Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Sieh sie dir doch an – es ist ein feines Kind,« hörte Ulli eine Frauenstimme sagen, als ihr das Bewußtsein wiederkehrte. »Steh mir der Himmel bei, was hat's nur in eine so schlimme Lage gebracht?«
»Ja, da müßte man eben fragen ...« brummte der mürrische Mann, den die Frau aber sogleich unterbrach. Sie war offenbar ihm gegenüber im Vorteil, da ihr das Reden viel geläufiger schien. »Gieb mir schnell den Branntwein her und laß jetzt das Fragen; ich will ihr die Schläfe reiben. – Braucht's denn eine Ewigkeit, bis du die Flasche gefunden hast? – Ich muß ihr was Belebendes geben.«
Endlich schien er die Branntweinflasche wirklich gefunden zu haben, denn Ulli atmete Spiritus, der ihre Sinne erweckte, so daß sie im stande war, die Augen aufzuschlagen.
»Schau, sie guckt sich schon wieder um!« rief die Frau vergnügt.
»Da möchte man sie jetzt fragen ...«
»So, als ob's nichts Besseres zu thun gäbe, als das arme Kind mit Fragen zu ängstigen. – Nun wie geht's, Fräulein?«
»Danke, besser. – Wo bin ich denn hingeraten?«
»Machen's sich jetzt keine Sorgen – sind in guten Händen – aber wie haben Sie sich geängstigt, mein Kind!«
»Deshalb möchte man Sie fragen ...«
Der Mann konnte niemals seinen Satz beenden. Ulli hatte sich unerwartet aufgerichtet und starrte ihn mit ihren dunkeln Augen erschreckt an; er verlor sofort den Mut zum Fragen. Ulli aber strich das verwirrte Haar zurück, und nachdem sie sich versichert, daß sie sich nicht mehr auf der Straße befände, ergriff sie leidenschaftlich die Hände der guten Frau und rief angstvoll: »Sie jagen mich nicht wieder auf die Straße? Nicht wahr? Sie sind barmherzig – ich darf hier bleiben?«
»Da muß man aber doch erst fragen ...«
»Das überlasse nur mir,« rief die Frau und wandte sich zu Ulli. »Sie sind wohl ganz fremd in Wien?«
»Ja natürlich; ich bin erst um sieben Uhr angekommen.«
»Nun scheint's mir richtig, endlich einmal zu fragen ...«
»Werden wohl halt nicht die Wohnung gefunden haben?« fiel die Frau ein.
»O ja, die fand ich; aber ...« Und wieder erfaßte Ulli ängstlich die Hand der Frau: »Sie werden mich die Nacht hier behalten? Sagen Sie ja. Ich würde auf der Straße vor Angst sterben.«
»Da möchte man nur fragen, weshalb ...«
»Als ob man sich das nicht denken könnte! – Sein's doch ohne Sorgen; freilich werde ich Sie die Nacht hier behalten. – Die Herrschaften waren am Ende verreist? he!« Und während die Frau redete, streichelte sie die bebende Hand des Mädchens.
»Gestorben,« fiüsterte Ulli und schloß schaudernd wieder die Augen.
»Jesus,« schrie die Frau, »gleich alle zusammen?«
»Da muß man aber wirklich fragen, woran ...«
»Es war nur mein Onkel, der gestorben ist,« berichtete jetzt Ulli, »und seine Leute waren alle zum Begräbnis – die alte Frau ließ mich aber nicht ein, weil sie mich nicht kannte – und da kamen Betrunkene – ich wollte nur bis in die nächste Gasse laufen, weil ich mich fürchtete – aber ich verlor den Weg – und irrte umher – und konnte ihn nicht wiederfinden – und endlich da kamen sehr böse Männer – sie wollten mir den Koffer nehmen – da lief ich – und lief – und stürzte – ich weiß selbst nicht mehr, wie ich hierhergekommen.«
»Da möchte man wenigstens doch nach dem Koffer fragen.«
»Nun schaun's, hab' mir's doch gleich gedacht. – Hunger haben's geWiß einen gar mächtigen – wenn man so viele Stunden umherläuft – nun warten Sie, ich hole geschwind einen Imbiß herbei und auch ein Glas Milch – und nun sein Sie nur ohne alle Sorgen; wir behalten Sie bei uns.«
Den Mann, der noch immer neue Fragen auf dem Herzen hatte, schob die Frau endlich in die Schlafkammer, aus der sich denn auch nach kurzer Zeit ein kräftiges Schnarchen vernehmen ließ.
