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Achtzehntes Kapitel.
Vom Tode Julians bis zum Tode Valentinians und dem Hunnen-Einfall

Auf Julians Tod folgte am 27. Juni 363 vor allem die Wahl des Nachfolgers, worüber zu verfügen der Verewigte Bedenken getragen.

In der Versammlung der hierzu vereinten Generale und Stabsoffiziere stand die Hof- und Nationalpartei, mit Arintheus und Victor, der der Fremden, unter Nevitia und Dagalaif, entgegen, verständigte sich jedoch mit letzteren über den würdigen Praefectus Praetorio Sallustius Secundus. Da dieser aber wegen Alters und Krankheit ablehnte, auch der Vorschlag des Aufschubs der Wahl bis zur Rückkehr nach Mesopotamien keinen Anklang fand, ward in der Unentschlossenheit und Verwirrung von irgend jemand Jovianus, der erste Stabsoffizier der Leibwächter (domesticorum ordinis primus), vorgeschlagen und angenommen, den das Verdienst seines Vaters, des Comes Varronianus, einigermaßen empfahl. Zuerst große Freude über die Namensähnlichkeit desselben mit Julianus, als aber die persönliche Erscheinung schon die Verschiedenheit offenbarte, Trauer und Tränen.

Das erste Unheil brachte der Übergang eines Fahnenträgers zu den Persern aus Furcht vor dem neuen Herrscher, dem er als Verleumder seines Vaters verhaßt war. Er floh zu Sapor und setzte ihn von dem Tode des großen Julian und von des Nachfolgers Schwäche in Kenntnis, was den Großkönig zum Befehle sofortigen Angriffs bewog.

Auf dem schwer bedrängten Rückzug glaubte der römische Soldat plötzlich im Überschreiten des Tigris Rettung zu finden. Kriegsrat und Kaiser waren dagegen: als aber die Truppe zu meutern begann, ward fünfhundert vorzugsweise schwimmkundigen Germanen des Nordens, unstreitig Batavern, Franken, Sachsen (Siehe oben, nicht wohl Goten [wie v. W.], von denen solche besondere Schwimmkunst nie [wie von Chauken und Batavern] gerühmt wird. D.), der Versuch gestattet, welche auch glücklich in der Nacht über den angeschwollenen Strom setzten und die jenseits vorgefundenen persischen Wachen im Schlafe niederstießen.

Endlich traf eine Friedensbotschaft Sapors im Lager ein. Die Bedingungen waren sehr hart: gleichwohl ward nach viertägiger Verhandlung der Friede abgeschlossen, sechzehn Tage nach Julians Tod.

Der auf dreißig Jahre abgeschlossene Vertrag war unerhört schmachvoll. Nicht nur die an Diokletian abgetretenen fünf Provinzen, sondern auch ein großer Teil des östlichen Mesopotamiens mit Nisitis, Singara und sechzehn kleineren Festungen und Kastellen wurde den Persern überlassen, der König von Armenien vor allem, dieser alte Bundesgenosse, seinem Schicksale Preis gegeben, das ihn nur zu bald erreichte.

Man vergesse dabei nicht, daß es sich bei diesem Frieden für Jovian nicht allein um das Staatsinteresse, sondern auch um sein persönliches, d. i. um die Krone handelte. Wäre er mit einem nur schwachen Reste des Heers, als Flüchtling, in Mesopotamien angelangt, mußte er da nicht fürchten, daß die dortige Armee, welche ihm noch nicht gehuldigt, ihren eignen Führer Prokop, des gefeierten Julians Verwandten, an seiner statt zum Kaiser ausrufen werde? (Amm. XXV, 6 u. 7.)

Darauf eilte Jovian, nachdem er zuvor noch Julians entseelte Hülle nach Tarsus zur Bestattung hatte bringen lassen, nach Antiochien, von wo er nach kurzem Aufenthalt, anscheinend Anfang Dezember, nach Tarsus aufbrach; hier sorgte er für würdigen Schmuck des Grabmals Nicht am Kydnus, meint Ammian, sondern an dem Tiber, dem Fluß der ewigen Stadt, der die Grabmäler vergötterter Herrscher bespüle, hätte dies errichtet werden sollen. seines großen Vorgängers und begab sich dann nach Thyana in Kappadokien.

Hier erfuhr er von den rückkehrenden Sendboten, daß Malarich der Franke, den er (an des von Julian beförderten Jovinus Stelle) zum Magister militum in Gallien ernannt, diese Erhebung abgelehnt habe: sein darauf sofort nach Gallien abgereister Schwiegervater, Lucillianus, auf den er sich vorzüglich verließ, sei zu Rheims auf Anstiften eines untreuen Beamten, dessen Rechnung er prüfen wollte, unter dem Vorgeben einer Empörung Lucillians wider den angeblich noch lebenden Julian, von den Soldaten niedergestochen worden. Zugleich wurde ihm jedoch die Unterwerfung des Jovinus, der von seiner beabsichtigten Entsetzung nichts gewußt haben mag, durch von letzterm abgesandte Offiziere gemeldet.

Zu Ancyra in Galatien trat Jovian zu Anfang Januar 364 (nebst seinem kleinen Sohne Varronianus) das Konsulat an, muß auch einige Zeit hier verweilt haben, da er erst in der Nacht vom 16. zum 17. Februar in dem nur etwa dreizehn Meilen davon entfernten Dadastana in Bithynien ungewisser Todesart (im dreiunddreißigsten Lebensjahr und achten Monate seiner Regierung) plötzlich verschied.

Seinen Eifer für das Christentum hebt Ammian ausdrücklich hervor. Selbstredend wird er daher von den Kirchenvätern gepriesen: doch stimmen deren Nachrichten über die ausschließliche Bevorzugung seines Glaubens, den Heiden gegenüber, mit denen der Schriftsteller aus letzterer Religionsgruppe, Libanius und Themistius – beide sind Zeitgenossen – nicht genau überein.

Sehr löblich war die Zurückberufung des großen Athanasius und die Erklärung für das nikäische Symbol der Rechtgläubigen. (Vgl. Tillemont, Jovianus, Art. 5 und 6, S. 1073–1080.)

Schon wieder Kaiserwahl, bei der nach Zosimus (III, 36) zuerst abermals der würdige Präfekt Sallustius Secundus die Krone sowohl für sich als für seinen Sohn, den er für zu jung und nicht fähig genug erklärte, ablehnte, was uns jedoch, bei Ammians Schweigen hierüber, zweifelhaft dünkt. Nach letzterem wurde vielmehr, nachdem einige andre Namen genannt worden, mit seltener Übereinstimmung sogleich Valentinianus erwählt.

Er war ein Sohn des Comes Gratianus, eines Pannoniers unedler Abkunft, der sich durch Körperstärke und Kriegsgeschick bis zum Militärbefehl in Afrika und Britannien emporgeschwungen hatte: jenes Cibalis, die Stätte von Constantins erstem Siege über Licinius im Jahre 314, war die seiner (sechs bis sieben Jahre spätern) Geburt. Julian als Krieger und Feldherr nicht ganz unähnlich stand er an Bildung und Charakter diesem freilich weit nach, war aber Christ und zwar rechtgläubiger.

Erst nach neun Tagen kam der in Ancyra zurückgebliebene Valentinian bei dem Heere, das bereits nach Nikäa vorgerückt war, an, hielt sich aber am zehnten wegen des ungünstigen (Nach römischem Aberglauben. D.) Schalttages verborgen.

Indem er Tages darauf vom Throne herab seine Antrittsrede beginnen wollte, forderte das gesamte Heer mit einstimmigem lautem Geschrei die Wahl eines Mitherrschers, wozu die Erinnerung an die Verlegenheit bei Julians Tode wohl den naheliegenden Anlaß bot. Mit großer Würde erwiderte der Kaiser, daß er die Zweckmäßigkeit einer Teilung der Gewalt selbst anerkenne, sie aber mit Geduld seine Entschließung darüber zu erwarten hätten.

