich mit allen Fasern liebevoller Sehnsucht um das Bild seiner verlorenen Julia, er dachte an sie mit aller glühenden Zärtlichkeit der vergangenen Tage, – aber wenn er diese Gefühle seines Herzens über seine Lippen strömen ließ, – wenn Marie seinen Worten lauschend ihm die Hand reichte, – dann wußte er kaum mehr, ob der warme Ausdruck seiner Liebe dem aus der Vergangenheit auftauchenden Erinnerungsbilde oder der lebendig vor ihm stehenden Freundin galt.

Das alles wogte unklar in ihm durcheinander, – er lebte ein wunderbares Doppelleben, ohne sich selbst dessen bewußt zu werden, was ihn hin und her bewegte – über eines nur war er sich vollkommen klar, das war seine tiefe Dankbarkeit und sein unbegrenztes Vertrauen zu seiner Cousine, welche die Gespielin seiner frühen Jugend gewesen, und welche ihm jetzt die treueste Freundin, die Vertraute des süßesten Geheimnisses seines Herzens geworden war.

So lebten die jungen Leute inmitten der sie umgebenden Gesellschaft ein für sich abgeschlossenes Leben, – sie verstanden sich – sie brachten alles in Beziehung zu dem Geheimnis, das sie miteinander teilten. Ihre Umgebung ließ sie gewähren. Die ganze Gesellschaft, in der sie sich bewegten, betrachtete sie als Verlobte, – man wußte, – wie man in jenem sich stets in sich selbst bewegenden Kreise alles wußte, daß sie durch den Willen der Eltern für einander bestimmt waren, – ihr Verhältnis zueinander war das zweier Liebenden, die alles um sich her vergaßen, – sie suchten sich auf, – sie bleiben fast unzertrennlich beieinander, und wo es tunlich war, sonderten sie sich von der Gesellschaft ab – es war also alles in Ordnung und niemand kümmerte sich weiter darum – die Damen rechneten Herrn von Grabenow zu den bereits untergebrachten Männern und die jungen Herren erwiesen Fräulein von Berkow ihre Huldigungen nur mit der Zurückhaltung, welche man einer erklärten Braut gegenüber beobachtet.

Der alte Herr von Grabenow schüttelte zwar den Kopf und sprach öfter seine Unzufriedenheit gegen seine Frau aus, daß das alles kein Ende nehmen wolle, und daß die Sache sich in so formlos unentschiedener Weise hinzögere, – aber seine Frau bat ihn, die jungen Leute, die sich ja so vortrefflich verständigten, und die sich doch erst kennen lernten müßten, sich selbst zu überlassen, – und da alles den Weg ging, den er wünschte, und da auch die Eltern der jungen Dame gegen die langsame Entwicklung der Sache nichts einzuwenden hatten, – so ließ er die jungen Leute ruhig gewähren und wunderte sich nur im Stillen, wie doch alles in der Welt so anders geworden wäre, als es früher in der Zeit seiner Jugend gewesen.

An einem schönen Nachmittage im Spätsommer hatte die Nachbarschaft von Kallehnen eine jener ungezwungenen Landpartien verabredet, welche eine wesentliche Ressource für die Geselligkeit jener Kreise in der Sommersaison bilden. Man hatte sich ein Rendezvous auf einem hochgelegenen Punkte des Dünenufers gegeben, der fast unmittelbar über dem schmalen Meeresstrande sich erhob und eine reizende Aussicht über die See hin gewählte. Eine runde Rasenfläche auf der Höhe des Hügels war umgeben von hohem Laubholz, das bis auf die Düne hin von einer tiefen Waldung herauslief, welche sich weit in das Land hinein erstreckte.

Die leichten, meist vierspännigen Wagen standen am Fuße des Hügels, die Pferde waren abgeschirrt und wurden im Schatten gefüttert, – oben aber war die Gesellschaft um ein großes auf den Rasen gebreitetes Tischtuch gelagert und ernstlich damit beschäftigt, die Mahlzeit zu sich zu nehmen, welche man in jenen Gegenden mit dem Namen Vesperbrot bezeichnet, und welche in den bürgerlichen Familien aus goldbraunem Sahnenkaffe mit den so verschiedenartigen und vortrefflichen Gebäcken besteht, an denen das Land so reich ist.

Der Kaffee, in einer großen Maschine von hellglänzendem Metall bereitet, verbreitete auch hier sein Aroma in der von dem Hauch des Meeres und dem kühlen Duft des Waldes erfüllten Luft, große ›Strietzel‹ vom feinsten Weizenmehl, mit Traubenrosinen durchsetzt, wurden von den Herren in feine Streifen zerschnitten und für die Damen mit jener herrlichen Butter von süßer Sahne bestrichen, welche auf den ostpreußischen Gütern täglich frisch für den herrschaftlichen Tisch bereitet wird. Daneben standen in einfachen, flachen, mit weißen Servietten bedeckten Körben jene ganz dünnen, mit Salz und Kümmel bestreuten ›Fladen‹, die kompakteren, in Butter gebackenen Maultaschen und die runden glänzenden Milchbrote. Früchte der Jahreszeit standen in anderen Körben daneben, und im Schatten eines Gebüsches am Rande des Rasenplatzes war in großem, dickbäuchigem irdenem Gefäß für die Herren jenes dort noch mit dem althergebrachten Namen ›Kardinal‹ bezeichnete Getränk aus leichtem Moselwein, Champagner und Ananas bereitet – und die Damen verschmähten es nicht, von dieser eigentlich für die Herren bestimmten Erquickung ihren – freilich bescheidenen Anteil in Anspruch zu nehmen.

Die Sonne begann allmählich zum Meere hinabzusinken, ihre dunkel, gelbrot sich färbenden Strahlen ließen die Gesichter der Damen höher erglühen und ihre Augen heller glänzen, – alles war in Gruppen verteilt und in lauter, munterer Unterhaltung begriffen.

In der Nähe der Bowle hatte sich der ältere Herr von Grabenow mit einigen anderen Herren auf den Rasen niedergelassen, und ihren eifrigen Bemühungen war es gelungen, den Inhalt des großen Gefäßes bis zu ziemlicher Nähe des Bodens herabsinken zu lassen. Die älteren Damen saßen in einiger Entfernung auf dicken Plaids, welche über die Erde gebreitet waren, und unterhielten sich nicht minder lebhaft wie die Herren über alle die Gegenstände des täglichen wirtschaftlichen Lebens, über welche sie schon so oft ihre Ansichten ausgetauscht hatten und welche sie stets wieder von neuem mit der gleichen Gewissenhaftigkeit und Ausführlichkeit behandelten.

