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Lorenz Cotter besaß ein kleines Gut in der Gegend von dem See Gur und gedieh dabei; denn er war ein guter, fleißiger Mann, der bis an seinen Tod still und ruhig darauf gelebt haben würde, wenn ihn nicht ein Unglück betroffen hätte, von dem ihr sogleich hören sollt.
Nah am Wasser gehörte ihm ein feines Stück Wiesenland, wie man es sich nicht besser wünschen kann, um dessen Ertrag er aber schmählich gebracht wurde, und niemand konnte sagen, durch wen. Ein Jahr um das andere fand es sich immer auf dieselbe Weise zugrunde gerichtet. Die Einfriedigung war im gehörigen Stand und kein Grenzstein verrückt; des Nachbars Vieh konnte keinen Schaden gestiftet haben, denn es war gekoppelt; aber wie es nun geschehen mochte, das Gras auf der Wiese wurde zu großem Verluste für Lorenz völlig verdorben.
Was in der weiten Welt soll ich nur anfangen?, sagte Lorenz Cotter zu Thomas Welch, seinem Nachbar, einem ehrsamen Mann: »das bißchen Wiese, wofür ich schwere Abgaben entrichten muß, bringt mir so viel wie nichts ein, und die Zeiten sind bitter schlecht genug; sie brauchten nicht noch schlimmer zu werden.«
»Ihr redet wahr, Lorenz,« versetzte Welch, »die Zeiten sind bitter schlecht; aber ich glaube, wenn Ihr bei Nacht wachen wolltet, Ihr könnt bald dahinter kommen; Michel und Diether, meine beiden Jungen, sollen mit euch wachen; es ist zum Erbarmen, daß ein so ehrlicher Mann, wie Ihr seid, auf so schimpfliche Weise zugrunde gehen sollte.«
Dieser Übereinkunft gemäß nahmen die folgende Nacht Lorenz Cotter und Welchs beide Söhne ihren Posten in einer Ecke der Wiese. Es war eben Vollmond, der sein Licht über den ruhigen See ergoß; kein Wölkchen war am Himmel zu sehen, kein Laut zu hören, als der Schrei der Wachteln, die sich einander über das Wasser hin zuriefen.
»Jungen, Jungen!«, sagte Lorenz, »schaut auf, schaut auf, aber ums Leben macht kein Geräusch und rührt euch keinen Schritt, bis ich das Wort sage.«
Sie schauten und sahen eine dicke fette Kuh in Begleitung von sieben milchweißen Färsen über die glatte Fläche des Sees sich nach der Wiese zu bewegen.
»Das ist nicht Tim Dwyers, des Pfeifers Kuh, die sich alles Fleisch von den Knochen getanzt hat,« flüsterte Michel zu seinem Bruder.
»Ihr Jungen,« sprach jetzt Lorenz Cotter, der die saubere Kuh mit ihren sieben weißen Färsen schönstens auf der Wiese angelangt sah, »sucht mir zwischen sie und den See zu kommen; wir wollen sie geradezu in den Pfandstall treiben, gleichviel wem sie gehören.«
Die Kuh mußte aber diese Worte vernommen haben; denn augenblicklich wendete sie sich in größter Eile zu dem Ufer des Sees und sprang hinein vor ihrer aller Augen; hinter ihr liefen die sieben Färsen; doch die Jungen gewannen ihnen den Vorsprung ab und hatten große Mühe, sie von dem See weg zu Lorenz Cotter hinzutreiben.
Lorenz trieb die sieben Färsen in den Pfandstall; es waren prächtige Tiere, und nachdem er sie daselbst drei Tage lang gehalten hatte, ohne daß sich ein Eigentümer meldete, so nahm er sie heraus und brachte sie auf eines seiner Grundstücke. Sie wuchsen und gediehen mächtig, bis in einer Nacht das Gatter offen gelassen wurde und des morgens die sieben Färsen fort waren. Lorenz konnte nichts wieder von ihnen in Erfahrung bringen, und ohne Zweifel waren sie in den See zurückgegangen. Woher sie nun kamen und welcher Welt sie zugehörten, Lorenz bekam ihretwegen kein Hälmchen Gras mehr von der Wiese. Aus Verdruß gab er sich ans Trinken, und der Trunk, sagt man, hat ihn getötet.
Fiona Macleod
Ich bin es, Manus Mac Codrum.
Ich sage euch das, dir, Anudra, mein Blutsverwandter,
Und dir, Neil, mein Großvater, und dir, und dir, und dir!
Ja, ja, Manus ist mein Name, Manus Mac Manus!
Ich selbst bins und kein andrer,
Euer Bruder, o Robben der See!
Gebt mir Blut vom Rotfisch
Und einen Biß vom fliegenden Sgadan;
Die grüne Woge auf meinem Bauch
Und den Schaum in meinen Augen!
Ich bin euer Bruderbull, o Bullen der See,
Ein bessrer Bull als einer von euch, ihr knurrenden Bullen!
Komm zu mir, Gesell, Robbe mit weichem Pelzleib,
Weiß bin ich noch, doch rot werd' ich sein;
Rot von strömendem roten Blut, wenn einer mich angreift!
Aoh, aoh, aoh, aro, aro, ho-ro!
Ich war ein Mann, nun bin ich Robbe,
Gelben Schaum von den Lippen schütteln meine Hauer;
Gebt Raum mir, gebt Raum mir, Robben der See;
Gebt Raum, denn ich bin ein Verlobter der See,
Und dort seh ich die Seejungfrau,
Und mein Name, fürwahr, ist Manus Mac Codrum,
Der Robbenbulle, der einst ein Mann war, ara, ara!
Ho, ro, o schwarze Robbe, o schwarze Robbe!
In dem Namen des Vaters,
Und des Sohnes,
Und des heiligen Geistes.
O Robbe der Tiefsee, o schwarze Robbe!
Lausche dem Wort, das ich dir sage,
Ich, Phadric Mac Alastair Nhic Crae,
Der ich wohne in einem Haus auf dem Eiland,
Das bei Nacht und bei Tag du von Soa erblickst!
Denn ich lege Rosad auf dich,
Und auf das Robbenweib, das dich gewann,
Und die Robbenweiber, die dein sind,
Und die Jungen, die du hast;
Ja, auf dich und dein ganzes Geschlecht
Lege ich Rosad, o Rondubh, o Ron-a-mhara!
Und es komme kein Leid über mich und die Meinen,
Oder Fischzeug, oder Schlinge, die mir gehört,
Sei es beim Segeln in Sturm oder Nacht,
Oder wenn Mondschein füllt der Toten blinde Augen,
Kein Leid mir und den Meinen
Von dir und den Deinen!