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In türkischen Diensten

In Laibach scheint Schnitzer, wie er selbst erzählt, trotz anfänglicher »beruhigendster Versprechungen« abermals Schwierigkeiten gefunden zu haben, als Arzt oder Einjähriger anzukommen, weshalb er verärgert als gemeiner Jäger zwanzig Gulden Handgeld nahm. Doch auch dies scheiterte an dem Einspruch seines »einzigen Widersachers«, des Hauptmanns und Regimentsarztes Dr. H., der ihn für untauglich erklärte.

Schnitzer selbst erzählt, daß er daraufhin »trotz der Opposition seiner lieben Freunde« – und er nennt sechs Offiziere der jungen Armee – das Handgeld zurückgab und den Schwur annullieren ließ. Danach habe ihn »ein lieber, guter Freund«, Oberleutnant Kromp vom österreichischen Infanterie-Regiment Nr. 8, das in Laibach stand, »aufs Land entführt«. Späterhin hätten sich »die andren Freunde seiner Abreise widersetzt, weil sie immer noch auf eine Ausgleichung hofften«. Doch Schnitzer blieb fest. Nach einem großen Abschiedssouper verließ er Laibach.

Wir wollen festhalten: Er war achtzehn Tage dort gewesen. Daß ihm diese kurze Zeit hingereicht hat, sich so viele liebe und gute Freunde zu schaffen, bleibt bemerkenswert. Die Gabe, rasch Anschluß zu finden, werden wir noch oft an ihm zu bewundern haben.

Am 29. November langte er in Triest an. Er dachte rasch als Schiffsarzt unterzukommen, sah sich darin aber enttäuscht und mußte sich in der Zeit bis zum Eintreffen der erbetenen elterlichen Hilfe mit einem Erwerb behelfen, den er selbst, etwa Mitte Dezember, also schildert: »Ich hatte mich sofort nach einer Stellung hier umgesehen und eine solche im Atelier eines hiesigen Chirurgen glücklich gefunden: ich habe dieselbe auch noch inne und werde bis Sonnabend, wo ich, so der liebe Gott will, von hier zu Schiffe nach Konstantinopel gehe – diesmal bestimmt, da ich die Mittel habe – in derselben verbleiben. Es ist damit eigen: wir sind in einem offenen Laden in der Via del Arquefredde und lassen zur Ader, schröpfen, verkaufen Zahnpulver, ziehen Zähne u. dgl. m.«

In Deutschland nennt man solche Leute Bader. Der Entschluß: keinesfalls nach Deutschland zurück! war aber doch so stark in ihm, daß er ihm nicht nur die untergeordnete Tätigkeit erträglich machte, sondern, um nur weiterzukommen, sogar den Plan naherückte, die Reise nach Stambul, da das Geld nicht reichte, nur zum Teil auf dem Dampfboot, zum größeren Teil aber zu Fuß mitten durch die Türkei zurückzulegen, wobei unterwegs »Praxis und Medizinverkauf die Mittel zum Weiterkommen liefern sollten«. Bei einem Manne, der sich über den Wert des deutschen akademischen Grades eines Doktors der Medizin so sehr im klaren war, daß er sogar die Briefe an die nächsten Verwandten als Dr. … unterfertigte (wie früher schon als stud. bezw. cand. med.), gibt dieses Herabsteigen von erkannter Höhe gewiß zu denken.

Am 17. Dezember verließ er Triest. Eine Zufallsbekanntschaft an Bord des Dampfers brachte ihn auf den Gedanken, in Antivari sein Glück zu versuchen, wo er am 21. Dezember 1864 an Land ging. Damals war er im Herzen noch so ganz Mitteleuropäer, Kulturbringer, daß es ihm, nach eigener Angabe, einen Entschluß kostete, sich bei der Landung »von einem schmutzigen Türken Huckepacke ans Land tragen zu lassen, gegen Vergütung von 1 Piaster (10 Kr.)«. In der Stadt hatte er, der Landessprache unkundig, Paßschwierigkeiten: »Ich pantomimte also vor 20 Soldaten, die den Franken anstarrten und fürchterlich nach Knoblauch stanken, mit diesem Jüs-Bashi, der nur türkisch konnte.«

