Heinrich Lersch
Hammerschläge
Heinrich Lersch

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Endlich war die Bohrarbeit getan.

Auch die Schulkameraden hatten keine Zeit zum Spiele. Trotzdem lief ich nach dem Unterricht zu ihnen hin. Sie mußten nach dem Kaffee den Eltern und Geschwistern helfen. In den Familien wurde Konfektion, Hosen und Joppen genäht; die Mütter und Töchter lagen über der Nähmaschine, die jüngern Geschwister nähten Knöpfe an. Damit die Jungens schneller fertig wurden, half ich mit. Erst stach ich mich oft, denn meine Finger waren schon steifer als die der andern. Aber das war ungefährlich. In der Mitte der Stube lag die Ware auf einem Haufen, wir saßen drumherum wie um ein Feuer. Es mußten immer genau so viel Stiche sein. Waren es weniger, so riß der Kontrolleur im Geschäft die Knöpfe ab und die Sachen mußten wieder mitgenommen werden. Zweimal in der Woche wurde »geliefert«, die Pakete kamen in den alten Kinderkastenwagen und wir schoben zum Geschäft. Da mußte man oft lange warten, der Kontrolleur war ein gemeiner Kerl, er riß die Nähte auseinander, die Knöpfe ab, gab kein Geld und jagte die Kinder wieder fort. Dann mußte ein Großer mitgehn. Einmal nähte ein Mädchen, als die Mutter liefern war, über seinen Zeigefinger hin, die Nadel ging beim zweitenmal kaputt und stak im Fleisch. Da war nicht einmal eine Kneifzange bei der Hand, ich habe so lange mit den Zähnen an dem Nadelstück gebissen und gerissen, bis es herauskam. Das große Mädchen schrie und weinte noch lange. Als die Mutter nach Haus kam, warf sie vom Flur aus den ganzen Packen Hosen in die Stube, ließ sich auf einen Stuhl fallen und schrie, weil der Kontrolleur ihr kein Geld gegeben hatte. Nun hatten sie für die nächsten Tage nichts zu essen. Als sie nun nachher den verletzten Finger sah, da wurde sie unglücklich und wütend und schlug die Tochter, schlug die Kinder und hieb sich selber nachher aus Wut und Ärger so furchtbar mit der Faust vor den Kopf, daß die Kinder alle laut schrien. Da habe ich mitgeweint und bin brüllend aus dem Haus gelaufen; meine Mutter fragte, warum ich weinte, aber ich schämte mich, es zu sagen. Ich habe mich in den Schlaf geweint und konnte es nicht begreifen, daß es so scheußliche Menschen gab wie den Kontrolleur von Müller und Hager. Ich hatte nur eine Hoffnung, daß Gott in seiner Gerechtigkeit ihn strafen würde; das beruhigte mich und am andern Tag sagte ich es der Mutter. Die ist dann zu den Leuten hingegangen. Ich lief zum Vater in die Werkstatt und verlangte Geld für meine Arbeit, das wollte ich sparen und es den armen Leuten bringen.


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