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Das Auge sinkt, die Sinne wollen scheiden: »Fahr wohl, du altes Jahr, mit Freud und Leiden! Der Himmel schenkt ein neues, wenn er will.« So neigt der Mensch sein Haupt an Gottes Güte, Die alte fällt, es keimt die neue Blüte Aus Eis und Schnee, die Pflanze Gottes, still. – Die Nacht entflieht, der Schlaf den Augenlidern: »Gegrüßt du Menschenherz mit deinen Schwächen, »O Menschenherz, wie ist dein Haus zerfallen! »O Menschenherz, was hast du denn zu treiben, »O Menschenherz, kannst du denn Alles zwingen? »O tückisch Herz, du willst es nur nicht sagen, »Hör' an, o Herz, ich will es dir verkünden, »O Herz, du bist von Torheit ganz befangen! »Du hast den Frieden freventlich vertrieben! »Und willst du treu die Blicke aufwärts wenden, |
Durch die Nacht drei Wandrer ziehn, Um die Stirnen Purpurbinden, Tiefgebräunt von heißen Winden Und der langen Reise Mühn. Durch der Palmen säuselnd Grün Folgt der Diener Schar von weiten; Von der Dromedare Seiten Goldene Kleinode glühn, Wie sie klirrend vorwärts schreiten, Süße Wohlgerüche fliehn. Finsternis hüllt schwarz und dicht Horch, die Diener flüstern leis: Sonder Sorge, sonder Acht, O ihr hohen heil'gen Drei! Dennoch, Seele, fasse Mut! Einen Strahl bin ich nicht werth, |
Evang.: Jesus lehrt im Tempel
Und sieh, ich habe dich gesucht mit Schmerzen, Mein Herr und Gott, wo werde ich dich finden? Ach, nicht im eignen ausgestorbnen Herzen, Wo längst dein Ebenbild erlosch in Sünden: Da tönt aus allen Winkeln, ruf' ich dich, Mein eignes Echo wie ein Spott um mich. Wer einmal hat dein göttlich Bild verloren, So muß ich denn zu meinem Graun erfahren Rings um mich tönt der klare Vogelreigen: Und muß ich schauen in des Schicksals Gange, Und schlingen sich so wunderbar die Knoten, Ich weiß es, daß du bist, ich muß es fühlen, Wo find ich dich in Hoffnung und in Lieben! |
Was ist süß wie Honigseim, Wenn er sich der Wab' entgießt? Süßer ist des Lebens Keim, Der durch unsre Adern fließt. Doch dein Name, lieber Jesu mein, Der ist über Alles mild und süß! Daß der Tod vergißt die herbe Pein, Wo ein frommer Mund ihn tönen ließ. Was ist gleich des Löwen Kraft Was ist reich wie Meeresfahrt, Was ist schön wie Morgenlicht, Was ist freudig wie zu ziehn Ja, dein Name, Jesus Christ, |
Evang.: Vom Aussätzigen und Hauptmann
»Geh hin, und dir gescheh, wie du geglaubt!« Ja, wer da glaubt, dem wird sein Heil geschehen; Was aber ihm, dem in verborgnen Wehen Das Leben hat sein Heiliges geraubt? Herr, sprich ein Wort, so wird dein Knecht gesund! Wie kömmt es, da ich dich am Abend rief, Ist nicht mein Ruf in meiner höchsten Not Verzeih, o Herr, was die Bedrängnis spricht! Und ist mir nun, als sei ich ganz allein Fühlt' ich in Demut, wie ich nimmer wert, Mein Herr, gedenke meiner Sünden nicht! O hätt' ich ihre Gaben nicht versäumt, Wie oft ist nicht, noch eh' die Tat geschah, Und wenn ich nun mich frevelnd abgewandt, Ach, viel und schwere Sünden übt' ich schon, Nun ist mir endlich alles Licht dahin Mein Jesu, sieh, ich bin zu Tode wund |
Evang.: Von den Arbeitern im Weinberge
Ich kann nicht sagen: »Keiner hat mich gedingt.« Wem soll ich klagen, Wenn es mich niederzwingt In meine schmählich selbstgeflochtnen Bande! Vor Millionen hast du mich erwählt, Mir unermeßnes Handgeld zugezählt In deiner Taufe heil'gem Unterpfande. Ich kann nicht sagen: Ich kann nicht sagen: Ich kann nicht sagen: Ich muß verschwinden Nichts kann ich sagen, |
Durch die Gassen geht Maria, In dem Arm den Sohn, den lieben, Hält ihn fest und hält ihn linde, Und ihr Auge schaut auf ihn. Wie die Englein ihn gesungen, Ihn die Hirten angebetet, Huldigten die grauen Weisen, Läßt sie still vorüber ziehn. Aber Joseph ihr zur Seiten O Maria, Mutter Christi! Doch du neigst dein liebes Kindlein Liebster Herr, du hast geschaffen Hast du mir in Macht und Güte Und da ich nach vielen Tagen, Muß mein Haus gleich stehen eine Aus den Hallen tritt Maria, Aber Joseph stillen Schrittes |
Evang.: Vom Samen, so unter die Dornen fiel
In die Dornen ist dein Wort gefallen, In die Dornen, die mein Herz zerrissen; Du, mein Gott, nur du allein kannst wissen, Wie sie schmerzlich sind vor andern allen; In die Dornen meiner bittern Reue, Die noch keine Tröstung will empfangen; So verbarg ich es in finstrer Scheue, Und so ist es trübe aufgegangen. Und so wächst es auf in bittrer Wonne, In die Dornen ist dein Wort gefallen, In Entsagung schwinden muß mein Leben, Wenn ich blicke in die milden Mienen Und wie tief neig' ich die Stirn, die trübe, Aber, was er auch für Tücke hege, Ob ein Tag mir steigen wird auf Erden, |
Evang.: Vom Blinden am Wege
Herr, gib mir, daß ich sehe! Ich weiß es, daß der Tag ist aufgegangen, Im klaren Osten stehn fünf blut'ge Sonnen, Und daß das Morgenrot mit stillem Prangen Sich spiegelt in der Herzen hellen Bronnen. Ich sehe nicht, ich fühle seine Nähe, Herr, gib mir, daß ich sehe! Und wie ich einsam stehe, Wie ich die Augen drehe Gleich dem getroffnen Rehe So bleib' ich auf der Höhe, Wie sich die Nacht auch blähe, Und wie mich Mancher schmähe, Herr, wie du willst, geschehe! Daß mich dein Glanz umwehe, |