Ein Teil der jüngeren Gesellschaft spielte das beliebte Haschespiel, – andere saßen in kleinen Gruppen beieinander in fröhlichen Gesprächen.

Fräulein Marie von Berkow hatte ein wenig seitwärts von den anderen auf einer kleinen Rasenerhöhung Platz genommen, – neben ihr etwas tiefer saß der junge Herr von Grabenow, – er sah mit glücklich lächelndem Ausdruck in das frische Gesicht des jungen Mädchens, das bleicher und ernster, aber darum nur schöner geworden war.

Sie blickte weit zum Meere hinüber, auf dessen Wellen sich der helle Reflex der sinkenden Sonne immer schärfer abzeichnete.

»Siehst du, Vetter«, sagte sie, – »wie schön, – wie heiter alle diese kleinen Wellen da im Sonnenlicht mit weißem Schaum bekränzt hin und her spielen, – die alten und neuen Dichter haben wahrlich nicht mit Unrecht das Meer mit dem Menschenleben verglichen, – wer sollte es glauben, daß diese lieblich tändelnden Wellen sich in kurzer Zeit, wenn der Sturm darüber hinfährt, hoch aufbäumen in furchtbarer, schauerlich wilder Gewalt, emportobend zum nächtlichen Himmel und Verderben drohend allem, was das mächtige Element berührt, – und doch ist es dasselbe Wasser, das dieses leichte Wellenspiel und jene entsetzlichen Wogenstrudel bildet, – doch ist es derselbe Himmel, von welchem die Sonne lächelt und über welchen die zerstörenden Wetterwolken dahinziehen. – Ebenso ist es in uns, – wie weit ist der stille, glückliche Seelenfrieden entfernt von dem in dunkler Verzweiflung ringenden Herzen, – und doch ist es immer dasselbe Herz – und immer derselbe Himmel über ihm! Glücklich, wer in friedlicher Ruhe dahinleben kann, – wem aber der Sturm der Schmerzen die Seele erschüttert,« – sagte sie, ernst zu ihm hinabblickend, – »der soll nicht vergessen, daß der Himmel über ihm ist, – und daß auch der dunkelsten Nacht wieder das Licht eines neuen Tages, – dem heftigsten Sturm wieder die Stille und der Frieden folgt.«

Herr von Grabenow blickte einige Sekunden schweigend auf das Meer hinaus.

»Glücklich, wer in friedlicher Ruhe dahinleben kann,« wiederholte er leise, – »doch nur die seichten Gewässer rührt der Sturm nicht auf, – wo die Tiefe ist, da ist die Gärung – die Unruhe, – da ist das Leiden, – und je tiefer das Menschenherz und seine Gefühle sind, – um so mehr muß es leiden. Am glücklichsten ist der, der auf der Oberfläche lebt.«

Fast vorwurfsvoll sah Marie ihn an.

»Die Tiefe aber birgt die Perlen«, sprach sie sanft, – »und auf dem Grunde jenes Leidens des menschlichen Herzens liegt auch eine Perle, wenn man fest und mutig sich in die Tiefe zu versenken vermag, hebt man sie herauf. – Perlen bedeuten Tränen,« fuhr sie nach einem augenblicklichen Schweigen fort, – »es ist wahr, – aber die Tränen, die aus den Leiden eines edlen Herzens emporstiegen, bilden den edelsten und unvergänglichsten Perlenschmuck für das Leben.«

»Du hast recht,« sagte er wieder lächelnd, indem er ihr innig ins Auge sah, – »ist doch aus den Tiefen meines Leidens eine reine und köstliche Perle aufgestiegen, deren Glanz mein Leben schmückt, – deine Teilnahme, – deine Freundschaft.«

»Kann die Freundschaft dir auch keinen Ersatz bieten,« sagte sie mit leichtem Seufzen, – »so kann sie dich doch trösten, – und auch die kleineren und unscheinbaren Blüten schmücken das Leben.«

Er sah sie schweigend an, – er widersprach ihr nicht, – aber sein Blick sagte deutlicher als Worte, daß die Blüten, mit welchen ihre Freundschaft sein Leben schmückte, nicht klein und unscheinbar wären.

»Da du von Perlen sprichst,« sagte er nach einiger Zeit, – »fällt mir eine schöne und poetische Sage ein, die mir einst als Knabe ein alter Fischer am Strande erzählte, als ich den von der See ausgeworfenen Bernstein bewunderte. – Die Geister der Tiefe, – die bösen Dämonen, welche sich gegen den Himmel auflehnten, sind zur Strafe an die Felsenriffe im Grunde des Meeres geschmiedet, – und wenn der Schmerz und die Verzweiflung sie übermannt, – dann rütteln sie die alten, schweren Ketten, daß hoch die Wogen emporschäumen und das Meer aufrauscht in wildem Kochen, – dann weinen sie die blutigen Tränen der Reue, und diese Tränen tragen die Wellen ans Ufer, – sie sind der dunkle Bernstein, – und wer sie als Schmuck tragt, dem bringen sie Glück und Segen, denn sie haben die brennende Qual der gefesselten Verdammten einen Augenblick gelindert. Dann blicken die Engel des Himmels herab auf die unglücklichen Leidenden in der Tiefe, – die einst ihresgleichen waren, – aus ihren Augen fallen die Tränen des Mitleids herab in das Meer und werden zu Perlen.«

»Dein alter Fischer«, sagte Marie, »hat dir da den Stoff zu einem hübschen Gedicht gegeben, – ich werde mir einen Schmuck aus Bernstein und Perlen machen lassen, – er soll mich daran erinnern, daß wir nach dem Beispiel der Engel des Himmels auch dem tiefsten Fall die Träne des Mitleids nicht versagen dürfen.« –

Die Gruppe der älteren Herren war in lebhaftem politischem Gespräch begriffen, – man sprach über die Frage von Krieg und Frieden, denn gerade in jener Zeit gingen Gerüchte über kriegerische Verwickelungen durch die Presse.