Jetzt legte die Frau vorsorglich dem erschöpften Mädchen ein Kopfkissen unter den Kopf und deckte es mit einem dicken Tuche zu.
Überwältigt von Müdigkeit vermochte Ulli nur wenige Bissen zu sich zu nehmen und schlief ein.
* * *
Das Kellergemach, in das Ulli sich geflüchtet hatte, war halb Wohnstube, halb Geschäftslokal. Von allen Dingen, die ein Haushalt zum täglichen Bedarf nötig hat, konnte man hier kleine und kleinste Quantitäten kaufen; da gab es Weißbrot, Milch und gemahlenen Kaffee für das Frühstück; frische und trockene Gemüse, Eier und Butter, Schinken und Wurst, Mehl und Gewürz; aber auch Lichter, Seife und Petroleum; ja selbst ein Gläschen Schnaps war da zu finden.
Der Inhaber eines solchen Geschäfts wird in Wien Greisler genannt; die Kundschaft besteht aus den Bewohnern der umliegenden Häuser, und da sich in Wiener Wohnungen selten Platz für eine Vorratskammer findet, so stehen sich diese Art Krämer, obwohl sie das Geld meist kreuzerweis einnehmen, doch recht gut.
Der Milchmann und der Semmeljunge kamen schon früh am Morgen und schielten neugierig nach der schlafenden Ulli.
»Meines Mannes Bruderskind,« erklärte die Frau resolut, um jede zudringliche Frage abzuschneiden; denn sie hatte das Herz auf dem rechten Flecke. Auch wurde durch das verlassene Mädchen eine Saite ihres Herzens wieder angeschlagen, die, wenn auch zerrissen, doch noch nicht verstummt war.
Vor einem Jahre hatte sie ihr einziges Töchterchen verloren, und obwohl es Ulli nicht geglichen, wurde doch durch die Hilflosigkeit des fremden Mädchens das mütterliche Gefühl wieder lebhaft in ihr erweckt. Es kam ihr vor, als erweise sie ihrem Engel im Himmel etwas Liebes, wenn sie sich dieses verlassenen Kindes freundlich annähme.
Aus dem schweren traumlosen Schlafe schreckte Ulli auf; mit furchtbarer Klarheit stand ihre hilflose Lage vor ihren Augen. Es war ihr, als trenne sie eine breite Kluft von der Pension in Zürich; als wäre sie auf einmal um Jahre älter geworden. Silvias Tod, ihre Flucht, ihre Träume von Glück an des Onkels Seite, alles lag zurück in weiter Ferne. Der Schlag, den sie durch des Onkels Tod erfahren, hatte sie ganz verändert, und alles Kindische in ihrem Wesen schien abgestreift; aber freilich hatte sie durch diese harte Erfahrung nicht mit einem Schlage Menschen- und Weltkenntnisse erworben; und so waren ihre Gedanken ein Gemisch von scharfem Überlegen und Kindereinfalt, und ihre Entschlüsse waren wohl die eines sich kraftvoll entwickelnden Charakters, aber nicht die eines besonnenen Menschen, der die Verhältnisse klar und ruhig abwägt.
