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Hier ist die Auffassung der ersten Auflage völlig entgegengesetzt.
Um dieselbe Zeit beinah, da das wieder erstarkte Rom dem Fortschritte der Völkerwanderung vorübergehend Stillstand gebot, bereitete sich bei den Germanen fast unbemerkt eine Einwanderung vor, welche der Grund- und Eckstein der neuen Welt werden sollte: die Verbreitung des Christentums. H. Rückert. Kulturgeschichte des deutschen Volkes. Leipzig 1853. W. Kraft, Die Anfänge der christlichen Kirche bei den germanischen Völkern. Berlin 1854.
(Überläßt man das Mirakel und die mirakelhafte Leitung der menschlichen Dinge, wie billig, der Theologie, beschränkt man sich auf vernunftgemäße Erklärungen, so wird man einfach sagen müssen: die Germanen nahmen das Christentum an, weil es die Staatsreligion des römischen Reiches war, wie sie römische Wörter, Geräte, Institutionen annahmen: wäre der ägyptische Osiris- und Isiskult von Constantin zur Reichsreligion erklärt und von Valens den Goten gebracht worden, so würden sie ohne Zweifel ebenso leicht oder ebenso schwer, mit ebenso vielen Irrtümern des Verständnisses, mit ebenso geringem Eindringen in das Innere den ägyptischen Kult angenommen haben. Da Valens Arianer, der Arianismus schon vorher in dem Ostreich stark verbreitet war, nahmen die Goten eben den Arianismus an: wäre eine andere Ketzerei, z. B. die manichäische, damals die herrschende gewesen – sie würden ohne Zweifel Manichäer geworden sein. Sie hatten vielfach nur die Wahl zwischen den Hunnen oder der Taufe. D.)
Daß der vom zweiten bis vierten Jahrhundert immer inniger und allgemeiner gewordene Verkehr zwischen Römern und Germanen auf die nationale Entwickelung letzterer von dem tiefsteingreifenden Einflusse sein mußte, bedarf in der Tat nur der Erwähnung, nicht erst der Begründung.
Germanen waren römische Untertanen, Soldaten, Heerführer und hohe Staatsbeamte: aber auch Bundesgenossen und Feinde, und zwar von jedweder Bewegung und Veränderung im Innern des jenseitigen Reichs oft genau unterrichtete Feinde.
Sehr viele Germanen dienten unter den Römern, viele Römer den Germanen als Sklaven: ja auch freie Bürger römischer Nation oder Bildung waren in den eroberten Landschaften vorübergehend oder bleibend Germanen unterworfen. Aus diesen oder auch aus Überläufern, an denen es nie fehlte, wählten sich – wie wir vom fünften Jahrhundert mit Sicherheit wissen, auch von der frühern Zeit aber nicht bezweifeln können – die barbarischen Fürsten ihre Geheimschreiber (»Notare«) und Vertrauten.
Von besonderem Einflusse waren ferner die zahlreichen Söhne der Fürsten, die als Geiseln viele Jahre lang in Rom erzogen und gebildet wurden, wie wir dies z. B. von dem Chauken Nebisgast (Bd. I, S. 476), dem Alemannen Mederich, genannt Serapio (S. 521), und des Gotenkönigs Ariarich Sohn erfahren.
Wer kann hiernach zweifeln, daß römische Kultur und römische Glaubenslehren, sowohl heidnische als christliche, bei den Germanen immer mehr Eingang fanden?
Daß dies aber auch auf deren Glauben an die germanischen Gottheiten auflösend und zersetzend eingewirkt habe, können wir zwar, weil uns jeder nähere Einblick in das religiöse Leben der Germanen jener Zeit fehlt, nicht beweisen, müssen es aber, der menschlichen Natur gemäß, voraussetzen.
(Was man die »mythologische Kraft S. 128, 143, 199, 212, vergl. Rückert S. 108–186. Prädisposition der germanischen Völker für das Christentum« nennt, ist zum Teil Selbsttäuschung – kriegerische Kraft, unbeugsamer Stolz der Persönlichkeit, Pflicht der Blutrache, Aufgehen in lebensfreudigem Heldentum ist ein ebenso starker Gegensatz zu den christlichen Idealen als die hellenische und römische Weltanschauung –, zum Teil auf Stellen der Edda begründet, welche zweifellos unter christlichem Einfluß aufgezeichnet und redigiert sind. Vergl. Dahn, Urgeschichte der germanischen und romanischen Völker I, 1, S. 125. Berlin 1880. D.)