»Der Krieg wäre allerdings ein großes Unglück,« rief ein starker Herr mit lebhaft gerötetem Gesicht und blondem Vollbart, – »aber kommen muß er doch einmal, – und je schneller er kommt, – um so besser ist es, – denn um so schneller kommen wir zur Ruhe. Dieser französische Kaiser wird es niemals gutwillig zugeben, daß Deutschland einig und stark wird, – also besser, es kommt schnell zur Entscheidung, als daß unsere große Nation fortwährend ein halbes Leben voll innerer Unruhe und Gärung führt.«

»Ich sehe gar nicht ein,« erwiderte ein älterer Herr mit weißem, militärisch geschnittenem Bart, indem er sich gerade aufrichtete, – »ich sehe gar nicht ein, was für ein Nutzen aus dieser vielbesprochenen deutschen Einigung kommen soll. Unser altes Preußen ist ein vortrefflicher Staat, der sich wahrhaftig vor niemand zu schämen braucht, – und es ist groß und mächtig geworden für sich allein – ohne Deutschland, – ja gegen Deutschland, – denn im siebenjährigen Kriege stand ja die Reichsarmee gegen uns, – ich wünsche sehr, daß das so bleiben möge, – schon dieser norddeutsche Bund, der da jetzt geschaffen ist, will mir gar nicht gefallen und wird auch zu nichts gutem führen, – alle solche Weitläufigkeiten und Schwierigkeiten können die alte preußische Kraft nur lähmen. Da hat der König, wenn er etwas vornehmen will, schon zu Hause das Abgeordnetenhaus und das Herrenhaus zu fragen, – nun soll er sich auch noch an den Bundesrat und den norddeutschen Reichstag kehren, – ich möchte wohl wissen, was der alte Fritz gesagt hätte, wenn man ihm hätte zumuten wollen, sich so viel vorräsonnieren zu lassen, bevor er einen Befehl gab!«

»Vergessen Sie nicht, alter Freund,« sagte Herr von Grabenow freundlich lächelnd, indem er den Sprechenden leicht auf die Schulter klopfte, – »daß gerade der alte Fritz, – obgleich er gegen das deutsche Reich im Felde stand, doch für den deutschen Geist und den Fortschritt in diesem Geiste schlug, – und daß gerade dadurch Preußen groß und mächtig wurde, daß es immer für Deutschlands Bildung und Freiheit voranging, – wir dürfen das hier im alten Ostpreußen am wenigsten vergessen, – in dem alten Lande des deutschen Ordens.

Der alte Herr schüttelte den Kopf, als wollten ihm die Worte des Herrn von Grabenow durchaus nicht einleuchten.

»Sehen Sie,« fuhr der letztere fort, »ich habe da neulich ganz eigentümliche Betrachtungen gemacht, als ich das alte deutsche Ordenswappen ansah, das auf den Schlössern aus der Ordenszeit noch vielfach in Stein gehauen ist. Der Orden führte ein schwarzes Kreuz auf weißem Felde, – als die Hochmeister zur Zeit Hermanns von Salza zur Reichsfürstenwürde erhoben wurden, verlieh der Kaiser dem Ordenswappen den Reichsadler und nun führte der Orden diesen Adler, – den alten einköpfigen Reichsadler mitten auf dem Kreuz. Bei der Auflösung des Ordens ließ das Herzogtum Preußen das Kreuz wegfallen, und es blieb der schwarze Adler im weißen Felde, den später Friedlich I. für das Königreich Preußen annahm, und der Adler, der noch heute auf den Fahnen unserer Armee seine Flügel ausbreitet, ist also recht eigentlich der alte deutsche Reichsadler. Ich habe das Gefühl und die Hoffnung, daß dieser Adler, wie er vom Reich zu Preußen hergeflogen, auch einst seinen Flug wieder zurücknehmen und unsere Fürsten, wie er sie vom Herzogsstuhl zum Königsthron begleitet, endlich zum alten Kaisertrone des wiedererstehenden deutschen Reiches führen wird.«

Er hatte warm gesprochen und blickte, wie inneren Gesichtern folgend, über das Meer hin.

Die übrigen schwiegen. Der alte Herr aber, der vorhin gesprochen hatte, schüttelte abermals mürrisch den Kopf und sagte: »Das klingt alles recht schön, – aber ich habe dafür kein Verständnis, – so lange ich lebe, heißt mein Wahlspruch: »›Ich bin ein Preuße, will ein Preuße sein.‹«

Die älteren Damen standen auf und mahnten zur Heimkehr, da die Luft sich abzukühlen begann, – man wollte abends in Kallehnen die Jugend noch tanzen lassen, wie das fast immer zum Beschluß jeder geselligen Zusammenkunft in jener Gegend geschieht, – und man hatte noch eine gute Stunde zurückzufahren.

Die Pferde wurden angespannt, – die Geschirre eingepackt, – die Wagen fuhren vor. Man stieg ein, – die älteren Herren und Damen in bequeme Landauer, die jüngere Gesellschaft verteilte sich nach des Herzens Wahl und Neigung in offene Charabanks.

Der junge Herr von Grabenow hob seine Cousine in seinen kleinen, offenen Wagen, – es verstand sich von selbst, daß die beiden zusammen fuhren, –man war das so gewohnt, – und die ganze Reihe der Wagen fuhr in die tiefen Schatten des Waldes hinein, – denn man war übereingekommen, diesen Umweg zu machen, um die frische, duftige Kühle der Waldluft bei der Rückfahrt zu genießen.

Bald hallte der stille Wald von den lauten Gesprächen und dem fröhlichen Gelächter der Gesellschaft wieder. Der junge Grabenow ließ seine Pferde im langsamen Schritt gehen und blieb weit hinter den übrigen zurück, – war er doch sicher, sie mit seinen vortrefflichen Tieren schnell wieder einzuholen.