Bei der Beratung mit den Ersten des Heeres sprach Dagalaif, Befehlshaber der Reiterei:

»Wenn du die Deinen liebst, edelster Kaiser, hast du einen Bruder, wenn den Staat, suche den Würdigsten.«

Ärgerlich schwieg Valentinian, ernannte aber am 1. März zu Nikomedien gleichwohl seinen Bruder Valens zum Oberstallmeister und am 28. März zu Konstantinopel zum Augustus und Mitherrscher.

Wir werden die Geschichte beider Kaiser im Allgemeinen kurz behandeln, nur dasjenige, was die Germanen berührt, ausführlicher hervorheben.

Als großer Geschichtsschreiber erweist sich gerade für diese Regierung Gibbon, dessen Anordnung bei Teilung des Stoffes wir daher auch folgen, indem wir zuvörderst einiges das Reich im Allgemeinen Betreffende vorausschicken.

Bald nach des Valens Ernennung erkrankten beide Kaiser, was – bezeichnend für die Sittengeschichte der Zeit – eine strenge Untersuchung wider Julians Freunde veranlaßte, die man angewandter Zaubermittel beschuldigen wollte. Dank der baldigen Genesung der Herrscher und der Weisheit des würdigen Präfekten Sallust (Zosim. IV, 1), blieb dies jedoch ohne Erfolg

Schlimm stand es damals im Reiche, dessen Feinde die Nachricht vom Tode des gefürchteten Julian von allen Seiten her, in Afrika und Britannien, an Galliens und Pannoniens Grenze, sogleich zu neuen Angriffen lockte.

Zu Naissus in Mösien teilten die Kaiser das Reich und die Heere. Die drei Präfekturen Gallien, Italien mit Afrika und Illyricum, nebst den Magistri militum Jovinus und Dagalaif behielt Valentinian, den Orient mit Thrakien und Ägypten, sowie den Magistri Victor, dem Arintheus beigegeben war, und Lupicinus Unstreitig der oben erwähnte, Julian feindliche, den dieser wahrscheinlich entlassen, Jovian aber nach Amm. XXVI, 5 ernannt oder wieder angestellt hatte., überließ er dem Bruder.

Da erhob sich unerwartet ein Empörer. Prokopius, Julians (wohl nur entfernter) Verwandter, hatte sich Jovian willig unterworfen und war von ihm, wohl um ihn von der Armee zu entfernen, mit dem Auftrage zur Bestattung seines Vorgängers in Tarsus beehrt worden.

Über dessen Haupte aber schwebte wie ein Damokles-Schwert das wenn auch sicherlich unwahre Gerücht, Julian habe ihn vor dem Einmarsch in Persien durch Überreichung eines Purpurs insgeheim zu seinem Nachfolger bestimmt.

Dies bewog ihn, durch Versteck sich gegen die Gefahr zu sichern. Ammian und Zosimus weichen über Prokops Geschichte vielfach voneinander ab. Letzterer läßt ihn der zu dessen Verhaftung bereits abgesandten Truppe durch List entfliehen. Wir folgen im Wesentlichen ersterem. Des Elends solchen Lebens überdrüssig begab er sich nach einiger Zeit heimlich nach Chalkedon (nach Zosimus nach Konstantinopel), wo ihn ein vornehmer Freund verbarg. Mancherlei Unzufriedenheit, namentlich über die Raubsucht von Valens' Schwiegervater, Patrinus, hier wahrnehmend, schmiedete er, da er nichts zu verlieren, alles zu gewinnen hatte, den Plan zur Empörung.

Valens war im Orient: Truppen, gegen die Goten bestimmt, zogen durch Konstantinopel. Von diesen gewann er, durch Julians Andenken und das Geld Ehrgeiziger unterstützt, gegen große Versprechungen die Legionen der Divitenser und Tungricaner, mit deren Hilfe er sich zu Anfang des Herbstes 365 Konstantinopels bemächtigte.

Den Befehlshaber Thrakiens berief er durch einen falschen, von dem eingekerkerten Praefektus Praetorio Nebridius, der an Sallusts Stelle getreten war, erpreßten Brief nach Konstantinopel, wo er ihn fest nahm und nun bald auch dessen Truppen an sich zog. Auch durch des Constantius kleine Tochter, die er auf dem Arm umher trug und später selbst im Feldzuge mit sich führte, und deren Mutter Faustina suchte er die Anhänger des großen Kaiserhauses zu gewinnen und war bald stark genug, nach Bithynien vorzurücken. Der eilig herbeigerufene Valens zitterte und würde die Krone niedergelegt haben, wenn nicht seine Umgebungen ihn davon abgehalten hätten.

Indes gingen die dem Empörer entgegengesandten Jovianer und Herculianer, geschickt angeredet und zur Treue gegen Constantins erlauchtes Kaiserhaus aufgefordert, zu ihm über, worauf sich derselbe bald ganz Bithyniens mit den zu Kyzikus verwahrten Schätzen bemächtigte und Valens zum Rückzuge nach Galatien zwang. In diesen den Winter 360 ausfüllenden Kämpfen wird auch des uns bekannten Alemannenfürsten Vadomar, als Generals des Valens, gedacht.

Im Frühjahre 366 wandte sich das Glück, das Prokop, der schon in seinem ersten Auftreten zwar Geschick, aber doch mehr Furcht und Schwäche als Seelengröße bewiesen hatte, durch seine Persönlichkeit nicht festzuhalten gewußt haben mag.

Der greise Arbetio, des Constantius Feldherr, den Prokop durch Plünderung seines Hauses in Konstantinopel, weil er ihm sogleich zu folgen abgelehnt, beleidigt hatte, wirkte, von Valens aus der Zurückgezogenheit berufen, durch das Ansehen eines alten Generals des großen Constantin auf die feindlichen Offiziere und Soldaten und brachte bald Gomoar, den Befehlshaber eines Korps in Lydien bei Thyatira, zum Abfall. Darauf trafen sich bei Nakolea in Phrygien die Heere, wobei durch den Übergang Agilos mit einem großen Teile der Truppen zu Valens Prokop zur Flucht gezwungen, am nächsten Morgen von zwei seiner Tribunen dem Kaiser ausgeliefert und am 27. Mai 366 (Idatius) sogleich enthauptet ward.

So zerrann nach kaum zehn Monaten der Traum einer Herrschaft, deren einzige Grundlage der Zauber eines großen Namens gewesen war, weshalb sie die Probe der Wirklichkeit nicht bestehen konnte. (Amm. XXVI, 6–9; Zosim. IV, 4, 8; Eunapius ed. Bonn., p. 73.)

Ein furchtbares Blutgericht wider Prokops Anhänger schloß das Empörungsdrama. Da erfreute sich der Kaiser, wie Ammian sagt, geneigt, zu schaden und jede tödliche Anklage gern hinzunehmen, der Manchfaltigkeit der Todesurteile und Qualen, während jedwede leichtere Schuld mit Verbannung und Vermögenseinziehung gebüßt ward.

Von hier ab die chronologische Ordnung mit der realen vertauschend wenden wir uns zuvörderst zum Reiche des Westens und zwar zunächst zu den Kriegen mit den Germanen, wobei wir das den Kaiser persönlich Betreffende mit anführen werden.

Valentinian, zu dessen Residenz Mailand bestimmt war, der sich aber meist in Gallien aufhielt, hatte eine schwere Aufgabe zu erfüllen. Darum hatte er auch, das Staatswohl über das persönliche setzend, der Versuchung entsagt, in Person gegen Prokop zu ziehen.

