Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
O du geringer Adel unsres Blutes!
Wenn Anlaß du den Menschen, sich zu rühmen
Hienieden, gibst, wo unsre Neigung kränkelt,
Wird nie mir solches wunderbar erscheinen,
Da dort, wo nimmer abgelenkt der Trieb wird,
Im Himmel sag' ich, ich mich dein gerühmet!
Wohl bist ein Mantel du, der bald sich kürzet,
So daß, wenn man nicht Tag für Tag hinzufügt,
Die Zeit ihn mit der Schere rings beschneidet.
Vom »Ihr«, das Rom zuerst geduldet hatte,
In welchem minder nun sein Volk verharret,
Begannen wiederum jetzt meine Worte;
Darauf Beatrix, die ein wenig fern stand,
Lächelnd der glich, die hustete beim ersten
Fehltritt, der von Ginevra steht geschrieben.
Also begann ich dann: ›Ihr seid mein Vater,
Ihr gebt zum Reden mir jedwede Kühnheit,
Ihr hebt empor mich höher, als ich selbst bin.
Durch so viel Ströme füllet mit Ergötzen
Mein Geist sich, daß zur Freud' es ihm gereichet,
Wie er's kann tragen, ohne zu zerspringen.
Sagt mir, mein teurer Urquell, denn, wer Eure
Altvorderen gewesen sind, und welche
Jahrzahl in Eurer Kindheit man geschrieben?
Sagt mir, wie groß die Herde Sankt Johannis
Damals schon war, und welche die Geschlechter,
Die drin der höchsten Sitze würdig waren?‹
Gleichwie zur Flamme bei des Windes Hauchen
Die Kohle sich belebt, so sah bei meinen
Liebkosungen ich jenes Licht erglänzen;
Und so, wie's meinem Blick sich schöner zeigte,
Also mit sanfterer und süßrer Stimme
Sprach es, doch nicht in dieser neuern Mundart:
»Vom Tag, wo ›Ave‹ man gesagt, bis zu der
Geburt, da meine Mutter, die jetzt heilig,
Sich mein, der ihre Bürde war, entledigt,
Ist fünfmalhundertfünfzig und noch dreißig
Mal heimgekehrt zu seinem Leu'n dies Feuer,
Sich unter dessen Fuß neu zu entflammen.
Geboren ward ich selbst nebst meinen Vätern
Dort, wo zuerst berühret wird bei eures
Alljähr'gen Festes Lauf das letzte Sechsteil.
Von meinen Ahnen gnüg' es, dies zu hören:
Wer sie gewesen, und woher sie kamen,
Darob ziemt's mehr zu schweigen, als zu sprechen.
Was waffenfähig, zwischen Mars und Täufer,
Zu jener Zeit dort war, betrug den fünften
Teil derer nicht, die gegenwärtig leben.
Allein das Bürgertum, das jetzt gemischt ist
Aus Campi, aus Certald' und aus Figghine,
War rein zu schaun im letzten Handwerksmanne.
O, wieviel besser war's, zu Nachbarn jene
Zu haben, die ich nannt', und bei Galluzzo
Und bei Trespiano eures Weichbilds Markstein,
Als drin sie haben, und den Stank des Bauers
Von Aguglione dulden und von Signa,
Der schon zum Schachern seinen Blick geschärft hat!
Und wär' das Volk, das auf der Welt zumeist ist
Entartet, nicht stiefmütterlich für Cäsar,
Nein, mild gewesen wie dem Sohn die Mutter;
So hätte, wer als Florentiner Handel
Jetzt treibt und Wechsel, sich nach Simifonti
Gewandt, wo der Großvater schon umherzog;
So wäre Montemurlo noch den Grafen,
Noch wären in Acones Pfarr' die Cerchi,
Wohl selbst im Grieve-Tal die Buondelmonti.
Allzeit war das Vermengen der Personen
Der erste Grund zum Ungemach der Städte,
Wie für den Leib die Speise, die sich anhäuft;
Und hurt'ger als ein blindes Lämmlein stürzet
Ein blinder Stier, und mehr und besser schneidet
Ein Schwert allein oft, als fünf Schwerter schneiden.
