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Florus, redlicher Freund dem guten und tapferen Nero, Wenn dir einer zu Kauf ein Bürschlein böte, von Tibur Oder von Gabii her, und also handelte: »Den hier, Lilienweiß und schön vom Scheitel hinab zu den Knöcheln, |
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5 | Nimmst und behältst du für dein, wenn achtmal tausend du zahlest; Als Hausbürtiger dient er, gewöhnt an die Winke der Herrschaft; Auch vom Griechischen lernt' er ein weniges, jeglicher Kenntnis Fähig, geschmeidiger Thon, aus welchem du alles dir bildest; Selbst auch singet er, zwar kunstlos, doch lieblich dem Zecher. |
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10 | Viel Ankündigen schwächt das Vertraun, wann mehr, denn gerecht ist, Man lobpreiset die War', um schnell zu vertreiben das Marktgut. Gar nichts drängt mich dazu; mein ist, wenn auch ärmlich, die Barschaft. Kein Knechthändeler thäte dasselbe dir; schwerlich von mir auch Hätt' ihn ein jeder dafür. Nur einmal fehlt' er, und wie's geht, |
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15 | Lauert' er unter der Trepp', aus Furcht vor der drohenden Knute. Her mit dem Geld, ist nicht die erwähnete Flucht dir ein Anstoß.« Jener entnähme den Wert, sorglos um die Strafe, vermut' ich. Wissentlich kauftest du ihn mit dem Fehl; rein war die Bedingung. Dennoch belangst du den Mann und erhebst unbillige Händel. |
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Offen bekannt' ich mich faul dir Scheidenden, offen bekannt' ich |
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25 | Dir die erwarteten Vers' ich Lügener säume zu senden.
Einer im Heer des Lucullus hatt' einst, was er spärlich mit Mühe |
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30 | Stürmt' er die Königsbesatzung herab aus dem Orte, der äußerst, Sagt man, befestiget war, und voll von geflüchteten Gütern. Ruhm verschafft ihm die That und köstliche Ehrengeschenke; Auch empfängt er darüber noch zwanzigtausend Sesterzen. Grad' um die Zeit nun wünschte der Prätor wieder, ich weiß nicht |
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35 | Welches Kastell zu zerstören, und redete meinem Kompan zu, Worte, die selbst den Verzagten mit Tapferkeit konnten begeistern: Geh, du Braver, wo Tugend dich hinruft, geh mir gesegnet, Nimm dir herrlichen Dank und Lohn der Verdienste! – Was stehst du? Jener darauf, ein Verschmitzter, obgleich nur Bauer: Ja gehn wird, |
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40 | Gehn wird, wohin du verlangst, wer die Katz' einbüßete, sprach er.
Rom war's, wo mir Erziehung zu teil ward und die Belehrung, |
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45 | Und im schattigen Hain Akademos suchen die Wahrheit. Aber dem freundlichen Ort entrückten mich schreckliche Zeiten, Als der Bürgertumult hinwogt' in die Waffen den Neuling, Die nicht sollten bestehn vor dem mächtigen Cäsar Augustus. Jetzo sobald dorther mich beurlaubt hatte Philippi, |
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50 | Und, mit beschnittenem Flügel geduckt, ich vermißte des Vaters, Lar und Gefilde zugleich, da trieb nichts scheuende Armut Verse zu machen mich an. Doch nun nicht fehlet, was not ist, Welch ein Trank doch genügte von glutaustreibendem Schierling, Wenn nicht besser zu schlafen ich hielt', als Verse zu schreiben? |
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Eins nach dem anderen rauben von uns abgehende Jahre: |
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60 | Der bionische Rede, mit schwarzem Salze gewürzet. Kaum drei Gäste von nicht ungleichem Geschmacke verein' ich, Jeder mit anderem Gaumen begehrt ganz andere Reize. Soll's das sein? soll's nicht? Was du abweisest, verlangt der; Was dir schmeckt, das erscheint schmacklos den beiden und sauer. |
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Aber noch mehr, wie meinst du, in Rom hier könn' ich Gedichte |
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70 | Zwischenraum, wie du siehst, von hübscher Gemächlichkeit. »Nun denn, Frei sind immer die Gassen, daß nichts Nachdenkende störet.« Eifrig rennt mit dem Schwarm Maultier' und Träger der Werkmann; Bald hebt Quader die Wind' und bald lastvolles Gebälk auf; Schwer durch Karrengeroll ringt trauriges Leichenbegängnis; |