Die gleich nach dem Thronwechsel zu Valentinian abgesandten Botschafter der Alemannen hatten geringere Geschenke als gewöhnlich empfangen, welche sie sogleich zu Boden warfen, und überdies unfreundliche Behandlung durch den magister officiorum erfahren. Das erbitterte das trotzige Volk (das für seine »Unterwerfung«, ja schon für den Frieden Zahlungen als sein Recht forderte. D. Amm. XXVI, 5).

Nach einigen Verheerungen in der Nähe der Grenze begannen sie im Januar 366, unstreitig einem nunmehr gemeinsam verabredeten Plan gemäß, über die Eisdecke des Rheins gehend, einen ernsten Angriff. An der Grenze befehligte Charietto, unzweifelhaft jener oben erwähnte kühne Germane, der inzwischen zum Comes befördert worden war. Severian, der bei Châlons sur Saone stand, an sich ziehend, eilte er dem Feind entgegen, den er hiernach jenseits der Saone, wahrscheinlich in der Gegend von Besancon, getroffen haben dürfte. Da aber bei dem ersten Zusammenstoß der Reiterei Severian schwer verwundet vom Pferde fiel, floh die römische.

Charietto, alles aufbietend, um sie zum Stehen zu bringen, ward ebenfalls durch ein Geschoß getötet und nun auch das Fußvolk in Schlacht und Niederlage verwickelt, wobei die Heruler und Bataver eine Fahne verloren, welche sie jedoch, nach langem Kampfe, dem sich damit brüstenden Feinde wieder abnahmen. (Amm. XXVII, 1.)

Ob es, wie Zosimus (IV, 9) sagt, Ammian aber unerwähnt läßt, wahr ist, daß Valentinian die Schuld der Bataver durch deren Verkauf in die Sklaverei habe ahnden wollen, diese jedoch endlich gegen das bald auch ruhmvoll erfüllte Versprechen tapferer Sühnung ihrer Schmach, begnadigt habe, – lassen wir dahin gestellt, erklären aber Huschbergs, auf den Wortlaut des erstgedachten Schriftstellers gestützte Ansicht, daß Valentinian selbst bei jenem Gefecht gewesen sei, für entschieden irrig Zosimus sagt (IV, 9): »υπαντήσαντος δὲ αυτοι̃ς του̃ βασιλέως« begann eine scharfe Schlacht, in welcher die Barbaren das in Zerstreuung fliehende römische Heer verfolgten.

Dies kann sich nur auf das erste Treffen gegen Charietto und Severian beziehen, weil derselbe Schriftsteller dabei der Verschuldung der Bataver gedenkt.

Huschberg nimmt nun absichtliche Verschweigung der dabei von Valentinian selbst erlittenen Niederlage durch Ammian an. Ganz davon abgesehen aber, daß dies mit dem Geiste dieses Schriftstellers durchaus unvereinbar ist, so würde es zugleich die völlige Unwahrheit und Untreue von Ammians ganzer Geschichtserzählung (XXVII, 1 und 2) bedingen.

Das Gefecht fand Anfangs Januar jenseits der Saone, also unfern der Grenze statt, indem der Grenzbefehlshaber Charietto mit den bereitesten Soldaten (milite promtissimo) den Alemannen sogleich entgegeneilte und dazu Severian an sich zog.

Was in aller Welt aber hatte der Kaiser in dieser Jahreszeit an der Grenze zu tun? Wäre er aber wirklich da gewesen, so konnte doch nur er selbst und nicht jener Unterbefehlshaber als kommandierend aufgeführt werden.

Das 2. Kapitel Ammians beginnt mit den Worten: Qua clade cum ultimo moerore comperta, correcturus secius gesta Dagalaiphus a Parisiis mittitur. Der Feldherr wird von Paris geschickt, was doch nur durch den daselbst verweilenden Kaiser, welcher jene Niederlage mit tiefem Schmerze vernommen, geschehen sein kann.

Es scheint nicht nötig, sich hier auf Vergleichung von Ammians Glaubhaftigkeit, Zosimus gegenüber, einzulassen. Es ist zwar ungenau, aber nicht ungewöhnlich, den Imperator anzuführen, wo nur die Organe desselben unter dessen Auspizien handelten. Das hat der so viel spätere Zosimus in seiner Quelle übersehen und Huschbergs Patriotismus hat sich die Freude nicht versagen können, Valentinian selbst durch die Alemannen in die Flucht schlagen zu lassen.

, wie denn schon Tillemont (Bd. I, S. 52) den scheinbaren Widerspruch zwischen beiden Quellen richtig beurteilt.

In mehreren Scharen drangen die Alemannen hierauf in nördlicher Richtung tief in das Innere Galliens vor. Dagalaif, zuerst wider sie abgesandt, zögerte, machte Schwierigkeiten und begab sich später zur Verwaltung des Konsulats nach Rom, worauf der Heermeister Jovin den Befehl erhielt.

Mit größter Eile und Vorsicht vorrückend überfiel dieser bei Scarponna (Charpeigne an der Mosel zwischen Metz und Toul) einen feindlichen Schlachthaufen, der, des Angriffs sich nicht versehend, vermutlich im Genuß der Beute schwelgend, vor gehöriger Waffnung und Formierung fast aufgerieben ward. Durch seine Späher unterrichtet, daß unweit, nach Plünderung mehrerer Dörfer, ein anderer Trupp am Fluß lagere, beschlich er diesen im Walde, sah die Germanen sorglos baden Da dies gewiß nicht im Winter geschah, müssen seit dem Beginn der Kampagne im Januar mehrere Monate verlaufen sein, was auch, ungeachtet des sogleich zu erwähnenden Nachtfrosts, durch das nahe Zusammenfallen des letzten Sieges mit Prokops Tötung Ende Mai bestätigt wird., waschen und trinken, und griff sie zu geeigneter Zeit so überraschend an, daß sie ihm in gleicher Waffen- und Ordnungslosigkeit, wie jene ersten, fast nur drohende Gebärden und Kriegsgeschrei entgegen zu setzen hatten, so daß ein großer Teil blieb und nur der Rest auf engen Waldpfaden entwich.

Beide Gefechte beweisen, daß die Alemannen den Vorpostendienst in echt germanischer Sorglosigkeit nicht übten.

Inzwischen war die dritte, unzweifelhaft stärkste Schar derselben auf dem Wege nach Paris bereits bis Chalons an der Marne vorgerückt, wo sie Jovin durch Eilmärsche einholte und schlachtbereit sich gegenüber fand. Mit Tagesanbruch verließ er sein Lager und formierte sein Heer auf einer offenen Ebene in möglichst ausgedehnter Schlachtordnung, vermutlich um von dem stärkern feindlichen nicht überflügelt zu werden.

Im Beginn des Kampfes schienen die Alemannen zuerst etwas nachzulassen, ermannten sich aber bald wieder so kräftig, daß die Schlacht bis zu Ende des Tages unentschieden fortdauerte. Indes würden die Römer früher gesiegt haben, wenn nicht der Tribun Balchobaud, ein Maulheld, mit seiner Kohorte in Unordnung gewichen wäre.

Hätten die übrigen Truppen diesem Beispiele gefolgt, so wäre eine furchtbare Niederlage unvermeidlich gewesen, aber deren Mut und Tapferkeit wuchsen mit der Gefahr.

Als der Feldherr am andern Morgen mit dem im Viereck formierten Heere – Beweis seiner Besorgnis – aus dem Lager ausrückte, überzeugte er sich, daß die Feinde in der Nacht geflohen seien. Auf dem Schlachtfelde und bei der wohl nur kurzen Verfolgung fand man 6000 Tote und 400 Verwundete, von denen viele noch in Folge des Nachtfrosts an ihren Wunden starben. Die Römer sollen nur 1200 Tote und 200 Verwundete gezählt haben.

