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Ein Schuljunge in Georgien sollte die berühmtesten Herrscher in der Geschichte seines Landes nennen.
»Vachtang der Kühne, David der Erneuerer, Königin Tamara und Soso der Große.«
»Weshalb Soso der Große?« fragte der Lehrer.
»Weil Soso der erste war, der Georgien mit Rußland verband.«
Die Anekdote spricht Bände, aber nur wenn man weiß, wer Soso ist. Er ist der Herrscher über 150 000 000 Menschen, obwohl seine Partei ihn nur als den »getreusten Interpreten von Lenins Lehren« bezeichnet und er nur den Titel Generalsekretär des Zentralkomitees trägt. Sein Bild hängt in jeder Werkstatt, in jeder Fabrik und in jedem Büro der Sowjetunion. In regelmäßigen Zwischenräumen blickt es uns auf der vordersten Seite der Zeitungen in der ganzen Welt entgegen. Wahrscheinlich ist er der mächtigste politische Führer einer Nation. In Rußland ist sein Name ein Kult, eine Verheißung und eine Drohung.
Für seine Mutter, Katharina Djugashvili, ist sein Name keines dieser drei Dinge. Joseph Djugashvili, der zaristischen Polizei als Koba vertraut und in der Welt als Stalin bekannt, ist einfach Soso, der Sohn, dessen erstaunliche, unwahrscheinliche Laufbahn selbst heute noch nicht völlig die Enttäuschung der Mutter beschwichtigt hat, die sie empfand, als es ihm nicht glückte, Priester zu werden.
Kein Mitglied der Stalinschen Familie, außer ihm selber, ist bis zum heutigen Tage je interviewt worden. Seine Freunde lehnen es ab, über sein Privatleben zu sprechen. Es gibt keinen Mann von gleicher Machtstellung auf der Welt, dessen Persönlichkeit ein so undurchdringlicher Schleier umhüllt wie der, der den Führer der kommunistischen Partei der Sowjetunion umgibt. Macht reizt. Macht jedoch aus einer mysteriösen Quelle schüchtert ein. Das seine Persönlichkeit umgebende Geheimnis ist einer der wirksamsten Gründe, weshalb Stalins Name in Rußland synonym für unbeschränkte Macht steht.
Stalins Mutter war die erste seiner Familie, die den ihn umgebenden Zauber des Schweigens brach.
Wir trafen uns in dem Palast des früheren Vizekönigs von Georgien. Nicht in dem Empfangssalon, der in einem anderen Zeitalter als Salon für eine Königinmutter hätte dienen können, sondern in einem ihrer beiden behaglichen aber schlichten Wohnzimmer.
Der prächtig inmitten eines großen subtropischen Parks gelegene Palast lehnt sich an den Fuß einer der höchsten Bergketten, die auf Tiflis herabschauen. Die Vizekönige des Zaren hatten hier ein prächtiges Leben, aber wenige genossen es lange. Attentate und Attentatsversuche seitens der heißblütigen, unabhängigen Georgier sorgten dafür, daß die Insassen der vizeköniglichen Wohnung ständig wechselten.
Heute stehen an dem Portal uniformierte Schildwachen der G. P. U. In der Empfangshalle sind die Wände mit Anschlägen bedeckt, die sich auf die Aufgaben des Rates der Volkskommissare der transkaukasischen Republik beziehen, deren Hauptquartier sich hier befindet. Revolutionäre Plakate und die ewige Aufforderung, energischer für den Fünfjahresplan zu arbeiten, gemahnen einen daran, daß überall von Sibirien bis an die Grenze Persiens ein einziges Ziel und ein einziger Wille die Sowjetunion beherrscht.
Ich suchte die mütterliche Quelle jenes Willens, der sich heute in der Person Joseph Stalins verkörpert. Eine Wanderung durch grüne Höfe, gewundene Korridore, treppauf, treppab, führte mich im ersten Stock zu ihr.