Auf meiner Stirn dies Kreuz Von Asche grau: O schnöder Lebensreiz, Wie bist du schlau Uns zu betrügen! Mit Farben hell und bunt, Mit Weiß und Rot Deckst du des Moders Grund; Dann kömmt der Tod Und straft dich Lügen. Und wer es nicht bedacht Was schmückt sich denn so hold Was wird so heiß geliebt? Stellt ein Geripp' sich dar Fühl' ich des Pulses Schlag Du schnöder Körper, der |
Evang.: Von der Versuchung Christi
»Sprich, daß diese Steine Brode werden! Laß dich deine Engel niedertragen! Sieh die Reiche dieser ganzen Erden! Willst du deinem Schöpfer nicht entsagen?« Dunkler Geist, und warst du gleich befangen, Da du deinen Gott und Herrn versucht: Ach, in deinen Netzen zahllos hangen Sie, verloren an die tück'sche Frucht. Ehrgeiz, Hoffahrt, dieser Erde Freuden, Jesu mein, zu dir steigt auf mein Flehen, Herr, ich bin ein arm und kaum noch glühend Herr, du hast vielleicht noch viel beschlossen Lauscht vielleicht verborgen eine Spitze Herr! Du weißt, wie trüb in meiner Seele, Laß mich, Herr, es immerdar empfinden, Willst du mehr der Erdengüter schenken, Selber kann ich diesen Kampf nicht wagen. |
Evang.: Vom Cananäischen Weibe
Liebster Jesu, nur Geduld! Wie ein Hündlein will ich spüren Nach den Brocken deiner Huld, Will mich lagern an die Türen, Ob von deinen Kindern keines Mir ein Krüstlein reichen will, Hungerglühend, doch in meines Tiefen Jammers Kunde still. Um Geduld fleh ich zu dir: Weil ich fast in meiner Pein O, zum allergrößten Heil Kann ich dir, du Rächer groß, Wie ein Hündlein bin ich nur, Ist es deinen Kindern recht, O, es ist ein bittres Los, Daß um meiner Sehnsucht Brand Muß in Qual das Morgenrot, |
Evang. : Jesus treibt den Teufel aus
»Mein Nam' ist Legion, denn unserer sind Viele!« So spricht der finstre Geist. Sein Nam' ist Legion, weh mir, daß ich es fühle! Daß es mich zittern heißt! Wo kindlich dem Gemüt in Einfalt und Vertrauen Doch du, mein schuldvoll Herz, in deinem eitlen Wissen, Und raff' ich mich empor, und will ich mich erkühnen Denn daß die Welt mich nicht, die Menschen mich nicht kennen, Mich kennen muß die Welt, ich muß Verachtung tragen, Laß in Zerknirschung mich, laß mich in Furcht dich singen, Ach, wer so leer wie ich in Worten und in Werken, Ist nicht mein ganzer Tag nur eine Reihe Sünden? Tönt nicht der Kampfgesang der Lust von allen Seiten? Und mein' ich eine Zeit, daß ich den Sieg errungen, Und ist mir's eine Zeit, als will das Leben ziehen Und wird mir's endlich klar, umsprüht von Leidensfunken, Das hast du selber dir, du schuldvoll Herz, zu danken; Doch daß du schlummernd läßt durch alle Tore ziehen Daß du dich töricht wähnst in vollem hellem Laube, Das ist warum du stirbst, daß du in Wahnes Gluten So schaue deine Not! Noch fielen nicht die Schranken |
Josephsfest
Gegrüßt in deinem Scheine, Du Abendsonne reine, Du alter Lilienzweig, Der du noch hast getragen In deinen grauen Tagen So mildes Blütenreich! Je mehr es sich entfaltet, Wie ist zu meinem Frommen Zu dir will ich mich flüchten, Was hast du nicht geduldet, Und da du mußtest scheiden Und da Er glanzumkrönet, Und gar, wenn gottdurchdrungen So hast du viel getragen, Du frommer Held im Glauben, Was soll ich denn nicht hoffen, Zerrissen in den Gründen |
Evang.: Die Juden wollen Jesum steinigen
Die Propheten sind begraben, Abraham ist tot! Millionen Greis' und Knaben Und der Mägdlein rot, Viele, die mir Liebe gaben, Denen ich sie bot: Alle, alle sind begraben, Alle sind sie tot! Herr, du hast es mir verkündet, Aber von mir selbst bereitet Hab' ich grausend es empfunden, Seh' ich dann zu Staub zerfallen, Schrecklich über alles Denken Meine Lieder werden leben, Bruder mein, so laß uns sehen Wie es hing an einem Faden, |
Ja, seine Macht hat keine Grenzen, Bei Gott unmöglich ist kein Ding! Das soll mir wie mein Nordlicht glänzen, Da meine Sonne unterging. Und wie auf blauen Eisesküsten Steh' ich zu starrer Winterzeit: Wie soll ich noch das Leben fristen! Ach, keine Flamme weit und breit! Und sieh, er winkt' dem milden Lenzen, Daß er die tote Erd' umfing? Ja, seine Macht ist ohne Grenzen, Bei Gott unmöglich ist kein Ding! O sehet, wie von warmen Zähren Kannst du die Millionen Blätter O, möchte nur die Demut keimen! So ist doch von den Blumen allen Doch wie das Volk einst vor den Schranken Und kann ich denn kein Leben bluten, |
Der Morgentau will steigen; Sind denn die Palmen grün? Auf, laßt mit hellen Zweigen Uns ihm entgegen ziehn! Er will in unser Haus, In unsre Kammern kommen; Schon ziehen rings die Frommen Mit Lobgesang heraus. Ich kann nicht mit euch gehen, Was soll ich dir bereiten, Aus deiner Mutter Rechten Den Boden will ich streuen Wie soll ich mich doch finden |
Evang.: Vom verdorrten Feigenbaume
