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Dritter Teil.
Von den Gesetzen der Bewegungen und Größen


15. Kapitel*)

Von der Natur, den Eigenschaften und den verschiedenen Betrachtungen von Bewegung und Conatus

1. Wiederholung einiger Prinzipien der früher entwickelten Bewegungslehre.

2. Weitere Prinzipien.

»Bewegungsantrieb oder Conatus ist eine Bewegung durch einen Punkt und eine Zeit hindurch, wie sie so klein nicht gegeben oder durch Zahlen bezeichnet werden können; also Bewegung durch einen Punkt und durch einen Augenblick oder Zeitpunkt hindurch. Zur Erklärung dieser Definition muß daran erinnert werden, daß unter einem Punkt nicht etwas zu verstehen ist, das keine Größe besitzt oder das nicht geteilt werden könnte; so etwas gibt es in der Natur nicht; sondern Punkt bedeutet hier etwas, dessen Größe oder Teile beim Beweis nicht in Rechnung gezogen zu werden brauchen; ebenso ist ein Augenblick nicht als unteilbar, sondern nur als nicht geteiltes Zeitelement zu verstehen.« »So wie Punkt mit Punkt, so mag auch ein Conatus mit einem anderen verglichen und einer größer als ein anderer gefunden werden.«

»Unter Impetus verstehe ich die Geschwindigkeit eines bewegten Körpers, betrachtet aber in den verschiedenen Augenblicken der Zeit, während welcher er sich bewegt; in diesem Sinn ist Impetus nichts anderes als die Größe oder Geschwindigkeit des Conatus selbst.«

»Widerstand heißt derjenige Conatus, welcher bei der Berührung zweier bewegter Körper dem Conatus des anderen ganz oder teilweise entgegengesetzt ist.«

»Einen Druck übt ein bewegter Körper auf einen anderen aus, wenn er durch seinen Conatus den anderen oder einen Teil von ihm veranlaßt, von seiner Stelle zu weichen.«

»Kraft ist der Impetus oder die Bewegungsgeschwindigkeit multipliziert, sei es mit sich, sei es mit der Größe des bewegenden Körpers, wodurch dieser mehr oder weniger auf den Körper wirkt, der ihm Widerstand leistet.«

3. Einige Leitsätze über die Natur der Bewegung.

»Wenn ein bewegter Punkt einen ruhenden berührt, wird er, wie gering der Impetus oder die Geschwindigkeit der Bewegung sei, den anderen bewegen.«

»Wenn ein bewegter Punkt auf den Punkt eines ruhenden Körpers trifft, so wird dieser, wie hart er auch sei und wie gering auch der Impetus jenes Punktes sei, beim Anprall um irgend etwas nachgeben.«

»Ruhe tut schlechterdings nichts und ist von keiner Wirksamkeit; allein Bewegung teilt ruhenden Körpern Bewegung mit und nimmt sie bewegten.«

»Ein Körper, welcher von einem anderen in Bewegung gesetzt worden ist, verliert seine Bewegung nicht, wenn die des bewegenden aufhört.«

4. Weitere Betrachtungen über Bewegung.

5. Die Richtung, die der erste Conatus bewegter Körper nimmt.

6. Bei Bewegung, die aus dem Zusammentreffen zweier bewegter Körper entsteht, folgt, wenn die Bewegung des einen erlischt, der Conatus dem Weg des anderen.

7. Jeder Conatus wird ins Unendliche fortgepflanzt.

»Denn er ist Bewegung. Beginnt diese, also der erste Conatus, im leeren Raum, so wird er stets mit gleicher Geschwindigkeit fortschreiten, da der leere Raum unmöglich Widerstand leisten kann; daher wird in diesem Fall der Conatus stets in gleicher Richtung und Geschwindigkeit fortschreiten. Ist der Raum nicht leer, so wird, da doch der Conatus Bewegung ist, der nächste Teil, der ihm im Wege steht, von seinem Platze gerückt und so ins Unendliche weiter. Daher schreitet die Fortpflanzung eines Conatus auch im vollen Raum von einem Teilchen zum andern ins Unendliche fort, Überdies geschieht sie auf jede Entfernung hin, wie groß sie auch sei, in einem Augenblick: instantan.« »Es ist dabei gleichgültig, ob der Conatus beim Fortschreiten immer schwächer wird, so daß er schließlich nicht mehr sinnlich wahrgenommen werden kann. Bewegung ist er, wenn auch nicht mehr wahrnehmbare; wir betrachten hier aber die Dinge nicht, wie Sinne und Erfahrung, sondern wie die Vernunft sie uns lehrt.«

8. Je größer die Geschwindigkeit oder Größe eines bewegten Körpers ist, um so größer ist seine Wirkung auf einen anderen, den er auf seinem Wege trifft.


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