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In den weiteren Kreisen der Beamtenschaft und des Volkes machte die Sache aber einen üblen Eindruck.
Die meisten freilich, Familienväter und auf Karriere bedachte, murrten nur inwendig und »grollten mit den Gedärmen«, indem sie den Spruch beherzigten: versiegle deinen Mund, damit er nicht ins Gras beißen muß. Aber schon bildeten sich Geheimkonventikel der Kandidaten, in denen vermessene Reden geführt wurden.
Damals war es, wo der »Bund der blühenden Talente« gegründet wurde, dessen Mitglieder ein Amulet auf der Brust mit den Zeichen trugen, die bedeuten: Der Tugend den Kranz! Dem Laster das Hanfseil! Es waren jugendliche Ideologen mit durchaus revolutionären Tendenzen. Sie verlangten, frech wie sie waren, daß die alte chinesische Sittenreinheit, die geheiligte Moral der Han-Söhne, nicht bloß vom Volke und den niederen Beamten geübt, sondern auch »oben« in Ehren gehalten werde.
Natürlich wurde dieser Geheimbund von der Polizei mit allem Nachdruck verfolgt, und man konnte, wenn man durch die Straßen der Hauptstadt ging, sicher sein, bald da, bald dort einen jungen Menschen im Bock hängen zu sehen, der eine Tafel mit der Aufschrift auf der Brust trug:
Auf zehn Tage in den Bock gehängt, wegen Teilnahme an den hochverräterischen Umtrieben der Blühenden Talente. Speit ihn an, ihr guten Bürger!
Da gab es denn loyalen Speichel genug. Aber das hielt diese verwegenen, autoritätsfeindlichen Burschen nicht ab, immer wieder in Winkelkneipen heimlich zusammenzukommen und sich bei Tee oder Reisbier gefährliche Reden zuzuflüstern.
Von ihnen gingen geflügelte Worte aus, wie: Es sollte nicht mehr heißen: Der, der unterm Himmel sitzt So heißt der Titel des Kaisers. , sondern: Der, der unterm Unterrock von Fräulein Pao sitzt.
Oder: Die Hauptschnüre des Moralnetzes, die drei Kangs, die das Sittenleben des Volkes regulieren, von wem sind sie durchschnitten? Von Seiner Majestät! Den ersten Kang, das Verhältnis zwischen dem Souverain und den Beamten, hat er gelöst, indem er alle ehrlichen Beamten von sich stieß; den zweiten Kang, das Verhältnis von Mann und Frau, hat er gelöst, indem er die gute Kaiserin Schên-hau verjagte; den dritten Kang, das Verhältnis von Vater und Sohn, hat er gelöst, indem er den rechtmäßigen Thronfolger enterbte. Wovon wird jetzt sein Sittenleben reguliert? Vom Strumpfbande der Pao!
Oder: Woraus besteht heutzutage ein vom Kaiser errichteter Ehrenbogen? Aus zwei Schandsäulen, verbunden durch eine schlecht stilisierte Lüge.
Oder: Was kann man stehend erwarten? Die nächste Schamlosigkeit in der Kaiserstadt und den Untergang der Dynastie Tschou.
Diese unverschämten Bonmots verstummten nicht eher, als bis der sehr schneidige Polizeipräfekt Mêng-thiën-wa den Spießkäfig darauf setzte. Man stellte die witzigen Jünglinge, an einen Pfahl geschnürt, in einen Käfig, bog ihnen den Kopf zurück, und steckte einen Spieß vor ihnen fest, dessen Spitze gerade bis an die Kehle des Delinquenten reichte, –: nun konnte Der zusehen, wie lange er es aushielt, den Kopf hinten zu halten. Es dauerte ja immerhin ein paar Stunden, während deren er recht fatale Grimassen schnitt, aber schließlich, er mochte es noch so angestrengt hintanhalten wollen, sank der Kopf vornüber, das Eisen fuhr in die Kehle, und nach einer Weile kam es am Hinterkopfe des naseweisen Kandidaten wieder heraus, der gar kein revolutionäres Gesicht mehr machte.
Das half. Die Blühenden Talente versiegelten gleichfalls ihren Mund.