Friedrich Maximilian Klinger
Faust's Leben, Taten und Höllenfahrt
Friedrich Maximilian Klinger

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Sie kamen nach dem Gasthofe. Faust, dem nun das Betragen seiner Frau wieder einfiel, war mürrisch und betroffen, er konnte es ihr nicht vergeben, daß ihr weiter keine Klagen über seine Entfernung entfahren seien, nachdem sie das Gold und die Kleinodien gesehen hatte. Er glaubte sich bisher mehr von ihr geliebt, als alle Schätze der Erde, und dachte, sie würde dieselben um seinetwillen fahren lassen. Diese Bemerkung über eine ihm so nahe Person machte einen widrigen Eindruck auf sein Herz. So strenge richtet und schließet nur der, den sein eignes Herz verurteilt, als Faust diesen Augenblick in seinem Innern tat. Der Teufel merkte, wo es ihn drückte, ließ ihn gern an diesen düstern Gedanken zerren, damit er das süße Band, worin ihn die Natur noch leise gefesselt hielt, ganz zerreißen möchte. Er sah mit innigem Genusse die schreckliche Qual, die einst daraus entspringen würde, wenn die Zukunft alle die Ungeheuer enthüllen sollte, womit der verwegne Faust sie zu füllen auf dem Wege war.

Mittags speisten sie mit einigen Äbten und Professoren an der Wirtstafel, die zur Ergötzung des Teufels bald in einen heftigen Streit über die Nonne Klara gerieten. Noch war das Kriegsfeuer in aller Stärke, der Parteigeist raste in allen Häusern und die Streiter am Tische gebärdeten sich so wütend, sagten über den bekannten Fall so tolle Sachen, daß Faust alle übele Laune vergaß. Als aber ein Doktor der Theologie behauptete, es sei möglich, daß der Teufel sein Spiel so weit getrieben hätte, die Nonne durch den Traum in gewisse Umstände zu versetzen, brach der Teufel in ein brüllendes Lachen aus, und Fausten fuhr der Gedanke durch den lüsternen Sinn, sich auf eine schreiende Art an dem Erzbischof zu rächen, der seiner Erfindung so wenig geachtet. Er hoffte dadurch den Gegenstand des theologischen und politischen Haders und Zweikampfs in Mainz so zu verwirren, daß kein menschlicher Geist dieses Chaos mehr auseinander wickeln sollte. Er bedachte nicht, daß er ihm dadurch ein Ende machte. Nach Tische befahl er dem Teufel, ein Mittel auszusinnen, daß er diese Nacht, unter der Gestalt des Dominikaners, bei der Nonne Klara liegen könnte. Der Teufel erwiderte, es sei ein leichtes, und wenn es ihm gefiele, so sollte ihn die Äbtissin selbst in die Zelle der Nonne führen. Faust spottete des Teufels, denn die Äbtissin war ihm als eine fromme, strenge und gewissenhafte Frau bekannt.

Teufel. Faust, dein Weib erhub ein Zetergeschrei, als du ihr deine Reise ankündigtest; aber da der Schimmer des Goldes und des Putzes in ihre Augen strahlte, lachte das Herz des Kummers. Ich sage dir, die Äbtissin soll dich in die Zelle der Nonne führen, und ich will keine übernatürliche Mittel gebrauchen. Du selbst sollst Zeuge sein, wie die alte Vettel in die Angel beißen wird. Komm, wir wollen ihr, unter der frommen Gestalt zweier Nonnen, einen Besuch machen. Ich kenne die Lager der Klöster, die Gesinnungen der Nonnen und Mönche in Teutschland genau, um sie vorstellen zu können. Ich will die Äbtissin der schwarzen Nonnen vorstellen, und du ihre Freundin, die Schwester Agathe.

In diesem Augenblick kam Fausts Freund voller Freude, ihm die Nachricht von dem glücklichen Ausgang seines Prozesses zu überbringen. Er wollte Fausten und dem Teufel danken, Faust aber sagte: »Ich entlasse Euch alles Danks, und empfehle Euch meine Familie in meiner Abwesenheit.« Der Teufel lächelte über sein Zutrauen. Faust raunte diesem ins Ohr: »es ist Zeit; denke des Richters!«


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