Es ist unendlich bezeichnend für den Menschen Schnitzer, wie schnell dieser Europäerhochmut sich ins Gegenteil verkehrte. Denn schon ein Vierteljahr später schreibt er nach Hause: »Um die Mittagszeit halten wir alle, Türken, Zigeuner und Christen, unseren Kjef (Siesta), der zwei bis drei Stunden währt,« wobei die Reihenfolge der Glaubensbekenntnisse bestimmt nicht zufällig ist. Und bald darauf:

»Ich bin so braun geworden, daß ich gar nicht mehr europäisch aussehe, und der Fez und die Tracht vermehren das Fremdartige. Weißleinenes Beinkleid (gelbliche russische Leinwand), statt Hosenträger eine rote, seidene Binde, drei- bis viermal um den Leib geschlungen, mit gefransten Enden, weißes Hemd, leinener Rock, Fez mit langer Quaste, großer Schnurrbart: da habt Ihr mein Bild einstweilen, bis der Photograph kommt.«

Übrigens faßte er in Antivari überraschend schnell festen Fuß. Wenn auch die europäischen Kolonien jener verlorenen Küstenorte sehr klein waren und jeden Neuankömmling, der ein wenig Abwechslung zu bringen versprach, freudig und unbesehen aufnahmen, so bleibt es doch erstaunlich, daß es Schnitzer in knapp einem halben Jahre gelang, sich eine auskömmliche Stellung zu sichern, die, wie er selbst betont, eigens für ihn geschaffen worden war. Es klingt aber vielleicht nach einer gewissen Überschätzung seiner Amtsbefugnisse, wenn er nach Hause schreibt: »Gestern habe ich von Herrn von Lichtenberg die Anzeige erhalten, daß im Frühjahr ein Kgl. preußisches Kriegsschiff hierher kommen wird, um das Mittelmeer zu bereisen; mögen sie willkommen sein auf türkischem Boden; was ich tun kann, werde ich gewiß für sie tun.«

Aus dieser Zeit stammen die Anfänge seiner Beziehungen zu Ismail Hakki Pascha, die für das nächste Jahrzehnt seines Lebens von so ausschlaggebender Bedeutung sein sollten. Er behandelt in der Familie des Paschas, wird auch mehrfach nach Skutari berufen, um die Regierung in Fragen der öffentlichen Gesundheitspflege u. ä. zu beraten.

Die Muße, die ihm seine Amtstätigkeit in reichem Maße ließ, füllte Schnitzer mit naturwissenschaftlichen Studien, über deren Ergebnisse er an deutsche und europäische Blätter und Institute fortlaufend berichtete, sowie mit Erlernung der hauptsächlichsten Landessprachen, wobei ihm sein bedeutendes Sprachtalent gut zustatten kam. Doch wächst die Sehnsucht, aus dem verlorenen Flecken Antivari hinauszukommen. Er schreibt hierüber: »Meine hiesigen Freunde und Bekannten jammern beim bloßen Erwähnen des Fortgehens; ich kann aber auch auf meine medizinischen Leistungen hin stolz sein. Wenn der fortgelaufene Mediziner soviel leistet, was hätte er nach ordentlicher Durchbildung geleistet?«

Am 25. Mai 1867 war Schnitzer von der K. K. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien zum Mitgliede ernannt worden, was er selbst eine Ehre nennt, »die ich nicht gesucht, auf die ich aber einigermaßen stolz bin«.

Ende 1867 legte Schnitzer die Stellung als Quarantänearzt nieder, trat aber schon anderthalb Jahre später wieder in türkische Staatsdienste, und augenscheinlich nicht ungerne, denn er begnügte sich sogar mit geringerem Gehalt.

Von da ab wird sein Leben wenig übersichtlich, er scheint in mancherlei Diensten Verwendung gefunden zu haben, wie er selbst sagt, auch als »politischer Agent«. Daß er sich eine Zeitlang als türkischer Beamter seine Briefe ans russische Konsulat nach Skutari schicken ließ, sei hier nur nebenbei erwähnt.

