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Tausend und eine Nacht. Band XVIII
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Geschichte des Prinzen Bihsâd.

»O König, in alten Tagen lebte ein König, der einen Sohn hatte, wie es in seiner ganzen Zeit keinen schöneren gab, und der Prinz liebte den Umgang mit dem Volk und den Verkehr und geselliges Beisammensein mit den Kaufleuten. Eines Tages, als er wieder einmal in einer Gesellschaft saß, hörte er sie über seine Schönheit und Anmut reden und erklären, daß es in seiner Zeit keinen schönern gäbe; einer aus der Gesellschaft sagte jedoch: »Die Tochter des und des Königs ist schöner als er.« Als Bihsâd diese Worte vernahm, flog ihm der Verstand fort, sein Herz pochte heftig, und er rief den Mann und sprach zu ihm: »Wiederhole mir noch einmal deine Worte und sag' mir die Wahrheit, von jenem Mädchen, das schöner als ich sein soll; wessen Tochter ist sie?« Er erwiderte: »Sie ist die Tochter des und des Königs.« Da verliebte sich sein Herz in sie, und seine Farbe 63 wechselte. Als sein Vater hiervon Kunde bekam, sprach er zu ihm: »Mein Sohn, das Mädchen, an das sich dein Herz gehängt hat, steht zu deiner Verfügung, und wir haben Macht über sie. Gedulde dich nur so lange, bis ich um sie angehalten habe.« Sein Sohn erwiderte jedoch: »Ich kann mich nicht gedulden.« Da beeilte sich sein Vater und schickte einen Brautwerber für seinen Sohn an ihren Vater, der als Brautgabe für seine Tochter hunderttausend Dinare verlangte. Bihsâds Vater versetzte: »Es sei so,« und zählte nach, was sich in seinen Schatzkammern befand. Da ihm aber noch ein kleiner Betrag an der Brautgabe fehlte, sagte er zu seinem Sohn: »Gedulde dich, mein Sohn, bis wir den Rest des Geldes zusammengebracht haben; ich will sie dann für dich holen lassen, da sie dir nunmehr gehört.« Der Prinz ergrimmte jedoch mächtig und sagte: »Ich kann nicht warten.« Hierauf nahm er sein Schwert und seine Lanze, setzte sich auf sein Pferd und ritt aus auf Wegelagerei. Eines Tages stieß er auf eine Gesellschaft, doch unterlag er ihrer Überzahl, und sie packten und fesselten ihn und schleppten ihn vor den Herrn jenes Landes, in dem er Räuberei getrieben hatte. Als der König den schönen Jüngling sah, schöpfte er Verdacht, und sagte: »So sieht kein Räuber aus; sag' mir die Wahrheit, junger Mann, wer bist du?« Bihsâd schämte sich jedoch, ihm über sich Auskunft zu geben und sagte, den Tod vorziehend: »Ich bin nichts als ein Dieb und Räuber.« Da sagte der König: »Es geziemt uns nicht die Sache dieses Jünglings zu übereilen, sondern wir wollen sie zuvor prüfen; denn Eile bringt Reue.« Alsdann sperrte er ihn bei sich ein und gab ihm einen Diener bei. Wie nun Bihsâds Vater vernahm, daß sein Sohn verschwunden sei, schickte er in betreff seiner zu allen Königen Briefe aus. Als das Schreiben auch dem König, bei dem er gefangen war, zu Händen kam, lobte dieser Gott, den Erhabenen, daß er sich nicht in seiner Sache übereilt hatte, und ließ ihn vor sich kommen, worauf er zu ihm sagte: »Willst du dich selber ums Leben bringen?« 64 Bihsâd versetzte: »Ich that es aus Scham.« Der König entgegnete jedoch: »Hättest du dich vor der Schande gefürchtet, so hättest du nicht so übereilt gehandelt. Weißt du nicht, daß die Frucht der Eile Reue ist? Hätten wir ebenso übereilt wie du gehandelt, so hätten wir es bereuen müssen.« Alsdann verlieh er ihm ein Ehrenkleid und versprach ihm den Restbetrag der Brautgabe, worauf er zu seinem Vater schickte und sein Herz mit der frohen Botschaft von dem Wohlbehaltensein seines Sohnes erfreute. Dann sagte er zu Bihsâd: »Mein Sohn, kehre nun zu deinem Vater zurück.« Bihsâd erwiderte jedoch: »O König, vollende das Maß deiner Güte gegen mich und laß mich mein Weib heimsuchen; denn, wenn ich erst zu meinem Vater heimkehre, so dauert es lange, bis er einen Boten zu ihnen schickt und dieser wieder zurückkehrt und mir die Verheißung überbringt.« Da lachte der König und sagte, sich über ihn verwundernd: »Ich fürchte, du wirst durch diese Hast straucheln und deinen Wunsch nicht erreichen.« Dann gab er ihm eine Menge Geld und versah ihn mit Empfehlungsschreiben an den Vater der Prinzessin, worauf er ihn zu ihnen entsendete. Als der Prinz bei ihnen eintraf, empfing ihn der König mit dem Volk seines Königreiches und wies ihm ein schönes Zimmer an; dann befahl er auf Grund des Empfehlungsschreibens des Königs und des Wunsches seines Vaters die Einführung der Prinzessin zu ihm zu beschleunigen, und die Leute befaßten sich mit den Hochzeitsvorkehrungen. Am Hochzeitstage aber ging der Prinz in seiner Ungeduld und Übereiltheit zur Wand, die sich zwischen ihm und dem Harem befand und spähte durch ein Loch derselben hinein, um seine Braut zu schauen. Die Mutter der Braut, die dies sah, ward hierüber aufgebracht und ließ sich von einem der Pagen zwei erhitzte eiserne Bratspieße reichen, die sie durch das Loch stieß, während er hindurchspähte, so daß sie ihm in die Augen fuhren und sie ausstießen. Da sank der Jüngling mit einem Aufschrei ohnmächtig zu Boden, und so ward das Fest in Trauer und bittre Trübsal verwandelt. 65

