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Schon war mein Blick zum Antlitz meiner Herrin
Aufs neu' gewendet und mit ihm die Seele,
Jedweden andern Strebens sich entschlagend.
Sie lächelte jetzt nicht, doch »Wollt' ich lächeln,«
Begann zu mir sie, »würdest so du werden,
Wie Semele, da sie zu Asche worden;
Denn meine Schönheit, die sich auf den Stiegen
Des ewigen Palastes mehr entzündet,
Wie du gesehen hast, je mehr man steiget,
Sie würde, mäßigt' ich sie nicht, so glänzen,
Daß deine ird'sche Kraft vor ihrer Leuchte
Den Zweigen gliche, die der Blitz zersplittert.
Zum siebenten der Scheine sind erhöht wir,
Der unter des glutvollen Löwen Brust jetzt,
Gemischt mit ihm, hernieder seine Kraft strahlt.
Jetzt, deinen Augen nach den Sinn geheftet,
Laß jene der Gestalt zum Spiegel dienen,
Die dir in diesem Spiegel wird erscheinen.«
Wer immer wüßte, welcherlei des Schauens
Genuß war in dem sel'gen Angesichte,
Als ich mich abgewandt zu andrer Sorge,
Der würde, wie dem himmlischen Geleite
Mir's wonnig zu gehorchen war, erkennen,
Die eine Seit' abwägend mit der andern.
In dem Kristalle, der, die Welt umkreisend,
Trägt ihres teuern Führers Namen, unter
Des Herrschaft tot einst lag jedwede Bosheit,
Sah ich von goldner strahldurchwirkter Farbe
Aufwärts so hoch sich eine Stieg' erheben,
Daß sie mein Auge nicht verfolgen konnte.
Auch sah ich auf den Stufen niedersteigen
So viele Schimmer, daß ich meint', es sei hier
Ergossen jedes Licht, das glänzt am Himmel.
Und wie, nach eingeborner Sitte, sämtlich
Die Kräh'n bei Tagesanbruch sich bewegen,
Ihr kalt Gefieder wiederum zu wärmen,
Dann ein'ge sonder Wiederkehr davonziehn,
Und andre dorthin, woher sie kamen,
Sich wenden, kreisend andere verweilen;
Solch eine Weise glaubt' ich hier zu sehen
In dem Hervorsprühn, das zugleich gekommen,
Als auf gewisser Stuf' es plötzlich stillhielt.
Und jener, der an uns zunächst jetzt stehnblieb,
Ward also klar, daß ich im Innern sagte:
›Wohl seh' die Lieb' ich, die du mir bekundest.‹
Doch sie, von der im Sprechen ich und Schweigen
Das Wie und Wann erwart', ist still, darum ich
Trotz meines Wunsches recht tu', nicht zu fragen.
Drob jene, die mein Schweigen schaut' im Schauen
Desjenigen, der alle Dinge schauet,
Zu mir so sprach: »Ström' aus dein heißes Wünschen!«
Und ich begann drauf: ›Mein Verdienst nicht machet
Mich würdig deiner Antwort, doch ob jener,
Die das Begehren mir gewähret, lass' mich,
Glücksel'ges Leben du, das sich verhüllet
In seine eigne Wonne, lass' mich wissen,
Weshalb so nah zu mir hinzu du tratest,
Und sprich, warum in diesem Kreise schweiget
Der süße ChorGesang des Paradieses,
Der also fromm klang in den andern drunten.‹
»Wie dein Gesicht ist dein Gehör auch sterblich,«
Entgegnet' er, »drum man aus gleichem Grunde hier
Nicht singt, weshalb Beatrix nicht gelächelt.
Herabkam auf der heil'gen Stiege Stufen
So weit ich, bloß dich festlich zu begrüßen
Durchs Wort und durch das Licht, das mich umkleidet.
Noch war's mehr Liebe, die mich mehr beeilte;
Denn gleich' und größre Liebe glüht nach oben
Von hier, wie das Geflamm dir offenbaret.
