Wenn Tau auf reifen Ähren glänzt,
Die satten Körner schwellen nicht;
Und wenn den Toten man bekränzt,
Die starren Pulse zucken nicht;
Wenn über Trümmer geht das Licht,
Nicht eine Säule wird ergänzt:
Und dennoch, schau!
Dünkt reiche Gabe Licht und Kranz und Tau.
So nimmer Reue mag erbaun,
Was einmal Schuld gebrochen hat,
Und dennoch Gottes Engel schaun
Mitleidig auf die wüste Statt.
So ragt auch wohl ein grünes Blatt
Durch eines Kerkergitters Graun
Zu dem Gefangnen, und
Er lächelt, seine Seele wird gesund.
O könnte alle Sünde nur
Wie überm Ast der Mistel stehn,
Der wurzellos durch die Natur
Sich selber blühn darf und vergehn!
Doch wie am dürren Baume sehn
Man wird des Schlinggewächses Spur,
So ein Vampyr
Dorrt sie die Seele und den Körper dir.
Wer frischt dir deinen Glauben auf,
Versengt an ihrem Odem heiß?
Wer bringt dir der Gedanken Lauf
Zurück ins fromm beschränkte Gleis?
Und deiner Menschenkenntnis Eis,
Den starren Strom, wer löst ihn auf,
Den wahren Fluß,
Der Himmel stets und Hölle scheiden muß?
Und was dein Körper büßte ein
In nagender Gefühle Joch,
Das bleibt nun für dies Leben dein,
Und nach dem Drüben greift es noch;
Und wie an einem Haare doch
Wirst immer du gehalten sein,
Wenn frischer Geist
In frischem Körper wie ein Adler kreist.
Sprach doch der allertreuste Mund:
Vergeben leicht und Heilen schwer.
Das ist der Sünde alter Bund,
Die zehrend wie Gomorrhas Meer
Ertötet alle Frucht umher.
Und dennoch kann das Mark gesund
Und himmelwärts
Kann treiben seinen Zweig des Baumes Herz.
O, nur Ergebung, nur Geduld,
Zu tragen meiner Narben Schmach,
Um was gebrochen meine Schuld,
Zu trauern still und reuig nach!
Auch über mir steht ja das Dach
Des Himmels und der Sonne Huld,
Und ach, der Tau,
Er fällt ja auch auf meine heiße Brau!
Nicht wirst du, Herr, mich wandeln gehn,
Nicht heißen heben mich die Hand;
Doch eine Säule darf ich stehn,
Ein Zeichen an dem öden Strand,
Und hoffen, daß, wenn Sonnenbrand
Die morschen Trümmer ließ vergehn,
An jenem Tag
Dein Strahl die Stäubchen aufwärts ziehen mag. |