Ihre Armut erkannte sie zuerst daran, daß sie Liseli die versprochenen hundert Franken schuldig bleiben, und daß sie mit den noch übrigen drei Franken die Greislersfrau bezahlen müsse. Und dann? Zum erstenmal in ihrem Leben schaute sie der Armut in die Augen, die sie wie ein Gespenst angrinste. Bis zu dieser Stunde hatte sie gar keine Vorstellung vom Gelde, was die Jammerspechte wohl erkannten. Gestern vor dem Hotel hatte sie zum erstenmal gemerkt, daß Geld in diesem Leben sehr wichtig sei. Nun begriff sie, daß der Tod des Onkels nicht nur alle Träume von Glück zerstört, sondern daß er sie auch aller Hilfsmittel beraubt habe.
Von ihrer Tante wollte sie's nicht annehmen, daß diese die Pension für sie bezahlte; die Stunde, in der sie erkannte, daß sie für die Holders eine Last gewesen, stand lebendig vor ihrer Seele. Sie konnte den scharfen Schmerz jetzt noch nachempfinden.
Andreas war arm und mußte Schloß Wolfshagen schon verlassen haben; sie wußte nicht einmal, wo er sich aufhielt. Auch ihm war mit dem Freiherrn von Gültling der Wohlthäter gestorben.
Sie barg den Kopf in den Händen; ein Gefühl grenzenloser Verlassenheit hatte sich ihrer bemächtigt.
Frau von Aschmann, wie die Greislerin in Wien tituliert wurde, wo man selbst der Straßenkehrerin das Wörtchen »von« nicht versagen darf, war zwar nicht minder neugierig als ihr Mann; aber sie besaß natürliches Zartgefühl. Daß das Mädchen, das im wahren Sinne des Wortes in ihren Keller hereingefallen war, von guter Familie wäre, das zeigte das vornehme Aussehen und Wesen; auch hatte sie auf dem Taschentuche eine Baronetkrone entdeckt, aber sie wollte nicht mit zudringlichen Fragen belästigen.
Zudem fand sich in den Morgenstunden die Kundschaft am zahlreichsten ein; und ihrem Manne konnte sie diese nicht überlassen, da er auswärts seinen Geschäften nachging. Als sie aber Ulli so gar betrübt in dem Stübchen neben dem Laden sitzen sah, konnte sie sich nicht länger zurückhalten zu fragen und Ulli bekannte auch ganz offen ihre Lage, nur den Namen verweigerte sie zu nennen. War es ein instinktives Empfinden oder Ueberlegung – sie hätte das selbst nicht sagen können.
»Na,« meinte die Frau, »so wird's das Gescheiteste sein, daß wir an die gnä' Tante telegraphieren.«
Ulli schüttelte energisch den Kopf. »Meine Tante ist in Madeira; ich habe gar nicht soviel Geld, um ein Telegramm zu bezahlen.«
Die gutmütige Frau aber sagte: »Da könnte man ja wohl dem gnä' Fräulein aushelfen.«
»Ich borge nicht,« erklärte Ulli sehr bestimmt.
»Aber, gnä' Fräulein, wenn's der Tante schreiben wollen, dauert's halt viel länger, bis Sie Geld bekommen.«
»Ich will meiner Tante nicht mehr zur Last fallen.« Ulli faßte diesen kühnen Entschluß indem sie ihn aussprach; aber es war ihr, als habe sie ihn schon längst gefaßt, und sehr entschlossen setzte sie hinzu: »Ich will mir selbst mein Brot verdienen.«
Die Greislerin machte große Augen; sollte sie sich in der jungen Dame am Ende getäuscht haben?«
»Wollen gnä' Fräulein vielleicht zum Theater gehen?« fragte sie.
Ulli sah sie aber mit einem so naiven Erstaunen an, daß die Frau gleich merkte, sie habe es mit einem ganz unerfahrenen Kinde zu thun.
