Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Beide Fräulein von Holder schienen wirklich vollkommen gut erzogene junge Damen. Hatten sie wohl jemals mit ihrem Bruder getrotzt oder gar ihm Rache geschworen? Selbst Neckereien waren nur vorgekommen, solange man mit Puppen spielte, und Sticheleien gar – die waren unerhört. Mit allen Gouvernanten bis auf Miß Kirk, die letzte der Reihe, standen sie in höflichem Einvernehmen. Madame Bontemps hatte so wenig wie einer der Dienstboten eine Ursache zur Beschwerde gefunden; die Fräulein waren stets artig und zurückhaltend.
Wie außerordentlich wohlerzogen zeigten sie sich aber erst gegenüber den Eltern. Nie sprachen sie eine Meinung aus, die von ihrer Mama nicht geteilt worden wäre, und nie einen Wunsch, den diese nicht gebilligt hätte.
Um keinen Preis hätten die jungen Mädchen ein Buch in die Hand genommen, das Mama nicht ausgesucht und geprüft hatte; dann aber fanden sie es stets nach ihrem Geschmack. Sie waren auch viel zu tugendhaft, jemals vorzublättern, oder den Schluß anzusehen, oder gar die guten Lehren zu überschlagen.
Jeder Stunde des Tages war eine bestimmte Beschäftigung zugeteilt, und weder Leonie noch Gabriele hatten sich jemals geweigert, die vorgeschriebenen Arbeiten zu der vorgeschriebenen Zeit auszuführen. Sie spielten eine Stunde Klavier, sie lasen eine Stunde deutsch, eine Stunde englisch, eine Stunde französisch; sie zeichneten eine Stunde und gingen eine Stunde spazieren, und so fort den ganzen lieben Tag. Kein Buch, kein Musikstück, keine Zeichnung aber hatte jemals den Wunsch in ihnen erweckt, sich länger als eine Stunde damit zu beschäftigen.
Auf Handarbeiten wurde selbstverständlich auch einige Zeit verwendet; es waren immer dieselben feinen Stickereien, die nie benützt werden, und die nur den einen Zweck zu haben scheinen, die Hände nicht müßig im Schoß ruhen zu lassen.
In der Tanzstunde machten sie ihre Pas ganz so, wie Mademoiselle Petit es wünschte, mit Anstand ohne Grazie, nicht zu schnell und nicht zu langsam, nicht phlegmatisch und doch auch nicht leidenschaftlich. Frau von Holder hatte die Genugthuung, von allen Seiten Lob über ihre gut erzogenen Töchter einzuernten.
Ging man an einem Sonntag in die englische Kirche, so beteten die jungen Damen ihr Vaterunser englisch; in der reformierten Kirche aber, in der abwechselnd französisch und deutsch gepredigt wurde, beteten sie auch französisch oder deutsch.
Nur während der Messe in der katholischen Kirche beteten sie gar nicht, denn diese Kirche besuchten sie ausschließlich der schönen Musik wegen. Sie nahmen deshalb auch nicht erst Platz, sondern standen wie ein großer Teil des Publikums zwischen den Pfeilern, von denen aus sie das Orgelchor sehen konnten. Sobald nach dem Agnus Dei der Kapellmeister da oben seine Verbeugung machte, entfernten sie sich durch dieselbe Thür, durch die sie eingetreten waren; denn in der katholischen Kirche in Dresden durften sich die Frauen früher nur auf der linken Seite, die Männer auf der rechten aufhalten; ein Kirchendiener im goldgestickten prächtigen Rock, einen mächtigen Stab mit silbernem Knopfe in der Hand, wies unerbittlich die Irrenden zurecht.