Die zähe Erhaltung einer nationalen Religion wird verstärkt vor allem durch Einfluß eines besondern Priesterstandes. Wir haben hierbei nur an die Ägypter, Juden, Gallier und deren Druiden sowie an den Buddhismus und dessen ganzen hierarchischen Apparat zu erinnern. Leicht findet eine neue Lehre in den Völkern Eingang; aber der Haß und Widerstand des durch dieselbe in allen seinen Interessen bedrohten Priestertums sind es, welche sie auf das Hartnäckigste bekämpfen und oft wieder zu unterdrücken oder doch deren Fortschritt aufzuhalten wissen. Mit inniger Teilnahme lauschte die Masse des jüdischen Volkes dem Herrn: aber das Priestertum schlug ihn an das Kreuz.
Daß nun bei den Germanen ein eigner Priester stand nicht existierte, ist allbekannt; wenn mit dem Fortschritte der Entwickelung auch in dieser Hinsicht später eine Art Teilung der Arbeit eintrat, so hat sich doch ein vom Volke abgesonderter, durch Standes- oder Privatinteressen zusammengehaltener Priesterstand niemals ausgebildet, da sich von einem solchen und einem darauf gegründeten theokratischen Regiment in den Quellen keinerlei Spur findet. So mußte das Eindringen des neuen Glaubens dadurch sehr erleichtert werden, daß jene Macht des eifrigsten und nachhaltigsten Widerstandes im Volke nicht vorhanden war.
Wir wenden uns zur Geschichte des äußeren Hergangs bei der Verbreitung des Christentums unter den Germanen.
Einzelne Bekehrungen haben gewiß schon im zweiten und dritten Jahrhundert, insbesondere unter den zahlreichen barbarischen Sklaven im römischen Reiche, stattgefunden, welche als die Mühseligsten und Beladensten der Erquickung am meisten bedürftig (dem weltflüchtigen, auf die Ausgleichung im Jenseits verweisenden Glauben am meisten geneigt D.) waren. Auch einzelne Freie mögen diesem Beispiel gefolgt sein.
Allgemeiner aber tritt das Christentum erst im Anfang des vierten Jahrhunderts bei den Goten hervor. Sokrates sagt (II, 41) am Schlusse: dieselben hätten früher das nikäische Bekenntnis angenommen, dem Theophilus folgend, welcher es als Bischof der Goten in Nikäa selbst mitunterschrieben habe. Dieser Theophilus kann aber füglich auch nur der geistliche Vorstand irgend einer auf römischem Boden errichteten gotischen Kolonie gewesen sein, woran es sicherlich nicht fehlte; eine Vermutung, die durch dasjenige, was aus den Akten des Konzils über dessen Unterschrift bekannt ist (s. Kraft S. 216), eher bestätigt als widerlegt wird, wie denn auch Philostorgius den Wulfila ausdrücklich als den ersten Bischof unter den Goten bezeichnet. Unter allen Umständen bezweifeln wir, daß bereits im Jahre 325 ein irgendwie anerkannter Bischof im Gotenlande selbst seinen Sitz gehabt habe. Die erste genauere Nachricht über das Eindringen des Christentums in dieses Volk gibt uns Photius in dem Auszuge des Philostorgius (II, 5), welcher daselbst Folgendes anführt:
Unter Valerians und Galliens Regierung hätten die Goten bei ihren Raubfahrten durch Europa und Asien, namentlich in Galatien und Kappadokien, viele Gefangene gemacht und darunter auch Kleriker nebst reicher Beute in ihre Heimat mit abgeführt. Durch diese sei das Christentum daselbst verbreitet worden. Unter jenen Gefangenen hätten sich nun auch die Voreltern des Wulfila aus dem Dorfe Sadagolthina unfern der Stadt Parnassus in Kappadokien befunden, deren Enkel Da jene Raubfahrten in Kleinasien in den Jahren 256–258 stattfanden (s. Bd. I, S. 211 f.), Wulfila selbst aber im Jahre 318 geboren ward, so müssen die bei jenen angeführten Personen dessen Großeltern gewesen sein. Nach der neuern Ansicht Bessels (S. 113 a. Schl. d. Kap. u. Anm. 21) rücken die von Waitz angenommenen Jahre allerdings um sieben herauf, so daß dessen Geburt auf 311, dessen Ordination auf 341 fallen würden. Dies hat jedoch auf obige Folgerung keinen wesentlichen Einfluß, obwohl Eusebius, der erst im Jahre 342 starb, Wulfilas Weihe allerdings erst noch hätte vollziehen können. Wulfila der erste christliche Bischof der Goten geworden sei.