»Wie stehst du doch so dürr und kahl, Die trocknen Adern leer, O Feigenbaum! Ein Totenkranz von Blättern fahl Hängt rasselnd um dich her Wie Wellenschaum.« – "O Mensch, ich muß hier stehn, ich muß Dich grüßen mit dem Todesgruß, Daß du das Leben fassest, Es nicht entlassest!" »Wie halt ich denn das Leben fest, »Wie bist du denn so völlig tot, »Wer hat dir Solches zubereit' »Du starbest wohl vor langer Zeit, »Wo bleibt denn seine große Huld, »Steht denn kein Hoffen mehr bei dir, O Lebenstraum, |
Evang.: Von der Nächstenliebe
»Gleich deiner eignen Seelen Sollst du den Nächsten lieben!« O Herr, was wird noch fehlen, Bevor dein Wort erfüllt! So muß denn all mein Denken Mich rettungslos betrüben; Wie sich die Augen lenken, Steht nur der Torheit Bild. Mein Herr, ich muß bekennen, Und hast du mich verlassen, Sprich! wolltest du mich trügen? Wie oft drang die Versteckte, O Gold, o schnöde Gabe, Ihr Sinne sprecht, ihr scheuen, So hab' ich deine Pfunde Ich müßte wohl verzagen, |
Evang.: Von der Auferstehung der Toten
Wohl, so will ich vorwärts gehen Mit der schwergepreßten Brust; Wird doch alles mir bewußt, Wenn die Toten auferstehen. Und so lange muß ich tragen, Dies ist meine größte Not, All die übermüt'gen Fragen, Die mich drücken in den Tod. Wie ein Leib, der längst entfaltet Was vom Guten, was vom Bösen Und noch viele andre Dinge, Herr, ich kann sie nicht verbannen, Wie wenn in beklemmter Schwüle Aber wie mit Eisenketten |
Evang.: Von der Fußwaschung
O Wundernacht, ich grüße! Herr Jesus wäscht die Füße. Die Luft ganz stille stand; Man hört den Atem hallen Und wie die Tropfen fallen Von seiner heil'gen Hand. Da Jesus sich tut beugen, Herr, ob sich gleich betöret So gib, daß ich nicht klage, O Gott, ich kann nicht bergen, Es ist mir oft zu Sinnen, Doch wie die Schmerzen schwinden, Mein Jesu, darf ich wählen, Doch ist er so vergiftet, Hast du es denn beschlossen, |
Weinet, weinet, meine Augen, Rinnt nur lieber gar zu Tränen; Ach, der Tag will euch nicht taugen, Und die Sonne will euch höhnen! Seine Augen sind geschlossen, Seiner Augen süßes Scheinen; Weinet, weinet unverdrossen, Könnt doch nie genugsam weinen! Als die Sonne das vernommen, Still, Gesang und alle Klänge, Und die Vöglein arm, die kleinen, Weg mit goldenen Pokalen, Weiche Polster, seidne Kissen, In der Erde alle Toten Er, der Herr in allen Dingen, Als nun Jesu Herz tut brechen, Und für wen ist denn gerungen Hast du denn so viel gegeben, |
Tiefes, ödes Schweigen, Die ganze Erd' wie tot! Die Lerchen ohne Lieder steigen, Die Sonne ohne Morgenrot: Auf die Welt sich legt Der Himmel matt und schwer, Starr und unbewegt Wie ein gefrornes Meer. O Herr, erhalt' uns! Meereswogen brechen, Sünden sind geschehen Jesus liegt im Grabe, Ach, auf jene Frommen, Lange, lange Zeiten Herr, ich kann nicht sprechen |
O jauchze, Welt, du hast ihn wieder, Sein Himmel hielt ihn nicht zurück! O jauchzet, jauchzet, singet Lieder! Was dunkelst du, mein sel'ger Blick? Es ist zu viel, man kann nur weinen, Unendlich Heil hab' ich erfahren Vom Grabe ist mein Herr erstanden Den eignen Leib hat er zerrissen, Ich soll mich freun an diesem Tage Mit Todesqualen hat gerungen Mein Gott, was konnte dich bewegen Ach, sind denn aller Menschen Seelen, Und sind nicht aller Menschen Seelen Mein Geist, o wolle nicht ergründen, Mein Jesus hat sie wert befunden So darf ich glauben und vertrauen Ich soll mich freun an diesem Tage: |
Evang.: Von den Jüngern, die nach Emmaus gingen
Herr, eröffne mir die Schrift, Deiner Worte Liebesmorgen, Daß er leis' im Herzen trifft, Was gewißlich drin verborgen. Weiß es selber nicht zu finden, Bin doch aller Hoffnung voll: O, die Wolken werden schwinden, Wenn die Sonne scheinen soll! Soll der Glaube ferne sein, Nein, mein Herr, das hast du nicht, Manches ist mir wunderbar, Herr, mit Tränen dank ich dir Deine Gnad' ist weich und warm, Herr, ich habe viel geweint, Und bei deinem heil'gen Buch, Das ist nur für diesen Tag, Du unendlich süßes Glück, |
Evang.: Jesus geht durch verschlossene Türen
und spricht: »Der Friede sei mit Euch!«
Und hast du deinen Frieden denn gegeben An Alle, die dich sehnen um dein Heil, So will ich meine Stimme auch erheben: Hier bin ich, Vater, gib mir auch mein Teil! Warum sollt' ich, ein ausgeschloßnes Kind, Allein verschmachtend um mein Erbe weinen? Warum nicht sollte deine Sonne scheinen, Wo doch im Boden gute Keime sind? Oft mein' ich zwar, zum Beten sei genommen Wohl weiß ich, wie es steht in meiner Seelen, Und hast du tief geschaut in meine Sünden, Du, der verschloßne Türen kann durchdringen, Nicht weich' ich, eh' ich einen Schein gesehen, |
Evang.: Vom guten Hirten
