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Vorwort.

Der moderne Geist, der die Geschichtsforschung seit neuester Zeit beherrscht, kennzeichnet sich insbesondere dadurch, daß sie ihren Zweck jetzt in der zusammenhängenden Darstellung des ganzen Lebens der Menschheit erblickt und die malerische oder dramatische Schilderung einzelner Ereignisse zwar als nützlich anerkennt, sie aber immer mehr dem Studium der grundlegenden socialen Bewegung unterordnet, deren Verständniß und Erläuterung das Endziel jedes Geschichtsschreibers sein sollte.

Zwar erfordert eine vollkommen zweckmäßige Erforschung dieser Bewegung die vereinigte Betrachtung aller ihrer Bestandtheile und die Untersuchung der Uebereinstimmung, die den Fortschritt jedes einzelnen gesellschaftlichen Faktors mit dem der übrigen verbindet; aber es ist nothwendig, jeden abgesondert zu studiren, wobei man freilich den gegenseitigen Zusammenhang nicht aus dem Auge verlieren darf. In dem vorliegenden Buche soll hauptsächlich eine Entwicklungslinie nachgewiesen werden, die sich durch die Geschichte der abendländischen Völker zieht und in ihrem Einfluß auf die Geschicke des Menschengeschlechts kaum irgend einer andern nachstand – wir meinen diejenige, mittels welcher aus der Sklaverei alter Zeiten das moderne freie Arbeitswesen hervorging. Außer einer Darlegung dieser großen und segensreichen Umwälzung bieten wir eine Beschreibung der mißbräuchlichen Kolonialsklaverei und ihrer allgemeinen Beseitigung, sowie eine Darstellung der andauernden Bemühungen, die im Orient noch herrschende Sklaverei zu beseitigen, unter besonderer Berücksichtigung der neueren Vorgänge in Afrika.

Unser Buch ist wenig umfangreich und der Fachgelehrte wird darin manches vermissen. Wir haben es aber eben nicht für Fachgelehrte, sondern für denkende und gebildete Laien geschrieben und daher Gewicht gelegt auf gewisse allgemeine Ideen und liberale Ansichten, die im Zusammenhang mit der Geschichte der Sklaverei allen intelligenten Personen geläufig sein sollten. Dabei haben wir uns redlich – und hoffentlich mit Erfolg – bemüht, hinsichtlich des Thatsachen-Materials nur ganz Richtiges zu geben. Die einschlägige Fachliteratur haben wir ziemlich vollständig studirt und nach Möglichkeit benutzt. (Vergl. Quellenverzeichniß.)

»Sklave« (engl. » slave«) bedeutete ursprünglich einen von den alten Germanen gefangenen und geknechteten Angehörigen der slavischen Rasse. Gibbon schreibt: »Als Gefangene oder Unterjochte breiteten die Slaven sich zwischen dem Schwarzen und dem Adriatischen Meer aus, und Zufall oder Bosheit verwandelte die Bezeichnung ›Slave‹, die früher rühmlich war, in etwas Knechtisches.« Gibbon spielt hier auf die Ableitung des Volksnamens »Slave« von » slava« (Heil, Ruhm) an.


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