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Ich möchte einen ganzen Paragraphen bloß über und für die Heiterkeit und Scherzhaftigkeit der Mädchen schreiben und ihn den Müttern zueignen, da sie jene so oft verbieten. Denn etwa den Mädchen selber ernsthaft vorzuschlagen, sie möchten gelegentlich lachen, hieße fast ihnen den Gegenstand sogleich mitbringen. Hingegen Mütter murren gern (sollten sie auch oft innerlich lachen, wie umgekehrt die Töchter häufig nur äußerlich). Sie sind von der triumphierenden Kirche der Jungfrauen in die streitende der Frauen übergetreten – die wachsenden Pflichten haben den Ernst verdoppelt – der Bräutigam ist aus einem Honigkuckuck, der zur Süße der Honigwochen einlud, ein gesetzter Honig-Bär geworden, der den Honig selber haben will. –
Nun, um desto mehr, ihr Mütter, gönnt den lieben leichten Wesen das Spielen um die Blumen, die Flatter-Minute vor langen Ernst-Jahren. Warum soll nicht bei ihnen, wie bei den Römern, das Lustspiel früher da sein als das Harm-Spiel? Darf der Jüngling ein Zephyr sein, warum nicht die Jungfrau eine Zephyrette? – Gibt es etwas so Schönes und Poetisches im Leben als das Lachen und Scherzen einer Jungfrau, welche, noch in der Harmonie aller Kräfte, mit und auf allen in üppiger Freiheit spielt, und die weder höhnt noch haßt, wenn sie scherzt? Denn den echten, weder der Satire noch dem männlichen Humor ähnlichen und den Autoren doch so schweren Scherz der Poesie haben und lehren Mädchen, z. B. Leipziger, oder andere schöne Gegenfüßlerinnen der Fische, welche, wie bekannt, sowohl stumm sind als das Zwerchfell entbehren. Ihr Ernst ist selten so unschuldig als ihr Scherz: noch weniger ists jener übermütige Mißmut, der die jungfräuliche Psyche zu einem schweren, dicken, summenden, flügelhängenden Nachtschmetterling macht, z. B. zum Totenkopfvogel. – Dem Liebe-Anfänger mag vielleicht der Nachtfalter gefallen; aber ein Ehe-Mann verlangt seine Tag-Psyche; denn die Ehe fodert Heiterkeit. Bei einem libyschen VolkeAlex. ab Alex. L. I. c. 24. heiratete der Jüngling unter den Gast-Mädchen das, welches zu seinem Spaße lachte; vielleicht steckt meine Meinung in dieser Sitte.
Lachende Heiterkeit wirft auf alle Leben-Bahnen Tages-Licht; der Mißmut weht seinen bösen Nebel in jede Ferne; der Schmerz macht zerstreuter und verworrener als der sogenannte Leichtsinn. Kann hingegen eine Frau diese Komödie aus dem Stegreif in die Ehe hineinspielen und zuweilen das starre Epos des Mannes oder Helden durch ihr komisches Heldengedicht anleuchten, oder gegen Unglücksfälle, wie Römer taten, ein lustiges Spiel anordnen: so hat sie Freude und Mann und Kinder bestochen und gewonnen.
Man fürchte doch nie, daß weibliches Scherzen die Seelen-Tiefe und das Gefühl ausschließe. Tut es denn das männliche? Und bauete nicht der Gesetzgeber Lykurg in seinem Hause dem Lachen einen Altar, und seine Sparter überall? Gerade unter dem äußern Scherze wuchert die stille Kraft des Herzens fort, und es füllt sich selber an; wie himmlisch alsdann, wenn endlich das lächelnde Gesicht zum ersten Male vor Liebe weint, und die übermächtige Träne die ganze weiche Seele spiegelt!
Die Mutter erduld' es also nicht nur – daß ihre Tochter außen eine Französin, innen eine Deutsche ist und sich das Leben in ein komisches Gedicht verwandelt, das die tiefe Bedeutung mit einem lustigen Spiele umgibt –, sondern sie beförder' es selber. Bücher dazu – denn wir Männer denken zuerst an diese, wenn Rat zu geben ist – wüßt' ich, außer den Brieftaschen der einzigen Sevigné, wenige zu empfehlen. Aber Witz, bloßer Witz ist – zuwider der Ästhetik – den Weibern Komus und Humor; ein Sinngedicht ist ihnen ein humoristisches Kapitel, und Haug oder Martial ihnen ein Sterne oder Aristophanes; über die witzige Hochzeit des Großen und Kleinen (welche nur der von der langen verwandten Wesenkette herunterschauende Mann für keine Mißheirat nimmt) wollen sie sich krank lachen, oder eigentlich gesund. Himmel, lacht nur! Und es mögen euch die Mütter recht viele Sinngedichte vorlesen! Ich wollte überhaupt, es gäbe eine reine Auslese davon bloß für Mädchen und etwa ein oder ein paar komische Werke für sie, welche sehr französisch lauten würden! – Lasset denn die lieblich-neckenden Kinder sich recht untereinander und besonders den ersten besten Schwergewicht-Mann auslachen, der unter sie kommt, und gehörte er zu Verfassern neunundneunzigster Paragraphen.
