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Ich gedenke dieser Tatsachen, weil sie über den Unterschied zwischen dem Auswurf trockener Asche und schlammartiger, Holz, Kohle und Muscheln umwickelnder Anschwemmungen von Tuff und Traß einiges Licht verbreiten. Die Aschenmenge, welche der Vesuv neuerlichst ausgeworfen, ist, wie alles, was mit den Vulkanen und anderen großen, schreckenerregenden Naturerscheinungen zusammenhängt, in öffentlichen Blättern übermäßig vergrößert worden; ja zwei neapolitanische Chemiker, Vicenzo Pepe und Giuseppe di Nobili, schrieben sogar, trotz der Widersprüche von Monticelli und Covelli, der Asche Silber- und Goldgehalt zu. Nach meinen Untersuchungen hat die in 12 Tagen gefallene Aschenschicht gegen Bosche Tre Case hin, am Abhange des Konus, da wo Rapilli beigemengt waren, nur drei Fuß, in der Ebene höchstens 15 bis 18 Zoll Dicke erreicht. Messungen dieser Art müssen nicht an solchen Stellen geschehen, wo die Asche, wie Schnee oder Sand, vom Winde zusammengeweht oder durch Wasser breiartig angeschwemmt ist. Die Zeiten sind vorüber, wo man, ganz nach Art der Alten, in den vulkanischen Erscheinungen nur das Wunderbare suchte, wo man, wie Ktesias, die Asche des Ätna bis nach der indischen Halbinsel fliegen ließ. Ein Teil der mexikanischen Gold- und Silbergänge findet sich freilich in trachyt-artigem Porphyr; aber in der Vesuvasche, die ich mitgebracht und die ein vortrefflicher Chemiker, Heinrich Rose, auf meine Bitte untersucht hat, ist keine Spur von Gold oder Silber zu erkennen.
So entfernt auch die Resultate, welche ich hier entwickle und welche Monticellis genauern Beobachtungen entsprechen, von denen sind, die man in den letzten Monaten verbreitet hat, so bleibt doch der Aschenauswurf des Vesuvs vom 24. zum 28. Oktober der denkwürdigste, von dem man, seit des älteren Plinius Tode, eine sichere Nachricht hat. Die Menge ist vielleicht dreimal größer gewesen als alle Asche, welche man hat fallen sehen, solange vulkanische Erscheinungen mit Aufmerksamkeit in Italien beobachtet werden. Eine Schicht von 15 bis 18 Zoll scheint, auf den ersten Anblick, unwichtig gegen die Masse, mit der wir Pompeji bedeckt finden. Aber ohne auch der Regengüsse und Anschwemmungen zu gedenken, die allerdings diese Masse, seit Jahrhunderten, vermehrt haben mögen, ohne den lebhaften Streit wieder aufzuregen, welcher, jenseits der Alpen, über die Zerstörungsursachen der kampanischen Städte mit vielem Skeptizismus geführt worden ist: darf man wohl hier in Erinnerung bringen, daß die Ausbrüche eines Vulkans, in weit voneinander entfernten Zeitepochen, ihrer Intensität nach, keinesweges miteinander zu vergleichen sind. Alle auf Analogien gestützte Schlüsse sind unzureichend, wenn sie sich auf quantitative Verhältnisse, auf Menge der Lava und Asche, auf Höhe der Rauchsäulen, auf Stärke der Detonationen beziehen.
