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Altaegypten

Gebet des fälschlich Verurteilten an die Sonne

Du erwachst schön, du Falke des Morgens,
Du Löwe der Nacht,
Du ehrwürdiger Verklärter,
Der die Augen öffnet,
Du Stier mit stoßendem Gliede,
Du Erhabener, dessen Lauf man nicht kennt,
Geheimnisvoll ist deine Gestalt!
Mächtiger, Großer, Erster des Horizontes,
Höchster, den man nicht erreichen kann,
Große Lotusblüte, die im Ozean erschien
Als ein Kind der Kuh Meh-wert.

(Deutsch von Günther Röder)

Zauber gegen giftige Tiere

Fließe, du Gift! Komme hervor und ströme zu Boden! Horus beschwört dich, er zerschneidet dich, er verspritzt dich, so daß du nicht nach oben steigst, sondern nach unten fällst. Du bist schwach und kannst nicht siegen; du bist elend und kannst nicht kämpfen; du bist blind und kannst nicht sehen; dein Kopf ist steif und du kannst dein Gesicht nicht erheben; du irrst umher und kannst deinen Weg nicht finden; du trauerst und kannst dich nicht freuen; du wendest dich ab und kannst dein Gesicht nicht frei auftun – dieses alles durch die Worte des Horus, dessen Zauber trefflich ist. Dies Gift, was in Jubel war, trauert seinetwegen, nämlich das Herz der Menge – aber Horus hat es durch seine Sprüche vernichtet. Was in Trauer war, ist jetzt in Freude. Bleibe stehen, du Trauernder! Horus ist nun wieder belebt; er, der aus Krankheit kam, der selbst erschien und die Gegner niederwarf. Horus biß den, der ihn beißen wollte. Alle Menschen, die Re erblicken, sollen den Sohn des Osiris preisen. Zurück, Schlange! Du sollst dein Gift mit dir nehmen, das in allen Gliedern des Leidenden steckt. Wahrlich, der Zauber des Horus ist stärker als du. Du sollst ausfließen, Feind; zurück, Gift!

(Deutsch von Günther Röder)

Isis flieht mit Horus vor Set

Ich floh zur Abendzeit, und sieben Skorpione flohen hinter mir und halfen mir. Die Skorpione Tefen und Befen waren hinter mir; Mestet und Mestetf waren neben mir; Petet, Zetet und Matet bahnten mir den Weg. Ich rief ganz laut nach ihnen, und meine Rede erreichte ihre Ohren ... »Kümmert euch nicht um das Schwarze, ruft nicht zum Roten, blickt nicht nach den Haremsfrauen in ihren Häusern! Euer Gesicht sofort nach unten! Hütet euch, den zu führen, der mich angreift, bis wir nach der Stadt Persui gelangen, der Stadt der beiden Schwestern, dem Anfang des Sumpfgebietes, dem Ende der gefährlichen Gegend.« Als ich dann die Häuser der Weiber und Männer erreicht hatte, erblickte mich eine Haremsfrau von ferne. Sie verschloß die Türen vor mir, denn sie war ärgerlich wegen der Skorpione, die mit mir waren. Sie berieten deshalb und legten zusammen ihr Gift auf den Stachel des Skorpiones Tefen. Eine Dienerin öffnete mir ihre Tür. Als ich in das Haus trat, schlüpfte Tefen unter den Flügeln der Tür hinein und stach den Sohn der Dame. Feuer brach im Hause der Dame aus; aber es war kein Wasser da, um es zu löschen. Da warf der Himmel sein Wasser (Regen) in das Haus der Dame, obwohl es nicht die rechte Zeit dazu war und sie mir ja nicht geöffnet hatte. Sie war sehr betrübt, da sie nicht wußte, ob ihr Sohn lebte. Sie durcheilte ihre Stadt mit Wehklage, aber niemand kam auf ihren Ruf. Da wurde auch mein Herz wegen des Kleinen gerührt, den Schuldlosen wieder zu beleben, und ich rief ihr zu: »Komm zu mir! Komm zu mir! Siehe, mein Mund trägt das Leben. Ich bin die Tochter einer Stadt, in der man mich kennt, weil ich das Gewürm durch meinen Ausspruch verjage und mein Vater mich zur Kenntnis erzogen hat. Ich bin seine geliebte leibliche Tochter.«

(Deutsch von Günther Röder)


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