Von der Verfolgung zurückgekehrt erfuhr Jovin, daß die (germanischen) Ascaner, die er auf einem andern Wege zu Überfallung des feindlichen Lagers detachiert hatte, einen König der Alemannen zum Gefangenen gemacht und sogleich ohne Befehl des Kommandeurs eigenmächtig aufgehängt hätten.

Doppelt erfreut, weil ihm in diesen Tagen (gegen Mitte Juni) Prokops Haupt von Valens gesandt worden, ging der Kaiser seinem sieggekrönt nach Paris zurückkehrenden Feldherrn entgegen, den er sogleich durch Designation zum Konsulat ehrte.

Die Alemannen waren nach so schwerer Züchtigung heimgekehrt: der große Angriffskrieg war aus, erneuerte sich auch unter Valentinians kraftvoller Regierung nicht wieder. Nur verstohlene Überfälle und Neckereien dauerten fort, wogegen dem verständigen Manne Verstärkung des Grenzschutzes das einzige Hilfsmittel erschien, weshalb er überall die alten Werke vervollkommnete und viele neue, teils Kastelle, teils bloße Türme, hie und da selbst auf feindlichem Grund und Boden, errichtete.

Im Sommer 367 erkrankte Valentinian so schwer, daß die militärische Umgebung schon mit der Wahl des Nachfolgers sich beschäftigte. Indes genas er wieder und ernannte nun, das Bedürfnis solcher Vorsorge selbst fühlend, seinen wenig über achtjährigen Sohn Gratian zum Mitherrscher und zwar sogleich zum Augustus.

In demselben Jahre richtete ein alemannischer Gaukönig (regalis) Hando einen so geschickt angelegten als verwegen ausgeführten Handstreich gegen das feste, damals gerade von einem Teile der Besatzung verlassene Mainz, indem er sich während einer christlichen Feierlichkeit (wohl Ostern D.) dessen bemächtigte und sogleich mit reicher Beute, namentlich auch Gefangenen beiderlei Geschlechts, wieder abzog.

Unter den Alemannenkönigen war es Vitikab, Vadomars Sohn (Also auch hier folgt, obzwar durch Wahl, der Sohn dem Vater. D.), vor allen, der seine Landesgenossen unter der Hand fortwährend gegen Rom aufreizte. Etwas zart und kränklich, aber verwegen und tapfer, mag er so bedeutend als gefährlich erschienen sein. Es war bisher weder auf offenem Wege noch durch Verrat etwas gegen ihn auszurichten gewesen, als es gelang, ihn durch einen frühern Diener, der sich nach der Tat glücklich rettete, meuchlings ermorden zu lassen, was unzweifelhaft auf des Kaisers Befehl geschah.

Julians Tat gegen den Vater war ebenfalls kaum zu rechtfertigen, beschränkte sich aber doch auf dessen politisch notwendige Entfernung, da er dem tüchtigen Manne nachher eine ehrenvolle Laufbahn als römischer Heerführer anwies (was unstreitig noch durch ihn geschah).

Valentinian hingegen scheute für seinen Zweck selbst den Meuchelmord nicht. (Und Ammian, der Besten einer seiner Tage, ist ganz damit zufrieden! D.) (Amm. XXVII, 10.)

Um dieselbe Zeit wurden auch die gallischen Grenzgegenden durch die benachbarten (usdem confines) Sachsen und Franken, teils zu Land, teils von der See aus arg verwüstet, woraus wir ersehen, daß auch die Sachsen damals fortwährend am Rhein saßen.

Für das Jahr 368 ward nun ein Hauptschlag gegen die Alemannen vorbereitet, wozu, vermutlich um Gallien nicht zu sehr zu entblößen, Truppen selbst aus Italien und Illyrien beordert wurden.

Mit Eintritt der mildern Jahreszeit ging Valentinian mit Gratian ohne Widerstand über den Rhein. Wo dies geschah, sagen die Quellen nicht: Huschberg S. 333 vermutet, von Süden aus, von der Schweiz her, womit wir ganz übereinstimmen.

Hiernach umging derselbe den Schwarzwald und marschierte östlich desselben die Wutach hinauf über die Donauquellen, was durch Ausonius (Mosella V. 424) ausdrücklich bestätigt wird, zu denen des Neckars – eine schwierige und gewagte, aber, mit ausreichenden Streitkräften ausgeführt, zweckmäßig entscheidende Operation, weil sie, die östlichen und westlichen Alemannen trennend, gerade gegen das Herz des feindlichen Gebiets gerichtet war. Der Kaiser ging in sorgfältig geschlossener Ordnung in der Mitte vorwärts, die linke und rechte Flanke deckten die Feldherren Jovinus und Severus.

Mehrere Tagemärsche hindurch war kein Feind zu treffen, weshalb nur sengend, brennend und raubend gegen Saaten und Häuser gewütet ward. Erst bei Solicinicium Das heutige Sülchen, unmittelbar bei Samolucena (Rothenburg) gelegen, wie Huschberg S. 330 annimmt, kann dies nicht gewesen sein, weil Ammian solchesfalls wohl den Hauptort genannt hätte. Wahrscheinlich (? D.) war es das heutige Städtchen Sulz, zwischen Rothweil (Arae Flaviae) und Rothenburg in der Mitte, wo sich eine Salzquelle findet. (al. Solicinium D.) am oberen Neckar zwischen Rothweil und Rothenburg ward ihm die Nähe der Feinde berichtet.

Diese hatten ihre Stellung auf einem steilen, von drei Seiten unersteigbar erscheinenden Berge gewählt, der sich nur nach Norden zu, d. i. in deren Rücken, in einem sanftem Abhang verlief. Gegen diesen wurde nun Sebastian aufgestellt, indes der Kaiser, um einen leichtern Weg zum Angriff in der Fronte zu entdecken, in Person das Gebirge rekognoszierte.

Da geriet er in Sumpf und unwegsame Wildnis, plötzlich aber auch in einen feindlichen Hinterhalt, in dem er verloren gewesen wäre, wenn ihn nicht im Augenblicke der höchsten Gefahr sein Roß, dessen Instinkt vielleicht die wegsamen Stellen entdeckte, noch glücklich durch den Sumpf getragen hätte, während der ihm folgende Träger seines goldnen, mit Edelsteinen geschmückten Helms nie wieder gefunden ward.

Nun blieb nichts übrig, als die steilen Wände zu stürmen, was denn auch, unter Führung zweier, dazu erwählter, so gewandter als kühner junger Gardeoffiziere (– Einer davon barbarischen Namens! – D.) durch das Gestrüpp erleichtert, mit höchster Anstrengung gelang.

Das diesmal offenbar stärkere römische Heer trieb die Feinde von allen Seiten her auf den Gipfel hinan, auf dem sich diese, des tapfersten Widerstandes unerachtet, schließlich der taktischen und numerischen Überlegenheit gegenüber, nicht zu behaupten vermochten und nun dem Sebastian entgegen getrieben wurden. Furchtbar das Morden, dem wenige entgangen sein würden, wenn nicht der Wald vielen noch die Möglichkeit der Flucht gewährt hätte. Auch die Römer aber erlitten großen Verlust, darunter zwei ihrer ausgezeichnetsten Offiziere. Von des Sieges Folgen und ob er namentlich zu einem Frieden führte, erfahren wir nichts, da Ammian (XXVII, 10) unmittelbar hierauf die Rückkehr der Kaiser und des Heeres nach Trier in die Winterquartiere berichtet.

Der Dichter Ausonius, der Lehrer des jungen Gratian, der diesen in den Krieg begleitete, läßt bei diesem Feldzuge in seiner Mosella (V. 424) die Donauquellen zuerst durch die Römer entdecken, zu welcher Verkehrtheit, da jene Gegend zweihundert Jahre lang römische Provinz gewesen war, nur Schmeichelei ihn veranlaßt haben kann.