»Ich freue mich unendlich,« sagte er, »daß du meine Mutter auf unserer Reise nach der Schweiz begleiten willst, – wie schön wird es sein, wenn wir zusammen diese herrliche, urgewaltige Natur anschauen und von den ewigen Bergen herab auf das niedere Treiben herabsehen, – und dann«, fuhr er fort, – »meine Mutter will, daß ich sie begleiten soll, – und – es würde mir recht schwer, – recht herzlich schwer geworden sein, mich von dir zu trennen, – du bist meine einzige Freundin, – meine einzige Vertraute, – es ist eine so süße, liebe Gewohnheit für mich, mit dir von allem zu sprechen, was mein Herz bewegt, – ich hätte es kaum ertragen, dich so lange nicht zu sehen.«

Der Abend war herabgesunken und obgleich der Mond am Himmel zu leuchten begann, lag doch bereits ziemlich tiefe Dunkelheit auf dem unter hohen Tannen und Laubholzbäumen hinführenden Wege. Der junge Mann konnte das glückliche Lächeln nicht sehen, welches bei seinen Worten über Mariens Gesicht hinglitt, – auch neigte sie sich vornüber und hüllte ihren Kopf wie fröstelnd in ein leichtes Seidentuch.

»Du freust dich also auf diese Reise?« fragte sie mit einer Stimme, in welcher eine gewisse freudige Erregung zitterte.

»Sehr,« erwiderte er, – »da ich sie mit dir machen kann, – »und dann,« sagte er etwas zögernd, – »wenn ich in die Welt hinausgehe, – die Schweiz ist ja in dieser Jahreszeit das große Rendezvous aller Welt, – so taucht in meinem Herzen die Hoffnung auf, – vielleicht eine Spur von derjenigen zu finden, die ich verloren.«

Fräulein Marie neigte ihr Haupt ganz auf die Brust herab, – ein tiefer Seufzer drang aus ihren Lippen und mit leiser Stimme fragte sie:

»Und wenn du sie wiederfindest?«

»Wenn ich sie wiederfinde,« rief er, seine Hand, welche die Zügel hielt, auf die ihre legend, – »wenn ich sie finde, dann wirst du dich überzeugen, wie würdig sie ist, geliebt Zu werden, – und auch du wirst sie lieben.«

»Dann werde ich dir nicht mehr nötig sein«, sagte sie mit scherzendem Ton, durch welchen doch eine tiefe Bewegung hindurchklang.

»Wie kannst du so sprechen!« rief er, – »deine treue Freundschaft wird mein Glück verschönen, – wie sie meinen Kummer vergoldet hat.«

Sie schüttelte langsam den Kopf.

»Die Freundschaft kann die trauernde Liebe trösten,« sagte sie mit traurigem Ton, – »der glücklichen Liebe würde sie nur lästig sein, – wenn deine Hoffnung sich erfüllt, so werden wir getrennt sein, – und nur noch die Erinnerung wird uns verbinden.«

»Niemals, Marie, – niemals!« rief er feurig, – »uns trennen, – wir uns fremd werden, – o, das ist ja unmöglich!«

»Würde deine Geliebte dein Herz mit deiner Freundin teilen wollen?« fragte sie, rasch den Kopf umwendend und ihn voll anblickend.

Im Schimmer des Mondes glänzte ein feuchter Schmelz an den Wimpern ihrer Augen.

Er sah sie einen Augenblick ganz groß und wie erstaunt an, als stiege bei ihren Worten ein ganz neuer und fremder Gedanke in ihm auf, dann zog eine flüchtige Röte schnell über sein Gesicht, – er schlug die Augen nieder und senkte, ohne zu antworten, den Kopf.

Schweigend fuhren sie eine Zeitlang weiter.

Der Wald wurde immer dichter und dunkler. Das bleiche Licht des Mondes drang kaum durch die hohen Wipfel bis zum Wege durch und nur hier und da zitterten einzelne Lichtstreifen über den Boden.

Herr von Grabenow zog die Zügel an.

»Ich glaube«, sagte er, aufmerksam nach allen Seiten umblickend, – »wir sind in einen falschen Seitenweg geraten, – wir müßten eigentlich schon durch die Wald ecke hindurch sein, – auch ist der rechte Weg breiter und nicht so finster und verwachsen.«

»Ein Abenteuer,« rief Marie lachend, – »das ist ja eine reizende Abwechslung in diesem gleichmäßig einförmigen Leben, – freilich wird es nicht sehr schauerlich poetisch werden, denn wir haben hier ja weder Räuber noch verzauberte Schlösser, – und ernstlich verirren werden wir uns auch nicht.«

»Es ist recht unangenehm,« sagte Herr von Grabenow, – »du bist leicht angezogen –«

»O – ich habe einen Plaid bei mir,« sagte sie, – »fürchte nichts für mich, – ich bin nicht so verzärtelt, daß eine so laue Sommernachtluft mir schaden könnte.«

»Ich weiß nicht, ob ich umkehren oder weiter fahren soll«, sprach er, immer forschend umherblickend, während die Pferde ungeduldig auf dem Wege vorwärts schritten.

Der Wald wurde immer dunkler, – zwischen den hohen, schlanken Tannen standen Gruppen von Buchen und alten Eichen.

»Dort schimmert ein Licht durch die Bäume!« rief plötzlich Fräulein Marie, auf einen Punkt in der dunklen Ferne deutend, »es scheint in der Richtung des Weges zu liegen, – dort wird ein Dorf oder eine Ansiedelung liegen, wo man uns zurechtweisen kann.«

In der Tat zitterte ein dunkelroter Lichtstreif durch die tiefen Schatten der Bäume her, – sehr verschieden von den bleichen, silberweißen Streifen des Mondlichts.

»Es scheinen auch Stimmen von dorther durch die Nacht zu tönen,« sagte der junge Mann, – »jedenfalls ist es am besten, dorthin zu fahren, wir werden von dort aus jedenfalls am schnellsten den Weg nach Kallehnen finden.«

Er gab den Pferden ein leichtes Zeichen mit dem Zügel, und vorsichtig ausschreitend zogen die edlen Tiere den leichten Wagen fast unhörbar über den glatten, mit Kiefernadeln bedeckten Waldweg dahin.

Der Lichtschein näherte sich immer mehr und wurde immer mächtiger und intensiver, – es glühte wie Flammen durch die Stämme der Bäume und ein roter Schein zitterte am Himmel empor. Lauter und lauter hörte man menschliche Stimmen, – heitere Rufe und Gesang klangen durcheinander, die Pferde begannen zu zittern bei dieser außergewöhnlichen Erscheinung in der stillen Nacht im tiefen Walde.

Marie schmiegte sich dichter an ihren Vetter.