Aus der geographischen Beschreibung des Strabo und einem Urteil des Vitruvius über den vulkanischen Ursprung des Bimssteins ersieht man, daß bis zu Vespasians Todesjahre, d. h. bis zum Ausbruch, der Pompeji bedeckte, der Vesuv mehr einem ausgebrannten Vulkan als einer Solfatara ähnlich sah. Wenn plötzlich nach langer Ruhe die unterirdischen Kräfte sich neue Wege eröffneten, wenn sie Schichten von uranfänglichem Gestein und Trachyt wiederum durchbrachen, so mußten Wirkungen sich äußern, für welche die später erfolgten kein Maß abgeben können. Aus dem bekannten Briefe, in welchem der jüngere Plinius den Tod seines Oheims dem Tacitus berichtet, ersieht man deutlich, daß die Erneuerung der Ausbrüche, man könnte sagen die Wiederbelebung des schlummernden Vulkans, mit Eruption der Asche anfing. Eben dies wurde bei Xorullo bemerkt, als der neue Vulkan im September 1759, Syenit- und Trachytschichten durchbrechend, sich plötzlich in der Ebene erhob. Die Landleute flohen, weil sie auf ihren Hüten Asche fanden, welche aus der überall geborstenen Erde hervorgeschleudert ward. Bei den gewöhnlichen periodischen Wirkungen der Vulkane endigt dagegen der Aschenregen jede partielle Eruption. Überdies enthält der Brief des jüngeren Plinius eine Stelle, welche deutlich anzeigt, daß gleich anfangs, ohne Einfluß von Anschwemmungen, die aus der Luft gefallene trockene Asche eine Höhe von 4 bis 5 Fuß erreichte. »Der Hof«, heißt es im Verfolg der Erzählung, »durch den man in das Zimmer trat, in welchem Plinius Mittagsruhe hielt, war so mit Asche und Bimsstein angefüllt, daß, wenn der Schlafende länger gezögert hätte, er den Ausgang würde versperrt gefunden haben.« In dem geschlossenen Raume eines Hofes kann die Wirkung Asche zusammenwehender Winde wohl eben nicht beträchtlich gewesen sein.
Ich habe meine vergleichende Übersicht der Vulkane durch einzelne, am Vesuv angestellte Beobachtungen unterbrochen, teils des großen Interesses wegen, welches der letzte Ausbruch erregt hat, teils aber auch, weil jeder starke Aschenregen uns fast unwillkürlich an den klassischen Boden von Pompeji und Herculanum erinnert. In einer Beilage, deren Lesung für diese Versammlung nicht geeignet ist, habe ich alle Elemente der Barometermessungen zusammengedrängt, welche ich am Ende des letztverflossenen Jahres am Vesuv und in den Phlegräischen Feldern zu machen Gelegenheit gehabt habe.
Wir haben bisher die Gestalt und die Wirkungen derjenigen Vulkane betrachtet, die durch einen Krater in einer dauernden Verbindung mit dem Inneren der Erde stehen. Die Gipfel solcher Vulkane sind gehobene, durch Gänge mannigfaltig durchschnittene Massen von Trachyt und Laven. Die Permanenz ihrer Wirkungen läßt auf eine sehr zusammengesetzte Struktur schließen. Sie haben, sozusagen, einen individuellen Charakter, der in langen Perioden sich gleich bleibt. Nahe gelegene Berge der Art geben meist ganz verschiedene Produkte: Leucit- und Feldspat-Laven, Obsidian mit Bimsstein, olivinhaltige, basaltartige Massen. Sie gehören zu den neueren Erscheinungen der Erde, durchbrechen meist alle Schichten des Flözgebirges, und ihre Auswürfe und Lavaströme sind späteren Ursprungs als unsere Täler. Ihr Leben, wenn man sich dieses figürlichen Ausdrucks bedienen dürfte, hängt von der Art und Dauer ihrer Verbindungen mit dem Inneren des Erdkörpers ab. Sie ruhen oft jahrhundertelang, entzünden sich plötzlich wieder und enden als Wasserdampf, Gasarten und Säuren ausstoßende Solfataren; aber bisweilen, wie man an dem Pic von Teneriffa bemerkt, ist ihr Gipfel bereits eine Werkstatt regenerierten Schwefels geworden: und doch entfließen noch mächtige Lavaströme den Seiten des Berges, basaltartig in der Tiefe, obsidianartig mit Bimsstein nach oben hin, wo der Druck geringer ist.