Eine Frau mittleren Alters beantwortete unser Klopfen und fragte, was wir wollten. Mißtrauisch betrachtete sie den Fremdling, willigte aber ein, Frau Djugashvili zu fragen, ob sie bereit wäre, ein paar Worte über ihren Sohn zu sprechen. Zum Glück gab es nur wenig Dinge, die Katharina Djugashvili so liebte, wie ein Gespräch über Joseph Djugashvili.
Die Mutter von Rußlands Mann aus Stahl wirkte winzig, als sie durch die große Doppeltür trat, die in ihr Schlafzimmer führte. Sie war grauhaarig und zierlich, in die grauwollene georgische Bauerntracht gekleidet. Freundlich betrachtete sie uns durch ihre silberrandige Brille. Während ich ihr mein Begehren vortrug, hörte sie ein paar Sekunden schweigend zu, aber bei der Erwähnung Stalins erhellte sich ihr Gesicht.
Sie erklärte meinem georgischen Dolmetscher: »Es tut mir leid, ich spreche nur gebrochen russisch.«
Stalin, der Herr des Gebietes des einstigen russischen Kaiserreiches, wuchs in einer Familie auf, deren Abscheu vor Rußland zu groß war, um die russische Sprache zu dulden. Der Sohn erlernte sie als notwendiges Hilfsmittel für die Revolution. Heute benutzt er sie in Ankündigungen, die den Lauf der Nation bestimmen und denen 72 000 000 Russen lauschen. Für seine Mutter ist Russisch noch immer eine fremde Sprache.
Mit schlichter Höflichkeit bat sie uns, Platz zu nehmen. Wir zogen Stühle an einen großen, mit einer abgeschabten roten Decke bedeckten Tisch. Sie entschuldigte sich, daß sie uns weder Kaffee noch Tee anbieten könne.
Sie begann mit den charakteristischen Worten: »Soso war stets ein guter Junge.«
»Soso? Hm, das ist mein Sohn Joseph. Soso ist unser georgischer Kosename für Joseph. Ja, er war stets ein guter Junge. Ich brauchte ihn nie zu bestrafen. Er lernte eifrig, und unterhielt sich ständig und wollte über alles Bescheid wissen. Mit acht Jahren besuchte er die Schule in Gori.«
Bei Erwähnung des Namens Gori, eines etwa drei Stunden von Tiflis entfernt gelegenen Dorfes, wurde ihr Ton lebhaft und sie erklärte voller Heftigkeit:
»Eine Sache müssen Sie richtigstellen. Die Leute schwatzen immer, Soso sei in Lilo geboren, aber das ist ein großer Irrtum. In Lilo wurde nur sein Großvater geboren. Soso wurde in Gori geboren. Ich könnte Ihnen das Haus zeigen. Ich weiß, daß er dort geboren wurde. Ich bin seine Mutter, und ich muß es doch wohl wissen.«
Sie wurde ganz aufgeregt.
»Das war vor fünfzig Jahren; acht Tage nach Heiligabend alten Stils wird Soso einundfünfzig. Welcher Tag es nach dieser neumodischen Art zu rechnen ist, weiß ich nicht. Das konnte ich nie lernen. Ich weiß nur, daß ich damals zwanzig Jahre alt war, und daß Soso mein vierter Sohn ist.
»Aber die anderen starben alle, bevor er geboren wurde. Soso ist mein einziger Sohn. Selbstverständlich liebte ich ihn über alles in der Welt.«
»Und jetzt sind Sie natürlich sehr stolz auf ihn«, unterbrachen wir sie. »Ließen Sie es sich je träumen, daß er eine solche Stellung erringen würde?«
Sie lächelte ein wenig nervös, wandte sich um und lächelte der Frau in mittleren Jahren, einer befreundeten Nachbarin, zu und sagte:
»Hm, nein! Wir hatten nämlich mit Soso ganz andere Pläne. Sein Vater, Vissarion – ja, wenn sein Vater lebengeblieben wäre, hätte er Soso wahrscheinlich Schuster werden lassen. Mein Mann war nämlich Schuhmacher und ebenso sein Vater und sein Großvater, ja, soweit wir uns erinnern können, waren alle seine Vorfahren Schuhmacher, Bauernschuster, und Väterchen erklärte, er würde einen tüchtigen Schuhmacher aus Soso machen. Aber Väterchen starb, als Soso elf Jahre alt war.