Seine Beziehungen zu den europäischen Tagesblättern dehnten sich immer weiter aus. Daß zu gleicher Zeit seine Briefe in die Heimat seltener wurden, erklärt sein Biograph Schweitzer damit, daß Schnitzer eben »seine Berichte einer Zeitung zur Verfügung stellte«. Sein wissenschaftlicher Ruf festigte sich immer mehr. Ende 1869 erwähnt er eine ehrenvolle Aufforderung der » Société Asiatique« in Paris, sich an ihren Arbeiten zu beteiligen. Im August 1870 wird er von der Würzburger Anthropologischen Gesellschaft zum Mitgliede ernannt und bemerkt dazu, es sei dies die fünfte gelehrte Gesellschaft, der er angehöre.

Während der Jahre in Antivari tritt aber noch eine Seite von Schnitzers Wesen in Erscheinung, die eingehende Beachtung verdient: er zeigt sich völlig unfähig, den Begriff Krieg zu erfassen, den Krieg als Gottesgericht, das von den Völkern angerufen oder von Gott verhängt werden kann, den Krieg, der Haß oder Jubel wecken darf, doch niemals oberflächliches Gewitzel; dabei ist er durchaus nicht Kriegsgegner! Vom Aufstand in Cattaro, 1869, weiß er nur zu sagen: »Inzwischen kann ich Dich versichern, daß wir hier so friedlich leben, wie immer, wenngleich der Wind Tag für Tag uns die Kanonen- und Gewehrsalven aus dem nahen Distrikte von Tuppa herüberträgt. Die Kerle fechten ganz verzweifelt tüchtig und machen den Österreichern das Leben sauer … Ich war mit unserm Caimakam (Zivilgouverneur) an die Grenze beordert, wir haben einen hübschen Kordon organisiert und uns den Spaß von weitem angesehen. Es war eine Lust, wie die Ungarn die Schweine aufspießten und die Oliven anzündeten, um braten zu können.«

Das klingt wenig erbaulich. Völlig unverständlich aber ist es, daß er diese spöttische Überlegenheit des unbeteiligten Zuschauers auch beibehält, als, 1866 und 1870/71, sein Vaterland um die Vorherrschaft kämpft. Die Seeschlacht bei Lissa wird kaum, die Schlacht bei Königgrätz gar nicht erwähnt, wohl aber die innere Unberührtheit ausdrücklich betont: »Es war dies eine eigene Position in des Konsuls Hause: ein italienischer junger Geistlicher (Napolitano), ein Preuße (ich) Hand in Hand und als dritter ein österreichischer Konsul! Und doch ist alles ohne ein böses Wort abgelaufen.«

Im selben Briefe, kaum einige Zeilen später, bekundet er die Absicht, im Winter einmal zwei Tage nach Ragusa zu gehen: »Dann soll ein getreues Abbild meine erste Sorge sein! Wir haben jetzt unsere Uniformen erhalten und obgleich sie mir geschmacklos erscheinen, so werden sie allgemein bewundert …«

Dem gleichen Gemütszustand scheint auch der Gedanke einer »Siegesfeier« im Jahre 1870 entsprungen (10. September 1870): »In diesen Tagen denke ich nach Ragusa zu gehen, wo ich mit Herrn v. Lichtenberg die deutschen Siege in deutschem Wein, d. h. Rheinwein, feiern will. Wir hatten verabredet, daß dies erst nach der Einnahme von Paris geschehen sollte, inzwischen scheint sich das hinzuziehen, und so will ich denn lieber jetzt, wo ich Zeit habe, daran denken.«

Im Dezember 1870 meldet er die Rückkehr nach Antivari, und zwar auf den früheren Posten eines Hafen- und Quarantäne-Arztes, diesmal aber mit ministerieller Genehmigung. Wenn Schweitzer als Grund für seine Wiederanstellung in Antivari »eine Eingabe der Bevölkerung« angibt, so dürfte das eine fromme Übertreibung sein; denn da er seinerzeit selbst die völlige Beschäftigungslosigkeit beklagt hatte, so bestand für die Bevölkerung kaum ein Grund, ihn zurückzuerbitten. Vor allem aber war es unter dem türkischen Regiment nicht Brauch, etwaigen »Eingaben« der Bevölkerung ohne weiteres zu willfahren. Im Gegenteil.

