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Das Vollzugskomitee

Das Programm war ohne viel Worte beraten und bestätigt worden, – rasch gingen wir über zum Organisationsplan der Partei und zum Statut des Vollzugskomitees.

Entsprechend den Forderungen angespanntesten Kampfes gegen einen mächtigen Gegner war der Organisationsplan des »Volks-Willens« streng zentralistisch aufgebaut und von vornherein in allrussischem Maßstabe entworfen.

Ein Netz geheimer Gruppen, von denen sich jede eine allgemeine revolutionäre Arbeit auf einem bestimmten Spezialgebiet wählte, hatte ein gemeinsames Zentrum – das Vollzugskomitee. Die lokalen Gruppen waren verpflichtet, sich ihm unterzuordnen, ihm ihre Kräfte und Mittel zur Verfügung zu stellen. Vom Zentrum aus wurden alle allrussischen Angelegenheiten der Gesamtpartei verwaltet. Im Moment des Aufstandes hatte es alle Kräfte der Partei mobil zu machen, ihr revolutionäres Auftreten anzuordnen. Zuvor aber konzentrierte es sich auf die Organisierung der Verschwörung, die allein eine Umwälzung zwecks Übergabe der Macht an das Volk ermöglichen konnte. In der Tat arbeitete die Partei durchaus in dieser Richtung; wenn sie trotzdem später terroristisch genannt wurde, so geschah es auf Grund eines rein äußerlichen Merkmals. Der Terror war niemals ihr Selbstzweck! Er war ein Mittel der Verteidigung, des Selbstschutzes, er galt als mächtiges Instrument der Agitation und wurde nur angewandt, soweit gewisse organisatorische Ziele erreicht werden sollten. Unter anderem gehörte in diese Rubrik die Tötung des Zaren.

Im Herbst 1879 wurde die Zarentötung zu einer Notwendigkeit, zu einer brennenden Tagesfrage; und das gab einigen von uns, darunter auch Goldenberg, der uns später verriet, den Anlaß, Zarenmord und terroristische Tätigkeit fälschlich für unsern wesentlichsten Programmpunkt zu halten.

Die einzige Ursache, warum das Vollzugskomitee sogleich nach seiner Bildung beschlossen hatte, ein Attentat auf Alexander II. an vier verschiedenen Stellen zu organisieren, war der Wunsch, ein weiteres Anwachsen der Reaktion, die unsere Organisationsarbeit hinderte, zu unterbinden.

Die propagandistische und organisatorische Arbeit unter den Intellektuellen und der Arbeiterschaft ging stets neben der zerstörenden Tätigkeit einher; sie war weniger auffallend, sollte aber dennoch ihre Früchte tragen.

Scheljabow betrieb sie in Charkow, Kolodkewitsch und ich in Odessa, Michailow in Moskau, die Genossen Kwatkowski, Korba und andere in Petersburg.

Indem die neue Partei die Unzufriedenen in eine allgemeine Verschwörung gegen die Regierung zusammenfaßte, war sie sich wohl der Bedeutung eines Aufstandes der Bauernmassen im Moment des Sturzes des Zarismus bewußt. Deshalb wies sie der Propagandatätigkeit unter dem Volke stets einen gebührenden Platz zu und betrachtete Landagitatoren, die sich ihr zur Verfügung stellen wollten, als ihre natürlichen Bundesgenossen; leider gab es deren während der ganzen Dauer unserer Tätigkeit herzlich wenig. Ohne Neues zu den Methoden der Dorfpropaganda beizutragen, wies die Partei ihre Anhänger auf dem flachen Lande auf die Notwendigkeit hin, dem Volke die Bedeutung der Regierungsmacht auf wirtschaftlichem Gebiete klarzulegen (die systematische Unterstützung der adligen Grundbesitzer und kapitalistischen Gewerbetreibenden, die Zollpolitik usw.).

Laut Statut war jedes Komiteemitglied verpflichtet:

1. alle Geistes- und Seelenkräfte der revolutionären Sache hinzugeben, ihretwillen alle Familienbande, Sympathien, Liebe und Freundschaft aufzugeben;

2. wenn nötig das Leben hinzugeben, ohne Rücksicht auf sich und andere;

3. nichts zu besitzen, das nicht gleichzeitig der Organisation gehörte;

4. seinem individuellen Willen zu entsagen und ihn den Mehrheitsbeschlüssen der Organisation unterzuordnen;

5. alle Angelegenheiten, Pläne und Absichten, sowie den Mitgliederbestand der Organisation streng geheimzuhalten;

6. in allen Beziehungen öffentlichen und privaten Charakters, in allen offiziellen Handlungen und Erklärungen sich nie als Mitglied, sondern stets nur als Beauftragter des Vollzugskomitees zu bezeichnen;

7. im Falle des Austritts aus der Gesellschaft unverbrüchliches Schweigen zu bewahren über alles die Tätigkeit der Gesellschaft Betreffende.

Groß waren diese Anforderungen, aber leicht für den, der vom revolutionären Gefühl beseelt war, jenem hochgespannten Gefühl, das keine Hindernisse kennt und vorwärts stürmt, weder zurück noch nach rechts oder links blickend. Wären jene Forderungen leichter gewesen, hätten sie nicht zuinnerst an den Menschen gerührt, so wären sie als unbefriedigend empfunden worden; so aber erhoben sie durch ihre Strenge und Höhe die Persönlichkeit, sie rissen sie aus den Bahnen des Alltäglichen heraus. Der Mensch fühlte stärker, daß eine Idee in ihm lebe und leben müsse.


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