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Von der Philosophie, deren Grundlagen ich hier festzustellen unternehme, darfst du, lieber Leser, nicht glauben, sie sei etwas, wodurch Steine der Weisen entstehen, noch jene Kunst, die metaphysische Lehrbücher in Aussicht stellen; sie ist vielmehr nur die natürliche menschliche Vernunft, die alle Dinge der Schöpfung sorgsam durchgeht, um über ihre Ordnung, ihre Ursachen und Wirkungen die schlichte Wahrheit zu suchen und zu berichten. Die Philosophie ist Tochter deines Denkens und der ganzen Welt und wohnt in dir selbst; zwar noch nicht in klarer Gestalt, doch ähnlich der Erzeugerin Welt in ihrem gestaltlosen Anfang. Du mußt verfahren wie die Bildhauer, die durch Bearbeitung der gestaltlosen Materie mit dem Meißel die Gestalt nicht bilden, sondern aus ihr herausholen. Ahme der Schöpfung nach. Über den verworrenen Abgrund deiner Spekulationen und Experimente möge (wofern du willens bist, dich ernstlich um die Philosophie zu mühen) dein Denken emporgetragen werden. Das Verworrene muß zerteilt und unterschieden werden und jegliches, nachdem es die ihm zukommende Bezeichnung erhalten hat, seinen festen Platz bekommen, d. h. es bedarf einer Methode, die der Schöpfung der Dinge selbst entspricht. Die Ordnung aber bei der Erschaffung war folgende: Licht, Scheidung von Nacht und Tag, Ausdehnung, Firmament, sinnlich Wahrnehmbares, der Mensch. Sodann nach der Schöpfung: das Gesetz. Die Ordnung bei der Betrachtung wird also sein: Denken, Definition, Raum, Gestirne, sinnliche Eigenschaft, der Mensch. Sodann, nachdem der Mensch geworden ist: der Bürger. Im ersten Abschnitt des vorliegenden Werkes entzünde ich unter der Überschrift Logik das Licht der Vernunft. Im zweiten, der Ersten Philosophie, sondere ich, um Zweifelhaftes und Dunkles zu beseitigen, durch genaue Begriffsbestimmungen die Ideen der allgemeinsten Dinge voneinander. Der dritte Teil beschäftigt sich mit der räumlichen Ausdehnung, d. h. mit der Geometrie. Der vierte enthält die Bewegung der Gestirne und außerdem die sinnlichen Eigenschaften.
Im zweiten Teil des ganzen Werkes soll, so Gott will, die Natur des Menschen betrachtet werden, im dritten der schon vorher betrachtete Bürger. Ich bin derjenigen Methode gefolgt, die auch du wirst benutzen können, wenn sie deinen Beifall findet; denn ich dränge dir nicht auf, was mein ist, sondern gebe alles nur als Vorschlag. Welcher Methode du dich auch immer bedienen willst, die Philosophie, d. h. das Streben nach Weisheit, deren Fehlen uns allerjüngst viel Leid verursacht hat, möchte ich dir auf jeden Fall dringend ans Herz gelegt haben. Denn selbst wer nach Reichtum strebt, liebt die Weisheit; Schätze gefallen nämlich nur als Spiegel der eigenen Weisheit. Auch wer sich zu Staatsämtern hingezogen fühlt, sucht nur nach einem Platz, um seine Weisheit zu entfalten. Sogar die Vergnügungssüchtigen vernachlässigen die Philosophie nur aus dem Grunde, weil sie nicht wissen, welch großes Vergnügen der vertraute Umgang mit der schönsten aller Welten dem Geist bieten kann. Und wenn ich schließlich keinen andern Grund hätte, dir die Philosophie zu empfehlen, so tue ich es (weil ja der menschliche Geist seiner Natur nach ebensowenig leeren Raum wie leere Zeit auszuhalten vermag), damit du mit ihr deine Muße angenehm ausfüllen kannst und beschäftigten Menschen oder gar solchen, die schlecht geruht haben, nicht ungelegen oder gar zu deinem persönlichen Schaden kommst.