»Nichts für ungut,« beeilte sie sich gleich hinzuzufügen, »aber ich kenne mich halt mit dem gnä' Fräulein noch nicht aus. Vielleicht daß gnä' Fräulein als Gouvernante eine Stellung zu nehmen denken, aber sehen, gnä' Fräulein, bis man ein feines Haus gefunden hat, müssen gnä' Fräulein auch leben.«
Ulli war sehr rot geworden. Wie konnte sie bei ihrer Unwissenheit nur daran denken, andre zu unterrichten. »Soweit bin ich noch nicht,« meinte sie ganz kleinlaut. »Ich kann nicht unterrichten.«
»Schaun's, ich denk' halt so 'n bissel Französisch werden 's gnä' Fräulein wohl parlieren können; dann gehen's als Bonne zu kleinern Kindern.«
Ullis Verlegenheit stieg. Sie konnte weder in französischer, noch englischer Sprache schwatzen – ja sie getraute sich nicht einmal, deutsch mit kleinen Kindern verkehren zu können.
Die Greislerin mußte nach Ullis Versicherung, daß sie im Französischen nicht weit genug wäre, um eine Unterhaltung zu führen – abermals einen mißtrauischen Gedanken unterdrücken; doch fiel ihr noch ein dritter Ausweg ein. »Die vornehmen Damen sind in feinen Handarbeiten des öftern sehr geschickt. Schaun's, gnä' Fräulein, es wird sich schon ein Geschäft finden, dahinein Sie arbeiten können.«
Es ist nicht leicht zu bekennen, daß man noch nicht gelernt ein Schnupftuch tadellos zu säumen und einen Strumpf korrekt zu stricken, geschweige irgend eine feine Stickerei anzufertigen.
»Maria und Joseph!« rief die Frau und schlug die Hände zusammen. »Was soll denn aus Ihnen werden? Da thäten aber gnä' Fräulein klüger, die gnä' Tante um Verzeihung zu bitten; denn hier wird's mit dem Fortkommen schwierig sein, wenn gnä' Fräulein ehrlich bleiben wollen.«
»Ehrlich?« schrie Ulli und starrte die Frau mit erschreckten Augen an. »Großer Gott, trauen Sie mir denn zu, daß ich stehlen könnte? Tausendmal will ich doch lieber verhungern als eine Diebin werden.«
»Na, so schlimm habe ich's ja nicht gemeint,« tröstete die Frau. »Es ist nur schlimm, wenn man ein Kind nichts lernen läßt und füllt ihm den Kopf mit Hochmut an.«
»Es ist niemandes Schuld, daß ich unwissend bin. Meine Schuld ist's auch nicht; hätte mein Onkel nur etwas länger gelebt, würde ich ein gescheites Mädchen geworden sein, und dann wäre ich nicht so schlimm daran gewesen.«
Hier rief die Klingel Frau Aschmann hinter den Ladentisch.
Eine Dame, deren ziemlich elegante Toilette durch Gebrauch und Vernachlässigung schmutzig und schäbig geworden, war mit einem kleinen Mädchen an der Hand eingetreten.
»Was verschafft mir denn die Ehre, Frau von Schellhas?« rief die Greislerin. »Haben denn die gnä' Frau schon wieder mit den Dienstboten ein Malheur gehabt, daß Sie selbst die Einkäufe besorgen müssen?«
»Domestiken sein schlecht, sein alle sehr schlecht,« erwiderte die Dame mit einem slavischen Accent. »Habe geschickt meine Köchin gestern fort – lauft meine Kindsmagd heute nach. Ich muß versorgen Wirtschaft ganz allein. Wenn mein Vater gewußt, daß mich mein Mann dazu gebracht nach Wien! Für ein Fräulein ziemt sich nicht Feuer machen und kochen an Herd. Kommen mir auch die Kinder immer in Weg. Wenn ich schlage, machen sie schrecklich Geschrei und Mann wird böse. Schlage ich nicht, kann ich nicht erwehren Ungezogenheiten.«
»Schaun's, gnä' Frau, ich mein halt, daß ich kann aus der Not helfen,« rief die Greislerin, der plötzlich ein Gedanke durch den Kopf gefahren war. »Ist doch meinem Manne seines Bruders Tochter gerade gekommen, um sich in Wien eine Stelle zu suchen. Ich kann gnä' Frau das Mädel freilich nicht mit gutem Gewissen empfehlen, denn ich kenne mich noch nicht aus mit ihr, aber aus respektabler Familie, und wissen's, gnä' Frau, ehrlich und anständig – danach muß man heutigen Tages zu allermeist fragen, denn wie ich sag', gnä' Frau, nach einem anständigen Dienstboten kann man den ganzen Tag ausschauen und kriegt ihn doch nicht zu Gesicht.«
»Schicken Sie Nichte, Frau von Aschmann – schicken Sie. Wir ziehen auf Land morgen – ist Wohnung lange schon gemietet – muß ich engagieren vorher noch Dienstboten.«
Die gute Frau Aschmann sah sehr vergnügt aus, als sie wieder zu Ulli in die Kammer hineinging.