Ein guter Hirt läßt seine Schafe nimmer! O wehe, Hirt! den ein verkümmert Lamm Einst klagend nennen wird mit Angstgewimmer, Ein blutend wundes, eins voll Wust und Schlamm. Was willst du sagen? Schweig! Dein Wort ist tot, der Stirne Zeichen Kains gleich. Weh' Fürsten euch! die ihr des Volkes Seelen Hausväter, wehe! die ein dienend Wesen Und wehe, wehe Allen! deren Händen Doch bist du frei? darfst du so kühn denn sprechen Wenn Kinderohr an deinen Lippen hänget, Und wenn ein schwach Gemüt, ein stumpfes Sinnen Hast du mir, Herr, an diesem Tag erschlossen, Gewitter kannst mit deinem Hauch du hemmen, |
»Über ein Kleines werdet ihr mich sehn.«
Ich seh' dich nicht! Wo bist du denn, o Hort, o Lebenshauch? Kannst du nicht wehen, daß mein Ohr es hört? Was nebelst, was verflatterst du wie Rauch, Wenn sich das Aug' nach deinen Zeichen kehrt? Mein Wüstenlicht, Mein Aronsstab, der lieblich könnte grünen, Du tust es nicht; So muß ich eigne Schuld und Torheit sühnen. Heiß ist der Tag; Die Wolke steigt, Ein Donnerschlag! Das Dunkel weicht, Auf Bergeshöhn Hat denn dein Hauch |
»Ich gehe zu Dem, der mich gesandt hat.«
Nicht eine Gnadenflamme hehr Vor deinem Volke soll ich gehn; Nein, ein versteinert Leben schwer Wie Sodoms Säule muß ich stehn Und um mich her Die Irren träumend schwanken sehn. Und ob auch Öde mich umgibt, Den Lebenshauch halt ich von dir, Ich hebe meine Stimme laut Nur aufgeschaut, nur nicht zurück! Könnt ich mein Auge heben nur, Ob nimmer sich die Rinde hebt? Dann soll ich wissen, was ich bin, |
»Aber Solches habe ich zu Euch geredet,
damit, wenn die Stunde kömmt, Ihr daran
gedenket, daß ich es Euch gesagt habe.«
Erwacht! der Zeitenzeiger hat Auf die Minute sich gestellt; Dem rostigen Getriebe matt Ein neues Rad ist zugesellt; Die Glocke bebt, der Hammer fällt. Wie den Soldaten auf der Wacht Und Mancher, der im langen Traum Wer möchte sich in solcher Zeit Dem Kleinsten ward sein richtig Teil, Ist es ein schwacher Posten auch, Tu' nur ein Jeder, was er kann, |
Er war ihr eigen drei und dreißig Jahr. Die Zeit ist hin, ist hin! Wie ist sie doch nun alles Glanzes bar, Die öde Erd', auf der ich atm' und bin! Warum durft' ich nicht leben, als sein Hauch Die Luft versüßte, als sein reines Aug' Gesegnet jedes Kraut und jeden Stein? Warum nicht mich? Warum nicht mich allein O Herr, du hättest mich gesegnet auch! Dir nachgeschlichen wär' ich überall Und draußen in des Volkes dichtem Schwarm Umsonst! Und zwei Jahrtausende nun fast Geboren bin ich in bedrängter Zeit; 'S ist sichtbar, wie die Glaubensflamme reich Was will ich mehr? Ist es vergönnt dem Knecht, |
»Ihr sollt in meinem Namen bitten –
Jetzt wissen wir, daß du Alles weißt.«
In seinem Namen darf ich beten, Er hat es selber mir gesagt; Mit seinem Gnadenstempel treten Vor ihren Schöpfer darf die Magd. O süßes Anrecht mir gegeben! O Zuversicht, die ihm entsprießt! Wie weiß ich heut' von keinem Beben, Wo mich sein Sonnenschein umfließt! So tret' ich denn in Jesu Namen, Vertrauend will ich zu dir nahen, Ich bitte nicht um Glück der Erden, Auch nicht um Ruhm will ich dich bitten, Gesundheit, teures Erdenlehen, Nicht arm bin ich an Freundesliebe; Ich möchte noch um Vieles bitten, |
Still war der Tag, die Sonne stand So klar an unbefleckten Domeshallen; Die Luft, von Orientes Brand Wie ausgedörrt, ließ matt die Flügel fallen. Ein Häuflein sieh, so Mann als Greis, Auch Frauen knieend; keine Worte hallen, Sie beten leis! Wo bleibt der Tröster, treuer Hort, Wo bleibt er nur, wo? Stund' an Stund', Da, horch, ein Säuseln hebt sich leicht! Er ist's, er ist's; die Flamme zuckt O Licht, o Tröster, bist du, ach, |
»Also hat Gott die Welt geliebt, daß er ihr seinen
eingeborenen Sohn gesandt hat, damit Keiner,
der an ihn glaubt, verloren gehe. – Wer aber
nicht glaubt, der ist schon gerichtet«
Ist es der Glaube nur, dem du verheißen, Dann bin ich tot. O, Glaube, wie lebend'gen Blutes Kreisen, Er tut mir not; Ich hab' ihn nicht. Ach, nimmst du statt des Glaubens nicht die Liebe Und des Verlangens tränenschweren Zoll, So weiß ich nicht, wie mir noch Hoffnung bliebe. Gebrochen ist der Stab, das Maß ist voll Mir zum Gericht. Mein Heiland, der du liebst, wie Niemand liebt; Ein hartes, schweres Wort hast du gesagt: Du Milder, der die Taufe der Begierde Was durch Verstandes Irren ich verbrochen, |
[Dreifaltigkeit]
»Darum gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes; und lehret sie Alles halten, was ich Euch gesagt habe; und sehet, ich bin bei Euch bis ans Ende der Welt.« |
Bin ich getauft in deinem Zeichen, Du heilige Dreifaltigkeit, Nun bleibt es mir und kann nicht weichen, In dieser nicht und jener Zeit. Ich fühle durch Verstandes Frost, Durch Menschenwortes Nebelrennen Es wie ein klares Funkeln brennen Und zehren an dem alten Rost. In deinem Tempel will sich's regen, Ja selbst zu Nacht, wenn Alle schlafen Und muß mir zum Gericht gereichen Ob ich vor deiner Geißel zage: |
»Mein Fleisch ist wahrhaftig eine Speise,
und mein Blut ist wahrhaftig ein Trank«