Da man unter den Komödien und Opern sehr strenge Auswahl traf, wurden die jungen Damen selten mit ins Theater genommen, obgleich es für sie ein großes Vergnügen war; doch ein Urteil wagten sie niemals auszusprechen, sondern warteten bescheiden, bis Papa oder Mama gesprochen hatten, um dann in Lob oder Tadel einzustimmen. Ebenso rücksichtsvoll benahmen sie sich in Konzerten. Wenn sie eine Musikaufführung loben hörten, sagten sie gleichfalls: »Ach wie schön,« oder » very beautiful«. Ein entschiedenes Mißfallen würden sie unpassend und Begeisterung vulgär gefunden haben; es war nicht » lady-like«, feine Empfindungen lebhaft auszusprechen oder gar mit den Händen Beifall zu klatschen.
Bewegung im Freien hielt Frau von Holder für notwendig, doch nur bei schönem Wetter; sowie ein scharfer Wind wehte, oder geschmolzener Schnee die Wege verdarb, oder gar Regen drohte, wurde im festgeschlossenen Wagen spazieren gefahren. Weder Leonie noch Gabriele hatten sich jemals gegen diese Einrichtung aufgelehnt; als aber Ulli zum erstenmal in einem geschlossenen Wagen fahren sollte, war's mit ihr nicht auszuhalten. Das erste, was sie unternahm, war, daß sie ein Fenster öffnete und den Kopf hinausstreckte.
Leonie, die mit Gabriele im Fond saß, berührte der Bonne Hand. »Madame,« sagte sie französisch, »bitte, schließen Sie das Fenster; es regnet herein.«
Als das Fenster vor Ullis Nase in die Höhe fuhr, sah sie erst sehr niedergeschlagen aus; im nächsten Augenblicke öffnete sie die Thür und wollte aus dem rollenden Wagen hinausspringen. Gabriele hielt sie am Arm und die Bonne am Schlawittchen zurück.
» Mais, ma chère, avez-vous perdu la tête?« schrie die Bonne in der Aufregung, Ulli in ihrer Sprache anredend.
Der Wagen hielt und der Bediente erschien, um zu fragen, was die gnädigen Fräulein wünschten.
»Ich will aussteigen,« erklärte Ulli bestimmt.
»Bei diesem Wetter, Ulrike!« sagte Leonie, und Gabriele setzte hinzu: »Das würde Mama gar nicht erlauben. – Johann soll zufahren.«
»Nein, nein,« schrie Ulli, »ich will hinaus; ich muß hinaus; ich bin gewohnt, im Walde herumzulaufen; ich kann nicht immer in der Stube hocken.« Und indem sie ihren Hut der Bonne in den Schoß warf – weil sie meinte, daß ihm der Regen schaden würde, sprang sie wirklich hinunter. Die Bonne wollte ihr nach, man konnte das Kind doch nicht allein gehen lassen; aber Leonie hielt sie zurück und gebot dem Diener in etwas pikiertem Tone, ihr zu folgen.
Erst nach drei Stunden kehrte Ulli – vollständig durchnäßt, aber mit glänzenden Augen und hochroten Wangen zurück; der weite Spaziergang hatte ihr gut gethan; sie fühlte sich wie neugeboren; mit dem Diener hatte sie sich natürlich nicht unterhalten, wie mit der Jungfer; aber wenn er einige Male wagte, an den Heimweg zu erinnern, hatte sie ihn ausgelacht. Über breite Pfützen war sie mit einem Sprung gesetzt und immer nur vorwärts in den Wald gestürzt; hätte der Bediente sie nicht geniert, würde sie laut gejauchzt und gesungen haben. Sie fühlte sich so wohl, so glücklich; sie mußte die Tante umarmen, als sie nach Hause kam; aber weshalb sie von dieser mit einer Strafpredigt überrascht wurde, konnte sie nicht verstehen. Zum erstenmal zeigte sie eine trotzige Miene und zog brummend in ihre Stube ab. Miß Kirk aber, die es am besten verstand, die »Wilde« zu behandeln, brachte Ulli so weit zur Vernunft, daß sie nicht nur beim Abendbrot erschien, sondern auch die Tante um Verzeihung bat.
Eduard wollte sich totlachen, als seine Schwestern von dieser Spazierfahrt erzählten. Herr von Holder empfand etwas wie Neid. »Sie hat überschüssige Kraft,« sagte er und sein Blick ruhte mit zärtlicher Sorge auf seinen kleinen Mädchen.