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75 | Dort flieht rasend ein Hund, dort stürzt ein kotiges Schwein an. Gehe mir nun und erdenke bei dir wohllautende Verse! All der Begeisterten Chor liebt Hain' und fliehet die Städte, |
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80 | Daß ich sing' und betrete den schmalen Pfad der Geweihten. Edle Natur, die Athens friedselige Stille sich auskor, Und in das siebente Jahr fortgrübelte und mit den Büchern Alt und grau sich gequält, pflegt schweigender oft denn ein Standbild Auszugehn, ein Gelächter des höhnenden Volkes. Und ich hier, |
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85 | Mitten im wogenden Thatentumult, in den Stürmen der Hauptstadt, Würdigte Worte zu reihn, die mir nachtönte die Lyra? Brüderlich lebten zu Rom Anwalt und Rhetor, daß einer |
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90 | Wie denn? weniger plagt hellstimmige Sänger der Wahnsinn? Oden verfass' ich, und er Elegien. O Wunder dem Anblick! Werk, das die Musen gesamt ausmeißelten! Merke zuerst doch, Mit wie schwellendem Stolz, wie hochehrwürdig wir ringsum- Her anschauen den Tempel, der Raum beut römischen Meistern. |
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95 | Bald, wo die Zeit es vergönnt, geh nach und horche von weitem, Was man bring', und warum hier beide sich winden den Laubkranz. Treffendem Schlag' antworten wir Schlag, zu erlegen den Gegner, Als Samniten im Spiegelgefecht beim erleuchteten Gastmahl. Ich nun tret' ein Alkäos von ihm ab! Jener von mir wer? |
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100 | Wer? ein Kallimachos traun! wenn mehr zu verlangen er aussah, Wird er Mimnermos und wächst an gewählterer Ehrenbenennung. Vieles ertrag' ich, zu stillen die reizbare Verselersippschaft, Wann ich schreib' und dem Volk abbettele Stimmen des Beifalls. Nun, da zum End' ausging das Gewerb', und Besinnung zurückkam, |
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105 | Darf ich das Ohr zustopfen getrost vor dem Halle der Leser. Zwar man belacht elender Gedicht' Ausfertiger, gleichwohl Fröhlich schreiben sie fort und verehren sich hoch und geradaus, Schweigst du, loben sie selbst, was auch sie geschrieben, wie selig. Doch wer gern nach der Regel ein Werk der Begeisterung aufstellt, |
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110 | Solcher faßt mit dem Griffel den Geist des ehrsamen Censors. Er hat Mut, wo irgend zu arm an Glanze sie dastehn, Und ohn' eignes Gewicht, wo der Ehr' unwürdig sie wandeln, Worte dem Rang zu entheben, wie sehr ungerne sie abziehn, Und Barmherzigkeit suchen am heiligen Herde der Vesta. |
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115 | Lange verdunkelte wühlt er dem Volk gutherzig hervor und Aufwärts trägt er zum Licht anglänzende Namen der Dinge, Die, einst gäng' in der Red' uredler Caton' und Cetheger, Jetzo entstellender Schimmel bedeckt und öde Veraltung. Neuere wählt er dazu, die Schöpferbedürfnis hervorrief. |
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120 | Kraftvoll immer und klar, dem lauteren Strome vergleichbar, Schüttet er Frucht und verschönt mit ergiebiger Zunge die Heimat. Üppigen Auswuchs schränket er ein; was zu herbe Natur hat, Pflegt er mit lindernder Kunst; das Tugendmangelnde tilgt er. Gleich dem Spielenden geht er zu Werk und windet und dreht sich, |
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125 | Wie wer jetzo den Satyr und jetzt als plumper Cyklop tanzt.
Mög' ich scheinen vielmehr ein verrückter und alberner Schmierer, |
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130 | Wann er vergnügt dasaß mit Geklatsch im leeren Theater. Übrigens lebt' er in allen Verhältnissen ganz nach der Ordnung: Gut mit der Nachbarschaft, ein liebenswürdiger Gastfreund, Sanft und gefällig dem Weibe, der leicht auch Dienenden nachsah, Und, war das Siegel verletzt, nicht wütete gegen die Flasche, |
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135 | Der auch gescheit vor dem Fels auswich und dem offenen Brunnen. Als nun, wieder geheilt durch Hilf' und Sorge der Vettern, Dieser die krankende Galle vertrieb mit kräftiger Nieswurz, Und zu sich selbst umkehrte: Den Tod ach, rief er, o Freunde, Gabt ihr mir, nicht die Genesung; dem so die Freude geraubt ward, |
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140 | Und mit Gewalt entrungen der Seel' anmutiger Irrtum!