»Was kann das sein?« fragte sie ängstlich, – »wären wir in einem anderen Lande, so könnte man an Räuber, – an Zigeuner denken –«

»Sei ruhig,« sagte Herr von Grabenow lächelnd, – »Gefahr ist da nicht zu besorgen, – es werden die Letten sein, die ihre Sonntagstänze im freien Walde halten, – ich habe das als Kind schon zuweilen gesehen, – es ist interessant und merkwürdig, – aber durchaus harmlos.«

Man war dem Lichtschein ganz nahe gekommen, – durch die hohen Stämme der Bäume konnte man einen weiten freien Platz erkennen, in dessen Mitte ein großes Feuer brannte, dessen Spitzen hoch zum nächtlichen Himmel emporzüngelten. Ringsum sah man zahlreiche Menschengruppen, deren Schatten phantastisch in riesenhaften Formen auf dem vom Flammenschein und Mondlicht in wunderbar verschiedenen Färbungen beleuchteten dunkelgrünen Hintergrund sich hin und her bewegten.

Herr von Grabenow hielt die Pferde an, sprang vorn Wagen und hob seine Cousine mit kräftigem Arm ebenfalls herab. Dann schlug er das Ende der Zügel um einen vorspringenden Ast des Gebüsches, sprach einige freundliche Worte zu seinen Pferden und reichte Fräulein Marie den Arm, um sie durch eine Öffnung des Unterholzes in die vom Feuerschein erhellte Lichtung zu führen.

Nach wenigen Schritten traten sie zwischen zwei mächtigen Baumstämmen hindurch in den weiten freien Kreis ein, – sie blieben einen Augenblick erstaunt stehen über den merkwürdigen und pittoresken Anblick, der sich ihnen darbot.

An der einen Seite eines großen freien, fast kreisrunden Platzes stand eine mächtige, uralte Eiche – weithin breitete sich ihre riesige Krone wie ein gewaltiges Dach aus, – der ungeheuere Stamm war an vielen Stellen geborsten und zeigte tiefe Höhlungen in das Innere hinein.

Etwas über Manneshöhe waren in diesen Stamm drei nischenartige Vertiefungen eingeschnitten und in diesen Vertiefungen standen drei ziemlich geschickt und kunstvoll aus Holz geschnitzte und bemalte Figuren.

Die erste, rechts stehende stellte einen starken, bärtigen Mann von roter Gesichtsfarbe vor, der in der Hand einen grell gelbrot angemalten, gezackten Blitzstrahl hielt, – in der mittleren Nische sah man einen Jüngling mit weiß und rot gemaltem Gesicht und von Flachs gebildeten Haarlocken; er hielt einen Strauß von Feldblumen und Ähren in der Hand, – links stand die Gestalt eines finsteren Greises mit langem grauem Bart, – eine ringelnde Schlange in der Hand haltend.

Zu den Füßen des mittleren Bildes brannten auf einem Untergestell eine Anzahl kleiner Kerzen, wie man sie vor den Heiligenbildern in den katholischen Kapellen sieht, auf demselben Untergestell stand eine Schale mit Milch, umgeben von Blumen, Uhren und Feldfrüchten.

Die unteren Äste der mächtigen Eiche waren mit bunten Tüchern behangen und ebenfalls mit kleinen brennenden Kerzen besteckt.

In der Mitte des weiten Platzes brannte das große, von starken, knorrigen, trockenen Ästen genäherte Feuer. In der Nähe desselben sah man eine Anzahl älterer Männer und Frauen gelagert, – einfache Eßwaren – Eier, kalte graue Erbsen, Speck und geräuchertes Fleisch – lagen auf weißen Tüchern oder füllten jene länglichen Deckelkörbe von Bastgeflecht, welche man in jener Gegend mit dem Namen Lischka bezeichnet und welche die Bauern zu beiden Seiten ihres Pferdes von dem Sattelknopf herabhängend bei sich führen, um ihren Mundvorrat mitzunehmen, wenn sie zu den Märkten in den kleinen Städten und Flecken reiten. Dazwischen standen große und tiefe irdene Schüsseln mit jenem dick eingekochten, etwas gesäuerten und mit gebratenem Speck übergossenen Roggenbrei, welcher in der lettischen Sprache den Namen Kissehl führt und zu einem wesentlichen Nahrungsmittel der Bevölkerung Ostpreußens und Litthauens gehört. Weiter entfernt von dem Feuer bildeten die jungen Burschen und Mädchen Gruppen, teils scherzend und plaudernd, teils den alten Dainos, den volkstümlichen Liedern, lauschend, welche von einzelnen jungen Leuten mit wohlklingender Stimme in uralten, nur durch die Tradition aufbewahrten, meist wehmütig klagenden Melodien gesungen wurden. Überall schöpfte man aus großen Henkelkrügen den süßen Meth, ein leichtes, helles Bier. Die jungen Leute waren sämtlich hohe, schlankgewachsene Gestalten mit hell gefärbten Gesichtern, blauen Augen und fast weißblondem Haar, – die älteren Männer zeigten in ihrer Haltung und Erscheinung würdig einfache Ruhe – alle trugen Anzüge von weißem Leinen, im allgemeinen von dem Schnitt der Bauerntrachten der Gegend, – die Frauen hatten den Kopf mit runden Hauben bedeckt, – das reiche Haar der Mädchen fiel in dichten Flechten über den Rücken hinab.

Als die älteren Männer am Feuer Herrn von Grabenow und seine Cousine erblickten, sprangen sie schnell auf, – in ihren Mienen zeigte sich lebhaftes Erstaunen, fast ein leichter Schreck, – doch ohne jede Spur eines feindlichen oder drohenden Ausdrucks.

Ein alter Mann von imponierendem Wesen trat den beiden jungen Leuten langsam entgegen, – die Unterhaltung stockte in allen Gruppen, – die Sänger schwiegen und alle Blicke lichteten sich neugierig und erwartungsvoll auf die so plötzlich in den hellen Lichtkreis Eintretenden.

Herr von Grabenow schritt rasch auf den Alten zu, während Fräulein Marie einige Schritte zurückblieb, mit ihren großen im Feuerschein glänzenden Augen die malerische Szene überblickend.

