Otto Julius Bierbaum
Das Schöne Mädchen von Pao
Otto Julius Bierbaum

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XVII.
Der wütende Kronprinz.

Diese Ernennung hatte nur noch gefehlt, um den Zorn des Kronprinzen zur Explosion zu bringen.

– Ha! rief er, das übersteigt denn doch alle Schranken. Dieser Person will ichs zeigen! Morgen, als am ersten Tage des neuen Monats, muß der Kaiser zur Abhaltung der großen Audienz in den Drachensaal. Da ist sie allein. Da will ich es ihr beibringen, was ich von ihr halte. Sie soll wahrhaftig nicht denken, daß der östliche Palast eingefallen ist oder sich hinter dem Juwelenpavillon versteckt!

Und nun begab sich dies:

Früh am Morgen des Audienztages, eben als der Kaiser sich von Prinzeß Pao mit unzähligen Küssen verabschiedet hatte, erschien ein Schwarm Diener des östlichen Palastes im Garten des Juwelenpavillons, machte sich mit Hacken und Spaten über die mit Porzellanvasen eingefaßten Beete her und hieb die sämtlichen kostbaren Blumen sowie ihre Einfassung um. Eine Anzahl Palastdamen des Kronprinzen stand dahinter und guckte vergnügt zu.

– Seid ihr verrückt geworden? riefen die Diener der Prinzessin Pao. Ihr wollt wohl geköpft werden, daß ihr die Blumen köpft, die Seine Majestät selber für die Kaiserin Pao hat pflanzen lassen!? Macht gleich, daß ihr weiter kommt!

– Was da! schrien die östlichen. Uns schickt der östliche Palast, und wir pfeifen auf eure »Kaiserin«. Unsere ist die rechte! Wir haben Befehl! Raus mit den Blumen! In Scherben die schäbigen Töpfe!

– So?! Euch wollen wirs zeigen!

– Nur her, wenn ihr Schneid habt!

Und nun regnete es mitten im Garten der Mitregentin von China hanebüchene Prügel, und es gab einen Kulilärm wie am Hafen beim Schiffeausladen.

– Was ist denn das?! rief die Prinzessin Pao und trat in einem reizenden Negligé, das Haar noch in zwei langen Zöpfen herabhängend und in der Hand den Schminkpinsel, unter die Tür.

– Wird sich das Gesindel gleich packen? Weg da, ihr Elenden!

Du weg da! schrie der Kronprinz, der nur auf sie gewartet hatte und nun mit drei, vier Sätzen auf sie los sprang.

Er warf ihr aus weitgeöffneten Augen einen wütenden Blick zu, trat dicht an sie heran und hielt ihr beide Fäuste unter die Nase.

– Wer bist du denn eigentlich, du hergelaufenes Weibsbild ohne Namen und Rang, daß du es wagst, dich Kaiserin nennen zu lassen und auf andere Leute herabzusehn? Kuhmagd! Kuhmagd! Wart, ich will dir zeigen, wer ich bin! Und er nahm sie bei den Zöpfen, riß sie nieder und schlug unter fortwährendem Gebrüll: Kuhmagd! Kuhmagd! auf sie los.

Aber kaum hatte er mit diesem Geschäfte begonnen, da warfen sich seine sämtlichen Damen bäuchlings nieder, mitten in die zerstampften Beete, tunkten ihre schön frisierten Köpfe in das Erdreich und schrien laut auf: Prinz, oh Prinz! Sei gnädig, Prinz! Prinz, mäßige deinen Zorn! Denk an den Kaiser! An den Kaiser!

Der Kronprinz dachte an den Kaiser, schrie zwar noch ein paar Mal Kuhmagd! ließ aber das Prügeln sein.

Prinzessin Pao, die nun wirklich wie ein Purpurkelch aussah, so rot war sie vor Zorn, sprang auf, fuhr dem Kronprinzen mit dem Schminkpinsel ins Gesicht, daß nun auch er wie ein Purpurkelch aussah, drehte sich um und schrie: Lümmel! Das soll dir was kosten!

– Kuhmagd! Kuhmagd! brüllte der Kronprinz nochmals und versuchte, sich die Schminke wegzuwischen, erreichte damit aber nur, daß sie sich über das ganze Gesicht verbreitete. So, mit einem päonienroten Kopfe, rannte er, umringt von seinen ganz außer sich geratenen Damen, die die Röcke bis über die Knie hochhoben, davon, dem östlichen Palaste zu.

Prinzessin Pao aber fiel im Juwelensaal auf einen Divan nieder und schrie fürchterlich.


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