Annette von Droste-Hülshoff
Das Geistliche Jahr
Annette von Droste-Hülshoff

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Am zweiten Sonntage nach Pfingsten

»Der Eine sprach: ich habe ein Landhaus gekauft;
der Andere sprach: ich habe ein Weib genommen,
deshalb kann ich nicht kommen«

Ein Haus hab' ich gekauft, ein Weib hab' ich genommen,
Drum, Herr, kann ich nicht kommen.
Das Haus: mein Erdenleib,
Dess ich in Ruh' muß pflegen,
Die Poesie: das Weib,
Dem ich zu Füßen legen
Will meiner Liebe Frommen
Zu süßem Zeitvertreib.

Gebrechlich ist mein Haus, bedarf gar sehr der Stützen,
Soll es mir ferner nützen.
So lieblich ist die Frau,
Sie zieht mich ohne Maßen
Zu ihrer Schönheit Schau.
Ach, ihr mag ich wohl lassen
Der lichten Stunden Blitzen,
Der Träume Dämmertau.

Was fühl' ich denn so heiß in meinem Busen quellen,
Als wollt' es ihn zerschellen?
Was flüstert an mein Ohr?
Mich dünkt es, eine Stimme
Dring' aus dem Bau hervor
Wie in verhaltnem Grimme,
Wie fernen Meeres Wellen,
Und spricht: O Tor, du Tor!

Kein Haus hast du gekauft, es ward dir nur verpfändet,
Bis jener Faden endet,
Dess Dauer Keiner kennt
Und Keiner mag verlängen;
Die Spindel rollt und rennt.
Ach, jener Stunde Drängen
Hat Keiner noch gewendet,
So tief die Angst ihn brennt!

Nicht lieblich ist die Frau, 's ist eine strenge Norne;
Erzittre ihrem Zorne,
Sie schlürft dein Leben auf.
Und muß es dann entrinnen,
So tu' den besten Kauf:
Wohl magst du dir gewinnen,
Was aller Freuden Borne
Wiegt überschwenglich auf.

Drum sorge ferner nicht um deines Hauses Wände:
Des Eigentümers Hände
Sind schützend drauf gelegt;
Und wie ein Wuchrer handle,
Um was dein Herz bewegt;
Mit jener Frau verwandle
In Himmelshauch die Spende,
Der über'n Abgrund trägt!




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