»Wir haben uns im Walde verirrt,« sagte der junge Mann, – »wir sahen den Schein eures Feuers und sind demselben gefolgt, – wollt Ihr so gut sein, uns den rechten und kürzesten Weg nach Kallehnen zu zeigen?«

Der Alte nahm ehrerbietig seine leichte Mütze ab und sagte mit einer sanften, wohlklingenden, etwas hohen Stimme:

»Ich kenne Sie wohl, – Sie sind der junge Herr von Kallehnen, – es ist uns eine Freude, Sie auf den rechten Weg zu führen, – wir sind die Bauern von Rankuhnen – und feiern hier unser Vorerntefest, – der Schnitt soll morgen beginnen und da ist es alte Sitte, vor der ernsten Arbeit noch einmal fröhlich zusammenzukommen. Dürfen wir Ihnen und dem Fräulein«, fügte er hinzu, – »eine kleine Stärkung anbieten, – wie wir sie haben, – einen Krug Meth und einen kleinen Imbiß?«

Es wäre nach der Sitte der Gegend eine Kränkung gewesen, dies Anerbieten zurückzuweisen, – Herr von Grabenow wendete sich zu seiner Cousine, führte sie in den Kreis am Feuer und beide genossen einen Bissen Brot und einen Schluck des leichten, moussierenden Honigbieres.

Fräulein Marie blickte mit forschender Neugier auf die alte, mit Bändern, Tüchern und Kerzen geschmückte Eiche.

»Wie hübsch das aussieht!« sagte sie, – »fast wie ein großer natürlicher Weihnachtsbaum, – was bedeutet dieser Schmuck der Zweige und die Bilder in den Nischen des Baumes?«

Der Alte zögerte ein wenig mit der Antwort – eine gewisse Verlegenheit zeigte sich auf den Gesichtern der Umstehenden.

»Das ist so eine alte Sitte am Vorerntefest,« sagte er dann, – »das kommt von langen Zeiten her, – von den Vätern auf die Kinder, – sehen Sie, gnädiges Fräulein, es ist so der Glaube unter uns, daß es Kräfte in der Natur gibt, welche den Arbeiten der Menschen förderlich oder schädlich sind, – und mit denen man sich gut stellen muß, wenn die Arbeit gelingen soll, – da ist zum Beispiel das Bild dort in der Mitte, – das bedeutet die Fruchtbarkeit, – das schmücken wir nun, bevor wir den Schnitt der Feldfrüchte beginnen, mit Blumen und Ähren, – es ist ein alter Brauch, – zwar schilt der Herr Pastor, wenn er von so etwas hört, – aber ich möchte doch nicht, daß die Sitte nicht beachtet würde; jedesmal,« fuhr er ernster fort, – »wenn man den alten Gebrauch einmal versäumte, so hat es ein Unglück bei der Ernte gegeben.«

Herr von Grabenow klopfte dem Alten freundlich lächelnd auf die Schulter.

»Nun, nun,« sagte er, – »vor uns braucht ihr euch nicht zu scheuen, – wir werden euch nicht verraten, – aber ihr seid doch noch ein wenig Heiden und das sind dort die alten litthauischen Götter –«

»Gott soll mich bewahren, junger Herr!« rief der Alte ganz erschrocken, – »wir sind so gute Christen, als irgendeiner, – das sind so alte Gebräuche, – aber gewiß und wahrhaftig kein heidnischer Gottesdienst!«

Herr von Grabenow war mit seiner Cousine an die Eiche herangetreten.

»Siehst du«, sagte er, – »dort rechts, das ist Perkunos, der Gott des Donners, dem man einst die gefangenen Feinde opferte, – in der Mitte steht Potrimpos, der Gott der Fruchtbarkeit, des blühenden Lebens, – ihm brachte man Milch, Blumen und Früchte dar, – und hier links, das ist der Todesgott Pikollos, – da ist die ganze altlitthauische Mythologie beisammen, – und auch ebenso wurden in den alten heidnischen Zeiten die Bäume geschmückt, welche die Götterbilder trugen, – die heiligen Bäume bildeten den Altar, und die Sitte unserer Christbäume stammt gewiß auch aus der Übertragung jenes alten Kultus in die erste Zeit der Verbreitung des Christentums.«

Die jungen Leute aus den verschiedenen Gruppen waren herangetreten und hörten aufmerksam den Worten des Herrn von Grabenow zu, während seine Cousine mit großem Interesse die alten Bilder an dem Baume betrachtete.

»Das mag wohl alles so sein, wie sie da sagen, junger Herr,« sprach der Alte, – »aber – wahrhaftig – wir denken uns nichts dabei und treiben gewiß und wahrhaftig keinen Götzendienst mit den Bildern, – aber«, fügte er hinzu, – »es gibt doch wunderbare Kräfte in der Natur, – und«, sagte er ernst, – »es ist gut, an alten Sitten festzuhalten, denn es bringt Unheil, sie zu verletzen.«

»Ich hörte vorhin singen, – es waren so ansprechende Melodien,« sagte Marie, – »ich habe schon oft von den schönen alten Liedern gehört, – könnte ich –«

»Einer eurer Sänger singt uns gewiß ein Lied vor, nicht wahr?« fragte Herr von Grabenow.

»Unsere Lieder sind meist litthauisch,« sagte der Alte, – »doch haben wir auch einige deutsche«, – er winkte einem jungen Burschen, welcher mit freiem, ungezwungenen Anstand herantrat.

»Die jungen Herrschaften möchten ein Lied hören«, sprach der Alte.

Der junge Bauer verneigte sich leicht, die übrigen stellten sich im Halbkreis um ihn und mit voller, reiner Stimme begann er nach einer eigentümlichen, weichen Melodie ein Lied zu singen, dessen Refrain die übrigen vollstimmig wiederholten:

»Es sattelt der Knabe sein braunes Pferd,
In den blutigen Krieg zu reiten,
Er hängt um die Schulter sein blankes Schwert.
Mit dem drohenden Feinde zu streiten:
– Die ewigen Götter im Wolkenschoß
Sie werfen den Menschen das wechselnde Los.

Es spinnt das Mädchen den Faden so fein,
Sie spinnet mit fleißigen Händen,
Es soll das Gespinnst ihr Brautkleid sein,
Sie möchte es eilig vollenden:
– Die ewigen Götter im Wollenschoß
Sie werfen den Menschen das wechselnde Los.

