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Provisorchen hatte da einmal in der Hauptstadt des Ländchens, eine Bahnstunde weit, Arzneimittel einzukaufen, die überprüft sein wollten. Es handelte sich diesmal um flüchtige Gifte, bei denen Frische des Erzeugnisses wichtig ist. Opiate. Sogar Kurare, das der Herzog von Braganza benötigte, um die Wirkung des Giftbolzens der brasilianischen Ureinwohner zu erproben, der aus dem zwei Meter langen Blaserohr geschossen wird. Es war da eine ganz grobe Sau, die wollte der alte Fürst zur Nacht geräuschlos wie ein Geist anblasen und morgens die Fährte halten und nachsuchen, bis zum Resultat, welches etwa das winzige, dorndünne Pfeilchen geliefert.

Täglich war der Hausarzt, »der Leibarzt«, wie er sich selber mit ein wenig Spott nannte, nachfragen gekommen. Er wußte alle Steckenpferde und Liebhabereien seines hohen Herrn zu teilen und war diesem damit noch unentbehrlicher geworden denn als Arzt. Da nun Doktor Marschner, so hieß er, Tilla allein antraf, sagte er ihr geradeswegs, sie sollte die »Blaue Gans« übernehmen, als seine Frau. Als sein geliebter Lebensgefährte, den er begehre, arm und sorgenvoll wie jetzt. Denn er begehrte bloß die wunderbare Frau, das braune Mädel. So stolz, schlank, schön, still, klug und dennoch verträumt. So wie er selber sich die Eine seit jeher erträumt hätte. Eine, die ihm niemals vorgekommen bis jetzt. Bis jetzt, wo sie beide Ruhe fänden im Leben: Stille, schöne, rebenschwere Tage, verheimlichte, kußschwere – –

»Ich gehöre schon wem«, sagte Tilla leise, aber bestimmt.

»Tilla! Sie? Versprochen? Aber wer übernähme denn die Apotheke hier? Ich weiß von niemand, sosehr ich umherfragte.«

»Die wird Ihnen wohl verbleiben. Ich muß wieder wandern.«

»Aber mit wem denn? Mit wem? Doch nicht mit diesem, dem treulichen Jungen, da neben Ihnen!?«

Tilla erwiderte nicht. Da atmete er schwer.

»Also doch … Armes, armes Mädel«, sagte er dann und wandte sich zum Gehen. In der Tür drehte er sich um: »Arm? Nein; dazu sind Sie zu klug. Sie wissen, ich bin nicht der schlechtere, energielosere Mann von uns beiden. Und Sie wissen auch, daß bei mir Ihr Friede und Ihre Selbständigkeit stehen. Dieses Hauses kleine Königskrone und Ehre und Name, sie sind Ihnen dann sicher. Ich weiß, daß Sie jetzt viel nachdenken werden in diesen stürmischen Herbstnächten. Das wird Ihnen guttun. Auf Wiedersehen, Tilla.«