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Liebling,
Scheidender Freund,
Löse die Lippen von meinen ab,
Deine sanften, erwärmenden:
Und die Hand, deines gütigen Willens
Kraftbegabte Gefährtin,
Laß sie, die zum letzten Male mir liebkost,
Still im Schooße ruhn.
Ach, des Glückes letzter Genuß verkehrt sich
Dem empfindlichen Herzen,
Das es kostet, in Wermuth!
Schaudert es uns doch auch,
Wenn der untergehenden Sonne
Letzter Funken am Berg hängt,
Und die Todtengräberin schon, die Dämm'rung,
Ueber des weichenden Lichts erkaltenden Thron
Ihren entfalteten Mantel
Hinzubreiten, den Arm hebt.
Sieh mich an mit deinen traurigen Augen,
Liebster, und lächle!
Haben wir nicht durch Gestrüpp und Dornen
Uns zusammen geschlagen?
Nicht die Lasten des Wegs getheilt
Zu gedoppeltem Troste?
Haben wir nicht ermattet
Oft der heiligen Nacht,
Aneinander geschmiegt
Wie Geschwister, im Schooß geruht?
Und die entblätterte Rose,
Blüht nicht ihr unentstelltes
Bild im Gedächtnisse fort,
Aehnliche Schwestern verheißend
Künftigen Lenzen?
Aber dem Frühling, der fein wird, frage nicht nach!
Duftet und schattet uns doch der Garten im Busen,
Den Erinnerung hütet!
Neuer Bepflanzung findet die Gärtnerin immer,
In die unendlichen Tiefen des Herzens eingeh'nd,
Lockeres Erdreich.
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