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Edegi lebte vor langen, langen Jahren. Er war ein Nupe. Im Krieg wurde er vom Atagarrahäuptling (dem Häuptling der Igbirra) gefangengenommen und nach Ida oder Eda am Niger gebracht. Edegis Heimatland war Danji, das nordwestlich von Bida zwischen Moregi und Edegi in Transkaduna liegt. Seiner Familie nach stammte er von Issa ab, der vordem aus Nafada kam. Edegi arbeitete in Ida so ausgezeichnet, daß er sich bald allgemeiner Beliebtheit erfreute. Eines Tages wurde der Atagarrahäuptling sehr krank. Seine Familie fragte einen Boschi (den Schamanen): »Wie kann der Edsu (König) wieder gesund werden?« Der Boschi sagte: »Der Edsu kann wieder gesund werden, wenn er ein Palmölgericht genießt. Die Palmkerntraube darf aber, wenn sie abgeschnitten wird, nicht auf den Boden fallen; sie darf nicht den Boden berühren, sondern muß von einem Mann aufgefangen werden.« Verschiedene Leute stiegen auf Palmbäume und schnitten die Trauben ab. Unten standen Leute, sie aufzufangen. Einige Leute sprangen beiseite, wenn die Trauben herabkamen, andere wurden von ihnen zu Boden gedrückt und getötet. Alle Trauben berührten die Erde. Edegi trat hervor und sagte: »Ich will es versuchen! Geht ihr andern fort!« Es stieg ein Mann auf einen Palmbaum und schnitt eine Palmtraube ab. Edegi stand unten und fing sie auf mit beiden Armen. Die Traube war sehr schwer. Sie vermochte Edegi nicht zu zermalmen. Sie zerschlug ihm aber das Gesicht und spaltete ihm die Oberlippe. Man bereitete das Öl. Der König genoß die Speise und wurde so von seiner Krankheit geheilt. Nach einiger Zeit erkrankte der Atagarrahäuptling jedoch zum zweiten Mal. Da rief er Edegi. Er sagte zu Edegi: »Es nützt alles nichts. Ich werde doch immer wieder krank werden. Kehr also wieder in deine Heimat zurück. Ich werde dich zum Herrn von Nupe machen. Ich werde dir ein Boot geben, daß du in deine Heimat zurückfahren kannst.« Der Atagarrahäuptling gab Edegi ein Boot. Edegi hatte damals noch seine gespaltene Oberlippe und auch viele Nachkommen Edegis kann man an der gespaltenen Oberlippe erkennen. Edegi fuhr den Niger hinauf. Edegi kam in das Nupeland.
Edegi kam ohne kriegerische Zwischenfälle nach Nupe und wurde Nupekönig in der Stadt Gbarra. Viele sagen, Edegi habe Gbarra gegründet. Edegi war kein unabhängiger Nupekönig. Er herrschte im Namen des Atagarrakönigs und sandte, wie es immer gewesen war, Kleider, Salz und junge Leute nach Ida. Die jungen Leute wurden in Ida als Sklaven verkauft. Sie wurden in Nupeland, weil sie arm und besitzlos waren, zu Sklaven gemacht. Diese Abgaben sandte man erst an den Häuptling des Ortes Kotonkarifi, das am Niger, nicht weit jenseits von Lokoja, liegt. Von da wurden sie dann bis Ida gebracht und dem Atagarrahäuptling übergeben.
Djama das Chamäleon, Tanquollo der Frosch und Bidingako (die große, schwarze, übelriechende Ameise, die immer den Krieg mit den Termiten macht) stritten miteinander. Djama sagte: »Ihr müßt mich ehren, denn ich bin sehr alt. Ich war dabei, als Soko (Gott) die Erde gemacht hat.« Tanquollo sagte: »Du lügst. Ich bin älter als du, denn ich war da, ehe die Erde fertig war.« Bidingako sagte: »Ihr lügt alle beide. Ich bin der älteste von allen, denn ich war da, ehe die Erde überhaupt vorhanden war.«
Djama, Tanquollo und Bidingako stritten sich.