Im Jahre 369 wollte Valentinian unter andern Befestigungen auch eine solche am untern Neckar errichten, wozu die Fundamente mit eben so viel Kunst als Aufwand auf eichenen Rosten in den Fluß gelegt wurden. Darauf sollte auch noch auf dem Berge Pirus – man glaubt: bei Heidelberg – ein Kastell errichtet werden, was jedoch die Alemannen (»weil gegen den Vertrag« D.) so erbitterte, daß sie, als ihre dringenden Vorstellungen fruchtlos blieben, das ganze Detachement mit Ausnahme des den Bau leitenden Notars Syagrius erschlugen. (Amm. XXVIII, 2.)

Im Jahre 370 fiel wiederum ein sächsische Heer über See in Belgien ein und brachte den Befehlshaber des dortigen Küstenstrichs, den Comes Nannenus, der selbst in einem Treffen verwundet ward, in die äußerste Gefahr, bis der um Hilfe angerufene Kaiser den Magister militum Severus dazu absandte.

Dessen Macht nicht gewachsen baten die Sachsen um Frieden und freien Abzug, der ihnen auch, gegen Stellung einer Anzahl tüchtiger Rekruten aus ihrer Mitte, bewilligt ward.

Verräterisch aber legte Severus den Abziehenden Hinterhalte. Aus dem des Fußvolkes brachen die Römer zu früh vor und wären, von der ganzen Masse der Feinde sofort, vor vollständiger Formierung, angegriffen, wahrscheinlich alle niedergehauen worden, wenn nicht die zu gleichem Zweck in der Nähe aufgestellten Kataphrakten ihnen zu Hilfe geeilt wären.

Deren Angriff im Rücken der Sachsen entschied, so daß von den nunmehr Umringten auch nicht ein einziger entrann.

Ein gerechter Richter, meint Ammian, müsse ein solches Verfahren verdammen, könne es aber doch, alles erwogen, nicht übel finden, daß eine so verderbliche Raubschar endlich vernichtet worden sei. (Amm. XXVIII.)

Dies muß dieselbe Niederlage gewesen sein, welche der freilich ungenaue Orosius (VII, 32) die Sachsen in fränkischem Gebiet erleiden läßt, da sie füglich in Toxandrien, welches die Franken damals inne hatten stattgefunden haben kann. Wenn in Hieronymus (Chronik) von diesem Jahr eines gleichen Ereignisses bei Denso in Frankenlande gedacht wird (Saxones caesi Densone regione Francorum), so halten wir auch diese mit obiger für identisch, müssen aber alsdann jenen Namen auf einen andern Ort als Deutz bei Köln beziehen, zumal eine auf dem rechten Rheinufer unmittelbar am Fluß gelieferte Schlacht ohnehin sehr unwahrscheinlich ist.

Den Kaiser selbst beschäftigten fortwährend die Alemannen, unter deren Fürsten ihm, nach Vitikabs Tötung, der schon oben erwähnte Makrian im Nordosten Alemanniens der gefährlichste erschienen sein mag. Vielleicht gehörte jener Rando, der im Jahre 367 Mainz überfiel, dessen Geschlecht an.

Er suchte deshalb mit den Burgundern, den nordöstlichen Nachbarn Makrians, die ohnehin wegen der Salzquellen (Hall im Kochertal?) mit ihm haderten, ein Bündnis wider ihn abzuschließen, was auch in der Art erfolgte, daß die Burgunder zu derselben Zeit anrücken sollten, da Valentinian über den Rhein gehen werde. Bevor aber das römische Heer noch zusammengezogen war, erschienen jene schon im Feld und drangen, die erwarteten Bundesgenossen nicht antreffend, bis an den Rhein vor, nach Hieronymus (Chronik) 80 000 Mann stark. Das lag sicherlich nicht in des Kaisers Plane, der gewiß dahin ging, daß dieselben Makrian nur in der Flanke und im Rücken, etwa von Würzburg und Ansbach her, angreifen sollten. Ein so mächtiges, durch so unerwartetes Erscheinen an der Grenze die Römer in Schrecken setzendes Heer noch zu verstärken wäre höchst unpolitisch gewesen: und selbst als die Burgunder mindestens noch die Deckung ihres Rückzugs gegen die Alemannen von Valentinian forderten, hielt er sie durch Vorwände so lange hin, bis dieselben endlich, über die erfahrene Täuschung erbittert, heimkehrten und ihrem Ärger durch Tötung aller Gefangenen Luft machten. Dies können nur alemannische gewesen sein, da das Vordringen der Burgunder nirgends anders als in dem alemannischen Gebiete nördlich des Mains erfolgt sein kann.

Um dieselbe Zeit drang Theodosius, der eben erst ruhmreich aus Britannien zurückgekehrt und zum Magister equitum ernannt worden war, von Rätien her in Alemannien ein, tötete viele und führte zahlreiche Gefangene ab, die auf des Kaisers Befehl am Po kolonisiert wurden.

Diese Konzentration der Angriffe beweist, daß ein Hauptschlag gegen die Alemannen vorbereitet war, dem sie aber, im Wesentlichen mindestens, dadurch glücklich entgingen, daß ihre Nachbarn, die Burgunder, dabei nicht bloß als ein gefügiges Werkzeug Roms, sondern mit selbständigem Wagen auftraten, daher dem Meister selbst gefährlich wurden.

Bei diesem Anlaß verbreitet sich Ammian näher, aber sehr unkritisch, über die Burgunder, indem er das schon oben abgefertigte Märchen Merkwürdigerweise scheint auch Huschberg, S. 343 noch daran zu glauben und selbst Tillemont, S. 92 (schon durch Adrian Valesius widerlegt) zweifelhaft zu sein. Hätte der gründliche Mann seine Kaisergeschichte mit Augustus statt erst mit Galba begonnen, so würde dies nicht möglich gewesen sein. von deren römischer Abkunft hier einflicht.

Der König derselben führe den Amtstitel Hendinos und sei nach altem Brauche der Absetzung wegen Unsiegs oder Mißwachses unterworfen, während der Oberpriester, Sinistus geheißen, unabsetzbar sei. (Amm. XXVIII, 5.)

Valentinians Blick blieb fortwährend auf die Alemannen, in denen er doch Galliens gefährlichste Feinde erkannt haben muß, vor allen auf Makrian Amm. XXIX, 4 bezeichnet ihn also: Macrianum regem auctum inter mutationes crebras sententiarum, jamque in nostros adultis viribus exsurgentem. gerichtet. Dessen Macht muß damals gewachsen und namentlich das alemannische Gebiet nördlich des Mains, wo wir im Jahre 357 jene drei »wildesten« Könige kennenlernten, ihm unterworfen gewesen sein. Durch Überläufer hatte der Kaiser Gelegenheit und Ort erkundet, wo man sich dieses Fürsten durch geschickten Überfall bemächtigen könne. Mit größter Heimlichkeit und Vorsicht ging er im Jahre 371 Nach Tillemont, S. 99 und Valesius, was wir für richtiger halten als 372, wie Huschberg annimmt. über den Rhein. Severus drang mit der Vorhut zuerst bei Wiesbaden vor, wo er einen Trupp Handelsleute oder Hausierer traf (wahrscheinlich römische Untertanen vom linken Rheinufer), die er, aus Furcht, verraten zu werden, sogleich niederstoßen ließ; die Waren gab er den Soldaten preis. Nachdem der Kaiser selbst gefolgt war, ging das Heer nach einer kurzen Rast ohne Gezelte, indem Valentinian sich mit einigen Decken begnügte, unstreitig noch in der Nacht weiter vor. So streng aber auch den Truppen alles Plündern und Verwüsten untersagt worden war, so gehorchten sie doch nicht. Auflodernde Flammen und Geschrei setzten Makrians Gefolge von der Gefahr in Kenntnis und machten es ihm möglich, den auf ein leichtes Fuhrwerk gesetzten König in ein benachbartes Tal mit engem Zugänge zu bergen (abdiderunt).