Dieser habe in treulicher Fürsorge unter anderem auch ein gotisches Alphabet festgestellt und hiernach die ganze heilige Schrift, mit Ausnahme des Buches der Könige, in die Volkssprache übersetzt. Jenes habe er um deswillen weggelassen, weil es besonders Kriegsgeschichten enthalte und das ohnehin allzu kriegslustige Volk eher eines Zügels als eines Anreizes zum Kriege bedurft habe. Damit nun dessen großes Werk desto unbehinderter vollbracht werde, habe der Kaiser dem freiwillig auf römisches Gebiet übergegangenen Volke Wohnsitze in Mösien angewiesen und Wulfila in so hohen Ehren gehalten, daß er ihn häufig den »Moses der Goten« genannt habe.
Diesen so speziellen und innerlich glaubwürdigen Bericht zu bezweifeln haben wir keinen Grund, obwohl dessen Verfasser, der Arianer Philostorgius, an sich sonst unzuverlässig ist. Dazu berechtigt uns selbst eine, demselben beigefügte offenbare Unrichtigkeit nicht – und zwar die, daß Wulfila unter Constantin durch Eusebius zum Bischofe geweiht worden sei. Dies ist nämlich unmöglich, weil derselbe, nach des Auxentius völlig zuverlässiger Erzählung in der von Waitz entdeckten Quelle, erst im Jahre 348, also längst nach Constantins und Eusebius' Tode, ordiniert wurde. Unstreitig ist aber jener Zusatz nur aus dem tendenziösen Arianismus des Verfassers hervorgegangen, dem es entsprach, die Weihe des berühmten Wulfila vom Haupte seiner Partei (Eusebius von Nikomedien) abzuleiten.
Mit Philostorgius stimmt aber auch Sozomenos (II, 6) insoweit überein, als er an dieser, sonst freilich auch viele Unrichtigkeiten enthaltenden Derselbe führt vorher an, daß schon zu Constantins Zeiten die Barbaren am Rheine großenteils Christen gewesen seien. Stelle bemerkt, daß es der heilige Wandel der bei obigen Raubfahrten gefangenen Christen, die Heilung von Kranken und andere Wunder gewesen seien, welche die Goten zu Annahme ihres Glaubens bekehrt hätten.
Die vollste Bestätigung über Wulfilas Person aber gewährt der vorstehend schon erwähnte Bericht des Auxentius, nach welchem dieser im Jahre 318 geboren, und im dreißigsten Jahre zum Bischöfe ordiniert worden sei, nach sieben Jahren aber, in Folge einer durch einen tyrannischen Fürsten (judex) wider die Christen verhängten Verfolgung, seine Gemeinde in römisches Gebiet übergeführt habe. S. Waitz, Leben und Lehre des Ulfila. S. 36–38, 49 u. 50.
Wunderbar: wie in der Natur Sturmwinde und Wasserfluten den Samen der Gewächse von Gegend zu Gegend, von Land zu Land tragen, also hat jener so furchtbar durch Asien wütende Verheerungssturm den Samen des Christentums von Kappadokien an die Gestade der Donau hinübergeführt.
Wie unter den Römern (s. Bd. I, S. 342), so ward wohl auch bei den Goten das erste sporadische Auftreten des Christentums übersehen, zumal der natürliche Denunziant, ein eifersüchtiger und mächtiger Priesterstand, fehlte und die an sich sehr beschränkte Staatsgewalt weder Anlaß noch Macht hatte, in die Freiheit der Volksgenossen einzugreifen. (Der Polytheismus kann tolerant sein. D.)
Als aber in Folge rascher Vermehrung der Übertritte eine förmliche Gemeindeverfassung der Christen mit einem Bischof an ihrer Spitze sich organisierte, mag ein Konflikt mit der Staatsgewalt und die Überzeugung Platz gegriffen haben, daß man (Aus politischen, nationalen Gründen: Athanarich verfolgt die Christen, nach einer kirchlichen Quelle, » aus Haß gegen die Römer«, welche von den Christen ins Land gerufen wurden. D.) der gefährlichen Neuerung entgegentreten müsse.
(Nachweisbar haben die Christen unter den Goten ihre Stütze gesucht bei Rom, woher sie ihren Glauben erhalten – also bei den alten Erbfeinden gotischer Nation. Die Christen unter den Goten waren die Vorposten der Legionen. D.)