Mag nun aber die Bevölkerung Antivaris nach ihm verlangt haben oder nicht – keinesfalls konnte sie sich der Anwesenheit ihres Quarantäne-Arztes lange erfreuen. Sein Briefwechsel mit der Heimat weist eine Lücke von einem vollen Jahre auf – Januar 1871 bis Januar 1872 –, für die jede Erklärung fehlt. Sein erster Brief nach der langen Pause stammt aus Trapezunt und enthält nebst der Bitte, nach dem Grunde des Schweigens nicht zu fragen, die Feststellung, daß Schnitzer selbst »in einem türkischen Harem nie sein Lebensziel vermutet hätte«, sowie die weitere: »Ich bin mit Ismail Hakki Pascha und den Seinen hier und es geht uns trotz allem, was wir zusammen durchgemacht, recht gut.«

Als seine neue Adresse nennt er: Monsieur le Docteur Hairoullah Effendi auprès de S. Exc. le Maréchal Ismail Pascha à Trébizonde.

Das könnte an sich nebensächlich scheinen – bezeichnend aber ist, was er über den Namenswechsel usw. sonst zu sagen weiß. Drei Stellen aus Briefen an seine Mutter kommen hier in Betracht. Die erste vom 21. Februar 1872: »Glaube mir, trotzdem, daß ich mich nun völlig naturalisiert und sogar die Namens-Maske angenommen, es wird mir doch manchmal ganz bange um Euch Alle, und die Heimat kann selbst durch alle Ehren- und Gunstbezeugungen nicht in den Hintergrund gedrängt werden.«

Die zweite aus dem gleichen Schreiben, weiter unten: »Mache Dir keine Sorgen, ich bin nicht Türke geworden; weil aber das ganze Land hier türkisch ist und nur wenige Christen existieren, die alle sehr untergeordneten Ranges sind, habe ich den türkischen Namen adoptiert, um nicht durch allerlei Fragen über Herkunft etc. fortwährend belästigt zu sein …«

Die dritte und weitaus wichtigste aber aus dem Briefe vom 5. Juni 1872: »Aber um Gottes willen, liebe Mama, was hat Dich zu der Annahme gebracht, daß ich ein regelrechter Türke geworden sei? Vielleicht der geborgte Name? Sei ruhig darüber; bis heute ist es eben nur ein angenommener Name, um mir den Verkehr unter und mit den Türken zu erleichtern; was geschehen wird, läßt sich freilich nicht sagen, weil das eben außer aller menschlichen Berechnung liegt. Jedenfalls sei versichert, daß ich trotz der wenigen Sympathien für die bestehenden Religionsformen doch nur nach reiflichem Nachdenken und nur, wenn es mir Nutzen brächte, mich dazu verstehen würde. Also keine Sorge! Zwar ist diejenige Person, welche mir nach dir am liebsten ist, wohl Türkin, aber nicht so fanatisch für ihren Propheten begeistert, daß mein Glauben oder Denken unsere Verhältnisse beeinträchtigen könnte.«

Ungeachtet dieser Versicherungen scheint aber der Glaubenswechsel Schnitzers dennoch in jene Zeit zu fallen, denn im Sudan kam er wenige Jahre später als überzeugter Moslem an, ohne daß der Übertritt vorher ausdrücklich erwähnt worden wäre.

Über die Stellung Schnitzers im Hause des Paschas ist zu sagen, daß er vom behandelnden Arzte allmählich zum unentbehrlichen Freunde geworden war. Der Pascha, Ende 1870 neuerlich Gouverneur von Nord-Albanien, war schon Anfang 71 in Ungnade gefallen und auf seine Ländereien nach Trapezunt verbannt worden.

Diese Verbannung scheint übrigens der antiken Schrecken entbehrt zu haben, denn Schnitzer erwähnt, daß neben der engsten Familie des Paschas, der Frau und vier Kindern, sechs Tscherkessensklavinnen, eine Wiener Köchin und fünf Diener zum Hausstand gehörten, daß die Besitzung des Paschas eine halbe Stunde vor der Stadt auf einem Hügel lag und daß die umliegenden Berge prächtige Jagdgelegenheit boten.