Wenn du bemerkst, wie Lun' und Urbisaglia
Dahingegangen sind, und, ihnen folgend,
Von dannen Sinigaglia geht und Chiusi,
Wird dir's nicht neu noch wunderbar erscheinen,
Wenn du vernimmst, wie die Geschlechter schwinden,
Da auch die Städte selbst ihr End' erreichen.
All euern Dingen ist ihr Tod bestimmet
So wie euch selbst, doch birgt er sich bei manchem,
Das lange währt, weil kurz ist euer Leben.
Und wie des Mondes Himmel durch sein Kreisen
Unausgesetzt die Küsten auf- und zudeckt,
Also gebaret mit Florenz das Schicksal;
Drum darf dir das erstaunenswert nicht scheinen,
Was ich von hohen Florentinern, deren
Ruf in der Zeit verborgen ist, dir künde.
Ich sah die Ughi, sah die Catellini,
Filippi, Greci, Ormanni und Alberighi,
Schon sinkend, ausgezeichnet noch als Bürger,
Und sah so groß als alten Stamms mit jenem
Von der Sannella jenen von der Arca,
Nebst den Bostichi, Ardingh' und Soldanieri
Ob jenem Tor, auf dem jetzt neuer Treubruch
Von solcher Schwere lastet, daß alsbald man
Die Barke wird erleichtern müssen, saßen
Die Ravignani schon, von denen abstammt
Graf Guido und wer immer dann den Namen
Des hohen Bellincion hat angenommen.
Schon wußte, wie sich's zu regieren ziemet,
Der von der Press', und Galigajo hatte
Im Hause Kopf und Bügel schon vergoldet.
Groß war der Hermelinpfahl schon, die Giuochi,
Die Galli, die Sacchetti, die Sifanti,
Barucci und die sich des Scheffels schämen.
Der Stamm, dem die Galfucci sind entsprosset,
War groß schon, und zu den curul'schen Sitzen
Zog man die Sizi schon und Arrigucci.
O wie sah jen' ich, die durch ihre Hoffart
Zerstört sind! und die goldnen Kugeln zierten
Florenz in allen seinen großen Taten,
So handelten auch die Vorfahren jener,
Die jederzeit, wenn unbesetzet eure
Kirch' ist, sich mästen, sitzend im Kapitel.
Die übermüt'ge Sippschaft, die dem Flieh'nden
Nachzischt und wie ein Lamm sich schmiegt vor einen,
Der ihr den Zahn zeigt oder auch den Beutel,
Kam schon empor, doch aus geringem Volke,
So daß ungern sah Ubertin Donato,
Daß ihm sie gab der Schwäher zum Verwandten.
Schon war von Fiesole herabgestiegen
Zum Marktplatz Caponsacco, und schon waren
Guido und Infangato gute Bürger.
Unglaubliches, was wahr doch ist, bericht' ich:
Zum kleinen Kreise trat durch eine Pforte
Man ein, benannt nach denen von der Pera.
Sie alle, die das schöne Wappen tragen
Des großen Freiherrn, dessen Preis und Name
Erneuert wird am Thomas-Feste, hatten
Urkund' und Ritterschlag von ihm empfangen,
Obgleich sich heutzutage mit dem Volke
Vereint, der mit der Leiste jenes säumet.
Schon Gualterotti gab's und Importuni,
Und Borgo wäre friedlicher verblieben,
Wenn sie der neuen Nachbarn noch entbehrten.
Das Haus, dem euer Jammer ist entsprossen
Ob des gerechten Zorns, der Tod euch brachte
Und eurem heitern Leben macht' ein Ende,
War hochgeehrt nebst seinen Anverwandten.
O Buondelmonte, wie so unrecht tat'st du,
Zu fliehn auf andrer Ratschlag seine Heirat!
Gar viele wären froh, die jetzt sind traurig,
Wenn Gott der Ema dich gegeben hätte,
Als du das erste Mal zur Stadt gekommen!
Allein es mußte dem gebrochnen Steine,
Der auf der Brücke steht, Florenz ein Opfer
In seines Friedens letzten Tagen bringen,
Mit diesen und noch anderen Geschlechtern
Hab' ich Florenz gesehn in solchem Frieden,
Daß nimmer es zu weinen Ursach' hatte.
Mit diesem hab' ich so gerecht und ruhmvoll
Sein Volk gesehen, daß niemals die Lilie
An Speeresspitze rückwärts ward gewendet,
Noch auch durch Zwiespalt rot gefärbt ist worden.«