Er küßt ihr den Mund und die Augen so hell,
Bald siehst du, Geliebte, mich wieder!
Sie spinnet so emsig, sie webet so schnell
Das Kleid für die bräutlichen Glieder:
– Die ewigen Götter im Wollenschoß
Sie werfen den Menschen das wechselnde Los.

Das braune Rößlein, es kam allein
So wund und traurig zum Stalle. –
Nie schmückt dich, du armes Mägdelein,
Dein Kleid in der festlichen Halle:
Es warfen die Götter im Wolkenschoß
Dem blühenden Knaben das Todeslos.

Sie nähte ihr Kleid mit fleißiger Hand,
So still ohne Weinen und Klagen, –
Sie haben im schneeigen Brautgewand
Das Mägdlein zu Grabe getragen, –
Es führen die Götter in Himmelshöhn
Die Liebe zu fröhlichem Wiedersehn!«

»Wie wunderbar ansprechend ist diese Melodie!« rief Marie, als der Sänger geendet, – »habt Ihr das nicht aufgeschrieben?«

»Nein,« sagte der junge Bursche bescheiden, – »wir lernen unsere Lieder einer vom andern, – das vererbt sich so vom Vater auf den Sohn –« »Alle diese Lieder und ihre Melodien sind uralt,« sagte Herr von Grabenow, – »so recht eigentliche Volkslieder, – wir wollen morgen versuchen, ob wir die Melodie nicht festhalten können, – doch«, fuhr er fort, sich an den Alten wendend, – »in eurem Stamm leben ja auch noch andere wunderbare Überlieferungen, – man hat mir gesagt, ihr könntet das künftige Schicksal der Menschen aus ihrer Hand und ihren Augen lesen –«

»Ja,« sagte der Alte etwas zögernd, – »einige von unseren Frauen haben den Blick dafür, und sie teilen die Zeichen, wie sie sie von den älteren Geschlechtern gelernt, wieder den jüngeren mit, – aber«, fuhr er ernst fort, – »man soll das eigentlich nicht tun, – der Herr Pfarrer ist sehr böse, wenn er davon hört, – und er hat recht, – denn die Vorsehung hat dem menschlichen Blick die Zukunft verschlossen und man soll diesen Willen achten.«

Herr von Grabenow war in tiefes Nachdenken versunken. Ein schmerzlich ernster Ausdruck erschien auf seinem Gesicht.

»Wenn aber Kummer die Seele belastet, – wenn bange Zweifel das Herz quälen,« sprach er halb für sich, halb zu dem Alten, – »ist es da nicht eine Wohltat, einen Blick in die Zukunft zu tun? – würde nicht dieser Blick Trost und Kraft zum Leben geben? – Ich bitte Euch,« rief er lebhaft, – »laßt mich eine Probe Eurer Kunst sehen, – ich werde Euch herzlich dankbar sein – und«, fügte er mit einem flüchtigen Lächeln hinzu, – »ich werde Euch nicht verraten.«

Der Bauer winkte eine alte Frau heran, deren hohe, schlanke Gestalt durch die Last der Jahre etwas gebeugt war; ihr Gesicht, obgleich welk und gerunzelt, zeigte doch noch die frischen Farben, welche ihrem Stamme eigentümlich sind, und unter den dichten, tief in die Stirne herabreichenden Haaren, welche fast eben so weiß waren, als die sie umschließende Haube, blickten die großen blauen Augen voll sprühenden Feuers hervor.

Sie blickte zuerst lange in das Gesicht des jungen Mannes, dann ergriff sie seine Hand und prüfte genau deren Linien. Fräulein von Berkow stand in ihrem Plaid gehüllt daneben, mit lebhafter Spannung die alte Frau betrachtend.

»Sie sind traurig und unglücklich, junger Herr,« sagte diese, immer aufmerksam in die offene Hand des Heim von Grabenow blickend, – »obgleich Sie reich und vornehm sind und Ihnen nichts zum Glück des Lebens fehlt, – aber Sie lieben, – Sie haben fern von hier eine Blume gefunden, die Sie an Ihrer Brust getragen, die Sie mit aller Wärme Ihres Heizens gehegt und gepflegt haben, – diese Blume haben Sie verloren, – das macht Sie traurig – unruhig – Sie suchen«, sagte sie ein wenig zögernd, indem sie immer aufmerksamer in die Hand des jungen Mannes blickte –

»Und werde ich die verlorene Blume wiederfinden?« fragte Herr von Grabenow mit vor Aufregung zitternder Stimme, indem er brennenden Blickes die alte Frau ansah.

Diese verfolgte schweigend die Linien der Handfläche – – dann schüttelte sie langsam den Kopf.

»Nein«, sagte sie ernst und bestimmt, – »jene Blume in der Ferne hat für Sie ausgeblüht, – Sie werden sie vielleicht noch einmal erblicken, aber sie bleibt auf immer für Sie verloren!«

Herr von Grabenow senkte traurig, wie gebrochen, seinen Kopf auf die Brust.

Über die Lippen seiner Cousine zuckte es fast wie ein Lächeln, sie schlug die Augen, welche forschend auf der alten Frau geruht hatten, zu Boden.

»Doch,« fuhr diese fort, indem sie mit mitleidiger Teilnahme Herrn von Grabenow ansah, – »doch darum wird Ihr Leben nicht ohne Blumen sein, – schon erschließt sich eine neue Blüte in Ihrem Herzen, – sie wird voller und voller sich öffnen und Ihrem Leben reiches Glück bringen.«

Fräulein Marie trat einen Schritt zurück, der sie mehr in den Schatten eines großen Baumes brachte. Wie fröstelnd hüllte sie sich dichter in den Plaid, so daß ihr Gesicht halb in den Falten des Überwurfes verschwand.

Herr von Grabenow blickte in tiefem Sinnen vor sich hin.

»Und diese zweite Blüte?« fragte er dann.

»Sie ist nicht fern von Ihnen«, sagte die Alte mit einem kaum merkbaren schnellen Seitenblick auf die junge Dame.

»Wo aber und wann werde ich –?« fragte der junge Mann tief aufatmend mit beklommenem Ton.