Diese spürten durchaus keine Lust, wieder mit Ulli spazieren zu fahren; aber sie fanden die Cousine auch bei den Spaziergängen sehr lästig. Erstens inkommodierte sie durch fortwährendes Fragen; bei allem, was ihr auffiel, blieb sie stehen, ja sie war sogar im stande, sich umzudrehen und einer Person nachzuschauen.
Das Schrecklichste sollte aber noch kommen. Es trat scharfer Frost ein und die Eisbahn wurde eröffnet. Schlittschuhlaufen ist eine der gesündesten Bewegungen, die glücklicherweise Mode geworden ist; darum hatten es auch die Fräulein von Holder erlernt.
Es war zu der Stunde, in der sich die vornehme Welt auf dem Teiche im großen Garten einfand; die vier jungen Mädchen stiegen aus der Equipage, der Diener mit den Schlittschuhen folgte. Leonie und Gabriele in kurzen, pelzbesetzten Jäckchen, Pelzmützchen auf dem blonden Haare sahen wirklich allerliebst aus. Miß Kirk spielte eigentlich Anstandsdame; aber sie war selbst eine vorzügliche Läuferin und konnte der Versuchung nicht widerstehen. Auch war ja Eduard zum Schutze da; er empfing sie schon mit glänzenden Volten, in denen er sich ihnen näherte, während der Diener die Schuhe anschnallte. Es waren lauter gute Bekannte da; die jungen Damen wurden sogleich engagiert und die drei Paare sausten vergnügt auf der spiegelglatten Fläche dahin.
Ulli sah ihnen sehnsüchtig nach; sie würde gern auch einen Versuch gemacht haben, aber niemand hatte von ihr Notiz genommen; Herr von Reiffenstein hatte sie nur unter seinem Binocle höhnisch lächelnd gegrüßt, als er mit Gabriele an ihr vorüberfuhr, und Eduard rief ihr etwas zu, das sie nicht verstanden hatte. Überall hörte sie, wie sich die Leute grüßten und im Fluge ein paar Worte miteinander tauschten. Es war auch ein hübscher Anblick, die dahingleitenden Paare zu sehen, und doch hatte sie sich im einsamen Walde nie so einsam gefühlt als hier, unter den vielen Menschen.
Es kam ganz wie von selbst, daß sie ein Stückchen zuschelte, und da es gut gelang, nahm sie einen kleinen Anlauf und darüber vergaß sie die Gesellschaft, lief ein Stück und zuschelte dann mit bemerkenswerter Gewandtheit eine ganze Strecke hinab.
»Eduard,« rief Leonie, »sieh doch, was Ulrike thut; sie zuschelt wie ein Junge, und da stehen schon Leute und lachen sie aus. Ach, das schreckliche Mädchen!«
»Geschieht uns ganz recht,« philosophierte Eduard, »warum überlassen wir sie sich selber.«
In schnellem Laufe eilte er nun mit seiner Schwester auf Ulli zu. Schon von weitem rief sie ihnen entgegen: »Sieh einmal, wie gut ich's kann.« Und dahin flog sie mit kindlichem Lachen.
»Ulli,« sagte Eduard, »ich komme eben, um dich einmal im Schlitten zu fahren, und morgen lehre ich dich Schlittschuhlaufen; aber das Zuscheln überlassen wir lieber den Gassenjungen.«
Tiefbeschämt stand Ulli da. »Da habe ich wohl wieder eine Dummheit gemacht?« fragte sie kleinlaut; aber dann vergaß sie alle Bedenken in dem Vergnügen, in einem Stuhle wie im Fluge über das Eis zu gleiten.
Miß Kirk hatte sich auf dem Eise eine Erkältung geholt und war an das Zimmer gefesselt; das war peinlich, da gerade an diesem Nachmittage das englische Kränzchen stattfinden sollte. Die jungen Damen bedauerten zwar Miß Kirks Unwohlsein, schienen aber nicht sehr betrübt. War kein englischer Mentor da, so konnte man die Gelegenheit benützen, einmal deutsch zu schwatzen.
