Heinrich Heine
Gedichte
Heinrich Heine

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Minneklage

        Einsam klag ich meine Leiden,
Im vertrauten Schoß der Nacht;
Frohe Menschen muß ich meiden,
Fliehen scheu, wo Freude lacht.

Einsam fließen meine Tränen,
Fließen immer, fließen still;
Doch des Herzens brennend Sehnen
Keine Träne löschen will.

Einst, ein lachend muntrer Knabe,
Spielt ich manches schöne Spiel,
Freute mich der Lehensgabe,
Wußte nie von Schmerzgefühl.

Denn die Welt war nur ein Garten,
Wo viel bunte Blumen blühn,
Wo mein Tagwerk Blumenwarten,
Rosen, Veilchen und Jasmin.

Träumend süß auf grüner Aue,
Sah ich Bächlein fließen mild;
Wenn ich jetzt in Bächlein schaue,
Zeigt sich mir ein bleiches Bild.

Bin ein bleicher Mann geworden,
Seit mein Auge sie gesehn;
Heimlich weh ist mir geworden,
Wundersam ist mir geschehn.

Tief im Herzen hegt ich lange
Englein stiller Friedensruh;
Diese flohen zitternd, bange,
Ihrer Sternenheimat zu.

Schwarze Nacht mein Aug umdüstert,
Schatten drohen feindlich grimm;
Und im Busen heimlich flüstert
Eine eigen fremde Stimm.

Fremde Schmerzen, fremde Leiden
Steigen auf mit wilder Wut,
Und in meinen Eingeweiden
Zehret eine fremde Glut.

Aber daß in meinem Herzen
Flammen wühlen sonder Ruh,
Daß ich sterbe hin vor Schmerzen –
Minne, sieh! das tatest du!

 


 


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