Otto Julius Bierbaum
Das Schöne Mädchen von Pao
Otto Julius Bierbaum

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XVIII.
Der Trumpf.

Als Kaiser Yu von der großen Audienz zurückkam, froh, keine Geheimräte mehr zu sehen, sondern seine geliebte Mitregentin, fuhr er bei ihrem Anblick entsetzt zurück.

– Ja um Himmelswillen, wie siehst du denn aus? Du bist ja absolut unfrisiert! Und deine Kleider! Und das Gesicht! Was fehlt dir denn? Was ist denn passiert?!

Prinzessin Pao antwortete eine Weile lang nicht, und erst dann, als der Kaiser dadurch nur noch aufgeregter geworden war, erzählte sie unter entsetzlichem Weinen das Geschehene.

Seine Majestät geriet in äußerste Wut und rannte nach seinem Schwerte. Da er es aber wieder nicht aus der Scheide brachte, rief er: Er muß fort! Ich verbanne ihn! Setz dich, bitte, und schreib das Edikt!

Prinzessin Pao schüttelte müde den Kopf.

– Mir ist so schwach . . .

– Herrgott, du wirst doch nicht etwa . . . krank werden?

Prinzessin Pao sah ihn mit einem seltsam vergehenden Blick an.

– Maus! Maus! Was ist dir!

Prinzessin Pao erhob sich langsam, zog seinen Kopf zu sich herab und flüsterte: Noch vier Monate!

– Wa . . . as! Wa . . . as!? Oh! Oh! Nein? wirklich?

– Ja . . .

– Ah! Ah! Oh! Oh!

Seine Majestät sprang wie ein übermütiges Zicklein durchs Zimmer.

– Palastillumination! Feuerwerk! Amnestie! Oh du! Du!

Er nahm sie an sich und drückte sie, daß sie laut aufschrie.

Dann aber sagte sie langsam: Wer wird Kronprinz, wenn es ein Sohn ist?

Er, er! Natürlich er! Wie magst du fragen! Und I-tschiu wird verbannt! Sogleich! Ich selber werde das Edikt schreiben.

Und der Kaiser Yu schrieb mit großen Zinnoberzügen, kürzer und bündiger als sonst sein Stil war:

Kaiserliches Edikt.

Da der Kronprinz I-tschiu übermütig, unverschämt, prinzipienlos, frech und ungehorsam ist, verbanne ich ihn hiermit in das Land seines Großvaters und ehemaligen Erziehers Graf Schên. Besagter Graf erhält den Auftrag, ihn in strengste Zucht zu nehmen und, wenn es noch möglich ist, ihm jetzt die Eigenschaften beizubringen, die er ihm früher leider nicht beigebracht hat. Beide, Graf Schên und sein mißratener Enkel, sollen nicht eher an den Hof zurückkehren, als bis das Erziehungswerk wirklich vollendet ist.

Selbst aufgesetzt und gegeben im
Pavillon der Regentin Pao.

Yu, Kaiser.


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