O fasse Mut; er ist dir nah! Du hast sein Fleisch, sein heilig Blut Genossen ja. O meine arme Seele, fasse Mut; Er ist ja dein, er ward dein Fleisch und Blut. Nicht, wie ich sollte, reich und warm Hab' ich vergossen in der Angst, Wohl ist es furchtbar, seinen Gott So hab' ich schuldbeladen dir Und hast du des Verstandes Fluch Drum trau ich, daß du dessen nicht |
»Der Eine sprach: ich habe ein Landhaus gekauft;
der Andere sprach: ich habe ein Weib genommen,
deshalb kann ich nicht kommen«
Ein Haus hab' ich gekauft, ein Weib hab' ich genommen, Drum, Herr, kann ich nicht kommen. Das Haus: mein Erdenleib, Dess ich in Ruh' muß pflegen, Die Poesie: das Weib, Dem ich zu Füßen legen Will meiner Liebe Frommen Zu süßem Zeitvertreib. Gebrechlich ist mein Haus, bedarf gar sehr der Stützen, Was fühl' ich denn so heiß in meinem Busen quellen, Kein Haus hast du gekauft, es ward dir nur verpfändet, Nicht lieblich ist die Frau, 's ist eine strenge Norne; Drum sorge ferner nicht um deines Hauses Wände: |
Evang.: Vom reichen Manne
Doch zu dem Reichen Sprach Abraham: "Und hörten nie Sie Mosen noch Prophetenschar, Dann wahrlich nimmer glauben sie, Stellt sich ein Toter ihnen dar." So ward die Scheidewand gelegt, Und auf den Grabstein hat geprägt Die Ewigkeit ihr stummes Zeichen. Wie brünstig flehend Hab' ich's gefunden Ihr konntet's nimmer! O mög' uns bleiben Dem reichen Manne Hier steht die Stelle: |
»Wahrlich, sage ich Euch, im Himmel wird
mehr Freude sein über einen Sünder, der Buße tut,
als über neunundneunzig Gerechte«
So ist aus deines heil'gen Buches Schein Gefallen denn ein Strahl in meine Nacht, In meines Herzens modergrauen Schacht. Du gabst ihn, Herr, du hast mir selbst gebracht, Was ewig meiner Hoffnung Edelstein. Es ist zu viel, zu viel, ich faß es kaum: Kann wachsen denn wie des Polypen Arm Ist es genug von deiner Gnad' und Lieb', Und doch hast du ein heilig Wort gesandt, Zu glauben, ach, wie süß und ach wie schwer! Was du gesprochen, Herr, wer meistert's kühn? |
Evang.: Vom Splitter und Balken
Ein Abgrund hat sich aufgetan Dem Auge meiner Seele; Verdorrt steht meines Lebens Bahn, Wie ich es mir verhehle; Die Wahrheit alle Schleier bricht: Weh' mir, die Liebe hab ich nicht! Hat sich mein Herz so manchesmal Wem bist du reich? Ist es nicht nur Kalt wie der Tod kannst, wehe dir, Freiwillig hast du nicht gefühlt, Freiwillig kam es dir nicht ein, Ja soll noch Rettung dir geschehn, Greif an, es ist die höchste Zeit, Wie elend ich nur bin und schwach? So laß, du aller Sünden Damm, Daß nur zu den Lebend'gen ich |
Evang.: Vom Fischfang Petri
Die ganze Nacht hab' ich gefischt Nach einer Perl' in meines Herzens Grund Und nichts gefangen. Wer hat mein Wesen so gemischt, Daß Will'gen Wille steht zu aller Stund' In meiner Brust wie Tauben gegen Schlangen? Daß ich dir folgen möchte, ach, Herr, geh' von mir, ich bin ein arm Wenn sich die Sünde selber schlägt, Dies Winden, Jedem zuerkannt, Und hast Gewissens Stachel du O eine echte Perle nur Du, der gesprochen: "Fürcht' dich nicht!" |
Evang.: Von der Gerechtigkeit der Pharisäer
Wo bist du, der noch unversöhnt mit mir? Gern will ich freudig meine Hand dir reichen. Nicht weiß ich es, was ich verbrach an dir; Verschwunden alte Zeiten, alte Zeichen. Zerronnen sind mir Jahre wie ein Traum, Und rückwärts wend' ich die Gedanken kaum Zu Bildern, die wie Wolkenschatten bleichen. Aus harter Not und manchem bittern Kampf Was mich bewegt, es ist dahin, verweht, Ach, kann ich denn vollbrachte Dinge so O rüttle dich, schlag deine Augen auf! Ja, wend' ich meine Blicke nur zurück, Wo ich getäuscht in Leichtsinn, Übermut, Barmherziger, o laß der Sünde Lauf Mein Gott, nicht um Verzeihung fleh' ich ja, |
Evang.: Jesus speist viertausend Menschen
Wohl sehr erschöpft die Menge war, Und wohl der Hunger nagte sehr, Da nahmst du treulich ihrer wahr. Ach, für die Seele matt und leer, Nach jahrelanger Dürr' und Schwüle, Hast du nicht einen Bissen auch, Denn sieh, von ferne kam ich ja; Wer einmal aus des Treibers Joch O rette mich, daß nicht der Trug So aus dem Paradiese trieb Ach, nicht die Wüste neben mir, So sprachen deine Jünger auch; Da aßen sie und wurden satt |
Evang.: Vom falschen Propheten
O hütet, hütet euch! Die Luft hat sich umzogen, Und in den Wolken grell und reich Hebt sich ein falscher Friedensbogen, Von dem ein Dämon niederstieg, Der mit dem Ölzweig bringt den Krieg. Und allerorten stehn Der Eine zeigt den Riß, Da magst vor ödem Stein Der Andre deutet tief O Diesem folge nicht Und auf dem grünen Plan, Dort findest du ein Mahl O hemme nur dein Ohr, |
Evang.: Vom ungerechten Haushalter
Warum den eitlen Mammon mir Hast du gesellt nach deinem Willen? Nicht daß er, eine blanke Zier, Soll eingefreßne Schäden hüllen; Auch nicht die flücht'gen Stunden hier Mit frischem Erdenreiz zu füllen: Nein, anders wohl; O was du gibst, ist nicht so leer und hohl! Ich soll mit seinem bunten Strahl Dann bin ich krank und ganz verarmt, Laß, Herr, in jener Stunde Macht Laß mich hinfort der Worte Gold Und eine Feder laß mich nur Ach Gott, wie wird mein Herz so schwer |