Unabhängig von diesen mit permanenten Kratern versehenen Vulkanen, gibt es eine andere Art vulkanischer Erscheinungen, die seltener beobachtet werden, aber, vorzugsweise belehrend für die Geognosie, an die Urwelt, d. h. an die frühesten Revolutionen unsers Erdkörpers, erinnern. Trachytberge öffnen sich plötzlich, werfen Lava und Asche aus und schließen sich wieder, vielleicht auf immer. So der mächtige Antisana in der Andeskette, so der Epomäus auf Ischia im Jahre 1302. Bisweilen geschieht ein solcher Ausbruch selbst in der Ebene: wie im Hochlande von Quito, auf Island, fern vom Hekla, und auf Euböa in den Lelantischen Gefilden. Viele der gehobenen Inseln gehören zu diesen vorübergehenden Erscheinungen. Die Verbindung mit dem inneren Erdkörper ist dann nicht permanent; die Wirkung hört auf, sobald die Kluft, der kommunizierende Kanal, wiederum geschlossen ist. Gänge von Basalt, Dolerit und Porphyr, welche in verschiedenen Erdstrichen fast alle Formationen durchschneiden; Syenit, Augit-Porphyr und Mandelsteinmassen, welche die neuesten Schichten des Übergangsgebirges und die älteste Schicht des Flözgebirges charakterisieren: sind wahrscheinlich auf eine ähnliche Weise gebildet worden. In dem Jugendalter unseres Planeten drangen die flüssig gebliebenen Stoffe des Inneren durch die überall geborstene Erdrinde hervor: bald erstarrend als körniges Ganggestein, bald sich überlagernd und schichtenweise verbreitend. Was die Urwelt von ausschließlich sogenannten vulkanischen Gebirgsarten uns überliefert hat, ist nicht bandartig, wie die Laven unserer isolierten Kegelberge, geflossen. Die Gemenge von Augit, Titan-Eisen, Feldspat und Hornblende mögen zu verschiedenen Epochen dieselben gewesen sein, bald dem Basalte, bald dem Trachyte näher; die chemischen Stoffe mögen sich (wie es Mitscherlichs wichtige Arbeiten und die Analogie künstlicher Feuerprodukte lehren) in bestimmten Mischungsverhältnissen kristallinisch aneinandergereiht haben: immer erkennen wir, daß ähnlich zusammengesetzte Stoffe auf sehr verschiedenen Wegen an die Oberfläche der Erde gekommen sind, entweder bloß gehoben oder aus temporären Spalten vorgedrungen, und daß sie, die älteren Gebirgsschichten, d. h. die früher oxydierte Erdrinde, durchbrechend, sich endlich aus Kegelbergen, die einen permanenten Krater haben, als Lavaströme ergossen. Die Verwechselung dieser so verschiedenartigen Erscheinungen führt die Geognosie der Vulkane in das Dunkel zurück, dem eine große Zahl vergleichender Erfahrungen sie allmählich zu entreißen angefangen hat.
Es ist oft die Frage aufgeworfen worden: was in den Vulkanen brenne, was die Wärme errege, bei welcher Erde und Metalle schmelzend sich mischen. Die neuere Chemie hat zu antworten versucht: was da brennt, sind die Erden, sind die Metalle, sind die Alkalien selbst; es sind die Metalloide dieser Stoffe. Die feste, bereits oxydierte Erdrinde scheidet das umgebende sauerstoffhaltige Luftmeer von den brennbaren unoxydierten Stoffen im Innern unseres Planeten. Bei dem Kontakt jener Metalloide mit zudringendem Sauerstoff entsteht die Wärmeentbindung. Der berühmte, geistreiche Chemiker, der diese Erklärung vulkanischer Erscheinungen vortrug, hat sie bald selbst wiederum aufgegeben. Die Erfahrungen, welche man unter allen Zonen in Bergwerken und Höhlen gemacht und welche ich mit Arago in einer eigenen Abhandlung zusammengestellt, beweisen, daß schon in geringer Tiefe die Wärme des Erdkörpers um vieles höher als an demselben Orte die mittlere Temperatur des Luftkreises ist. Eine so merkwürdige und allgemein bewährte Tatsache steht in Verbindung mit dem, was die vulkanischen Erscheinungen uns lehren. Es ist die Tiefe berechnet worden, in welcher man den Erdkörper als eine geschmolzene Masse betrachten könne. Die primitive Ursach dieser unterirdischen Wärme ist, wie an allen Planeten, der Bildungsprozeß selbst, das Abscheiden der sich ballenden Masse aus einer kosmischen dunstförmigen Flüssigkeit, die Abkühlung der Erdschichten verschiedener Tiefen durch Ausstrahlung. Alle vulkanischen Erscheinungen sind wahrscheinlich das Resultat einer steten oder vorübergehenden Verbindung zwischen dem Innern und Äußern unseres Planeten. Elastische Dämpfe drücken die geschmolzenen, sich oxydierenden Stoffe durch tiefe Spalten aufwärts. Die Vulkane sind demnach intermittierende Erdquellen; die flüssigen Gemenge von Metallen, Alkalien und Erden, welche zu Lavaströmen erstarren, fließen sanft und stille, wenn sie, gehoben, irgendwo einen Ausgang finden. Auf ähnliche Weise stellten sich die Alten (nach Platons Phädon) alle vulkanischen Feuerströme als Ausflüsse des Pyriphlegethon vor.