Schau demnach, o König, die Folgen der Übereilung und des Unbedachts des Jünglings; denn seine Eile verursachte ihm lange Reue und verwandelte seine Freude in Trauer. Und ebenso stand es mit der Frau, die ihm übereilt die Augen ausstieß und nicht mit Bedacht handelte. Alles dies geschah aus Übereilung; und so geziemt es auch dem König meinen Tod nicht zu übereilen, denn ich bin im Bereich deiner Hand und entgehe dir nicht, da du mich zu jeder beliebigen Zeit hinrichten kannst.«

Als der König dies vernahm, legte sich sein Zorn und er befahl: »Führt ihn bis morgen ins Gefängnis zurück, wo wir dann Einsicht in seine Sache nehmen wollen.

Fünfter Tag.
Über den Ausgang guter und die Folgen schlechter Handlungen.

Am fünften Tage trat der fünfte Wesir, dessen Name Dschahrbaur war, bei dem König ein, warf sich vor ihm nieder und sprach: »O König, wenn du hörst oder siehst, daß jemand ein Auge auf dein Haus wirft, so geziemt es dir, ihm das Auge auszureißen; wie also erst, wenn du jemand mitten in deinem Hause auf deinem Polster und Bett findest, der in Verdacht steht, sich mit deinem Harem vergangen zu haben, zumal wo er weder von deiner Wurzel und Verwandtschaft ist. Tilge diese Schande durch seinen Tod. Wir würden dich zu seiner Hinrichtung nicht anreizen, wenn es sich nicht um deines Reiches Sicherheit und unsern Eifer, dich wohl zu beraten, und unsre Liebe zu dir handelte. Wie ist es möglich, daß dieser Jüngling noch eine einzige Stunde am Leben bleibt?« Da ergrimmte der König von neuem und sprach: »Bringt ihn sofort her.« Als sie ihn gefesselt vor den König führten, fuhr er ihn an: »Wehe dir, du hast eine große Sünde begangen und hast schon zu lange gelebt. Du mußt unbedingt hingerichtet werden, da wir nicht eher vor dir Ruhe haben, als bis du dein Leben gelassen hast.« 66 Der Jüngling erwiderte: »O König, bei Gott, ich bin unschuldig, und aus diesem Grund hoffe ich am Leben zu bleiben, denn der Unschuldige verliert in Züchtigungen nicht den Mut und läßt sich nicht von Kummer und Gram überwinden. Der Schuldige aber büßt stets seine Schuld, mag er auch lange am Leben bleiben, und es ergeht ihm wie dem König Dādbîn und seinem Wesir.« Da fragte der König: »Wie erging es ihm?« Und der Jüngling erzählte:

 


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