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XII.

Inzwischen vermehrten sich die Kriegsvölker von Tag zu Tag, die auf den Aufruf des Kaisers sich in und bei Prag sammelten. Als man Musterung hielt, belief sich ihre Anzahl auf fünfunddreißigtausend Mann. Diese standen unter den Befehlen der Feldherren Tilly, Althan und Sulz.

Rudolf beschloß mit dieser Macht den Erzherzog Mathias aus dem Lande zu treiben. Die Stände selbst drangen in ihn, allen Ernstes die Waffen gegen Mathias zu kehren, denn seine österreichischen und ungarischen Truppen stellten greuliche Verwüstungen im Lande an. Bevor dies aber geschah, traten die gerade in Prag anwesenden Erzherzoge Ferdinand und Maximilian, Letzterer ein Bruder des Kaisers, vermittelnd dazwischen und riethen, unterstützt vom päpstlichen Nuntius und einigen Reichsfürsten, zum Frieden. Sie beredeten den Kaiser, dem Mathias die bereits zugesagte Erbfolge zu bestätigen und über die anderen Punkte einen brüderlichen Vergleich zu treffen.

Rudolf war schwach genug, oder vielmehr moralisch zu erschöpft und gebeugt, diesen Vorschlägen, die den letzten Rest seines Ansehens vernichteten, seinen Verwandten, wie seinem Volke gegenüber, Gehör zu geben. Er ließ sich in Unterhandlungen ein, während welcher die Waffen ruhten.

Das Dorf und Schloß Dubec, zwischen Prag und dem Lager Mathias' in der Mitte, wurde zur Zusammenkunft der beiderseitigen Gesandten bestimmt. – Von Kaiser Rudolf's Seite begaben sich einunddreißig Herren dahin, die vornehmsten darunter waren: der Cardinal Dietrichstein, Adam von Sternberg, Adam von Waldstein, Jaroslav von Martinic, Graf Joachim Schlik, Wenzel von Budova, Christoph Vratislav von Mitrovic, Adam Hrzan, Männer, die wir dem Leser in ihrer Wirksamkeit theils schon vorgeführt, theils noch vorzuführen gedenken. Eine gleiche Anzahl Bevollmächtigter schickte Mathias, wir nennen davon nur die mährischen Herren: Karl von Liechtenstein, Karl von Zerotin, Wilhelm von Roupova und Johann Cejka von Olbramovic; die Uebrigen waren Ungarn und Oesterreicher.

Nach einer einzigen stürmischen Sitzung aber zerschlug sich die ganze Unterhandlung; denn Mathias verlangte nicht nur die Bestätigung der Erbfolge, welche ihm die Stände bereits versprochen hatten, sondern er forderte, Rudolf solle ihm die Regierung von Böhmen sofort abtreten. Dessen aber weigerten sich die Böhmen; sie wollten ihren alten, rechtmäßigen König, dem sie soeben erst noch Treue und Hilfe angelobt, nicht verstoßen, um des Mathias Herrschbegier ein paar Jahre früher zu befriedigen.

Unverrichteter Dinge kehrten die beiderseitigen Abgeordneten zurück und der Krieg war sonach erklärt. Die Prager griffen auch sogleich zu den Waffen und besetzten den Ziskaberg, sowie andere Anhöhen um die Stadt mit schwerem Geschütze. Schon griffen die leichten Truppen an – es wäre zu einer Schlacht gekommen, da aber lieh der Kaiser den Vorstellungen des Cardinals Dietrichstein abermals geneigtes Gehör, bewilligte einen Waffenstillstand und die Einleitung neuer Unterhandlungen.

Die oben genannten Abgeordneten kamen zum zweitenmale, und zwar im Dorfe Lieben, eine Stunde vor Prag an der Brandeiser Straße, zusammen. Sie communicirten hier vier Tage und brachten endlich im Einverständniß mit ihren Committenten folgenden Vergleich zu Stande:

»Der Kaiser Rudolf tritt seinem Bruder, dem Erzherzog Mathias, das Königreich Ungarn und das Erzherzogthum Oesterreich ganz ab und spricht die Stände dieser Länder von dem ihm geleisteten Eide, welchen sie auf Mathias zu übertragen haben, los. – Er wird ihm die ungarische Krone und die anderen Reichskleinodien, sowie die betreffenden Staatsschriften ausliefern. – Die Stände von Böhmen werden den zu Wien mit den Türken von Seiten Ungarns geschlossenen Frieden im Namen Seiner kaiserlichen Majestät bestätigen. – Auf die Fürbitte des Kaisers werden die böhmischen Stände seinen Bruder, den Erzherzog Mathias, zum Thronfolger annehmen, wenn er, der Kaiser, ohne männliche thronbürtige Leibeserben sterben sollte, doch mit der Bedingung, daß er ihre Freiheiten und Vorrechte bestätige und keine Ausländer, sondern nur geborene Böhmen, bei der Regierung des Landes zu Rathe ziehe. – Damit aber Mathias der böhmischen Thronfolge desto mehr versichert sei, darf er von nun an den Titel eines »ernannten Königs von Böhmen« führen. – Ferner wird dem Erzherzog Mathias schon jetzt die Verwaltung von Mähren mit dem Titel eines Markgrafen verliehen; nach dem Tode Kaiser Rudolf's aber fällt die Provinz wieder an Böhmen. Nichtsdestoweniger aber wird der Kaiser, so lange er lebt, die Titel der abgetretenen Länder führen und in solchen nach seinen Würden angesehen sein etc.«

Nachdem diese Abtretungsurkunde von Rudolf unterschrieben und von Mathias genehmigt worden war, ließ der Kaiser die ungarische Krone und das Reichsscepter auf einem mit sechs Rossen bespannten Wagen ins Lager hinausfahren, wo sie von Mathias mit vieler Feierlichkeit empfangen wurden.

Den böhmischen Ständen ertheilte er nach also geschlossenem Erb- und Friedensvertrag das Versprechen, ihnen ihre Religionsfreiheiten zu bestätigen, und sie darin, wenn er zur Regierung gelangt sein würde, ungekränkt zu lassen.

Mathias theilte jetzt sein Heervolk in drei Haufen, in die Oesterreicher, Ungarn und Mährer. Die Ersten führte er selbst über Tabor und Neuhaus nach Wien und wurde von den Herren Stepan von Sternberg und Adam von Waldstein, als kaiserlichen Commissarien, begleitet. Die Ungarn zogen unter dem Befehl ihres Feldherrn Georg Turzy in ihr Vaterland über Pardubic und Litomyschl, die Mähren gingen über Czaslau nach Hause. – So scharfe Befehle auch den Truppen gegeben worden waren, keine Ausschweifungen auf dem Marsche zu begehen, so konnten sich doch die Ungarn, aufgebracht darüber, daß es zu keinem Kriege gekommen und ihnen so die gehoffte Beute entgangen war, nicht enthalten, in Pardubic zu rauben und zu plündern. – Die Einwohner griffen zu den Waffen und schossen viele Ungarn aus den Fenstern todt. Die darüber empörte Soldatesca hätte unfehlbar die Stadt in Asche gelegt, wenn sie nicht durch die Gegenwart und die Versprechungen der mährischen Herren Kaspar von Zerotin und Wenzel Budova, sowie ihres eigenen Anführers Turzy wären im Zaum gehalten worden.


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