Diesen Betrachtungen sei es mir erlaubt eine andere, gewagtere, anzuschließen. Liegt nicht auch in der inneren Wärme des Erdkörpers, auf welche Thermometerversuche über Quellen, die aus verschiedenen Tiefen emporsteigen, und Beobachtungen über die Vulkane hindeuten, die Ursache eines der wunderbarsten Phänomene, welche die Petrefaktenkunde uns darbietet? Tropische Tiergestalten, baumartige Farrenkräuter, Palmen und Bambusgewächse liegen vergraben im kalten Norden. Überall zeigt uns die Urwelt eine Verteilung organischer Bildungen, mit welcher die dermalige Beschaffenheit der Klimate im Widerspruch steht. Zur Lösung eines so wichtigen Problems hat man mehrerlei Hypothesen ersonnen: Annäherung eines Kometen, veränderte Schiefe der Ekliptik, vermehrte Intensität des Sonnenlichtes. Keine derselben hat den Astronomen, den Physiker und den Geognosten zugleich befriedigen können. Ich lasse gern unverändert die Achse der Erde, oder das Licht der Sonnenscheibe, aus deren Flecken ein berühmter Sternkundiger Fruchtbarkeit und Mißwachs der Felder erklärt hat; aber ich glaube zu erkennen, daß in jeglichem Planeten, unabhängig von seinen Verhältnissen zu einem Zentralkörper und von seinem astronomischen Stande, mannigfaltige Ursachen der Wärmeentbindung liegen: durch Oxydationsprozesse, Niederschläge und chemisch veränderte Kapazität der Körper, durch Zunahme elektromagnetischer Ladung, durch geöffnete Kommunikation zwischen den inneren und äußeren Teilen.
Wo in der Vorwelt die tiefgespaltete Erdrinde aus ihren Klüften Wärme ausstrahlte, da konnten vielleicht jahrhundertelang, in ganzen Länderstrecken, Palmen und baumartige Farrenkräuter und alle Tiere der heißen Zone gedeihen. Nach dieser Ansicht der Dinge, die ich in einem eben erschienenen Werke: Geognostischer Versuch über die Lagerung der Gebirgsarten in beiden Hemisphären, bereits angedeutet habe, wäre die Temperatur der Vulkane die des inneren Erdkörpers selbst; und dieselbe Ursach, welche jetzt so schauervolle Verwüstungen anrichtet, hätte einst, auf der neu oxydierten Erdrinde, auf den tief zerklüfteten Felsschichten, unter jeglicher Zone den üppigsten Pflanzenwuchs hervorrufen können.
Ist man geneigt anzunehmen, um die wunderbare Verteilung der Tropenbildungen in ihren alten Grabstätten zu erklären, daß langbehaarte, elephantenartige Tiere, jetzt von Eisschollen umschlossen, einst den nördlichen Klimaten ursprünglich eigen waren, und daß ähnliche, demselben Haupttypus zugehörige Bildungen, wie Löwen und Luchse, zugleich in ganz verschiedenen Klimaten leben konnten, so würde eine solche Erklärungsweise sich doch wohl nicht auf die Pflanzenprodukte ausdehnen lassen. Aus Gründen, welche die Physiologie der Gewächse entwickelt, können Palmen, Pisanggewächse und baumartige Monokotyledonen nicht die Beraubung ihrer Appendikular-Organe durch nordische Kälte ertragen; und in dem geognostischen Problem, das wir hier berühren, scheint es mir schwer, Pflanzen- und Tierbildungen voneinander zu trennen. Dieselbe Erklärungsart muß beide Bildungen umfassen.
Ich habe am Schluß dieser Abhandlung den Tatsachen, die in den verschiedensten Weltgegenden gesammelt worden sind, unsichere hypothetische Vermutungen angereiht. Die philosophische Naturkunde erhebt sich über die Bedürfnisse einer bloßen Naturbeschreibung. Sie besteht nicht in einer sterilen Anhäufung isolierter Tatsachen. Dem neugierig regsamen Geiste des Menschen sei es erlaubt, bisweilen aus der Gegenwart in das Dunkel der Vorzeit hinüberzuschweifen, zu ahnden, was noch nicht klar erkannt werden kann und sich so an den alten, unter vielerlei Formen wiederkehrenden Mythen der Geognosie zu ergötzen.