Am 10. September 1872 berichtet Schnitzer seiner Schwester, daß es seinen persönlichen Bemühungen in Konstantinopel gelungen sei, die Rückberufung des Paschas zu erwirken. Dies könnte auf sehr gewichtige und einflußreiche Beziehungen des jungen Arztes schließen lassen; dieser Schluß verliert aber an Wahrscheinlichkeit durch die weitere Tatsache, daß er, nach der Übersiedlung nach Konstantinopel mit der Familie des Paschas, mehr als vier Monate braucht (von Ende September 1872 bis Mitte Februar 1873), um eine Stellung am Marine-Hospital »mit vorläufig 1500 Piaster Gehalt« zu finden, was etwa zweihundertfünfzig Mark entspricht und für Konstantinopel kein überragendes Einkommen war. Allerdings betont er selbst: »Dabei wohne ich nach wie vor beim Pascha und bin jetzt noch ungebundener wie früher. Gebe nur der liebe Gott, daß wir recht bald von hier fortgingen, dann wäre ich schon zufrieden.«

Endlich, im Juni 1873, wurde Ismail Hakki Pascha wieder in den Staatsdienst eingestellt, und zwar als Gouverneur von Janina, wohin er sofort abreiste, während Schnitzer mit der Familie am 1. Juli 1873 Stambul verließ und am 8. Juli 1873 in Janina eintraf. Er schreibt darüber an seine Schwester: »Das Land, welches der Verwaltung des Paschas anvertraut ist, ist durch seine klassischen Reminiszenzen wohl bekannt und außerdem einer der reichsten und ergiebigsten Teile des Reiches. Es ist demnach unser aller feste Absicht, uns endlich einmal die Taschen gründlich zu füllen (!), um bei einer etwaigen Abberufung etwas zum Leben zu haben. Gott gebe, daß unsere Hoffnungen uns nicht trügen. Dann wird alles noch gut werden. Ich habe natürlich meine Stelle am Hospital Haidar Paschas in Konstantinopel aufgegeben und bin dafür durch die außerordentliche Güte des Kriegsministers, der mit unserem Pascha eng liiert ist, mit einem Gehalte von 2000 Piaster monatlich zu persönlicher Dienstleistung zum Pascha hieher kommandiert worden, wo ich absolut nichts zu tun habe. Essen, Wohnung, Bedienung, Wäsche, Sorge für mein Pferd habe ich im Hause des Paschas.«

Als Adresse nennt er nun wieder seinen richtigen Namen » Mr. le Docteur Ed. Schnitzer« und bemerkt noch am 14. August: »Alle Rechnungen, alle Korrespondenzen, alle Vertrauens-Angelegenheiten des Paschas sind in meinen Händen, und da den ersten jeden Monats Rechnung und Auszahlung ist, denke Dir, was zu tun ist.«

Diese schöne Häuslichkeit fand mit dem Tode des Paschas im Spätherbst 1873 ein jähes Ende. Schnitzer ging mit der Witwe und den Kindern nach Stambul, um den Nachlaß zu regeln, von da, wie schon erwähnt, auf Umwegen nach Neisse, wo er im Frühjahr 1874 eintraf.

Die Eltern reisten zur Erholung ins Bad, weshalb Schnitzer am 8. Juli seiner Mutter schriftlich zum Geburtstag Glück wünschen mußte: »Daß ich Dir alles nur Ersehnbare wünsche und vom lieben Gott Zufriedenheit und Gesundheit für Dich erflehe, ist wohl so selbstverständlich, daß es keiner Darlegung braucht.«

Zur Zufriedenheit seiner Mutter dürfte es aber doch kaum nennenswert beigetragen haben, daß der Sohn kurze Zeit darauf erst nach Breslau und von dort stillschweigend nach Ägypten abreiste und die türkische Witwe mit Kindern und Dienerschaft im Elternhause zurückließ.

Die Freundin und ihre Kinder hat Schnitzer nicht wiedergesehn.


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