Diese im Wesentlichen wörtlich wiedergegebene Erzählung Ammians (XXIX, 4) ergibt, daß Makrians Aufenthalt in der Nähe des Rheins, er selbst aber leidend gewesen sein muß, da er sonst sicherlich sein Roß bestiegen und an Truppensammlung zur Gegenwehr gedacht hätte.

Das Taunusgebiet war früher römisch innerhalb des Limes; sollten nicht, außer Wiesbaden, auch andre Heilquellen dortiger Gegend damals schon bekannt und eine solche, am wahrscheinlichsten Soden, von dem kranken Makrian besucht gewesen sein?

Tief unwillig ging Valentinian, nachdem er das Alemannengebiet fünf Meilen weit von Grund aus hatte verwüsten lassen, nach Trier zurück, setzte aber an Makrians Stelle Fraomar zum Könige über die Bukinobanten, welche Völkerschaft der Alemannen Mainz gegenüber saß. Da aber jener Gau so eben gänzlich verheert worden war, wie Ammian sagt, vermutlich jedoch mehr deshalb, weil das rückkehrende Volk den aufgedrungenen Herrscher nicht anerkennen wollte, versetzte er ihn bald darauf als Befehlshaber einer durch Zahl und Kraft sich auszeichnenden alemannischen Truppe nach Britannien.

Auch zwei andere alemannische Große, Bitherid und Hortar, stellte er als Militärbefehlshaber an, von denen jedoch letzterer, wegen verräterischer Korrespondenz mit Makrian, nach einem durch die Folter erpreßten Geständnis, späterhin verbrannt wurde.

Sollte dies der nämliche Hortar sein, den wir oben unter Julian kennen lernten, so ist zu vermuten, daß derselbe durch innere Unruhen, die vielleicht mit Makrians Machtaufschwunge zusammen hingen, aus der Heimat vertrieben, zu den Römern übergegangen sei. (Amm. XXIX, 4.)

Drei Jahre hindurch mag die Furcht vor Valentinian die Germanen in Schranken gehalten haben. Im Jahre 374 muß eine Raubfahrt in die nördliche Schweiz zu ahnden gewesen sein, da Valentinian damals, nach Verwüstung einiger Gaue, ein neues Fort, von den Anwohnern Robur genannt, bei Basel erbaute. Hier empfing er die Nachricht von den weiter unten zu erwähnenden schweren Unfällen in Pannonien, wohin er sogleich aufbrechen wollte: er ward von seinen Umgebungen mit vieler Mühe zum Verzuge bis zum nächsten Frühjahre bewogen. Da es bedenklich schien, den gefährlichen Makrian, gegen den bisher alles fehlgeschlagen, ohne eine solche Schutzwache, wie der Kaiser selbst sie allein gewähren konnte, zurückzulassen, schlug er nun zuerst den Weg der Güte ein.

Freundlich in die Nähe von Mainz geladen und nunmehr selbst vielleicht Sicherheit gegen fortwährende Gefahr wünschend, erschien der Alemanne mit starker Macht auf dem rechten Rheinufer, wohin sich Valentinian mit nicht minderer Bedeckung begeben Ob derselbe jenseits landete oder nur vom Schiff aus verhandelte, erhellt aus Ammian nicht. Doch ist ersteres ungleich wahrscheinlicher. mußte. Wilde Gebärden und dumpfes Gemurmel der Barbaren empfingen ihn. Nach eingetretener Ruhe und längerer Hin- und Herrede aber wurde Friede und Freundschaft geschlossen und eidlich bekräftigt. Diese hat nun auch Makrian treu bewahrt bis zum Ende seines Lebens, das er bei einem Einfall in das Innere des Frankenlandes durch einen Hinterhalt oder sonstige Kriegslist des kriegerischen Königs Mellobaud fand.

Die Herablassung sowohl zum Frieden selbst als zu dieser Form mag den stolzen und gewaltigen Valentinian viel gekostet haben. Wir vermuten daher auch, daß er für diesen ihm damals so wichtigen Zweck das Versprechen einer jährlichen Geldzahlung (oder Getreidelieferung D.), wodurch die Germanen stets am sichersten gewonnen wurden, nicht gescheut haben werde.

Viel für die Kunde germanischer Verhältnisse verdanken wir Ammian: aber dies weckt den Hunger nach mehrerem, namentlich über das Innere derselben, wofür es ihm leider an den Quellen gefehlt haben mag.

Gewiß ist, daß Valentinian sich als ein Julian nicht ganz unwürdiger Alemannenbändiger erwies, jenen zwar nicht in Kriegen und Siegen, doch in bleibenden Schutzmaßregeln noch übertraf, was freilich wohl nur in dem kürzeren Verweilen des Cäsars in Gallien und dessen Geldmangel (da Constantius allein über den Reichsschatz verfügte) seinen Grund gehabt haben dürfte.

Wir kommen nun zu den Kriegen in Britannien.

Wenig über ein Jahrhundert später als Alemannen, Franken und Sachsen erscheinen im äußersten Nordwesten Europas, dem britischen Inselreiche, keltische Völker mit nie vorher gehörten Namen.

Zuerst erwähnt deren Ammian (XX, 1) zu Anfang des Jahres 360, berichtend, daß die wilden Völker der Scoten und Picten in Britannien einfielen, die Grenzgegenden, wohl südlich des Limes, verwüsteten und die ganze Provinz mit Schreck erfüllten, worauf Julian den Magister peditum Lupicin wider sie sandte, der aber infolge der Erhebung des Cäsars zum Augustus bald wieder abberufen ward. Im Jahre 364 sind es wiederum die Picten und Scoten, welche nächst den Sachsen (diese natürlich von der See her) und den Attacoten (ein wildes, nicht unterworfenes nordbritisches Volk) als raubfahrende Schädiger des römischen Britanniens angeführt werden.

Der treffliche Zeuß hat es (S. 567–572 in Verbindung mit S. 193–201) durch eine Masse von Beweisstellen aus Schriftstellern aller Zeiten und Völker außer Zweifel gesetzt, daß Irland der Ursitz der Picten und Scoten war, ja diese Insel, bei den Alten Hibernia genannt, eben ihrer Bewohner halber auch Scotia geheißen ward.

Gibbon, dessen Forschungen nicht dem vaterländischen Altertume zugewandt waren, läßt (Kap. XXV, vor Note 111) Irland umgekehrt durch die Scoten oder Schotten erobern, indem er selbst anerkennt, daß auch jene Insel von demselben Volke wie Schottland bewohnt gewesen sei. Ein pikanter Beweis, daß auch der gute Homer bisweilen schläft, ist es aber doch, wenn er den Namen Erin oder Jerne von green, der grünen Insel herleitet, als ob die Scoten der ältesten Zeit bereits angelsächsisch gesprochen hätten.

Das Antiquarische, worüber wir lediglich auf Zeuß verweisen, hier beiseite lassend und allein noch erwähnend, daß am Ende des ersten Jahrhunderts Tacitus, der doch über Britannien durch seinen Schwiegervater Agricola so genau unterrichtet war, im Norden dieser Insel nur Caledonier kennt, auch Ptolemäus, der so viele Völker in Schottland und Irland nennt, von Picten und Scoten daselbst nichts weiß, gehen wir zur Zeitgeschichte über.

Im Jahre 368 hatte Britanniens Bedrängnis von allen Seiten her den Gipfel erreicht. Der Befehlshaber der Seeküste Nectaridus war erschlagen, der Befehlshaber Fullofaud (unstreitig Germane) gefangen. Die in zwei Volksschaften, Dicaledonen und Vecturionen (Nord- und Südpicten) geteilten Picten, sowie die Attacoten und die Scoten zogen plündernd durch verschiedene Gegenden: und die gallischen Küsten wurden von den benachbarten Franken und Sachsen durch Raub, Brand und Mord, selbst der Gefangenen, heimgesucht.