Doch hehres Lieben, das zu Dienerinnen
Uns macht, dem Rat der Weltregierung willig,
Verteilt, wie du bemerkst, hier die Bestimmung.«
›Wohl seh' ich ein,‹ sprach ich, ›o heil'ge Leuchte,
Wie freie Lieb' an diesem Hof genüget,
Der ewigen Voraussicht nachzukommen.
Doch das ist's, was mir schwer scheint zu begreifen,
Weshalb zu diesem Amt allein vor deinen
Genossen du vorausbestimmet worden.‹
Kaum war ich noch zum letzten Wort gelanget,
Als er zum Wendepunkt nahm seine Mitte,
Gleich einer raschen Mühl' umher sich drehend.
Drauf gab die Liebe, die drin war, zur Antwort:
»Ein göttlich Licht schärft nach mir seine Strahlen,
Durchdringend das, des Höhlung mich beherbergt,
Und seine Kraft, vereint mit meinem Schaun, hebt
So weit mich über mich, daß ich kann schauen
Die höchste Wesenheit, draus es geschöpft ist.
Daher die Fröhlichkeit, die mich entflammet,
Weil meinem Anschaun, je nachdem es klar ist,
Ich gleich die Klarheit mache meiner Flamme.
Allein die aufgehellt'ste Seel' im Himmel,
Der Seraph, der zumeist auf Gott das Auge
Geheftet hat, nicht gnügt er deiner Frage,
Dieweil so weit hinein liegt in den Abgrund
Der ew'gen Satzung, was du heischest, daß es
Sich jeglichem erschaffnen Blick entziehet.
Und wenn zur Welt der Sterblichkeit du heimkehrst,
Berichte dies so, daß man nicht mehr wage,
Nach solchem Ziel die Füße zu bewegen.
Der Geist, der Licht hier, ist auf Erden Nebel,
Drum sieh, ob er dort unten wohl vermöchte,
Was er nicht kann, da ihn der Himmel aufnimmt.«
So setzten eine Schranke seine Worte
Mir, daß die Frag' ich ließ und mich begnügte,
Demütig, wer er sei, von ihm zu forschen.
»Ein Felsjoch hebt sich zwischen Welschlands beiden
Gestaden nicht gar weit von deiner Heimat
So hoch, daß sehr viel tiefer hallt der Donner,
Und bildet eine Kuppe, namens Catria,
Darunter eine Wildnis eingeweiht ist,
Die sich zu eignen pflegt einsamem Gott'sdienst.«
Also begann zu mir die dritte Rede
Er jetzt und sprach fortfahrend dann: »Hier hatt' ich
Im Dienste Gottes also mich befestigt,
Daß ich bei Speisen aus Olivensaft nur
Mit Leichtigkeit hinbrachte Frost und Hitze,
Zufrieden in beschaulichen Gedanken.
Dies Kloster pflegt' einst reichlich Frucht zu tragen
Dem Himmel hier, doch jetzt ist's leer geworden,
So daß alsbald sich solches muß enthüllen.
Ich Peter Damian lebte hier, doch Peter
Der Sünder hat gelebt im Hause unsrer
Liebfrau'n am adriatischen Gestade;
Nur wenig ird'sches Leben blieb mir übrig,
Als man zu jenem Hut mich rief und schleppte,
Der jetzt von Schlechten übergeht zu Schlechten.
Es kam einst Cephas, es kam einst das große
Gefäß des heil'gen Geists, barfuß und mager,
Die Kost, die jede Herberg' bot, genießend.
Anjetzt bedarf der neu're Hirt, daß einer
Ihn stützte rechts und links, und der ihn führe,
So schwer ist er, und der ihn hinten hebe.
Mit seinem Mantel decket er den Zelter,
So daß zwei Bestien unter einem Fell gehn;
O der Langmütigkeit, die soviel duldet!«
Auf solche Stimme sah ich mehr' der Flämmchen
Von Grad zu Grad absteigen und sich drehen,
Und schöner wurden sie bei jeder Drehung.
Um jenen sich versammelnd, hielten still sie
Und gaben einen Ruf so lauten Klanges
Von sich, daß hier damit nichts zu vergleichen,
Und ich ihn nicht vernahm, vom Schall bewältigt.