Traun ja, weise zu sein nach verlassenen Possen, geziemt wohl, |
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145 | Darum red' ich mit mir also und bedenke mich schweigend: Wenn dich quälte der Durst, unbezwingbar allem Gewässer, Dann befragst du den Arzt. Doch daß, je mehr du erwarbest, Desto mehr du begehrst, dies magst du keinem bekennen? Wenn dir die Wund' im Gebrauche des Kräutleins oder der Wurzel, |
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150 | Welche man riet, nicht heilte, das Kräutlein oder die Wurzel Würdest du als unnütz abfertigen. Immer vernahmst du: Wem Gut schenkten die Götter, von dem pfleg' übele Thorheit Abzuziehn. Nun fühlst du um nichts dich verständiger, seit du Satter dich fühlst, doch folgst du der selbigen Lehr' und Ermahnung? |
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155 | Ja wenn Güter der Welt dich klug zu schaffen vermöchten, Wenn von Furcht und Begierde gereinigter, wahrlich erröten Möchtest du, lebt' auf der Erde noch jemand geiziger als du. Ist, was einer mit Wag' und Erz einkaufte, sein Eignes, |
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160 | Der dich nährt, der Acker ist dein; wann des Orbius Meier Eggend die Saatflur malmt, die bald dir Früchte verleihn soll, Fühle dich selbst als Herrn; du bezahlst Geld, Trauben empfängst du, Büchlein, Eier, ein Fäßchen mit Firnwein: solchergestalt nun Handelst du dir allmählich das Gut ein, welches im Ankauf |
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165 | Wohl dreihundert und mehr der Sesterzientausende kostet. Was macht's, lebst du von neulich Bezahltem oder von ehmals? Wer um Veji vordem und Aricia kaufte sein Grundstück, Speiset erkauftes Gemüs', ob er anders auch meint; mit erkauftem Brennholz gegen die Kühle des Abends wärmt er den Kessel. |
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170 | Aber das Seinige nennt er bis dort, wo die Pappel, an sichrer Grenze gepflanzt. abwehrt nachbarliche Streitigkeit: als ob Eigenes wär' etwas, das im Nu der beweglichen Stunde, Sei's durch Bitte, durch Wert, durch Gewalt, durch letztes Verhängnis Seine Besitzer vertauscht und dem Rechte andrer anheimfällt. |
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175 |
Weil denn steter Gebrauch ward keinem verliehn, und beständig |
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180 | Elfenbein, Tyrrhenergebild' und Juwelen und Marmor, Silber, Gemäld' und Stoff' in gätulischem Purpur gerötet: Nicht hat mancher es wohl; nicht achtet es mancher zu haben. Warum einer der Brüder, herumgehn, spielen, gesalbt sein, Vorzieh' allem Ertrag' herodischer Palmen; der andre, |
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185 | Reich und stets unruhig, vom tagenden Lichte zum Abend Rauhbewaldete Felder mit Flamm' und Eisen bezähme: Weiß der Genius nur, der den Einguß lenkt des Geburtsterns, Waltender Gott der Menschennatur, absterbend für jedes Einzelne Haupt, an Gebärde veränderlich, freundlich und düster. |
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190 |
Auf zum Genuß! ich enthebe so viel dem mäßigen Häuflein, |
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195 | Denn es verschlägt, ob du schleuderst verschwenderisch, und ob du weder Aufzuwenden dich sträubst, noch mehr zu erwerben dich abmühst, Sondern, wie einst als Knab' am Fünftagfeste des Märzes, Kurz wie sie ist und erfreulich, die Zeit in dem Fluge genießest. Schmutzige Armut sei ferne von mir! Ob ich in großem |
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200 | Schiffe fahr', ob in kleinem, ich fahre der ein' und derselbe. Schweben wir nicht in der Nord' Anhauch mit geschwollenem Segel, Doch nicht kämpfen wir stets auf der Lebensfahrt mit dem Südsturm: Wir an Kräften, Gestalt, Geist, Tugenden, Würde, Vermögen, Gehend zuletzt mit den Ersten, jedoch mit den Letzten voran noch. |
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205 |
Du kein Geiziger? Wohl! Doch was? auch die übrigen Fehler, |
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210 | Jeden Geburtstag zählst du mit Dank? Magst Freunden du nachsehn? Wirst du milder und besser, je mehr annahet das Alter? Was hilft's, daß man dir einen von mehreren Dornen herauszog? Wenn nicht recht du zu leben verstehst, so weiche den Kennern. Sattsam hast du gespielt, sattsam auch gezecht und geschmauset; |
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215 | Zeit ist's endlich zu gehn, daß nicht, so du über die Schnur trankst, Lachend mit Hohn dich tummle die schicklicher schwärmende Jugend. |