»Und dann« – sie unterbrach sich und lächelte ihrer Freundin wieder zu, die das Lächeln erwiderte – »und dann mochte ich nicht, daß er ein Schuster würde. Mein größter Wunsch war« – sie schwieg wieder ein paar Sekunden – »daß er Priester würde.«
»Ja«, erklärte sie nachdrücklicher, »mein Traum war, daß Soso eines schönen Tages seine Studien beenden und Priester werden würde. Das erträumte ich mir.«
Visionen des antireligiösen Instituts in dem Strastnoi-Kloster in Moskau, flammende Plakate der Liga der Gottlosen, zahllose Kirchen in verschiedenen Stadien des Abbruchs und die ganze Haltung der kommunistischen Partei der Kirche gegenüber tauchten vor meinem geistigen Auge auf.
»Sind Sie immer noch religiös?« erkundigten wir uns.
»Hm«, sie zögerte. »Ich fürchte – ich fürchte, ganz so fromm wie einst bin ich nicht mehr. Mein Sohn hat mir soviel erzählt.« Sie blickte schärfer durch ihre Brille.
»Seht!« rief sie lebhafter und deutete auf ein Bild an der Wand. »So sah er aus, als er das theologische Seminar besuchte.« Das Bild stellte Joseph als jungen Menschen in dem einfachen Rock eines Seminaristen dar. Bereits in diesem jungen Alter verrieten die Augen, der Mund und der Gesichtsausdruck jene Willenskraft, die ihm einst helfen sollten, sich einen neuen, schicksalsschweren Namen zu erringen. Ein zweites Bild aus neuester Zeit zeigte Stalin sitzend, in einer weißen Roubaschka. Darunter stand: »Meiner Mutter.« An der gegenübergelegenen Wand hing ein wesentlich größeres Bild Lenins und gegenüber dem Fenster befand sich eine Darstellung der in der Geschichte der Sowjets berühmten Szene der Erschießung der sechsundzwanzig Baku-Kommissare durch die weißen Truppen. Der Maler hatte unter dieses Bild geschrieben: »Der Kameradin Katharina Djugashvili.«
»Aber es muß so vieles berichtigt werden«, fuhr sie fort. »Es ist nicht wahr, daß Soso von dem theologischen Seminar in Tiflis fortgejagt wurde. Ich nahm ihn aus Gesundheitsrücksichten fort.«
Das waren in der Tat Neuigkeiten. Sämtliche offiziellen Biographien über Stalin behaupten, er wäre Student des theologischen Seminars in Tiflis gewesen, aber der dortige religiöse Unterricht habe nicht den Neigungen des jungen Djugashvili entsprochen, er hätte angefangen, sich für revolutionäre Ideen zu interessieren und wäre wegen Unzuverlässigkeit davongejagt worden.
Dieser Punkt ist, wie jeder Kenner der Psychologie der Kommunistischen Partei weiß, wichtig. Daher stellte ich weitere Fragen.
»Nein«, beharrte sie, »ich erkläre Ihnen, er wurde nicht relegiert. Aus Gesundheitsgründen nahm ich ihn fort. Als er von Gori nach Tiflis ging und in das Seminar eintrat, war er fünfzehn und einer der kräftigsten Burschen, die Sie je gesehen haben. Aber dann studierte er auf dem Seminar zu eifrig, und mit neunzehn hatte er sich so abgearbeitet, daß die Ärzte befürchteten, er würde schwindsüchtig werden. Daher nahm ich ihn aus der Schule. Er wollte nicht fort. Ich nahm ihn heraus! Er war mein einziger Sohn.«
Sie sprach mit größter Energie. Was konnte man dagegen einwenden. Trotzdem wagte ich einen letzten Versuch.