Evang.: Jesus weint über Jerusalem
Mein Jesus hat geweint um seine Stadt, Ach, auch gewiß um mich hat er geweinet; Wußt' er nicht damals schon, wie trüb und matt, Wie hülflos meine Seele heut' erscheinet? Von Allem, was die heil'ge Bibel trägt, Hat nichts so tief, so rührend mich bewegt. O, könnt' ich seine teuren Tränen nur Zu solchem Kelche gäb' ich freudig her, »Weh', wüßtest du, was dir zur Rettung ist!« Fürwahr, ich muß in deinem heil'gen Buch Ein saftlos Erdreich bin ich, dem nicht mag Gibst mir ins Herz, was ich beginnen soll, Drum, wenn die Wolke wieder mich umgibt |
Evang.: Vom Pharisäer und Zöllner
Ja, wenn ich schaue deine Opferflamme In eines frommen Auges reiner Glut, Dann schimmert es, als ob sie mich verdamme; Der scharfe Strahl fährt in mein schuldig Blut. Wie blendet mich das Licht! Die Augen darf ich nicht erheben; Ich darf es nicht, Und meine Wimpern beben. Und unter den geschloßnen Lidern fahren Wenn eine milde Tat ich seh' vollbringen, Dann wühlt in meinem Busen das Gewissen, Vor Allem, ach, wenn eine fromme Stimme Dann müssen alle Worte sich empören, |
Evang.: Vom Tauben und Stummen
Rühr' meine Zunge an, Du kannst sie lösen; Brich meines Ohres Bann, Ich mag genesen! Nein, nicht verloren bin ich, milder Gott, Ob eingezwängt, ob meines Feindes Spott; Dich ruf' ich, Herr, bekämpfe du den Bösen! Gebrochen hat er mir So bin ich gänzlich doch Nur Worte, Worte sind Nicht immer ist es gleich; Nein, meine Lippe kann O lege, starker Hort, |
Evang.: Vom Samaritaner
Wer ist es, der mir nahe steht? Wen muß ich meinen Bruder nennen? Wem meine liebste Gabe gönnen Und reichen, eh' er noch gefleht? O laß auf meine Stirne träufen, Du Starker, deiner Weisheit Tau! Laß mich den rechten Stein ergreifen Zu deines Tempels ew'gem Bau! Er, den getragen gleicher Schoß, So der in selben Glaubens Band Doch wenn in heimatferner Luft Und wenn an deines Tempels Tor Und dann, wenn sich gen Einen regt Ja selbst an des Verruchten Blick, |
Evang.: Von den zehn Aussätzigen
Da sprach er: »Gehet hin, den Priestern zeiget euch!« Und als sie gingen, siehe da, sie wurden rein. Du meine stolze Seele, nur an Elend reich, An Fehlen groß, so könnte dir geholfen sein? Dir, die noch stets verschmähte Menschenhand, Und wär' sie gottgeweiht und wär' sie gottgesandt. Wohl sprichst du öfters zu dir selbst in argem Trug: Ist denn so fest dein Mut, im reichen Glauben stark, Wie arm und schwach du, Seele mein, das meinst du wohl Was ist da drinnen denn so Herrliches zu schaun? Dies sind die Schätze, die dich stolz und stark gemacht, Hast anders jemals du des Priesters wohl gedacht, Knie' hin, knie' hin; doch nicht an jener Gnadenstatt, |
»Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon«
Wer nur vertraut auf Gottes Macht In allen seinen Nöten, Den hat kein Feind zum Fall gebracht, Den kann kein Gegner töten; Und wo die Angst ihn überfällt, Da wird der allerstärkste Held An seine Seite treten. Der wird mit seinem scharfen Speer Er ist der allerbeste Herr, Des Hungers Qual, der Blöße Schmach, Und aller Stärke Talisman Und rüttelt sich der grimmste Feind, Wem schwach der Glaube und Vertraun, Doch wem der Glaube echt und klar, Sie haben nicht des Webens Acht Er, der die jungen Raben nährt, |
Evang.: Von der Witwe Sohn zu Naim
Wenn deine Hand den Sarg berührt, Dann muß der Tote sich beleben: Dein Hauch die Wetterwolke führt, Dann muß sie milden Manna geben; Du, der getürmt der Meere Damm, Dem aus des Niles wüstem Schlamm Ägyptens Ähren sich erheben. Der Mächtige bist du, um auch Du hast dich an das Tor gestellt, Berühre mich; denn ich bin tot, Dann will ich dir aus freier Brust Fühl' ich doch heut' in mir erweckt Ich fühl es, daß von mir nicht stammt, Hast du gesprochen: "Weine nicht", |
Evang.: Vom Wassersüchtigen
Sechs Tage sollst du tun Dein Werk mit aller Treue Und sollst am siebten ruhn, Er trägt des Herren Weihe. So ward es uns gesetzet, Und also folgen wir, Recht wie den Schnabel wetzet Ein stumpf und lüstern Tier. Ruht Einer bei dem Spiel, Ja, wenn man häufen mag Stehn denn die Kirchen leer? In alten Bundes Pflicht, Wohl mag es töricht sein, So hat der Heiland nicht Und wer gering und klein |
Evang.: Vom vornehmsten Gebote
Ob ich dich liebe, Gott, es ist Mir unbewußt. Oft' mein' ich, daß nur du es bist, Was diese Brust In aller andern Liebe Schein Und dämmerndem Verlangen Wie eine Sühnungsfackel rein Hält gnadenvoll umfangen. Wenn zu dem Edelsten der Geist Dann bin ich wohl getröstet, und Doch fühl' ich dann zu andrer Zeit Da wär' es Gottes Zeichen nur, Gleich einer kalten Wolke fährt O Retter, Retter, der auch für Hab' ich dem Schlamme mich entwirrt |
Evang.: Vom Gichtbrüchigen