Leonie und Gabriele wurden noch nicht auf Bälle geführt, interessierten sich aber lebhaft für Gesellschaften, Toiletten und Verlobungen. Adelheid von Werner, deren Schwester für eine gefeierte Ballschönheit galt, war unter ihren Freundinnen deshalb die interessanteste. Sie konnte genau berichten, wie jede Dame auf jedem Balle gekleidet gewesen – mit strenger Kritik ihres Geschmacks; sie wußte ganz genau, wie oft an einem Abend Herr v. X. mit Fräulein v. Z. getanzt; sie kannte die Zahl der Bouquets, die die junge Gräfin Y. erhalten, deren Zahl zwar groß war, aber lange nicht die Zahl der ihrer Schwester gespendeten Bouquets erreichte, und schließlich prophezeite sie im Vertrauen, von welchen Herren und Damen man am Schlusse der Saison eine Verlobung erwartete.
Leonie und Gabriele strahlten; ihre Wangen färbten sich höher; sie kannten kein größeres Vergnügen als ein solches Plauderstündchen.
An diesem Nachmittage aber wurde ihr Vergnügen durch Ullis Gegenwart beeinträchtigt. Die Mama hatte ihnen den unwillkommenen Gast gewissermaßen aufgehangen, und sie fügten sich ohne Widerspruch, jeder Kommenden aber flüsterten sie zu: »Um Ulrike brauchen wir uns nicht zu kümmern; sie ist nur Staffage.«
Die jungen Damen richteten sich nach dieser Weisung. Ulli hätte nicht weniger beachtet werden können, wäre sie ein Porzellanchinese auf dem Kaminsims gewesen.
Von dem, was geredet wurde, verstand sie wenig Worte und keinen Zusammenhang; es ging hinüber, herüber, leise Andeutungen, ein bedeutungsvolles Lächeln, einige Fremdwörter dazwischen und unbekannte Namen.
Erst hatte Ulli zu folgen versucht; dann gab sie es auf und fing an, sich fürchterlich zu langweilen, je besser sich die andern amüsierten.
Zum Unglück hatte sie zufällig an diesem Morgen in einer Zeitung den Namen der Königin von England gelesen, und als nun Adelheid von Werner erzählte: »Also der Bursche vergaß das Fenster des Treibhauses zu schließen, und in der Nacht kam der scharfe Frost, so daß die arme Victoria regia sehr gelitten hat« – glaubte Ulli endlich einmal eine Frage anbringen zu können, und sagte: »Wohnt denn die Königin von England in einem Treibhause?«
Alle guckten sich an; Leonie und Gabriele wurden rot. »Es ist besser, Ulrike, daß du dich nicht in die Unterhaltung mengst, wenn du nicht verstehst, wovon geredet wird.«
Auch Ulli errötete; aber sie wollte nicht für ganz unwissend gehalten werden. »Ich weiß, daß die Königin von England Viktoria heißt, aber daß sie in einem Treibhause wohnt, das wußte ich noch nicht.«
Jetzt war es selbst den wohlerzogenen Damen unmöglich, ernst zu bleiben.
»Das hast du vom Reden,« versetzte Gabriele, und Leonie fügte hinzu: »Die Victoria regia ist eine Wasserpflanze, die im königlichen Treibhause gehalten wird.«
Nachdem es ihr passiert war, eine Wasserpflanze mit der Königin von England zu verwechseln, gelobte sich Ulli, nicht mehr den Mund aufzumachen. Leider blieb sie dem guten Vorsatze nicht treu.
Adelheid von Werner berichtete von einer Familie, die ihr Vermögen verloren hätte, aber den Schein noch aufrecht erhalten wollte; nun suchten die erwachsenen Töchter, sich noch immer zu putzen, aber die jüngsten sähen aus wie Bettelkinder; sie hätten nichts mehr, als ein zu kurzes, zerrissenes und beflecktes Kleid anzuziehen.