Da tat ein tüchtiger Mann not und dieser ward, nachdem zuerst Sever, damals noch Gardekommandeur, dazu ersehen, dann der Magister militum Jovin abgesandt worden, endlich in Theodosius, dem Vater des letzten großen römischen Kaisers, gefunden.

Von Boulogne in der Nähe von Dover (bei Rutopia) übersetzend, eilte er nach London, teilte sein aus leichten Truppen bestehendes Heer in einzelne Scharen, erreichte bald die, weil mit Beute, Viehherden und Gefangenen beladen, schwerfälligen Raubscharen, denen er ihren Raub wieder abjagte, und zog als Retter in das aus Todesnot befreite London ein. Amm. sagt XXVII, 8: »mersam difficultatibus suis antehac civitatem, sed subito quam salus sperari potuit recreata in ovantis speciem laetissimus introiit.«

Dies verstehen wir so, daß London zwar noch nicht eingenommen, aber auf das äußerste bedroht war, während Huschberg, S. 127 es von den Barbaren bereits besetzt sein und wieder erobern läßt.

Hier studierte er nun den Krieg gegen die Raubfahrer, erkundete durch Überläufer und Gefangene deren Schlupfwinkel und Wege, rief durch eine allgemeine Amnestie alle Deserteure und sonst im Lande zerstreuten Soldaten zu den Fahnen zurück, erbat und erhielt vom Kaiser einen tüchtigen, aber zugleich gerechten und milden Zivilgouverneur nebst einem zweiten ausgezeichneten Heerführer. (Amm. XXVII, 8.)

Auf diese Weise befreite der nicht nur tapfere, sondern auch weise Mann sehr bald das unglückliche Britannien von seinen Feinden, erneuerte und vermehrte alle Festungen und Schutzwerke, sowohl im Innern als am Grenzwall und errichtete in dem Teile des südlichen Schottlands, der zwar noch diesseits Antonins Mauer lag, aber längst verloren gewesen sein mag, eine neue Provinz unter dem Namen Valentia, die noch zur Zeit der Notitia dignitatum erhalten war.

Inmitten dessen hatte er auch den Empörungsversuch eines gewissen Valentius, Schwager des Maximin in Rom, den wir bald kennenlernen werden, zu unterdrücken, wobei er wieder die Klugheit bewies, nur den Haupturheber und dessen engste Genossen mit dem Tode zu bestrafen, von weiterer Untersuchung gegen die Mitverschworenen aber, um nicht allgemeinere Unruhe und Unzufriedenheit hervorzurufen, ganz abzusehen.

Im Jahre 370 kehrte der ruhmreiche Sieger und Ordner an das Hoflager zurück, wo sein Verdienst durch Ernennung zum Magister equitum an Jovins Stelle belohnt ward, welcher letztere damals gestorben oder abgegangen sein mag. (Amm. XXVII, 8.)

Die Unruhen und Kriege in Afrika liegen unserm Zwecke fern: (der ausgezeichnete Theodosius stellte auch in dieser Provinz die römische Herrschaft und die Ruhe wieder her. D.).

Auf Schutz der Reichsgrenzen eifrig bedacht hatte Valentinian auch jenseits der Donau im Gebiete der Quaden die Errichtung neuer Lagerburgen angeordnet, wogegen dies unter Marc Aurel so furchtbare, nun geschwächte und friedsame Volk dringend Vorstellung tat. Da redet Maximin, eins der schlimmsten Werkzeuge des Kaisers, der statt des verdienten Henkertodes die Präfektur von Gallien erhalten hatte, diesem ein, die Schuld des Verzugs liege nur an der Schwäche des illyrischen Magister militum Equitius. Wolle er seinem Sohne Marcellian den Kriegsbefehl in der Provinz Valeria übertragen, so würde die angeordnete Befestigung sogleich in das Werk gerichtet sein.

Dies geschieht im Jahre 374 und Marcellian beginnt sogleich den Bau, ladet den bescheiden widersprechenden König Gabinius mit erheuchelter Freundschaft zum Mahl und läßt ihn auf dem Heimweg niederstoßen.

Das schlägt wie ein Blitz in die Gemüter der Quaden und ihrer Nachbarvölker. In Masse sich erhebend gehen sie über die Donau und nehmen an den unglücklichen, gerade mit der Ernte beschäftigten Provinzialen die blutigste Rache, wobei fast auch des Constantius elfjährige Tochter, die, zu Gratians Gemahlin bestimmt, in das Hoflager gebracht werden sollte, ihnen in die Hände gefallen wäre.

In Verbindung mit den Sarmaten drangen sie brennend, sengend und raubend nach allen Seiten so weit vor, daß der Präfekt von Illyrien schon aus Sirmium fliehen wollte, aber auf dringendes Bitten sich zur Gegenwehr entschloß. Die verfallenen Werke wurden eiligst wiederhergestellt und die Barbaren dadurch zum Abzug bewogen, worauf sie sich, weil sie ihn für den Urheber jener Mordtat hielten, wider Equitius wandten, der tief in das Innere zurückgewichen war.

Da stoßen sie auf zwei, unstreitig zur Hilfe beorderte Legionen, eine pannonische und mösische, die ohne gemeinsamen tüchtigen Oberbefehl, zu ihrem Unglück über Vorrang und Kommando zerworfen, getrennt operieren.

Klug fallen die Sarmaten zuerst über die mösische her, noch ehe diese sich vollständig formiert hat, dann mit durch den Sieg erhöhtem Vertrauen auf die pannonische, welche ganz niedergehauen worden wäre, wenn nicht die Flucht einige gerettet hätte.

In dieser höchsten Not erschien der jugendliche Theodosius, Befehlshaber Mösiens, der, eines Helden, des oben erwähnten gleichnamigen Feldherrn, Sohn, als Kaiser ein noch größerer Retter werden sollte, als Schutzengel.

Die südlichen Sarmaten (Servi) oder Limiganten, die ebenfalls in das römische Gebiet eingefallen waren, angreifend, gelang es ihm, die Freien (Liberi) abzuziehen und erstere wiederholt nachdrücklich zu schlagen. Durch solchen Feldherrn geschreckt baten nun auch die übrigen Feinde, deren Rachedurst sich inzwischen abgekühlt hatte, um Verzeihung und Frieden, der ihnen, wiewohl wahrscheinlich nur als Waffenstillstand, bewilligt ward. (Amm. XXIX, 6.)

Noch ehe Valentinian, im Frühjahr 375, von Trier aufbrechend, mit dem Heere bei Carnuntum (Petronell unterhalb Wien) anlangte, kam ihm die Gesandtschaft der Sarmaten entgegen, mit fußfälliger Friedensbitte die Mitschuld ihres Volkes ablehnend, worauf er sie bis zur Erörterung an Ort und Stelle vertröstete.

Man erwartete eine strenge Untersuchung über des Gabinius Mord sowie über die bei Verteidigung der Provinz begangenen Verschuldungen, aber nichts von dem erfolgte.

Der Kaiser nahm sein Hauptquartier bei Acineum (Ofen), sandte zuerst Merobaud und Sebastian zu Verheerung des feindlichen Gebietes aus und ging dann selbst an einer andern Stelle, jedenfalls oberhalb dieses Orts, über die Donau, das Land der Quaden, dessen Bewohner sich in die Berge geflüchtet hatten, durch Mord und Brand verwüstend.

