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(An die ungetreue Leonore.)
Nun hab ich schon genug! Schweig, trauriges Gerüchte.
Das Herze sagt es mir, mein Kind sei nicht mehr mein.
Der unverhoffte Riß nimmt Regung und Gesichte
Mit stummer Ungeduld und blassem Schrecken ein.
Mich deucht, ich höre schon die neuen Hochzeitlieder,
Ja, ja! Ich höre schon der Hoffnung Leichenklang;
Die Angst durchwandert mir das Mark der starken Glieder,
Um die sie kurz vorher die falschen Arme schlang.
Du Kind der Ewigkeit und Mutter alles Guten,
O Liebe, stehst du gern verliebten Dichtern bei,
So gieb, da Aug' und Herz in süßer Wehmuth bluten,
Daß diese schwere Last nur noch erträglich sei!
Du weißt, ich diene dir mit unverfälschtem Herzen;
Du weißt, ich habe stets das böse Volk verflucht,
Und bloß, das Elendsweh im Leben zu verschmerzen,
Ein Kind von frommer Art und gleicher Treu gesucht.
Wie thust du das an mir und stürzest mein Vergnügen,
Worauf ich so viel Zeit und Müh' und Fleiß gewandt?
Warum erlaubst du nicht, an dieser Brust zu liegen,
Mit der mich deine Macht so lang und stark verband?
Ja, wenn mir alle Welt auf solchen Fall geschworen,
Ja, wenn ein Engel selbst dergleichen prophezeit,
So hätt' ich wol gedacht: Sie reden wie die Thoren
Und kennen wol noch nicht der Liebe Zärtlichkeit.
Ach allerliebstes Kind, so muß ich dir noch schreiben,
Indem ich doch sobald mein Herz nicht trennen kann,
Wie magst du solchen Scherz mit Eid und Schwüren treiben,
Und warum hast du so und noch an mir gethan,
An mir, an dessen Gunst dein irdisch Heil gehangen,
Und der um dich sogar ein Spott der Misgunst hieß,
An mir, durch welchen du so vieler Noth entgangen,
An mir, der fast vor dich sein Auge nehmen ließ?
Bedenke doch nur dich! Ich will von mir nichts sagen,
Wie öfters hat dein Mund (du weißt, bei welcher Gruft)
Der Aeltern Asch' und Staub, auf dem wir sicher lagen,
Zum Zeugniß wahrer Treu mit Thränen angeruft?
Geh' in dich, falsches Kind, und frage dein Gemüthe;
Dieß, weiß ich, wird vor mich ein frei Bekenntniß thun,
Mit was vor Ehrlichkeit und nicht erkaufter Güte
Mein Herz allein gewünscht in deiner Schoß zu ruhn!
Bedenk' auch, was wir schon zusammen ausgestanden,
Wie hart uns Neid und Gram und Eifersucht gequält.
Wie manchmal rühmtest du bei allen Unglücksbanden,
Es wäre Philimen zu deinem Trost erwählt!
Wie sauer wurd' es mir, dich anfangs zu gewinnen,
Wie lange wurd' ich nicht mit List herumgeführt!
So viel der Thränen sind, die jetzt aus Unmuth rinnen,
So vielmal hat dir dort mein Kuß das Herz gerührt.
Ich trotz' auf kein Verdienst, so gut ich trotzen möchte,
Ich bringe dieses nur aus guter Meinung vor:
Wer schätzte dazumal dein Ansehn und Geschlechte,
Das vor der halben Stadt bereits sein Lob verlor?
Wer lehrte dich, dein Wohl vernünftig zu bedenken?
Wer wies dich auf den Weg, der Menschen glücklich macht?
Wer ließ sich deinen Gram bis zur Verzweiflung kränken?
Wer hat dir den Geschmack der Liebe beigebracht?
Die Krankheit warf dich hin, der Tod stund vor der Thüre:
Ich kam und hieß gesund, und litt wol mehr als du.
So oft ich mir die Zeit jetzt ins Gedächtniß führe,
So öfters hängt mir noch ein Theil der Ohnmacht zu?
zuhängen, anhängen, nachhängen.
Mein Helfen schlug nichts an, ich ging in meine Kammer,
Verschloß mich mit der Angst und warf mich auf die Knie
Und bat, ich weiß nicht was, vor allzu großem Jammer,
Denn eh' ich mich besann, so war es wieder früh.