Hier war kein Mißverständnis möglich; das waren die ersten Worte, die Ulli vollständig begriffen hatte, und deshalb bildete sie sich ein, sie habe auch das Recht, ihre Weisheit leuchten zu lassen.
»Ich hatte keine Schwestern, die sich putzten; aber solche zerrissene, schmutzige Kleider habe ich immer getragen, denn mein Papa war auch ganz arm.«
Der Schreck der Cousinen war unbeschreiblich; ohne daß sie es ahnten, wurden sie von Ulli vor ihren Freundinnen der Unwahrheit geziehen. Sie hatten erzählt, wie es ihnen erzählt worden war, ihr Onkel, der letzte Baron de Watteville, wäre auf seinem Stammsitze, der schon seit Jahrhunderten in den Händen der Familie wäre, gestorben und ihre Cousine würde in ihr Haus kommen. Das war keine Unwahrheit, und doch mußte man sich von den Verhältnissen, unter denen die junge Baroneß de Watteville aufgewachsen war, eine andre Vorstellung machen, als Ulli jetzt so harmlos ausplauderte. Vergeblich warfen ihr die Cousinen Blicke zu. Ulli war auf Blicke nicht dressiert. Adelheid von Werner aber liebte solche kleine Skandalgeschichten; sie ließ Ulli gar keine Zeit, sich auf das Verbot der Tante zu besinnen; mit großer Geschicklichkeit, teilnehmend, bald mitleidig, bald erstaunt, wußte sie aus dem unerfahrenen Kinde alles herauszulocken. Ulli war im Zuge; was sie erlebt hatte, stand lebendig vor ihrer Seele, und sie schien die Gabe zu besitzen, dieses Bild auch in der Seele ihrer Zuhörer zu erwecken; da stiegen die öden, zerbröckelten Mauern des feudalen Schlosses vor den Augen der horchenden Mädchen auf. Andreas und Susanne, die Streiche, die Ulli dem armen Schulmeister gespielt, wurden belacht und Ulli auf ihre heimlichen Waldplätzchen begleitet. Und durch diesen, oft sehr komischen Bericht kam ab und zu ein Wort, eine Bemerkung, die die Entbehrung dieses ärmlichen Lebens charakterisierte.
So war Ulli zum Mittelpunkte des Kreises geworden. Auf einmal stockte sie; wurde rot, dann ganz bleich, sah nach der Thür und – schwieg.
»Was ist Ihnen?« fragte Adelheid. »Warum erzählen Sie nicht weiter?«
Ulli schüttelte nun den Kopf, biß die Zähne zusammen und sah ungeheuer bekümmert aus.
»Weißt du, was deiner Cousine fehlt, Leonie?« fragte Adelheid ganz unschuldig, obwohl sie Ullis Betrübnis durchschaute. Ulli kam Leonies Erklärung zuvor.
»Ich war unfolgsam,« sagte sie, »die Tante hat mir verboten, von unsrer Armut zu erzählen; Armut ist eine Schande. Und jetzt wird sie mich nach Wolfshagen zurückschicken ...« Ulli sah aus, als wollte sie in Thränen ausbrechen.
Adelheid aber beschwichtigte ihren Kummer; ihre Cousinen würden sie nicht verraten, sagte sie; von ihnen aber würde keine diese Geschichte weiter erzählen. Natürlich meinte Adelheid damit, daß sie sich verpflichte, Ullis Armut nicht auf der Straße auszuschreien; denn sie hatte sich schon vorgenommen, ihre Familie mit Ullis Jugenderlebnissen einen ganzen Abend zu amüsieren. Adelheid war ebenfalls eine vortreffliche Erzählerin.
Ulli traute ihr vollkommen; mehr Furcht hatte sie vor ihren Cousinen; aber Leonie wie Gabriele wußten, daß ihre Mama geschont werden müsse, und daß Ullis falsche Aufrichtigkeit diese sehr aufregen würde. Aus dieser Ursache schwiegen sie wirklich.