Erst bei Einbruch des Herbstes zog er sich zurück und lagerte schließlich bei Bregetio (Comorn), wo er eine Gesandtschaft der Quaden empfing, die von Equitius in den Geheimenrat eingeführt ward. In äußerster Heftigkeit hielt er dieser mit donnernder Rede die Frevel und Undankbarkeit ihres Volkes vor, begann aber schon milder zu werden, als er plötzlich von einem Blutsturze befallen ward, an welchem er bald darauf am 17. November 375 im fünfundfünfzigsten Altersjahre starb, nachdem er zwölf Jahre weniger hundert Tage regiert hatte. (Amm. XXX, 5 u. 6.)

Aus Besorgnis, das gallische Heer könne sich in die Bestimmung über die Nachfolge einmischen wollen, zumal der Mitkaiser Gratian, jetzt 16½ Jahr alt, in Trier zurückgeblieben war, wurde dieses vor erlangter Kunde des Todesfalls, auf vorgeblichen Befehl Valentinians, durch Merobaud an den Rhein zurückgeschickt, auch Sebastian, dessen Popularität bei den Truppen man fürchtete, entfernt.

Nach des Merobaud Rückkehr, der sich auf kurze Zeit von seinem Heeresteil wieder entfernt haben muß, beschloß man, Valentinians Sohn zweiter Ehe Tillemont behandelt Not. 28, S. 345 ausführlich die Frage, ob Valentinian seine zweite Gemahlin Justina erst nach Verstoßung der ersten Severa, oder neben dieser, wie Sokrates anführe, geheiratet habe, entscheidet sich aber mit Grund für ersteres, was, wenn auch der christlichen Lehre zuwider, vom Staatsgesetz erlaubt war. Die zweite Ehe war in der Zeit von 368 bis Ende 379 geschlossen., den vierjährigen Valentinian II., zum Mitkaiser auszurufen, was auch, nachdem das zwanzig Meilen weit im Rücken des Heeres mit seiner Mutter sich aufhaltende Kind eilig herbeigeholt worden, am 23. November 375 feierlich geschah.

Unstreitig war dies ein Eingriff in Gratians Rechte, dem sich derselbe jedoch willig unterwarf, bis an sein Ende im Jahre 383 dem Bruder Liebe und treue Pflege durch gute Erziehung bewährend.

Wir haben bisher die innere Reichsverwaltung unter Valentinian, von der Ammian in fünf Kapiteln (XXVII, 3, 7; XXVIII, 1, 4; XXIX, 3) und noch sonst vielfältig handelt, absichtlich unberührt gelassen, weil sie nur für die Kunde der verfaulten römischen Welt, nicht aber für die äußere Geschichte von Interesse ist, behalten uns jedoch vor, bei dessen Charakteristik, welche wir mit der des Valens verbinden werden, darauf zurückzukommen. Dabei werden wir zu erklären suchen, wie es kam, daß gerade die Regierung eines der bedeutendsten und tüchtigsten, auch keinesweges bösartigen Kaisers durch Greuel, Gewalttaten und Justizmorde aller Art in höherem Grade als viele frühern befleckt ward.

Nur für die Geschichte der kirchlichen Zustände jener Zeit erwähnen wir aus Ammian (XXVII, 3) des im Jahre 366 über den Bischofsstuhl zu Rom zwischen Ursinus und Damasus entbrannten blutigen Parteikampfes, der den Stadtpräfekt Juventius zum Rückzuge in die Vorstadt zwang und bis in die Kirche (jetzt St. Maria maggiore) fortgesetzt ward, in welcher man hundertsiebenunddreißig Erschlagene fand. Damasus blieb Sieger, mag aber mit seinem Gegner nicht bloß um Geistliches, sondern auch um Weltliches gestritten haben, da seine Würde als die Quelle von Glanz und Reichtum betrachtet ward.

Zum Reiche des Ostens übergehend, gedenken wir zunächst der Kriege mit den Goten.

Prokop, dessen ganzes Wagnis auf die Verwandtschaft mit Julian gebaut war, hatte von den durch Constantin den Großen dem Reiche föderierten Goten die ihm als legitimem Thronfolger gebührende Bundeshilfe verlangt und erhalten, von der jedoch nur erst kurz vor dessen Tode die Vorhut von 3000 Mann in Thrakien angelangt zu sein scheint (Amm. XXVI, 10), was sich mit der von Zosimus (IV, 7) angegebenen Zahl von 10 000 dadurch vereinigen läßt, daß man letztere auf die Gesamtstärke des zugesagten Hilfskorps bezieht. Aus Eunapius (ed. Bonn. p. 46–48) erfahren wir nun, daß diese Schar, nach vereiteltem Zweck ihrer Sendung, übermütig in der Provinz hauste, wahrscheinlich plünderte, und deshalb durch des Valens Truppen von dem Heimzug abgeschnitten und die Waffen zu strecken genötigt, jedoch zunächst nur in festen Plätzen in freier Verwahrung gehalten wurde.

Darüber entbrannte zwischen Athanarich, einem König der Westgoten, der seine Truppen, als im guten Glauben einem legitimen Herrscher gesandt, zurückforderte, und Valens, der dies verweigerte, ein diplomatischer Hader, welcher endlich zum Kriege führte, den Valens im Jahre 367 begann. Er überschritt die Donau, vermutlich in der Walachei, richtete dabei jedoch, weil sich die Goten in die Berge zurückgezogen hatten, nichts Erhebliches aus, außer daß Arinthäus zuletzt, mit einem Streifkorps detachiert, einen Teil der Familien und des Gesindes, welche sich noch in der Ebene umher trieben, zu Gefangenen machte.

Im Jahre 368, hielt der hohe Wasserstand der Donau den Kaiser vom Feldzug ab: im Jahre 369 aber überschritt er den Strom und brachte nach einigen leichtern Gefechten dem König Athanarich Ammian nennt (XXVII, 5) den Athanarich judicem ea tempestate potentissimum. Nur in einer Handschrift desselben, dem Codex regius, wird derselbe rex genannt. Richter nennt ihn auch Themistius or. 10, p. 134. Vergl. hierüber Dahn, Könige V, S. 2 f. und Forschungen zur deutschen Geschichte 1880. eine ernstere Niederlage bei, was diesen, zumal auch sein Volk durch Unterbrechung des Handels litt, auf Friedensvorschläge einzugehen bewog. Verhandlung und Abschluß, welche einen ganzen Tag einnahmen, erfolgten, da jener sich schlechterdings weigerte (Er hatte – angeblich oder wirklich – seinem Vater Rotesthes einen Eid solchen Inhalts leisten müssen. D.), den römischen Boden zu betreten, zu Schiff auf der Donau. Themistius bemerkt in der zur Feier dieses Friedens gehaltenen Rede ausdrücklich, daß diesmal keine Tributzahlung bedungen worden, wie dies sonst, obwohl man sich den Namen auszusprechen gescheut, der Sache nach stets geschehen sei.

Sogar die jährliche Getreidelieferung an die Goten sei eingezogen und der sonst viel freiere Handelsverkehr auf zwei Städte am Fluß beschränkt worden.

Der Philosoph Themistius, zuletzt Stadtpräfekt in Konstantinopel, der alle Kaiser von Constantius bis Theodosius belobredete Auf Julian findet sich in der Ausgabe seiner Werke keine Lobrede. Da wir aber aus Julians Schreiben an Themistius (op. Jul. I, p. 426–429) dessen inniges Verhältnis zu ersterem und dessen schriftliche Schmeicheleien kennen lernen, so kann es nur Zufall sein, daß eine solche entweder nicht gehalten wurde oder verlorenging., ist, seinem Gewerbe nach, freilich kein zuverlässiger Zeuge, doch kann obige so positive Versicherung nicht ganz erfunden sein.

Wir behalten uns übrigens vor, auf jenen Krieg und Frieden im folgenden Bande bei Darstellung der wichtigen Begebnisse im Gotenreiche damaliger Zeit wieder zurückzukommen. Vgl. Dahn, Könige der Germanen V. Würzburg 1871. S. 1 ff.


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