Man könnte noch über die Erziehung genialer Weiber nachforschen; und für sie noch eine besondere erfodern. Ich aber will für sie noch stärker auf der gewöhnlichen, die ein Ballast und Gegengewicht ihrer Phantasie ist, bestehen. Der Genius, der mit Wunderwerken wie mit heiligen Festtagen mitten in den Wochenlauf einbricht, ist, wie nicht zu lehren und wenig zu belehren, so nicht zu besiegen; und er wird der Zeit, dem Geschlechte und jeder Enge rüstig die Stirne bieten. Talent, nicht Genie, ist zu unterdrücken, d. h. zu entseelen; so wie wohl das Zusammengesetzte zu töten, nämlich zu trennen ist, aber nicht die einfache Kraft. – Und in der Tat, wäre sie möglich, die Unterdrückung des Genies durch Lagen: so hätte man noch kein einziges erlebt, da es, immer nur als ein Schalttag mehrer Jahre erscheinend, nur als ein Tag gegen eine Stimmen-Mehrheit von 1460 Tagen auftretend und abstimmend, ja den entgegengesetzten Entwickelungen, d. h. den Einwickelungen, die noch dazu, von der frühesten Zeit an einkerkernd, bis in die späteste fortbinden wollen, hätte erliegen müssen, wie ein Roß unter Bienenstichen. Dennoch gabs – denn das Wort ist da – Genies; sie schlossen anfangs, wie andere Feld- und Weltherren, Separatfrieden mit der Nachbarschaft, und erst nach dem Tode den allgemeinen mit der Welt.
Aber muß gleichwohl ein genialer Mann auch ein Mensch und ein Bürger, und soll er womöglich ein Vater sein: so kann eine Frau sich nicht durch Genialität über ihr noch bestimmteres Lebens-Tagwerk erhoben dünken. Wenn ein Jean Jaques für die Erziehung schreibt, so kann eine geistvolle Jeannette Jaqueline sich nicht des Geschäftes geistvoller Männer schämen; vielmehr müßte das so seltene Übermaß des weiblichen Talents mehr den Beruf zur Erziehung geben als einen Freibrief davon.
Wenn sie aber sich der Taten schämen, und doch der Ideen rühmen: so rächt sich ihre Bestimmung gerecht und strenge an ihnen.
Erstlich gerecht. Denn die Frau ist zur Vesta oder Vestalin des Hauses, nicht zur Ozeanide des Weltmeers bestimmt; je voller des Ideals sie ist, desto mehr muß sie streben, sich in der Wirklichkeit, wie das Ideal der Ideale, Gott, sich in der Welt, auszudrücken; und etwa eine Tochter, wie dieser ein Menschengeschlecht, zu erziehen. Kann ein Dichter ebensogut in der Enge der niederländischen Schule als im Horizonte der italienischen sein Ideal aussprechen: warum sie nicht ihres in der Küche, Keller und Kinderstube?
Aber strenge zweitens ist die Rüge des versäumten Verhältnisses. Nie kann eine Frau vergessen zu lieben, sie möge dichten oder herrschen. Statt der Kinder suchen dann die genialen die Männer. Sie wollen von diesen geliebt sein wie Weiber, lieben aber selber wie Männer. So werden sie denn als fliegende Fische zwischen zwei Elementen, zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit, von beiden verwundet und in zwei Reichen verfolgt. Sie werden alsdann desto unglücklicher, je weiter ihr geistiger Umkreis sich auszieht; z. B. eine Dichterin wirds mehr als eine Malerin.
Vereinigen sie aber die weibliche Bestimmung mit der genialen: so kömmt ein hohes seltenes Glück in ihr Herz; an ihrer Höhe schmelzen, wie an Bergen, alle die Wolken, welche in den Tälern regnen.
Was solchen Köpfen am meisten zu wünschen ist, dies ist eine Krone, oder ein Herzogs-, ein Fürstenhut; und dies führt auf das nächste Kapitel.