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V. Von den bußfertigen Rittern

19. Anmahnung zur Buße

Unter Konrad von Feuchtwangen war im Hause Marienburg der Bruder Gerhard, der zur Zeit seines weltlichen Standes zur Mannschaft des Markgrafen von Brandenburg gehört hatte. Er war äußerst geschickt in der Herstellung von Wurfmaschinen und hatte deren sehr viele, mit denen Burgen und Städte zerstört waren, kunstreich angefertigt. Eines Nachts aber, als er noch wachend im Bette lag und über eine neue Erfindung nachdachte, kamen plötzlich, trotzdem die Türe fest verschlossen war, vier Männer mit brennenden Kerzen in der Hand in sein Gemach und hielten ihm vor, wieviel Unheil er schon in der Welt angerichtet habe, und verkündeten ihm, daß er sterben müsse, wenn er nicht binnen kurzer Frist sein Leben bessere; des zum Zeichen bedeckten sie ihn mit einem weißen Laken, wie man es über Leichenbahren zu legen pflegte. Auf das tiefste erschrocken hierüber nahm Gerhard das weiße Laken mit sich und zog nach Preußen, wo er sich in den Orden aufnehmen ließ und bis an sein seliges Ende ein frommes und bußfertiges Leben führte.

20. Heinrich von Kunzen

Im Jahre 1302 starb zu Ragnit der Bruder Heinrich von Kunzen. Dieser war, bevor er in den Orden eintrat, ein arger Raubritter und verübte in seiner Heimat die ärgste Tyrannei. Da sah er einst in der Dämmerung einen Mann auf einem kohlrabenschwarzen Rosse auf sich zukommen, der sprach: »Heinrich, komm mit mir, aber allein; ich werde dich nach einem Orte bringen, wo du reiche Beute finden wirst.« Heinrich willigte ein und folgte jenem Reiter auf seltsam verschlungenen Wegen. Als dies eine Weile so fortgegangen, stand plötzlich sein Pferd ängstlich schnaubend still und ließ sich trotz allen Anspornens nicht mehr vorwärts bringen, bis er ihm schließlich zornig zurief: »Im Namen Gottes weiter.« Da rief fein Begleiter – es war der Leibhaftige selbst –: »Das ist dein Glück, daß du den Namen Gottes genannt hast, denn sonst lägest du jetzt mit zerschmettertem Gebein in dem Abgrunde vor dir.« Und wie er dies gesagt, verschwand er. Heinrich erschrak sehr und wagte bis zu Tagesanbruch nicht, sich von der Stelle zu bewegen; da sah er zu seinen Füßen eine jähe Felswand, über die er in eine schaurig tiefe Schlucht hätte stürzen müssen, wenn sein Roß nur um eine Handbreit vorwärts gegangen wäre. Da segnete er sich mit dem Zeichen des Kreuzes und dankte Gott für seine wunderbare Rettung.

Als er nun wieder heimziehen wollte, umhüllte ihn plötzlich tiefes Dunkel, und er sah bei Fackellicht vor sich einen Richter zu Gericht sitzen und um denselben herum eine Menge Leute, die alle wegen seiner Schandtaten Klage gegen ihn führten. Der Richter ließ ihn fahen und fragte, was er auf die Anklagen zu antworten habe; er aber vermochte nicht zu sprechen. Schon sah er die schlimmsten Strafen seinem Haupte drohen, da legten die Beisitzer Fürsprache für ihn ein: er werde gewiß durch sein zukünftiges Leben wieder gutmachen, was er verbrochen habe. Erschüttert versprach Heinrich dies und erklärte sich bereit, in den Deutschen Orden einzutreten. Da verschwand die ganze Gerichtsversammlung vor seinen Augen.

Vor Schrecken ergraut und verstört kehrte Heinrich auf seine Burg zurück und erzählte seinem Weibe, die jung, schön und vornehm war, was ihm widerfahren wäre und was er gelobt habe. Sie aber wollte, so sehr er auch bat, in eine Scheidung nicht willigen. Darüber gerieten seine Vorsätze ins Schwanken und er selbst in große Versuchung. Denn es erschien ihm nachts der Teufel in Gestalt eines Kriegsfürsten mit königlichem Pomp an der Spitze einer großen Heerschar. Und er sprach zu ihm: »Tritt in meine Dienste, du bist ein wackerer Ritter, ich werde dir manches Schloß und manche Stadt in die Hände geben.« Während nun aber Heinrich diese Worte bedachte und sich vorstellte, wie vorteilhaft es sein würde, einem so freigebigen Herrn zu dienen, erschien ihm Christus selbst mit seinen fünf Wundmalen und sprach: »Heinrich, ich bin doch noch freigebiger als jener, siehe hier an meiner Seite die Wunde, das ist das Reich, das ich dir geben werde, wenn du mir dienst; das ist besser als alles, was dir der Verführer verspricht.«

Dies wunderbare Gesicht erzählte Heinrich am anderen Morgen seiner Gemahlin und bat sie wiederum, ihn freizugeben, damit er in den Orden treten könne. Sie aber wollte durchaus nicht darauf eingehen. Nun geschah es aber, daß sie alle Nächte durch ein schreckliches Getöse aus dem Schlafe geweckt wurde; es war, als wenn Hämmer auf die Wände schlügen, und dazu erscholl eine Stimme: »Heinrich, erhebe dich! es ist Zeit zum Beten, deine Brüder sind bereits versammelt.« Die allnächtliche Wiederholung dieser Erscheinung quälte das Weib so sehr, daß sie schließlich dem Vorhaben ihres Mannes nicht länger widerstehen konnte und in die Trennung einwilligte. Da machte sich Heinrich auf nach Preußen und trat in den Deutschen Orden; und wie er früher in seinem weltlichen Leben seine Genossen an Bosheit übertroffen hatte, so ragte er jetzt unter den Brüdern durch Frömmigkeit und Tapferkeit hervor.


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