»Aber jeder einzige behauptet und alle Bücher schreiben es, er wäre relegiert worden.«
»Unsinn«, rief sie, »ich nahm ihn heraus.«
Vielleicht sind in diesem Falle die offiziellen Berichte zutreffend; es ist nicht nur möglich, sondern sicher, daß Stalins Mutter überzeugt war, die Wahrheit über eine der schmerzlichsten Episoden ihres Lebens zu erzählen. Für die Mutter, eine fromme Frau, war Relegation etwas, das man einfach nicht zugeben durfte. Man konnte nicht zugestehen, daß der Sohn kurz vor der Priesterweihe wegen »Unzuverlässigkeit« herausgeworfen worden sei. Man mußte den Nachbarn der Familie, jedem Neugierigen erklären, er wäre aus Gesundheitsgründen abgegangen.
All das war vor 32 Jahren geschehen, 20 Jahre vor der Revolution, welche die Ausstoßung aus einem theologischen Seminar in ganz neuem Lichte erscheinen ließ. Wenn man 20 Jahre immer wieder die gleiche Geschichte wiederholt, dann prägt sie sich fest in das Gedächtnis ein. Nach 20 Jahren kann man keine Zugeständnisse machen. Stalins Mutter stellt die Tatsachen mit positiver Sicherheit dar – aber das tun auch die offiziellen Berichte.
Für Katharina Djugashvili waren diese 20 Jahre von so viel Kummer erfüllt, daß man nicht an ihnen rühren durfte.
»Ich bin einundsiebzig Jahre«, sagte sie, »aber ohne diese Jahre wäre ich heute noch eine wesentlich jüngere Frau. Das Schlimmste war, wenn ich keine Ahnung hatte, wo er sich befand. Ständig im Kerker, in der Verbannung in Sibirien, zuletzt sogar im arktischen Gebiet.«
Man konnte sich ihre Empfindungen vorstellen. Die Geschichte jener Jahre ist unerhört. Sie erklärt vieles – weshalb der junge Djugashvili hart wurde, weshalb Lenin von ihm erklärte, er würde noch eine heiße Suppe kochen, weshalb die Leute in Moskau erklären, er braue jetzt einen heißen Trank und weshalb seine Mutter sich abgrämte. Stalins Geschichte ist weit interessanter und instruktiver als die Lebensgeschichte der meisten Staatshäupter großer Nationen.
Die bloße Aufzählung der Daten spricht Bände: 1898 – im Alter von 18 Jahren Beitritt zur sozialdemokratischen Organisation in Tiflis.
1901 – Stellung unter Polizeiaufsicht, Flucht nach Baku, Mitwirkung bei Gründung der ersten illegalen, marxistischen Gruppe.
1902 bis 1903 – Gefängnisstrafe in Kutalsk und Batum.
1903 – für 3 Jahre nach Ostsibirien verbannt.
1903 – Flucht.
1908 – Verhaftung, Verbannung nach Vologodsky Gubernia für 3 Jahre.
1909 – Flucht.
1909 – Verhaftung und Verbannung nach Solvichevodsk für 6 Jahre.
1910 – Flucht.
1910 – Verhaftung, Kerker, Verbannung nach Vologodsky Gubernia für 3 Jahre.
Dezember 1911 – Flucht.
April 1912 – Verhaftung und Verbannung nach Narimsky Krai in Nordsibirien.
September 1912 – Flucht.
März 1913 – Verhaftung und Verbannung nach Turukhansky Krai in der Arktik.
Februar 1917 – Freilassung infolge der Kerensky-Revolution.
Nur der Polarkreis vermochte ihn festzuhalten. In den 19 Jahren von 1898 bis 1917 wurde er sechsmal verhaftet, eingekerkert und verbannt, entfloh fünfmal und verbrachte insgesamt 8 Jahre hinter Kerkerstäben oder in Sträflingslagern. Es heißt von Stalin, daß ihm die Härte der Verbannungen wenig anhatte. Körperlich robust, blieb er unter Verhältnissen gesund, denen seine Kameraden erlagen.
Die bloße Erwähnung jener Zeit läßt seine Mutter in schmerzlicher Erinnerung erschauern. Nur schwer vermochte sie die Bedeutung des Umschwungs, der in der Stellung ihres Sohnes stattgefunden hatte, zu begreifen.
