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Frau Kchaladi's Leid.

Es war einmal eine Frau, die hatte mit ihrer Hacke den Hirsegarten bestellt. Sie war sehr fleißig gewesen, und alles Unkraut hatte sie – wie üblich – in große Haufen gesammelt. Als sie nun nach Hause gegangen war, eines Abends, siehe, da kamen zwei Vögel geflogen; die setzten sich jeder auf einen Unkrauthaufen. Der erste sprach: »Garten der Frau Kchaladi, bewachse mit Unkraut!« Und der zweite sprach: »Garten der Frau Kchaladi, werde rein von Unkraut!« Als nun am andern Morgen die Frau nach dem Garten zurückkehrte, siehe, da fand sie überall, wo sie bereits das Unkraut ausgehackt hatte, neues Unkraut. Sie klagte ihrem Manne ihr Leid. Der machte sich gegen Abend auf nach dem Garten, als die Frauen nach Hause gingen, und versteckte sich in einem der Unkrauthaufen. Und siehe da, zwei Vögel kamen angeflogen und setzten sich auf den Unkrauthaufen. Der eine sprach: »Garten der Frau Kchaladi, bewachse mit Unkraut!« Der andere sprach: »Garten der Frau Kchaladi, werde rein von Unkraut!« Da griff der Mann zu und hatte alsbald in jeder Hand einen der beiden Zaubervögel. Er brach einen langen Dorn vom Strauch, bedrohte damit die Gefangenen und sprach: »Jetzt müßt ihr dran, ich steche euch!« Der zunächst Bedrohte jammerte laut: »Ach, stich mich nicht mit dem Dorn! Hast du denn nicht gehört, was ich sagte? Mein Spruch lautete: Garten der Frau Kchaladi, werde rein von Unkraut!« Da ließ der Mann den Vogel fliegen. Den zweiten aber behielt er, nahm abermals den Dorn und sprach: »Ich steche dich!« Der aber zwitscherte vor Angst: »Stich mich doch nicht mit dem Dorn! mich kannst du melken, ich gebe Milch!« »Das wollen wir gleich sehen!« antwortete der Mann, nahm einen Topf und – wahrhaftig! der Vogel gab Milch. Nun nahm er das Wundertier mit nach Hause und erzählte seiner Frau davon. »Laß sehen!« rief diese. Sofort ergriff der Mann den Dorn und sprach zum Vogel: »Ich steche dich!« Der aber wimmerte: »Stich mich nicht mit deinem Dorn, ich gebe Milch!« »Das werden wir gleich sehen!« antwortete die Frau, brachte einen Topfscherben, und richtig, der Vogel gab Milch. Nun begann eine gute Zeit im Hause Kchaladis. Täglich drohten sie dem Vogel mit dem Dorn, und er gab Milch. Die diente der ganzen Familie als Zukost zum Hirsebrei. Eines Tages aber, als der Mann und die Frau aufs Feld gegangen waren, kamen die Gespielen ihres Söhnchens zu diesem und fragten ihn: »Sage an, wo nehmt ihr all' die prächtige Sauermilch her, die ihr immer eßt?« »Oh,« versetzte der Kleine, sich rühmend, »wir haben einen Vogel im Hause, der gibt Milch; kommt, ich will ihn euch zeigen!« Da gingen sie zusammen, und der Knabe band den Vogel los, nahm einen Dorn und drohte: »Ich steche dich!« »Stich mich nicht,« antwortete das arme Tier, »ich gebe Milch!« Nun nahm der Junge einen alten Topf, und siehe, der Vogel gab Milch. Aber plötzlich entwand er sich den Händen seines Peinigers und floh davon. Am Abend kamen die Eltern nach Hause. Die Mutter kochte an der Feuerstelle draußen im Hof den Hirsebrei, und als sie fertig war, sprach sie: »Laßt uns den Milchvogel losbinden.« Aber sie fand ihn nicht. »Wo ist der Vogel, Junge?« schrie sie. »Weggeflogen,« antwortete dieser kleinlaut. Da fielen beide Eltern über das Kind her, schlugen es braun und blau und warfen es aus der Hofstätte. Da blieb der Knabe liegen. Ein heftiger Regen stellte sich ein, in Strömen ergoß sich das Wasser aus den Wolken und schwemmte das fast bewußtlose Kind ab, hin zum Fluß, wo die Flußpferde hausten. Die nahmen den Heimatlosen auf. Aber von der Zeit an wurde es unsicher am Fluß. Wenn Kinder dahin kamen, Wasser zu schöpfen, vertrieb sie der Flußpferdknabe. Dann flohen sie nach Hause und erzählten: »Unten im Strom haust ein Mensch, der jagt uns fort und schreit: Meine Mutter hat mich kurz und klein geprügelt, der Regen schwemmte mich hinweg, und unsere Flußpferde erbarmten sich und nahmen mich auf!« – Als das Vater und Mutter hörten, gingen sie heraus und baten die Nilpferde: »Gebt uns unser Kind wieder!« Da gaben diese den Jungen heraus, aber unter einer Bedingung: »Wenn ihr das Haus oder den Hof fegt, so jagt nicht den Jungen hinweg von dem Fleck, auf welchem er gerade liegt oder steht, sondern fegt lieber um ihn herum!« Das versprach die Mutter. Aber eines Tages hatte die Frau bereits wieder alle Angst um den Knaben vergessen und schalt ihn heftig, weil er ihr im Wege war, als sie ausfegte. In ihrem Zorn gab sie ihm einen derben Stoß, und siehe da – das Kind zerfloß in Wasser und schwemmte hinab zum Fluß zurück. Aber Frau Kchaladi trug Leid ihr Leben lang.

 


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