Daraus ging, wiewohl erst lang nach Wulfilas Einsetzung, die erste Christenverfolgung durch die gotische Obrigkeit und aus dieser wiederum nach sieben Jahren von jener Zeit an Wulfilas und seiner Gemeinde Übertritt auf römisches Gebiet hervor. Vergl. Dahn, Urgeschichte I, 3, S. 425, und Könige II, S. 41–48.
Diese erhielt durch Constantius Wohnsitze in den Gebirgen (Montibus. Waitz S. 16) des Hämus, und zwar im Gebiet der Stadt Nikopolis, die an dessen Fusse lag. (Jordanis c. 51, der sie mit dem Namen Gothi minores bezeichnet.)
Die Hauptwurzel des Christentums im innern Gotenlande schien ausgerissen: zahlreiche Nebenschößlinge derselben aber mögen im Boden zurückgeblieben sein. Diese wucherten um so mehr auf, da Wulfila nach Sokrates (IV, 33) sein Missionswerk und zwar, wie dieser ausdrücklich anführt, auch unter den Goten des Athanarich fortsetzte. Daher weitere religiöse Parteiung, welcher auch die damals unter den Westgoten herrschende politische nicht fremd bleiben konnte.
Dies führte zu ferneren Christenverfolgungen und Vertreibungen durch Athanarich, die, im Jahre 370 beginnend, gewiß längere Zeit andauerte, und vielleicht zu dem bald darauf folgenden offenen Kampfe zwischen diesem und Fritigern, welcher Letztere sich als das Haupt der Christenfreunde kund gibt; er war, vor oder bei dem von Kaiser Valens wider seinen Gegner erlangten Beistande, zu dem neuen Glauben übertreten und hatte auch die Seinigen dazu bewegt. Sokrates IV, 33. »Καὶ τοὺς υφ' εαυτω̃ του̃το ποιει̃ν προετρέπετο.« Daß bei der allgemeinen vertragsmäßigen Aufnahme der Westgoten in römisches Gebiet im Jahre 376 deren christliches Bekenntnis versichert, verlangt oder doch vorausgesetzt wurde, ist, wenn gleich Ammian (XXXI, 4) darüber nichts bemerkt, wohl nicht zu bezweifeln. Doch erwähnt derselbe (c. 12) eines vor der Schlacht von Adrianopel von Fritigern an den Kaiser abgesandten christlichen »Presbyters«, wohl Bischofs, der »als jenem treu und dessen geheimer Absichten kundig« angegeben wird, was wiederum das uns aus anderer Quelle schon bekannte Christentum des gotischen Heerführers bestätigt und auf das gleichmäßige seines Heeres, mindestens in dessen großer Mehrzahl (Denn noch viel später begegnen heidnische Goten sogar am Hofe des Kaisers Theodosius. D.), schließen läßt: wie sich denn auch unter den von Alatheus und Saphrax geführten Ostgoten gewiß damals schon mehrere Christen befunden haben.
Über die weitere Geschichte der Verbreitung des Christentums unter den Goten dagegen fehlen uns alle näheren Nachrichten. Inwieweit aus den Ereignissen eine Vermutung darüber abzuleiten ist, wird sich am geeignetsten bei der Darstellung dieser selbst in den folgenden Kapiteln bemerken lassen.
Am dunkelsten ist das Bekehrungswerk der unter der Hunnenherrschaft jenseits der Donau zurückgebliebenen Ostgoten, Gepiden und andern Völker.
Gewiß hat die politische Unterdrückung deren religiöse Empfänglichkeit für das Christentum nur gesteigert: und dies muß zuletzt zur herrschenden Tagesmeinung geworden sein, da wir, nachdem der Hunnensturm nach Attilas Tode verlaufen war, fast nur christliche germanische Völker auf dem dortigen Plan erblicken.
Dem engern Bereich der Kirchengeschichte gehört die Frage an: wie es geschah, daß die Ostgermanen sich fast insgesamt dem arianischen Bekenntnis zuwandten.
Das Christentum kam zuerst in einer Zeit zu den Goten, da, von einigen altern Sekten abgesehen, nur eine allgemeine christliche Kirche bestand, der Arianismus noch nicht hervorgetreten war.
Da brach jene unselige Spaltung aus, die den ganzen Orient in Flammen setzte, in welchem das für den Fanatismus der Idee (und für leidenschaftliche Disputationen über Haarspaltereien D.) so empfängliche griechische Element vorherrschte: im Westen des Reichs fand dieser Dogmenhader weit weniger Nahrung.