Edsu Edegi hörte von dem Streit. Edegi sagte: »Bringt mir alle drei hierher!« Man brachte Djama, Tanquollo und Bidingako herbei. Edsu Edegi sagte zu Djama: »Du sagst, du seist dabei gewesen, als Gott die Erde machte? Wie kannst du das beweisen?« Djama sagte: »Als meine Mutter mich geboren hatte, war die Erde noch nicht hart. Sie war noch weich. Meine Mutter sagte deswegen zu mir: »Mach keine schnellen Bewegungen, sonst könntest du im Schlamm versinken. Geh immer ruhig!« Aus dieser Zeit stammt der langsame Gang, den ihr heute noch an mir sehen könnt. Daraus siehst du, daß die Erde vor meinen Augen gemacht ist.« Edsu Edegi sagte: »Du hast recht. Setz dich!«
Edsu Edegi sagte zu Tanquollo: »Du sagst, du warst da, ehe die Welt fertig war. Wie willst du das beweisen?« Tanquollo sagte: »Als meine Mutter mich gebar, waren nur einzelne Spitzchen von Erde da. Hier eines und da eines und dazwischen war noch alles hohl. Auf einer solchen kleinen Erdspitze gebar mich meine Mutter. Als meine Mutter mich geboren hatte, sagte sie zu mir: »Die Erde ist noch nicht fertig. Es sind erst einige Häufchen. Dazwischen ist alles hohler Raum. Wenn du also deinen Platz wechseln willst, so hüte dich, daß du nicht in den hohlen Raum fällst. Spring von einem Erdhäufchen über die hohlen Räume weg zum andern!« Aus der Zeit habe ich den hüpfenden Gang behalten. Daraus siehst du, daß ich da war, ehe die Erde fertig war!« Edsu Edegi sagte: »Du hast recht, setz dich!«
Edsu Edegi sagte zu Bidingako: »Du sagtest, du wärest da gewesen, ehe die Welt überhaupt vorhanden war. Wie willst du das beweisen?« Bidingako sagte: »Als meine Mutter mich gebar, war überhaupt noch keine Erde da. Es war alles und allenthalben Wasser. Meine Mutter hat mich auf dem Wasser geboren. Nachdem meine Mutter mich geboren hatte, starb sie. Ich nahm meine tote Mutter auf den Kopf und lief überall umher, nach einem Erdplatz suchend, auf dem ich sie begraben könnte. Während zwölf Jahren suchte ich so. Inzwischen verfaulte meine Mutter auf meinem Kopf. Das ist aber der Grund, warum ich heute noch stinke. Daraus siehst du, daß ich da war, ehe die Erde fertig war.« Edsu Edegi sagte; »Du hast recht, setz dich! Bidingako ist älter als ihr andern alle!«
Ein anderes Mal hatte Edsu Edegi einen Streit von vier Leuten zu schlichten. Der war so entstanden:
Ein Fremder kam in Edsu Edegis Stadt. Er war ein Haussa. Edsu Edegi wies ihn einem angesehenen Mann zu. Der gab ihm eine Hütte in seinem Gehöft. Nach einiger Zeit bekam der Mann Hunger. Er ging hinaus auf den Markt. Er kaufte von einer Frau einen Issa (gleich den Furra der Haussa, das sind Ballen aus Guineakornmehl). Der Haussa nahm den Issaballen. Er wollte die zwanzig Kauri aus seiner Tasche nehmen, um ihn zu bezahlen. In die Tasche war ein Skorpion geschlüpft. Der Skorpion stach den Mann in die Hand. Dann lief er durch die Falten auf den Rücken des Mannes und stach ihn in den Rücken. Der Haussa zog nun schnell den Rock aus. Die Frau, von der er den Issa gekauft hatte, erschrak. Sie schrie. Das hörte der Mann der Frau. Er kam herbeigelaufen. Er sah den nackten Mann vor seiner Frau. Er fragte nicht, was sich ereignet habe. Er begann auf den Haussa loszuschlagen. Das sah der Hausherr des Haussa. Er rief: »Man schlägt den Fremden Edsu Edegis!« Er rannte dazu und schlug auch auf den Ehemann ein, ohne zu fragen.
Edsu Edegi hörte von dem Streit. Er ließ alle vier Leute zu sich kommen. Edsu Edegi fragte den Ehemann: »Was hat sich ereignet? Weshalb hast du meinen Fremden geschlagen?« Der Ehemann sagte: »Ich hörte meine Frau schreien. Ich eilte herbei. Ich sah deinen Fremden vor ihr. Ich fragte nicht, was sich ereignet habe. Ich schlug auf den Fremden ein.« Edegi sagte: »Setz dich!« Edegi fragte den Haussamann: »Wie kam es, daß die Frau schrie?« Der Haussa sagte: »Ich hatte Hunger. Ich ging auf den Markt. Ich kaufte bei der Frau einen Issa. Ich griff in die Tasche, um die zwanzig Kauri herauszunehmen. Ein Skorpion stach mich in die Hand. Der Skorpion lief mir auf den Rücken und stach mich da. Ich warf schnell die Kleider ab. Da schrie die Frau. Der Mann kam und schlug mich.« Edegi sagte: »Setz dich!« Edegi fragt den Hausherrn: »Wie kam es, daß du den Mann der Frau schlugst?« Der Hausherr des Haussa sagte: »Du hast mir den Fremden zugewiesen, daß ich für ihn sorge. Ich habe ihm ein Haus gegeben. Ich sah, wie der Mann dort auf ihn zusprang und ihn schlug. Ich sagte: ›Das ist ein Fremder des Königs, den der mir zugewiesen hat!‹ Ich fragte nicht, was sich ereignet habe. Ich sprang heraus und schlug den Ehemann.« Edegi sagte: »Setz dich!« Edegi fragte die Frau: »Nun sage du mir, weshalb du geschrien hast?« Die Frau sagte: »Der Haussa kaufte bei mir einen Issa. Ich dachte, er würde ihn mir bezahlen. Aber plötzlich sprang er auf und warf die Kleider ab. Da schrie ich, denn ich dachte, er sei verrückt.« Edsu Edegi sagte: »Ich kann bei keinem von euch ein Unrecht finden. Ihr könnt alle gehen.«