Wenn Tau auf reifen Ähren glänzt, Die satten Körner schwellen nicht; Und wenn den Toten man bekränzt, Die starren Pulse zucken nicht; Wenn über Trümmer geht das Licht, Nicht eine Säule wird ergänzt: Und dennoch, schau! Dünkt reiche Gabe Licht und Kranz und Tau. So nimmer Reue mag erbaun, O könnte alle Sünde nur Wer frischt dir deinen Glauben auf, Und was dein Körper büßte ein Sprach doch der allertreuste Mund: O, nur Ergebung, nur Geduld, Nicht wirst du, Herr, mich wandeln gehn, |
Evang.: Vom hochzeitlichen Kleide
An manchem Tag mein Haupt wie wüst und öde, Wie eingesargt mein Herz zu manchen Zeiten! Vor übergroßer Schwäche schein' ich blöde, Bewußtlos starrt mein Auge durch die Weiten. O, welch ein Bild verschuldeten Verfalles! O, welch ein kläglich Bild der Niedrigkeit Wie fühl' ich es! Doch nicht zu jener Zeit, Wo neblig mir und unverständlich Alles. Soll ich es Leichtsinn nennen? O, mit Nichten! Wenn Nervenspiel mir einmal möchte hellen Weh' mir, ist dies ein hochzeitliches Kleid, Doch weißt du auch, mein Herr und milder Richter, Groß ist die Zahl, das hab' ich erst erfahren, Da sah ich auch, wohin es konnte führen, Seitdem auch weiß ich, wem ich bin gesendet: |
Evang.: Vom kranken Sohn des Königleins
Der Sonnenstrahl, ein goldner Spieß, Prallt von des Sees kristallnen Flächen Und schwirrend um den Marmorflies Palastes Mauern will durchstechen. Auf seidnen Polstern windet sich, Die magern Ärmchen ringt das Kind, Und eine Träne bitterlich Noch möchte aus dem Auge lind, Dem halberstarrten, brechen. Schon hat der Tod die Hand gelegt O Anblick, stärker als ein Weib, Wer regt sich an des Fürsten Ohr? »Sind denn die alten Götter tot, O, wie die Angst den Stolz zerbricht! Ein Murmeln durch die Masse geht, Du hast geglaubt, und wärst du arm |
Evang.: Vom Könige, der rechnen wollte
Wenn oft in kranken Stunden Sich auf mein Schuldbuch schlägt, Der Skorpion die Wunden Hat nagend aufgeregt: Weiß ich darin noch, Was zu beginnen? Der Leib ein modernd Joch, Und ein Gespenst, was drinnen. In solchen Augenblicken Doch jetzt, wo klar die Sinnen, Daß ich im Kampf bestehen Wüßt' ich es zu tragen Vielleicht ein Mißbehagen, Doch weil du so geboten, In meiner Zukunft Buch |
»Selig sind die Armen im Geiste«
Selig sind im Geist die Armen, Die zu ihres Nächsten Füßen Gern an seinem Licht erwarmen Und mit Dienerwort ihn grüßen, Fremden Fehles sich erbarmen, Fremden Glückes überfließen: Ja, zu ihres Nächsten Füßen Selig, selig sind die Armen. Selig sind der Sanftmut Kinder, Selig sind, die Trauer tragen Selig, wen der Durst ergriffen Die Barmherzigen sind selig, Überselig reine Herzen, Und des Friedens fromme Wächter Die um dich Verfolgung leiden, Und so muß ich selig nennen |
»Es kömmt die Stunde, in welcher Alle,
die in den Gräbern sind, die Stimme des Sohnes
Gottes hören werden«
Die Stunde kömmt, wo Tote gehn, Wo längst vermorschte Augen sehn. O Stunde, Stunde, größte aller Stunden, Du bist bei mir und läßt mich nicht, Ich bin bei dir in strenger Pflicht, Dir atm' ich auf, dir bluten meine Wunden! Entsetzlich bist du, und doch wert; Wüßt' ich es nicht, daß du gewiß Verkennung nicht treibt mich zu dir; Doch Liebe, Ehre treibt mich fort Vor dir ich sollte Trostes bar Doch da sich einmal Hoffnung regt, Wenn kömmt die Zeit, wenn niederfällt Dann macht nicht schamrot mich ein Tand, |
Evang.: Vom Zinsgroschen
Gebt Gott sein Recht und gebt's dem Kaiser auch! Sein Odem ist's, der um den Obern schwebet, Aus Hochmut nicht; in Eigenwillen hebet Nicht eure Rechte gen den heil'gen Brauch. Doch Gott und Welt im Streit: da, Brüder, gebet Nicht mehr auf Kaiserwort als Dunst und Rauch. Er ist der Oberste, dem alle Macht Zusammen bricht, wie dürres Reisig kracht. Den Eltern gib und gib auch Gott sein Recht! Den Gatten lieb' und denk' an Gott dabei! An deine Kinder hänge nur dein Herz, Und auch dem Freunde halte Treue fest, So biete Jedem, was sein Recht begehrt, |
Evang.: Von des Obristen Töchterlein
Weck' auf, was schläft; streck' aus die Hand, Du Retter Gott! Betäubung liegt Auf meinem Geist, ein bleiern Band. Er ist nicht tot, nur schlafbesiegt, Nur taumelnd trunken, ein Helot, Der knirschend schlang in Sklavennot Den Wein, so der Tyrann ihm bot: So nieder liegt in mir, was da vom Rechten. Ja, in den schwersten Stunden doch Und der Tyrann, so niederhält Zu einer Zeit, schwarz wie die Nacht, Soll ich es sagen, daß die Not Schwach hieß, wer ohne Zucken nicht So höret denn, was mich geschützt Unglaub' ist Sünde; aber mehr: Ein Kleinod hab' ich mir gehegt, O reiche, Gnäd'ger, deine Hand, |
Evang.: Vom Greuel der Verwüstung
Steht nicht der Greuel der Verwüstung da An heil'ger Stätte? Was träumen wir von Dingen, die uns nah, Als schliefen sie wie Feuerstoff im Bette Des Kohlenschachts? Blickt auf und schaut umher! O, die Verödung, wie sie dumpf und schwer Traf Herz an Herz wie mit galvan'scher Kette! Gibt's eine Stätte denn, die heiliger Doch wer sein Kleinod als ein Spielgerät Kannst du ertragen, daß die Augen schaun, O hätt' ich nimmer meinen Fuß gewandt Ich bin enttäuscht, und manche Narbe trug Ward ich nicht ganz der öden Stätte gleich, So will ich harren denn, und tiefbedrängt Bis heute, wo aus dieser kranken Brust |