»Schaun's, man soll nicht verzweifeln,« sagte sie. »Der gute Gott schickt allemal einen Ausweg; habe mir freilich die Freiheit genommen, gnä' Fräulein für meine Nichte auszugeben; gerade nämlich ist die Frau von Schellhas hinaus, die eine Kindsmagd sucht, und da hab' ich ihr halt gesagt, daß ich eine Nichte hätte, die sich für so einen Platz akkurat schicken würde.«
Ulli nahm diese frohe Nachricht freilich ganz anders auf, als die gute Frau erwartet hatte. Sie zog die Augenbrauen finster zusammen und wurde über und über rot vor grenzenloser Scham.
»Ich suchte eine Stelle als Kindermädchen?« rief sie. »Wie können Sie nur wagen, mich bei fremden Leuten als Kindermädchen anzubieten? Mein Vater würde sich ja noch im Sarge umdrehen, wenn er wüßte, daß mir eine solche Schmach angethan worden sei.«
»Na, ereifern Sie sich nur nicht allzusehr, gnä' Fräulein. Mir soll's schon recht sein, wenn Sie einen andern Ausweg wissen. Ich meinte halt nur, für den Augenblick wär's 'was gewesen, bis sich das gnä' Fräulein besonnen und an die Frau Tante einen Brief geschrieben hätte.«
»Da kennen Sie meine Tante schlecht. Wenn sie erfährt, daß ich mich als Dienstmädchen vermietet habe, so wird sie thun, als hätte ich ihrer Familie die größte Schande bereitet; sie ließe mich nie mehr in ihr Haus.«
»Na, so wollte ich doch zehnmal lieber die Tochter von einem Holzhacker sein, als die Tochter von einem so großen Herrn, daß ich verhungern müßte, weil's eine Schande für mich wäre, zu arbeiten.«
»Ich habe doch nicht gesagt, daß ich mich schäme zu arbeiten,« entgegnete Ulli und warf den Kopf hochmütig empor. »Aber ich will nicht – nein, ich kann mich nicht als Dienstbote vermieten. – Ich will nicht die Hände in den Schoß legen, das will ich wahrhaftig nicht; aber es muß doch noch andre Arbeiten geben, mit denen man sein Brot verdienen kann.«
Hier unterbrach sie Frau Aschmann und sagte ein bißchen spöttisch: »Gnä' Fräulein werden doch nicht wollen Garten- oder Feldarbeit verrichten? Oder gar wie die Böhminnen Ziegelsteine bei den Bauten schleppen? Meine, daß diese Art Geschäfte nicht passend für die feinen Händchen der gnä' Baronesse sein würde.«
Dieser Ton traf das arme Kind hart, denn Ulli fühlte, daß er nicht unverdient war. Das Elend ihrer Lage überkam sie mit einmal, sie preßte die Hände vor das Gesicht, aber zwischen den vorgehaltenen Fingern rieselten die bittern Thränen hindurch.
Der Zorn der gutmütigen Frau war verraucht und grenzenloses Mitleid an seine Stelle getreten.
»Jesus, so bös hab' ich's ja nicht gemeint. Nehmen Sie sich's nur nicht zu sehr zu Herzen, gnä' Fräulein.«