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Aus dem 30 jährigen Kriege.

I. Wiegenlied

Horch, Kind, horch, wie der Sturmwind weht
Und rüttelt am Erker!
Wenn der Braunschweiger draußen steht,
Der faßt uns noch stärker.
Lerne beten, Kind, und falten fein die Händ',
Damit Gott den tollen Christian von uns wend'!

Schlaf, Kind, schlaf, es ist Schlafens Zeit,
Ist Zeit auch zum Sterben
Bist du groß, wird dich weit und breit
Die Trommel anwerben
Lauf ihr nach, mein Kind, hör deiner Mutter Rath;
Fällst du in der Schlacht, so würgt dich kein Soldat.

»Herr Soldat, thu mir nichts zu Leid,
Und laß mir mein Leben!«
»Herzog Christian führt uns zum Streit,
Kann kein Pardon geben.
Lassen muß der Bauer mir sein Gut und Hab,
Zahle nicht mit Geld, nur mit dem kühlen Grab.«

Schlaf, Kind, schlaf, werde stark und groß.
Die Jahre sie rollen;
Folgst bald selber auf stolzem Roß
Herzog Christian dem Tollen.
Wie erschrickt der Pfaff' und wirft sich auf die Knie –
»Für den Bauer nicht Pardon, den Pfaffen aber nie!«

Still, Kind, still, wenn Herr Christian kommt,
Der lehrt dich zu schweigen!
Sei fein still, bis dir selber frommt,
Ein Roß zu besteigen
Sei fein still, dann bringt der Vater bald dir Brod,
Wenn nach Rauch der Wind nicht schmeckt, und nicht der Himmel roth.

——————

II. Christian von Braunschweig's Tod.

Jetzt ist an euch zu lachen,
Spanier, Pfaffen, Oesterreich!
Sperrt weit auf euren Rachen,
Und verschlingt das deutsche Reich.
Glück auf, ihr gierigen Horden!
Mir ist ein Meister worden,
Seine Klinge that den besten Streich.

Fahr wohl, du schöner Name,
Den ins Herz ich weiland schrieb.
Ich schwör's, daß meine Dame
Ihrem Ritter spröde blieb.
Ich wäre schier verschmachtet,
Hätt' ich deß nicht geachtet,
Was an Weg und Steg dem Auge lieb.

Dich laß' ich ungern fahren,
Leb' wohl, mein gutes Schwert!
Noch viel sind zu gewahren,
Die deines Grimmes werth.
Schmarotzer ihr, ihr frommen,
Wann wird das Wetter kommen,
Das euch alle wie ein Blitz verzehrt?

Dir strömt das Blut aus Wunden,
Vaterland, die ich dir schlug.
Hätt lieber dich verbunden,
Andre würgen dich genug.
Mein Haß galt einzig ihnen,
Die Gott mit Habsucht dienen,
Zanklust, Hochmuth, Hinterlist und Trug.

Schrei nicht, mein Knapp', und thue
Mir den besten Panzer an.
Gott ließ ich stets in Ruhe,
Daß er mir nicht zürnen kann.
Will schon gen Himmel fahren:
Ich schickte ganze Schaaren
Pfaffen, Wegeweiser, mir voran.

——————

III. Frieden

Von dem Thurme im Dorfe klingt
Ein süßes Geläute;
Man sinnt, was es deute,
Daß die Glocke im Sturme nicht schwingt.
Mich dünkt, so hört' ich's als Kind;
Dann kamen die Jahre der Schande;
Nun trägt's in die Weite der Wind,
Daß Frieden im Lande.

Wo mein Vaterhaus fest einst stand,
Wächst wuchernde Haide;
Ich pflück', eh ich scheide,
Einen Zweig mir mit zitternder Hand.
Das ist von der Väter Gut
Mein einziges Erbe;
Nichts bleibt, wo mein Haupt sich ruht,
Bis einsam ich sterbe.

Meine Kinder verwehte der Krieg;
Wer bringt sie mir wieder?
Beim Klange der Lieder
Feiern Fürsten und Herren den Sieg.
Sie freun sich beim Friedensschmaus,
Die müss'gen Soldaten fluchen –
Ich ziehe am Stabe hinaus,
Mein Vaterland suchen.

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