Evang.: Vom Senfkörnlein und Sauerteig
Tief, tief ein Körnlein schläft in mancher Brust; Doch, Herr, du siehst es und du magst es segnen. O, schau auf Jene, die sich unbewußt Nicht fühlen deiner Gnadenwolke Regnen, Die um sich steigen lassen deinen Tau, Nachtwandler, dumpf gebannt in Traumes Leben, Umwandeln Turmes Zinne sonder Beben, Nicht zuckend nur mit der geschloßnen Brau. Ich bin erwacht, ob auch zu tiefer Schmach; Du Milder weißt aus allem Erdendunst Wie oft sah ich in schier vereistem Grund Mit meinem Schaden hab' ich es gelernt, Sei Menschenurteil in Unwissenheit Im Fluch, dem Alle schaudern, hörst du noch Brich ein, o Herr! Du weißt den rechten Stoß |
Evang.: Eintritt Jesu in Jerusalem
Du bist so mild, So reich an Duldung, liebster Hort, Und mußt so wilde Streiter haben; Dein heilig Bild Ragt überm stolzen Banner fort, Und deine Zeichen will man graben In Speer und funkensprüh'nden Schild. Mit Spott und Hohn So bleibt es wahr, Wenn Stirn an Stirn Als stark und rein Wie liegt der Fluch Wer um ein Gut Allmächt'ger du, Laß alle Treu' Doch ihr Gewand So wirst du früh |
Evang.: Von Zeichen an der Sonne
Wo bleibst du, Wolke, die den Menschensohn Soll tragen? Seh' ich das Morgenrot im Osten schon Nicht leise ragen? Die Dunkel steigen, Zeit rollt matt und gleich; Ich seh' es flimmern, aber bleich, ach, bleich! Mein eignes Sinnen ist es, was da quillt So muß die allerkühnste Phantasie So ragt und wälzt sich in der Zukunft Reich – Gib dich gefangen, törichter Verstand! Du seltsam rätselhaft Geschöpf aus Ton, Wehr ab, stoß fort, was gleich dem frechen Feind Dann wirst du auf der Wolke deinen Herrn Und heute schon, es steht in Gottes Hand, |
Evang.: Johannes sendet zu Christo
Auf keinen Andern wart' ich mehr: Wer soll noch Liebres kommen mir? Wer soll so mild und doch so hehr Mir treten an des Herzens Tür? Wer durch des Fiebers Qual und Brennen So liebreich meinen Namen nennen, Ein Balsamträufeln für und für? Du wußtest es von Ewigkeit, Wenn fast zum Schwindeln mich gebracht O Stimme, immer mir bekannt, Gehemmt die Jagd, durch scharfen Stein Ich folge dir zu Berges Höhn, Er hat gehorsam bis zum Tod, Laß wanken denn die Türme grau |
Evang.: Vom Zeugnisse Johannis
Fragst du mich, wer ich bin? Ich berg' es nicht: Ein Wesen bin ich sonder Farb' und Licht. Schau mich nicht an; dann wendet sich dein Sinn; Doch höre, höre, höre! denn ich bin Des Rufers in der Wüste Stimme. In Nächten voller Pein kam mir das Wort So senke deine Augen und vernimm Merk auf! Ich weiß es, daß in härtster Brust Ich weiß es auch, daß in der ganzen Welt Es tobt des tollen Strudels Ungestüm, Drum nicht vor dem Verruchten sei gewarnt; Ja, wo dein Aug' sich schaudernd wenden mag, Ich bin ein Hauch nur; achtet nicht wie Tand |
Durch alle Straßen wälzt sich das Getümmel, Maultier, Kamele, Treiber: welch Gebimmel! Als wolle wieder in die Steppe ziehn Der Same Jakobs, und Judäas Himmel Ein Saphirscheinen über dem Gewimmel Läßt blendend seine Funkenströme sprühn. Verschleiert' Frauen durch die Gassen schreiten, 's ist Rom, die üpp'ge Priesterin der Götzen, O Israel, wo ist dein Stolz geblieben? Zum trüben Irrwisch ward die Feuersäule, So, Israel, bist du gereift zum Schnitte, O tauet, Himmel, tauet den Gerechten! Still ist die Nacht; in seinem Zelt geborgen Und fern vom Zelte über einem Stalle, In einer Krippe ruht ein neugeboren Und an der Türe stehn geringe Leute, |
[Stephanus]
Jerusalem, Jerusalem! Wie oft erschollen ist sein Ruf; Du spieltest sorglos unter dem Verderben, unter Rosses Huf Und Rades Wucht. Schau, darum ist Verödet deine Stätte worden, Und du ein irres Küchlein bist, Sich duckend unter Geierhorden. Vorüber ist die heil'ge Zeit, O bringt sie nur ein willig Tun, War einst erhellt der schwanke Steg, Was, Herr, du ließest fort und fort, So ist es, wehe, schrecklich wahr, O sende, Retter, deinen Blitz, Als Stephanus mit seinem Blut |
»Das Kind aber wuchs heran und ward
gestärket, voll der Weisheit, und Gottes
Gnade war mit ihm«
An Jahren reif und an Geschicke Blieb ich ein Kind vor Gottes Augen, Ein schlimmes Kind voll schwacher Tücke, Die selber mir zu schaden taugen. Nicht hat Erfahrung mich bereichert; Wüst ist mein Kopf, der Busen leer; Ach keine Frucht hab' ich gespeichert Und schau auch keine Saaten mehr! Ging so die teure Zeit verloren, In siechen Kindes Haupte dämmert Doch wenn ein frischer Hauch die welke, Wer mußt' so vieles Leid erfahren Du hast sein siedend Hirn gebildet, Was Sünde war, du wirst es richten, |
[Silvester]
Das Jahr geht um, Der Faden rollt sich sausend ab. Ein Stündchen noch, das letzte heut', Und stäubend rieselt in sein Grab, Was einstens war lebend'ge Zeit. Ich harre stumm. 's ist tiefe Nacht! Gesehen all, Wie reißt der Wind War nicht ein hohl Mein Lämpchen will Wohl in dem Kreis, Der tiefsten Angst Horch, welch Gesumm? |