Noch geringer sicherlich war die Teilnahme der Christen im Gotenland an diesem Streit, der ihnen freilich auf seinem Höhepunkte nicht ganz fremd geblieben sein kann.
Hatte schon Constantin der Große in seinem Schreiben an Alexander und Arius den Streit über etwas an sich Unerforschliches für müßig erklärt, wie viel mehr mußte der fromme Sinn der ersten Apostel unter jenen Heiden, denen das heilige Werk an sich, daher Förderung und Erhaltung der Einigkeit in der (von außen her ohnehin schwer bedrängten) Gemeinde am Herzen lag, ein so gefährliches Meinungsgezänk verwerfen und vermeiden.
Vor allem auch war gewiß in dem einfachen gesunden Sinne des Naturvolkes, der dogmatischer Grübelei über Unbegreifliches widerstrebte, kein für solchen Zündstoff empfänglicher Boden.
Kam indes der Streitpunkt unter den Goten irgendwo zum Bewußtsein, was bei den Geistlichen mindestens nicht ganz ausgeblieben sein kann, so dürfte die arianische Auffassung der Dreieinigkeitslehre dem schlichten Geiste derselben einfacher und faßlicher erschienen sein, als die durchaus mystische der orthodoxen Kirche: (aber diese innere Neigung, die man zur Hauptsache hat machen wollen, war Nebensache. D.).
Erst mit dem Übertritt auf römischen Grund und Boden trat die Notwendigkeit der Taufe oder der Bekenntnis-Erklärung unabweisbar ein: und da diese unter den eifrig arianischen Kaisern Constantius und Valens erfolgte, mußten sie sich für die bei den Römern herrschende Kirche entscheiden. Dies konnten sie aber auch meist ohne Abfall und Gewissensverletzung tun, da die ganze Streitfrage bei ihnen bisher mehr als eine offene angesehen worden, ja der Volksgeist an sich der arianischen Lehre (die in der letzten Zeit ihnen von Staatswegen zugetragen war D.) mehr zu- als abgeneigt war.
Nach dieser Ansicht erklärt es sich leicht, wenn die glaubhaftesten rechtgläubigen Kirchenväter, wie Augustin (de civit. Dei XVIII, 52), die Goten in ihrer Heimat für durchaus katholische ausgeben (siehe Waitz S. 44).
Sie konnten dies, weil sich jene eben noch nicht bestimmt für das ketzerische Bekenntnis ausgesprochen hatten.
Auf demselben Grunde beruht es vielleicht auch, wenn Sokrates (II, 41) und Sozomenos (VI, 37) versichern, daß Wulfila, der früher dem nikäischen Bekenntnis angehangen, zum arianischen, und zwar, wie Letzterer hinzufügt, »durch listige Überredung« übergeführt worden sei.
Am unbefangensten und richtigsten über diesen Gegenstand urteilt unsers Erachtens Waitz S. 41–45, der namentlich auch des Sozomenos Unzuverlässigkeit richtig hervorhebt.
Was nun aber die später erst zum Christentum übertretenden Goten, zu der Zeit, als umgekehrt im römischen Reiche das katholische Bekenntnis das herrschende, das arianische aber das unterdrückte war, letzterem zuführte, wagen wir nicht mit Sicherheit zu bestimmen.
Gewiß war dies weniger der instinktive Vorzug des ihrer Fassungskraft entsprechenderen Dogma als der Vorgang und das Beispiel ihrer Landsgenossen.
Unmöglich kann dieses Kapitel geschlossen werden, ohne dem großen unsterblichen Manne ein ehrendes Denkmal zu setzen, der seinem Volke und mit ihm dem ganzen Germanenstamme im zwiefachen Sinne die Schrift brachte, indem er dem Worte Zeichen gab und mit ihrer Hilfe das Wort Christi in die heimische Sprache übertrug.
Nur ein tieferes Nachdenken vermag die unermeßliche Schwierigkeit der Aufgabe, daher den Mut, den Geist, die Kraft und Ausdauer zu ermessen, welche deren Erfüllung erforderte.
Wahrlich Wulfila, der Gotenapostel, der »Moses der Germanen«, war ein großer Mann: (seine Aufgabe war ganz unvergleichlich schwieriger als die Luthers: und er hat sie wahrlich mindestens ebenso glücklich gelöst. D.).