»Einmal besuchte ich den Kreml«, sagte sie. »Nur ein einziges Mal bin ich in Moskau gewesen. Ich wohnte bei meinem Sohn, aber es gefiel mir dort nicht. Die Reise ist zu weit, und es ist alles ganz anders wie in Georgien. O ja, er kommt häufig nach Georgien. Aber selten reist er weiter als bis Sochi, drüben an der Küste. Ich glaube, gegenwärtig hält er sich wieder dort auf.
Soso besuchte mich einmal, 1921, und einmal vor drei Jahren.«
Leise Sehnsucht sprach aus ihrer Stimme. Selbst für die eigene Mutter ist Stalin in mancher Hinsicht ein Rätsel. Sie blickte sich im Zimmer um. Es entstand eine lange Pause. Der Raum schien größer und Frau Djugashvili kleiner zu werden. Es war ein großes Zimmer, und es enthielt zahlreiche Möbel, 7 Sessel, alle verschieden, 2 einfache Kleiderschränke, 3 Sofas, in einer Ecke einen kleinen Tisch, außerdem den großen, an welchem wir saßen. Die ganze Einrichtung machte einen ärmlichen Eindruck. Ein leichter Wind bewegte den Feigenbaum auf dem Hof. Auch eine lange Flechte von Frau Djugashvilis grauem Haar schwankte im Luftzug hin und her.
»Moskau liegt sehr weit.«
»Sehen Sie«, rief sie aus und trat eilig an den Tisch in der Ecke, der hoch mit Zeitschriften und Zeitungen bedeckt war. Sie deutete auf den Stapel, von denen jedes einzelne Blatt einen Artikel, eine Rede oder ein Bild von Stalin enthielt. »Sehen Sie, wie er arbeitet. All dies hat er geschrieben. Er arbeitet zu angestrengt.
»Und er hat obendrein eine Familie. Aber für ein Familienleben ist er viel zu beschäftigt. Da ist z. B. mein Großsohn Jascha, Sosos Sohn aus erster Ehe. Jascha ist heute vierundzwanzig, seine Mutter Katharina starb vor der Revolution an Lungenentzündung.
»Und heute habe ich zwei weitere Enkelkinder, Sosos Sohn Vassily. Er ist acht, und ein kleines Töchterchen, Svetlana, sie ist fünf. Beide leben bei Sosos zweiter Frau, Nadezhda Alleluja. Alleluja war ein berühmter Kommunist, ein Freund Lenins. Nadezhda ist seine Tochter.«
Bei der Erwähnung Lenins fiel ihr etwas ein. »Sie wissen doch«, sagte sie, »daß Lenin Soso den Namen Stalin gab. Lenin behauptete, er gliche Stahl. Es war ein guter Name.«
Die Uhr hatte bereits zwölf geschlagen. Ich fragte, ob wir sie photographieren dürften. Sie zögerte. Sie hätte Kopfschmerzen, es wäre unmöglich.
»Vielleicht später?«
»Ja, vielleicht. Kommen Sie gegen fünf Uhr, dann können wir ja sehen.«
Um fünf Uhr erschienen wir wieder. Seit einer Stunde hatte sich Katharina Djugashvili bereits für uns fertiggemacht. Diesmal trug sie nicht das schlichte Hauskleid einer georgischen Bauersfrau, sondern das vornehme Schwarz und Weiß, das geschmackvolle und eindrucksvolle Nationalkostüm für feierliche Gelegenheiten.
Wir machten einen Spaziergang durch den Park. Die Magnolien und die Kapjasminsträucher, die uns umgaben, das dunkle Blätterwerk subtropischer Gewächse ließen Rußland zu einer fernen Erinnerung verblassen. Katharina Djugashvili verabschiedete sich von uns. Nach herzlicher georgischer Sitte nahm sie meine beiden Hände in die ihren und sagte: »Ich habe eine Bitte. Würden Sie wohl eines der Bilder Soso schicken?«