Nun merk' ich, daß ich dort um meine Noth gebeten,
Um dich, um meine Noth, die mehr als Schwefel brennt.
Ach sollte deine Brunst so aus dem Gleise treten!
Ach warum hab' ich dich dem Tode nicht gegönnt!
Mir wärest du getreu, dir ohne Schuld gestorben,
Mein Seufzen hätte dich in jene Welt geführt;
Es hätte deine Treu ein ewig Lied erworben,
Und selbst mein Witwenflor dein Leichenkleid geziert.
Verführteste der Welt, betrogne Leonore,
Bedenk, um was du dich mit dieser Falschheit bringst,
Und ob du als ein Spott von meinem Musenchore
Nicht aus dem Paradies in Kabuls Wüste springst?
Durch Eintracht wäre dir die Eh zum Himmel worden,
Hier hättest du das Mark der keuschen Brunst geschmeckt;
Du strahltest als ein Stern in jener Frauen Orden,
Den unsre Poesie des Nachruhms Lorbern steckt.
Steh nächtlich einmal auf und miß die hohe Ferne
Und sieh den Milchweg an, der ist der Helden Haus;
Dein Name mehrte da den Glanz der holden Sterne,
Ich las bereits den Platz vor dessen Bildniß aus.
Du bist vorhin gestraft, indem du mich entbehrest,
Du strafest dich noch mehr durch deine neue Wahl,
Bei der du auf der Welt schon in die Hölle fährest,
Aus welcher meine Treu dich, so zu reden, stahl.
Mit was vor Zuversicht und Augen und Gewissen
Getraust du dich hinfort mein Antlitz anzusehn!
Was wirst du, sterb' ich bald, vor Larven fürchten müssen!
Geschiehts, so wisse nur, es sei durch dich geschehn.
Dein Mops, gedenk' an mich, wird mich an dir schon rächen,
Sein Kopf ist bosheitsvoll und wird dein Henker sein.
Du wirst, wenn Tag und Nacht dich unter Sorgen schwächen,
Dein unbesonnen Werk, doch stets zu spät, bereun.
Alsdann besinne dich auf Gärten, Gras und Linden,
Worunter meine Schoß dein schläfrig Haupt gewiegt!
Da wirst du mich nicht mehr auf jenem Felsen finden,
Auf welchem noch von uns ein Bundeszeichen liegt.
Die letzte Sommernacht wird nicht mehr wieder kommen;
Spiel, Küsse, Tanz und Vers und Sträußer treuer Hand
Sind Schätze, welche dir der Raub der Schätz' genommen,
Was sag' ich? die du dir aus Falschheit selbst entwandt.
Es hat mir wol geahnt; denn kannst du dich besinnen,
Bei welcher Gartenlust dein Ring den Finger band?
Mein Auge fing dort nicht ohn' Ursach' an zu rinnen,
Dir aber fiel das Blut in Tropfen auf die Hand;
Noch mehr, die nächste Nacht verlor ich dich im Traume
Und weckte mich fast selbst durch Angst und Winseln auf?
Der unverhoffte Bruch von deinem liebsten Baume
Wies etwan auch vorher der Liebe kurzen Lauf.
Sei da, und schütze vor, man habe dich gezwungen:
Der, die wahrhaftig liebt, hat Flehn und Zwang nichts an.
Du selbst hast nicht gewollt, sonst war' es wol gelungen,
Indem doch Weiberlist viel Ausflucht machen kann.
Du daurest mich noch sehr, nicht, weil du dieß verdienest,
Blos weil mich die Natur zum Mitleid aufgelegt,
Und weil mein Herz das Bild, in dem du ehrlich schienest,
Aus großer Zärtlichkeit in seinem Blute trägt.
Wie wird dir doch so angst, die gute Nacht zu geben!
Ists möglich, liebstes Kind, so kehre noch zurück,
Ich will dir gern verzeihn und noch vertrauter leben.
Ach wende dich nur um, hier ist der alte Blick.
Der Himmel sieht sich Lust, sobald wir uns vertragen,
Ich selbst berede mich, du habest nichts gethan.
Bleib, Leonore, bleib! Du spottest meiner Klagen
Und siehst mich nun nicht mehr mit deinen Augen an.