»Es ist mir nicht vergönnt, junger Herr«, sagte die alte Frau mit ernster Würde, »Namen und Zeiten zu lesen, – aber fern ist der Augenblick nicht mehr, in welchem die neue Blüte sich Ihnen in voller Herrlichkeit öffnen wird, – und merken Sie auf ein untrügliches Zeichen: Sie werden sie in Ihren Armen emporheben und an Ihrem Herzen tragen.«

»Wie das?« fragte Herr von Grabenow ganz verwirrt, indem sein Blick sich zu seiner Cousine wendete.

»Ich habe Ihnen gesagt,« erwiderte die Alte zurücktretend, »was mir zu sehen erlaubt worden, – mein Blick verdunkelt sich, – fragen Sie mich nicht mehr, denn ich vermag nichts mehr zu erkennen, – ich sehe nur, daß die Linie Ihres Lebens, nachdem sie früh eine kurze Wendung gemacht, in schönem und reinem Bogen ausläuft.«

Herr von Grabenow wendete sich zu seiner Cousine.

»Willst du nicht auch einen Blick in deine Zukunft tun?« fragte er.

»Nein«, erwiderte Fräulein Marie kurz, indem sie sich noch tiefer in ihren Plaid hüllte; – »ich fange an die kalte Nachtluft zu spüren,« sagte sie weiter, – »laß uns nach Hause fahren, – man könnte unruhig um uns werden.«

Der junge Mann trank noch einmal aus dem dargereichten Methkrug, drückte dem Alten die Hand und führte seine Cousine zum Wagen zurück.

Ein junger Bursche begleitete sie bis zum Saume des Waldes auf die große Straße; dort entließ ihn Herr von Grabenow, der den Weg genau wiedererkannte, und in schnellem Trabe eilten die Pferde dem Schlosse von Kallehnen zu.

Die beiden jungen Leute sprachen kein Wort, – Fräulein Marie hüllte sich in ihren weiten Überwurf und kauerte wie fröstelnd in tiefes Nachsinnen versunken neben ihrem Vetter.

Bald rollte der leichte Wagen in den Hof des Schlosses, aus dessen hellerleuchteten und geöffneten Fenstern laute und fröhliche Stimmen erschallten.

Herr von Grabenow sprang herab, – reichte seiner Cousine die Hand und beide stiegen die breite Treppe hinauf.

Da plötzlich knickte Marie mit einem Schmerzensruf zusammen.

»Mein Gott,« rief ihr Vetter erschrocken, »was hast du?«

»O, es ist nichts,« sagte sie lächelnd, indem sie sich mit der Hand auf die Stufen stützte, – »es ist nichts. – ich habe den Fuß übergetreten, es ist ein heftiger Schmerz in der Sehne des Gelenks, – es ist schon vorüber.«

Sie wollte sich erheben, – aber der Fuß versagte den Dienst und sie brach wieder zusammen.

Rasch bückte sich der junge Mann, erfaßte sie mit seinen Armen, hob sie empor und trug sie schnell und leicht die Treppe hinauf.

Die Gesellschaft eilte erstaunt den Ankommenden entgegen, als sie in dieser außergewöhnlichen Weise im Saal erschienen.

Alles drängte sich um die junge Dame, welche Herr von Grabenow auf ein Sofa niederlegte und welche lächelnd und scherzend ihren Unfall erklärte.

– »Ich werde in der Nacht kalte Umschläge machen,« sagte sie, – »wir bleiben ja doch bis morgen hier, – dann wird die kleine Sehnenverrenkung vorüber sein, – wir haben uns verirrt und so viel Interessantes gesehen, – daß ich um dieses seltenen romantischen Genusses willen gern den kleinen Schmerz in den Kauf nehme.«

Herr von Grabenow erzählte von der Begegnung mit den Letten im Walde, man sprach über die Eigentümlichkeiten dieses Volksstammes, – und bald nahm die Jugend ihre Tänze, die älteren Herren und Damen ihre Unterhaltungen wieder auf.

Der junge Grabenow war neben dem Sofa seiner Cousine stehen geblieben und sah schweigend in das Treiben der bewegten Gruppen im Saal.

Plötzlich zuckte er zusammen wie von einem Gedanken erfaßt, – er starrte einen Augenblick zu Boden, und leise, kaum die Lippen bewegend, flüsterte er vor sich hin:

»Sie werden sie in Ihren Armen emporheben und an Ihrem Herzen tragen.«

So leise diese Worte gesprochen waren, Fräulein von Berkow mußte sie gehört haben, denn ein dunkles Rot glühte in ihrem Gesicht auf, – ein schneller strahlender Blick von wunderbar eigentümlichem Ausdruck blitzte aus ihren rasch aufgeschlagenen Augen zu ihrem Vetter empor, – dann drückte sie ihre beiden Hände auf die Stirn.

»Der Schmerz wird heftiger, – ich möchte mich zurückziehen«, sprach sie mit einer fast tonlosen Stimme.

»Ich will dich auf dein Zimmer tragen«, sagte Herr von Grabenow, indem er schnell zu ihr herantrat.

»Nein – nein,« rief sie erschrocken abwehrend, – »ich danke dir,« fügte sie freundlich hinzu, – »aber es wird mir weniger schmerzhaft sein, wenn man mich mit dem Sofa fortträgt.«

Zwei Diener kamen auf den Wink des jungen Mannes heran; seine Mutter und Frau von Berkow begleiteten Fräulein Marie, welche auf dem Sopha liegend in ihr Zimmer gebracht wurde; bald kamen die Damen zurück und versicherten, daß es nicht ernstes sei und morgen alles vorüber sein werde.

Nach einer Stunde trennte sich die Gesellschaft.

Herr von Grabenow saß noch lange am offenen Fenster seines Zimmers, blickte über die weiße Düne und das mondbeglänzte Meer hin und träumte, halb wachend und halb schlafend, wunderbare Träume, in denen ihm die Gestalt Julias erschien, von fernher über die Wellen daherschwebend – sehnsuchtsvoll breitete er ihr die Arme entgegen, – aber je näher sie kam, um so mehr veränderte sich unmerklich die Gestalt, – sie nahm die Züge Mariens an, – Mariens Augen blickten ihm so treu und teilnahmsvoll entgegen, – er sank zu ihren Füßen und ergriff ihre Hand, und Glück und Schmerz vereinigten sich in seinem Herzen zu einem wunderbar gemischten Gefühl.

Der Tag dämmerte bereits am Horizont herauf, als er endlich aus diesem Zustand sich emporriß und sein Lager aufsuchte.


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